Tam Coc – Wesen aus vergangener Zeit – Flusshöhlen unter den Karstbergen
N 20°13’00.0’’ E 105°54’00.0’’Datum:
07.10.2016
Tag: 469
Land:
Vietnam
Provinz:
Ninh Bình
Ort:
Ninh Binh
Breitengrad N:
20°13’00.0’’
Längengrad E:
105°54’00.0’’
Tageskilometer:
145 km mit Auto zurückgelegt
Gesamtkilometer:
19.326 km
Bodenbeschaffenheit:
Asphalt
Gesamthöhenmeter:
54.661 m
Sonnenaufgang:
05:48
Sonnenuntergang:
17:40 Uhr
Temperatur Tag max:
38°C
Temperatur Tag min:
24°C
(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)
„Ajaci darf sicherlich nicht in einem normalen Bus mitreisen“, hat uns Ka’s Antwort erschreckt, als wir ihn gestern nach einer Busverbindung von Mai Chau nach Ninh Binh fragten. „Was? Er war doch schon im Bus nach Hanoi und zur Halong-Bucht mit dabei“, entgegnete ich. „Das war ein Touristenbus. Da geht das, aber in einem öffentlichen Bus gibt es sicherlich Probleme.“ „Und wie sollen wir dann nach Ninh Binh gelangen?“, warf Tanja ein. „Vielleicht kann euch Manh Do hinfahren?“, überlegte seine Frau Moon, die ebenfalls an der Rezeption saß, weil sie für die Touristenbuchungen des Resorts verantwortlich ist. „Du meinst das würde er tun?“, spürte ich einen Hoffnungsschimmer aufkommen unseren Plan doch noch realisieren zu können. „Soweit ich weiß muss er sowieso nach Ninh Binh. Das sollte kein Problem sein.“ Sogleich rief ich Manh Do an. „Hi Manh. Wo bist du gerade?“ „In Hanoi, warum?“ „Moon berichtet davon, dass du in den nächsten Tagen nach Ninh Binh fährst und uns mitnehmen könntest?“ „Ich wollte eigentlich schon heute direkt von Hanoi nach Ninh Binh aufbrechen. Ninh Binh ist nur ca. 130 Kilometer von hier entfernt aber für euch würde ich meinen Plan verwerfen, erst nach Mai Chau kommen, euch abholen und dann morgen Früh nach Ninh Binh fahren.“ „Das wäre für dich mindestens doppelt so weit. Ist das nicht zuviel verlangt?“ „Mache ich gerne für euch“, verblüffte uns seine enorme Hilfsbereitschaft.
Am nächsten Morgen holt uns Manh Do tatsächlich von Mai Chau ab. „Hobby“, befehle ich Ajaci auf die Ladefläche zu springen. „Du kannst von Glück reden, dass dein Freund Manh dich so gerne mag. Das beschert dir eine komfortable Reise“, erkläre ich ihn, weshalb er mit einem erregten Heulen antwortet. „Ha, ha, ha, Guter Junge“, lacht Manh und tätschelt ihn liebevoll.
Gegen Mittag erreichen wir die malerisch schöne Landschaft bei Ninh Binh. „Ich muss kurz bei meinem Freund vorbeischauen“, erklärt Manh, als der Allrad über schmale, teils unbefestigte Wege holpert, die uns durch märchenhafte Täler führen. Unterhalb einiger zuckerhutförmiger, grün bewachsener Hügel, parken wir. „Hier baue ich mit einem Freund ein weiteres Resort auf“, erklärt Manh auf ein paar armselige Strohhütten deutend.
