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E-Bike-Expedition Teil 3 China - Online-Tagebuch 2015-2016

Übermenschliche Kräfte, Hitze und unsichtbare Grenze zur Provinz Yunnan

N 26°04’55.6’’ E 103°10’18.9’’
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    Datum:
    12.05.2016 bis 13.05.2016

    Tag: 320 – 321

    Land:
    China

    Provinz:
    Yunnan

    Ort:
    Tongduzhen

    Breitengrad N:
    26°04’55.6’’

    Längengrad E:
    103°10’18.9’’

    Tageskilometer:
    76 km

    Gesamtkilometer:
    16.785 km

    Luftlinie:
    70.63 km

    Durchschnitts Geschwindigkeit:
    19.3 km/h

    Maximale Geschwindigkeit:
    53.8 km/h

    Fahrzeit:
    03:56 Std.

    Bodenbeschaffenheit:
    Schotter / Asphalt

    Maximale Höhe:
    1.500

    Gesamthöhenmeter:
    36.393 m

    Höhenmeter für den Tag:
    1.223 m

    Sonnenaufgang:
    06:23 Uhr – 06:22 Uhr

    Sonnenuntergang:
    19:44 Uhr

    Temperatur Tag max:
    38°C

    Temperatur Tag Sonne:
    65° C

    Temperatur Tag min:
    21°C

    Aufbruch:
    07:30 Uhr

    Ankunftszeit:
    17:00 Uhr

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

LINK ZUR REISEROUTE

Noch vor Sonnenaufgang quälen wir uns aus den Schlafsäcken, essen die letzten Mangos und packen unser Camp zusammen. „Soll ich schieben?“, fragt Tanja. „Ja“, antworte ich. Schon nach wenigen Metern verfluche meine gestrige Entscheidung unsere Radtrains hier runter gefahren zu haben. Die Steigung habe ich total unterschätzt. Klar, runter geht es meist leichter als rauf. Nur mit übermenschlichen Kräften schieben wir das erste Bike Meter für Meter nach oben. Alle 20, 30 Meter legen wir eine Pause ein, um zu verschnaufen. Obwohl die Sonne sich noch hinter einem hohen Berg versteckt, sind die morgendlichen Temperaturen unerträglich. Vor allem wegen der Regenfälle in den letzten Tagen glauben wir die feuchte Luft greifen zu können. Wie eine zähe Flüssigkeit strömt sie in unsere Atemwege. Da wir noch immer unter der hartnäckigen Erkältung leiden, husten wir uns fast die Lunge aus dem Leib. „Okay, okay, es war ein Fehler“, sage ich nach Luft japsend, ohne von Tanja ein Wort der Klage gehört zu haben. „Das schaffen wir schon“, munter sie uns auf und ich bin froh wegen meiner Fehlentscheidung keine Vorwürfe zu bekommen. Als wir ein Wegstück erreichen, auf dem weniger Geröll liegt, wage ich es das Rad ein paar Meter zu fahren. „Bist du dir sicher?“, fragt Tanja. „Nein“, antworte ich und bitte sie dem Rad einen kräftigen Schubs zu geben, um die nötige Geschwindigkeit zu erhalten, damit ich nicht gleich beim ersten Meter aus dem Sattel falle. „Jetzt!“, rufe ich und trete mit Tanjas Schubs gleichzeitig wie ein Besessener in die Pedale. Sogleich brennen die Oberschenkel. Siegessicher glaube ich auf diese Weise uns die weitere Tortur des Schiebens zu ersparen, als ein einziger faustgroßer Kieselstein meine Fahrt jäh beendet. Wie durch ein Wunder schaffe ich es nicht zu fallen. „Alles klar?“, ruft Tanja. „Bestens!“, lüge ich. „Keine gute Idee fahren zu wollen“, gebe ich zu, weshalb wir nun unseren Besitz auf Rädern weiter zur Passstraße hochdrücken. Nach 1 ½ Stunden Schwerstarbeit und geschätzten 800 Meter Strecke, erreichen wir die Landstraße. „Nie mehr suche ich uns so einen Zeltplatz“, schwöre ich mir. Eigentlich sind wir durch die Anstrengung derart bedient, dass wir uns für den Rest des Tages ausruhen müssten. Jedoch beginnt hier erst unser Radtag. Die Sonne ist derweil über die Bergspitze gekraxelt und schleudert ihre heißen Strahlen auf uns hernieder. Um uns nicht gleich zu verbrennen schmieren wir auf unsere verschwitzte Haut Sonnenkreme. Dann, nachdem sich unsere schlagenden Herzen beruhigt haben, schwingen wir uns in den Sattel. Schon nach wenigen Kilometern entdecken wir Staubwolken, die weitere Straßenbaustellen ankündigen. „Bitte nicht!“, ruft Tanja hinter mir. Zum Glück sind es nur kleine Abschnitte, die wir ohne Schwierigkeiten überwinden.

