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Mongolei/Tuwa Camp MONGOLEI EXPEDITION - Die Online-Tagebücher Jahr 2011

Totalausfall

N 51°33'336'' E 099°15'341''
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    Tag: 181-183

    Sonnenaufgang:
    09:16/09:14

    Sonnenuntergang:
    17:51/17:54

    Gesamtkilometer:
    1281

    Bodenbeschaffenheit:
    Eis, Schnee

    Temperatur – Tag (Maximum):
    minus 15°C

    Temperatur – Tag (Minimum):
    minus 28°C

    Temperatur – Nacht:
    minus 41°C

    Breitengrad:
    51°33’336“

    Längengrad:
    099°15’341“

    Maximale Höhe:
    1981 m über dem Meer

„Was werdet ihr denn den ganzen Tag tun wenn ihr in der Taiga lebt? Es muss Euch doch furchtbar langweilig werden?“, wurden wir vor der Reise immer wieder gefragt. Da wir nicht zum ersten Mal in der Einsamkeit leben war uns klar das Eintönigkeit und Monotonie in der Wildnis nicht vorkommen. Der Erhalt des Lebens fordert genügend Energieaufwand. Tanja holt zum Beispiel jeden Tag Schnee, um ihn dann auf dem Ofen zu schmelzen. Sie hält, wie schon erwähnt, den Kaffeebetrieb und die Bewirtung unserer Campmitglieder aufrecht, kocht Mittag- und Abendessen, backt Brot, bereitet Futter für Mogi zu, übersetzt Texte ins Englische, wäscht Wäsche, spült das Geschirr und trocknet es ab, holt mit mir Feuerholz aus der Taiga und noch einiges mehr. Für sie ist das Wort Langeweile definitiv ein Fremdwort.

Mir geht es da genauso. Morgens, wenn es noch minus 18 °C in unserer Jurte hat, erhebe ich mich, setze die Stirnlampe auf und reinige den Ofen von der Asche des Vortages. Dann hole und schlichte ich Feuerholz in den Kanonenofen und entzünde es, setze Teewasser auf und stelle den von Tanja vorbereiteten Frischkornbrei auf die kleine Herdplatte. Bevor ich wieder unter den Schlafsack schlüpfe kehre ich den Schnee von den Solarpaneln und den Schmutz aus der Jurte. Um 9:00 Uhr, nachdem es in der Jurte angenehm warm ist, beginne ich mit meiner Rückengymnastik. Um 10:00 oder 10:30 Uhr frühstücken wir. Dann schreibe ich über unsere Erlebnisse. Nachmittags gehe ich bereits abgestorbene Bäume fällen, säge sie mit der Motorsäge in tragbare Stücke, um sie später zu Kleinholz zu hacken. Die Tage sind noch immer kurz und meist reichen sie nicht aus, um alle anfallenden Aufgaben zu erledigen.

Nachdem Tanja und ich heute einige dünnere Baumstämme ins Camp geschleppt haben, mache ich mich daran eine Kuhkeule, die wir von Ayush gekauft hatten, zu zerkleinern und für Mahlzeiten zu portionieren. Die fetten Stücke und der große Knochen bleiben für Mogi.

Dann beginne ich mit dem Zersägen der Baumstämme. Leider gibt schon nach wenigen Minuten die Motorsäge den Geist auf. Ich trage sie in die Jurte, reinige den Luftfilter, schmirgle die verrußte Zündkerze, öle das Kettenblatt und stelle den Vergaser neu ein. Trotzdem hat sich die chinesische Motorsäge in den Kopf gesetzt für heute zu streiken. „Na dann schreibe ich noch meine Geschichte fertig“, murmle ich vor mich hin, schiebe die Kettensäge erst einmal unter unser Bett und stecke das 12 Voltnetzkabel meines Laptops in den Steckkontakt der Batterie. Als das Kontrolllicht des Netzteils nicht leuchtet wundere ich mich. Mit dem Messgerät finde ich heraus, dass das Kabel einen Defekt hat weshalb ich ein Neues anschließe. Nochmals stecke ich das neue Kabel in die Buchse. Gleiches Resultat. Daraufhin versuche ich es mit dem Netzteil unseres anderen Notebooks. Die Kontrollleuchte geht ebenfalls nicht. „Vielleicht ist auch das neue Kabel defekt?“, denke ich und prüfe es mit dem Messgerät. „Geht“, murmle ich verwundert und schließe ein Batterieladegerät an. Ebenfalls kein Signallicht. Das kommt mir spanisch vor. Zur Gegenprobe schließe ich alle drei Geräte an die Energiebox an aber auch da bleiben die Leuchten aus. „So ein verfluchter Misst“, schimpfe ich und setze mich grübelnd und ratlos vor die Batterien und Energiebox. „Warum funktionieren plötzlich die Netzteile nicht mehr? Ob das neue Kabel falsch gepolt ist?“, frage ich mich laut.