Es ist heiß. Wir sitzen an einem wackeligen Holztisch. Aus einem kleinen Kofferradio krächzt vietnamesische Musik. Ein Baby grabbelt auf allen Vieren auf dem Boden und schreit nach seiner Mama. Ein älterer Mann stellt uns zwei Gläser Zitronenwasser auf den klebrigen Tisch, während Manh sich mit einigen Familiemitgliedern unterhält. Sein Freund ist gerade nicht da, erfährt er. Manh nimmt’s gelassen und lacht. Neugierig blickt der alte Mann zu Ajaci und hebt grinsend seine Faust mit dem erhobenen Daumen nach oben. „Wie viel wiegt der?“, fragt er. „35 Kilogramm“, antwortet Tanja. „Oh ho!“, ruft er und lacht erneut. „Und wie gefällt euch dieser Ort?“, fragt Manh. „Sehr schön. Wirklich ruhig hier und die Landschaft ist unbeschreiblich schön. Aber wie wollt ihr in diese abgelegene Region Touristen locken?“ „Kein Problem. Wir bieten ihnen Übernachtungen, gutes Essen, Rad- und Bootstouren an. Das ganze Programm. Das wird Moon in unserem neuen Reisebüro in Hanoi den Touristen verkaufen.“ „Ja, das wird bestimmt funktionieren“, bin ich mir sicher, da Manh ja schon das Resort in Mai Chau aufgebaut hat in dem es vor wenigen Jahren nichts außer Reisfelder und arme Bauerndörfer gegeben hat.
Dann bringt uns Manh zu einem kleinen Familienhotel mit einfachen Zimmern unweit vom Fluss Ngo-Dong. „Hier, für dich“, sage ich und überreiche Geld für seine Benzinkosten. „Im Grunde möchte ich kein Geld von euch.“ „Manh, du hast uns extra von Mai Chau abgeholt. Es ist ein Beitrag zu deinen Benzinkosten.“ „Das ist zuviel.“ „Ist absolut in Ordnung“, sage ich und umfasse freundschaftlich seine Schulter.
Wir tragen unser weniges Gepäck ins Zimmer und machen uns auf einen nahen Tempel zu besuchen. Auf einem schmalen Bogenbrückchen setzen wir uns auf die Begrenzungsmauer. Zahlreiche kleine Ruderboote, geladen mit je vier Touristen aus aller Welt, gleiten unter uns durch. Immer wenn die Menschen Ajaci erblicken, der mit offenem Maul und hängender Zunge auf sie herunterhechelt, reißen sie die Kameras nach oben, um unseren Superstar abzulichten. „Wenn man so wie unser Hund aussieht stehen einem Tür und Tor dieser Welt offen“, stelle ich nicht zum ersten Mal fest. Wir genießen unsere Wanderung entlang kleiner, von Seerosen zugewachsenen Teichen. Im Schatten einiger Bäume liegt ein Junge dösend in seiner Hängematte. Seine Mutter hockt schweigend neben ihn und lächelt uns entgegen. „Setzt euch zu uns in den Schatten“, bietet die alte Frau an und möchte Ajaci etwas von ihrer Süßkartoffel abgeben, an der sie gerade herumknabbert. Wir setzen uns ein paar Minuten zu ihnen und blicken im kollektiven angenehmen Schweigen auf einen der in der Sonne brütenden Teiche. Dann rappeln wir uns wieder in die Höhe, verabschieden uns, um unsere kleine Exkursion fortzusetzen. Es geht vorbei an halb zerfallenen, vom grellen Licht der Sonne beschienen alten Häuschen und Hütten. Ein Schwein läuft laut grunzend über den Weg, schert sich nichts um die Präsents unseres großen Hundes. Eine schmale, aus groben Bambusrohren gebaute Brücke streckt sich über einen Tümpel. Sie führt steil nach oben in den von scharfkantigen Felsen überwucherten Urwald. Nur ein Akrobat, oder Menschen die ihr Leben lang nichts anderes gemacht haben, wagen sich auf das klapprige Gestellt. Ehrwürdige Bäume breiten ihre schattenspendenden, grünen Äste über den Weg. Jahrhunderte alte Wurzeln, so dick wie Elefantenfüße, wuchern über archaische Mauern. Könnten sie sprechen, würden sie uns sicherlich viele Geschichten über die Ereignisse der letzten Jahrhunderte erzählen können. „Wo ist denn der Thai Vi Tempel?