Auch heute windet sich die Straße am Jinsha River über so manchen Hügel, so dass wir an diesem Tag über 1.200 Höhenmeter erklimmen. Die Landschaft ist wieder malerisch. Karge Bergflanken erheben sich aus dunklen Tälern. Das saftige Grün der wenigen Vegetation setzt sich vom Grau der Felsen ab. Die gelbbraune Erde der frisch gepflügten Äcker, das braungelbe Wasser des Jinsha und der tiefblaue Himmel, indem ein paar verlorene weiße Wölkchen im Begriff sind von der erbarmungslosen Sonne gefressen zu werden, schenken der rauen Landschaft eine einmalige Schönheit. Im Tal, an den Auen des Jinsah Rivers, erstrecken sich Reisfelder. Das jahrtausende alte Bewässerungssystem der Chinesen garantiert eine üppige Ernte.

Nach meiner Karte zu urteilen befinden wir uns in der Provinz Yunnan, dessen Unabhängikeit erst im Jahre 1253 durch den mongolischen Prinzen Kublai Khan beendet wurde. Irgendwo müssen wir die unsichtbare Grenze zwischen Sichuan und Yunnan überquert haben. Obwohl wir uns nun schon seit über acht Monaten in China befinden, haben wir von den 23 existierenden Provinzen somit erst fünf bereist. Yunnan, was übersetz südlich der Wolken heißt, ist mit seinen 394.100 Quadratkilometern etwa so groß wie Deutschland und Holland zusammen und obwohl ich immer dachte China sei an allen Ecken und Enden überbevölkert, leben hier nur ca. 46 Millionen Menschen. In Deutschland und Holland hingegen sind es knapp 98 Millionen. In keiner Provinz Chinas ist die Völkervielfalt so groß wie hier. Knapp 18 Millionen Menschen gehören zu den ethnischen Volksgruppen wie den Yi, Bai, Hani, Dai, Zhuang, Miao, Hui, Lisu, Lahu, um nur einige der hier lebenden insgesamt 25 Minderheiten zu nennen. Auch ist die biologische Vielfalt in dieser Provinz trotz aussterbender Tier- und Pflanzenarten noch immer sehr groß. Sogar 250 streng geschützte Elefanten leben hier noch in freier Wildbahn. Yunnan ist durch die Gegensätze der Natur geprägt. Schneebedecktes Hochgebirge und Täler mit subtropischer Vegetation bieten dem Reisenden eine enorme Abwechslung. Gerne würden wir auch die Hochgebirgsregionen besuchen, jedoch bleibt uns dafür leider keine Zeit. Noch sind es ca. 600 Kilometer bis zur vietnamesischen Grenze, die wir mit unseren Bikes zurücklegen müssen, wobei zu hoffen ist, auf keine Lehm- und Schotterpisten mehr zu treffen.