Diesmal auf die Polung achtend prüfe ich wieder die Spannung mit meinem Messgerät. „Du glaubst es nicht!“, rufe ich verblüfft. „Was soll ich nicht glauben?“, fragt Tanja die den Verlauf des technischen Alptraums nun ebenfalls aufgeregt mitverfolgt. „Na das fabrikneue Kabel wurde schon vom Werk falsch gepolt. Da wo plus sein sollte ist minus und anders herum. Das heißt, ich habe die zwei Netzteile und das Batterieladegerät geschossen“, stelle ich fest. „Und jetzt?“, fragt Tanja. „Wenn die Sicherungen in den Geräten durchgebrannt sind werde ich sie erneuern. Gesetzten Falls wir haben genügend Ersatzsicherungen dabei“, erkläre ich und wühle in der Tasche mit den Ersatzteilen. „Super!“, freue ich mich nachdem ich fündig geworden bin. Schnell tausche ich die tatsächlich durchgebrannten Sicherungen aus, nehme mein letztes Ersatzkabel, nicht ohne vorher die richtige Polung festzustellen, und stecke ein Netzteil an. Die Kontrollleuchte blinkt kurz auf und geht sofort wieder aus. Sicherung ist wieder kaputt. Kurz entschlossen tausche ich die defekte Sicherung erneut und schließe nun das Netzteil an unserer Energiebox an. Ein kurzer, kleiner Blitz und die gesamte Energiebox ist tot.

„Oh nein!!! Jetzt ist unsere gesamte Energieversorgung gestorben. Nichts geht mehr!“, rufe ich. „Du meinst wir können keine Laptops, Taschenlampen, und Handys mehr laden?“, fragt Tanja sichtlich nervös. „So ist es. Keine Berichterstattung, keine Handys mehr. Unsere Versorgung ist komplett gestorben. Ich weiß nicht warum. Man könnte meinen jemand hat in unserer Abwesenheit unser Technik sabotiert“, sage ich verzweifelt. „Du wirst den Fehler schon finden“, meint Tanja zuversichtlich. „Keine Ahnung wie? Ich weiß ja nicht mal warum jetzt auch noch die Energiebox ausgefallen ist? Das eine System hat mit dem anderen absolut nichts zu tun. Und trotzdem ist alles gestorben“, antworte ich tief betrübt. Leider habe ich jetzt auch keine Sicherungen mehr, um sie zu erneuern. Ich greife zu einem Trick und wickle Silberfolie um die Sicherung. Damit kann ich testen ob das Netzteil noch in Ordnung ist. Kaum habe ich es angeschlossen entsteht ein gewaltiger Kurzschluss der das Kabel sofort zum schmelzen und brennen bringt. Ich reiße es von der Batterie und bin nun völlig verzweifelt.

Nach einer weiteren Stunde ist mir klar geworden, dass der vom falsch gepolten Kabel verursachte Kurzschluss das Netzteil so zerstörte, dass dieses wiederum die Energiebox außer Gefecht gesetzt hat. Ich lege das defekte Netzteil auf die Seite und öffne die Energiebox. De facto ist auch da eine Sicherung durchgebrannt. Ich tausche sie und schalte das System ein. Resultat: Durch das Zerlegen ist ein Wackelkontakt entstanden. Eine weitere Stunde später finde ich den gebrochenen Kabelschuh. Mit meinem Gaslötkolben und dem letzten Rest Lötzinn versuche ich das Kabel anzulöten. Der Lötkolben besitzt aber nicht genügend Power, um das Lötzinn zum schmelzen zu bringen. Dann komme ich auf die Idee das gebrochene Kabel mit einen Kabelbinder zu fixieren. „Klappt!“, sage ich zufrieden. „Geht jetzt unsere Energiebox wieder?“, fragt Tanja. „Ja. Zumindest die Telefone, Taschenlampen und Kamera-Akkus können wir wieder laden.

Um 24:00 Uhr ist der Fehler vollständig lokalisiert und ca. 80 Prozent des Gesamtschadens repariert. Mit einzelnen Strippen konnte ich mit dem letzten bisschen Lötzinn ein neues Kabel bauen. Das Netzteil des Ersatzrechners funktioniert nach Austausch der Sicherung. Das Netzteil des neuen Laptops, welcher nach dem Crash der Festplatte, der Reparatur in Deutschland und einer sechswöchigen Reise durch die Welt wieder zu uns gefunden hat, ist unrettbar zerstört. Auch das Batterieladegerät kann nicht mehr wiederbelebt werden.

„Das war eine tolle Arbeit Denis“, lobt mich Tanja. „Hm, danke. Habe das Gefühl als hätte ich gerade den Gesellenbrief in 12-Volttechnik absolviert“, antworte ich müde aber befriedigt auf dem Jurtenboden sitzend. „Wenn unsere Leute in Deutschland gut arbeiten werden in ein paar Wochen die nötigen Ersatzteile in der Mongolei eintreffen. Dann müssen wir uns nur noch überlegen wie wir die Sachen von Mörön ins abgelegene Tuwavcamp bekommen“, sage ich. „Das wird schon klappen“, meint Tanja zuversichtlich.

Wir freuen uns über Kommentare!

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