“, fragt Tanja. „Wir müssten ihn eigentlich längst erreicht haben“, stöhne ich unter der schwülen Hitze. Hinter einer Biegung taucht das in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts gebaute Haus der Götter auf. Außer uns befindet sich kein Besucher auf der Anlage. „Seltsam“, meint Tanja. „Liegt wahrscheinlich an der gnadenlosen Mittagssonne.“ Der einzige Getränkeverkäufer bietet uns Wasser und Softdrinks zu überhöhten Preisen an. Zwischen zwei künstlichen kleinen Teichen, auf dessen Wasseroberfläche verwelkte Lotusblüten schwimmen, schreiten wir auf das Hauptgebäude zu. „Ob Ajaci im Tempel erlaubt ist?“, wundere ich mich, als wir die wenigen Stufen hinauf schreiten. Ein Wesen aus vergangener Zeit kommt uns entgegen. „Der sieht aus wie der Zwillingsbruder von Hồ Chí Minh“, (Premierminister (1945–1955) und Präsident (1945–1969) der Demokratischen Republik Vietnam) raune ich, weil er den gleichen, heute aus der Mode gekommenen, Spitzbart trägt wie der ehemalige große Staatsmann. Ohne ein Wort zu sagen nimmt er Ajacis Hundeleine aus Tanjas Hand und führt unseren Hund in den Tempel. Verdutzt läuft ihm Tanja hinterher und greift sich wieder die Leine. „Eigenartiger Mann“, sagt sie, kniet sich vor den goldenen Buddhastatuen nieder, um für wenige Minuten zu meditieren. Ich lasse mich neben meiner Frau auf die Knie und folge ihrem Beispiel. Für uns ein Ritual welches wir in nahezu jeden buddhistischen Tempel zelebrieren, den wir während unserer Reisen aufsuchen. Der Zwillingsbruder von Hồ Chí Minh, in seiner lilafarbenen Robe, beobachtet uns aufmerksam. „Ob er der Hüter des Tempels ist?“, frage ich mich. Dann kniet er sich zu Ajaci, zückt sein Smartphone, um ein paar Selfies zu schießen. Wir verabschieden uns von dem Mann und treten wieder in die erbarmungslose Hitze.
Wir müssen erst gar nicht fragen ob Ajaci auf das kleine Ruderboot darf. Kaum legt die Frau mit ihrem Bötchen an, springt er auf das wackelige Ding. Mittlerweile hat er ja schon Dschunkenerfahrung in der Halong Bucht gesammelt und freut sich seither auf jede weitere Bootstour. „Hätte Seehund werden sollen“, scherze ich und folge unserem Hund auf den schaukelnden Khan. Es ist bereits 16:00 Uhr und weil um diese Zeit die meisten Touristen ihre Bootstour bereits beendet haben, eine sehr gute Zeit, um Tam Coc, übersetz „drei Höhlen“, auf dem Ngo-Dong Fluss zu erkunden. „Huuuhuuu!“, heult Ajaci als die Ruderin lachend ablegt und dabei die Riemen nicht mit den Händen, sondern mit den Füßen bewegt. Zahlreiche Touristenkameras folgen der wohl einzigen Gelegenheit in der bisherigen Geschichte Vietnams, einen weißen Schäferhund auf einem Ruderboot mit ihren Fotoapparaten zu verewigen. Einige der Zuschauer klatschen sogar in die Hände als wir mit lautem Geheul des Vierbeiners den Ruderboothafen verlassen. Es dauert nicht lange und wir gleiten durch eine Märchenwelt für die es kaum Worte der Beschreibung gibt. Hohe, schroffe Kalksteinfelsen säumen das von saftigen Reisfeldern gesäumte Ufer. Die Hügel und Berggipfel, mit ihren eigenwilligen Formen und Formationen, veranlassten die Bewohner dieser Region ihnen die verschiedensten Namen zu geben. Einer der aussieht