Wir halten an um ein paar Bilder zu schießen. Hirten treiben ihre Ziegenherden an uns vorbei. „Schützt euch vor der Sonne“, warnen sie uns, deuten nach oben und auf die nackte Haut unserer Arme. Nach 20 km kaufen wir an einem kleinen Straßenstand gefrorenes Wasser. Unser Durst ist nahezu unstillbar. Kaum ist das Nass in unseren trockenen Kehlen verschwunden, dringt es aus allen Poren des Körpers, um ihn nicht überhitzen zu lassen. Obwohl es auch heute ein kräfteraubender Tag ist, sind wir uns der Einmaligkeit des Augenblicks bewusst und erfreuen uns des Lebens. Während einer Verschnaufpause beobachten wir einen vereinzelnden Straßenkehrer, der sich mit einem langen Reisigbesen abmüht die Reste eines Steinschlags zu beseitigen. Tanja grüßt ihn und streckt den Daumen nach oben. Der Arbeiter, der sicherlich nie für seine Tätigkeit gelobt wird, strahlt übers ganze Gesicht und wünscht uns eine gute und sichere Reise.

„Schau, die verkaufen Wassermelonen!“, rufe ich erfreut und ziehe sofort meine Bremsen. Im Schatten eines Baumes beiße ich in das saftige Fleisch, „Verdammt lecker. Sicherlich die beste Wassermelone meines Lebens“, schwärme ich. Weil wir ausgehungert und durstig sind verdrücken wir die gesamte Melone, bis uns fast der Bauch platzt. Dann arbeiten wir uns weiter durch diese außergewöhnliche, teils bizarre Landschaft. Das Thermometer steht bei 60 ° C auf Anschlag. Ich schätze die Temperaturen in der Sonne mindestens auf 65 ° C. Tanjas Haut an ihren Beinen zeigt die ersten Rötungen eines Hitzeausschlags. Wir pausieren im Schatten eines kleinen Baumes. Ajaci geht es trotz seines dicken Fells in seinem Anhänger verblüffend gut. Da man sein Haus auf Rädern vorne und hinten öffnen kann, wird er vom Fahrtwind ständig gekühlt. Wäre er kein Hund könnte man manchmal richtig neidisch sein, denn die meiste Zeit reist er wie ein hoher Fürst in einer bequemen Sänfte und wird, von allen Witterungsverhältnissen geschützt, über alle Gebirge Chinas gefahren.

Am späten Nachmittag ziehen dunkle Gewitterwolken auf. Sofort ist die Kraft der Sonne gebrochen. Bei nun angenehmen Temperaturen radeln wir durch ein fruchtbares Tal. Weintrauben, Zwiebeln, Kartoffeln und andere Früchte werden im großen Stil angebaut. An einer Tankstelle fragen wir ob es im nächsten Ort ein Hotel gibt. „Noch 10 Kilometer“, hören wir erleichtert, weil der üppige Feldanbau dieser Gegend keinen Quadratmeter für einen Zeltaufbau zulässt.

Es ist 16:00 Uhr als wir vor einem einfachen Hotel stehen. Wir verhandeln eine Weile bis die Frau am Empfang uns gestattet mit Hund und Räder einzuchecken. Kaum habe ich die Räder abgeladen, ändert die Chinesin ihre Meinung und bestimmt, dass unsere Räder auf dem Gehweg parken müssen. Nichts Neues für uns. Ich klicke die Taschen wieder ans Rad. Ein paar Jungs auf einem Elektroroller bieten sich an uns ein anderes Hotel zu zeigen. Wir düsen ihnen für weitere acht Kilometer hinterher und landen vor einer gut besuchten Absteige. Wir sind erleichtert als uns der Manager erlaubt mit allem was wir besitzen einziehen zu dürfen. Abends sitzen wir bei tropischen Temperaturen in einem Park, trinken ein Bier und sehen den Frauen zu wie sie in der Öffentlichkeit zu lauter Musik tanzen, während ihre Kinder Rollschuh laufen oder in kleinen Elektroautos über den Veranstaltungsplatz düsen…

Wer mehr über unsere Abenteuer erfahren möchte, findet unsere Bücher unter diesem Link.

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