wie eine Schildkröte nennt man Kim Quy, was übersetz Goldkröte heißt. Weil die Sonne schon seit einiger Zeit hinter den gewaltig wirkenden Bergen verschwunden ist, fallen ihre langen, mächtigen Schatten auf die glatte Wasseroberfläche des Flusses. Schweigend sitzen wir in unserer blechernen Nussschale und genießen die eigenwillige und variantenreiche Schönheit unseres Planeten. „Dort vorne geht es in die erste Höhle“, sage ich auf einen Schlitz dicht über der Wasseroberfläche deutend. Eine massive Felswand thront mächtig über unseren Köpfen als wir unter ihr verschwinden. Durch den fehlenden Luftzug wird es augenblicklich drückend und extrem schwül. Als könnte man die Luft greifen umwabbert sie unsere Körper. Tropfende Stalaktiten hängen von der dicht über unseren Köpfen dahingleitenden Felsdecke. Platsch, platsch, platsch, ist nur noch das Eintauchen der Ruderblätter zu vernehmen. Dumpf schallt es von den Wänden zurück. Manche der Felsformationen haben Ähnlichkeiten mit dahinschwebenden Wolken. „Einige der Tropfsteine, von denen das Wasser tropft, nennen wir Mutterbrüste“, erklärt uns die Ruderin in gebrochenem Englisch. Nach 127 Meter gibt uns der schwülheiße Dampfkesselhöhle namens Ca wieder frei. Eine Fledermaus flattert uns entgegen und sucht Schutz im dunklen Inneren der hinter uns liegenden Flusshöhle. „Wow“, staune ich immer wieder, während Ajaci mit einem Huuuuhuuuu, und die Ruderin mit einem heiteren Lachen die idyllische Ruhe dieser mystischen Welt für Augenblicke vertreiben. Platsch, platsch, platsch. Einige Ruderinnen kommen uns mit ihren schwimmenden Verkaufsläden entgegen. Weil um diese Stunde kaum noch Touristen unterwegs sind ist für sie der Arbeitstag auf dem Ngo-Dong Fluss beendet. Zuhause warten ihre Männer und Kinder für die sie das Abendessen bereiten müssen. „Hello! Hello! Hello!“ rufen einige von ihnen uns entgegen. Als sie Ajaci entdecken ist die Aufregung groß. Schnell wechseln Worte der Erklärung von Boot zu Boot. „Ein schöner Hund!“, ruft eine uns in gebrochenem Englisch zu. Es wird immer ruhiger auf dem Ngo-Dong. Fasziniert blicke ich in das ruhige, meist klare Wasser. Fische jagen zwischen den wogenden lindgrünen Wasserpflanzen hindurch. Sie scheinen sich über die angehende Ruhe der aufkommenden Dunkelheit zu freuen. Weiße Vögel stelzen durch die ufernahen Reisfelder. Wir durchqueren zwei weitere Höhlen. Bogenförmige Überreste im Fels zeugen von der einstigen Präsenz des Meeres und ziehen unsere Blicke auf sich. „Ein Irre Welt“, staune ich. Auf der Rückfahrt gleiten wir lautlos unter einer Bogenbrückchen hindurch. Die ersten Häuser tauchen auf. An einer Treppe, direkt am Wasser, sitzt ein interessant aussehendes Pärchen. Unsere Augen treffen sich. „Ein schöner Ort zum Ausruhen!“, rufe ich. „Wunderschön!“, ist die freundliche Antwort. „Auf unserem Rückweg zu unserer Unterkunft sollten wir da mal vorbeischauen. Vielleicht haben sie noch einen Bungalow frei?“, schlage ich Tanja vor.
Dann, nach über zwei Stunden, sind wir das letzte Ruderboot welches uns zum Anlegesteg bringt. Der Himmel hat eine blassrosa Farbe angenommen und spiegelt sich auf der dunklen Oberfläche des Flusses. Kinder planschen vergnügt im warmen Wasser des Ngo-Dong. Als sie den weißen Wolf entdecken quietschen sie zu uns herüber. „Huuuuhuuu!“, heult Ajaci seine Antwort…
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