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AUFGELADEN zu den Polarlichtern im hohen Norden - 2020

Seit Jahrhunderten den Reiz nicht verloren

N 71°07’18.4’’ E 025°42’32.8’’
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    Datum:
    10.10.2020

    Tag: 069

    Land:
    Norwegen

    Ort:
    Trail Parkplatz

    Tageskilometer:
    6 km

    Gesamtkilometer:
    6565 km

    Sonnenaufgang:
    07:05 Uhr

    Sonnenuntergang:
    17:03 Uhr

    Temperatur Tag max:

    Temperatur Nacht min:

    Aufbruchszeit:

    16:00 Uhr

    Ankunftszeit:
    16:15 Uhr

 

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

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Wenig später suchen wir die zurzeit verwaiste, vier Etagen hohe Nordkaphalle auf. Um das imposante Landschaftsbild nicht zu stören, wurde sie zum Teil in den Felsen hineingebaut. Wenn man möchte, kann man sogar in unterirdischen Tunneln bis zum Rand des Nordkapplateaus laufen. In der Hauptsaison tummeln sich hier Aberhunderte, manchmal sogar Tausende von Menschen, für die es Restaurants, Geschäfte, ein Postamt und ein Informationszentrum gibt. Um den Besuchern einen Eindruck vom Nordkap zu vermitteln, kann man sich in einem Kinosaal ein Film dazu ansehen. Da wir das alles schon mal auf unseren früheren Besuchen gesehen haben, verziehen wir uns sogleich in das große Restaurant. „Hallo“, begrüßt uns eine farbige Köchin freundlich, die am Buffet steht und für den hoffentlich kommenden Besucher frische Waffeln zubereitet. Als einzige Gäste lassen wir uns an einen der vielen Tische nieder und beginnen mit unserer Arbeit. „So leer ist es richtig ungemütlich“, meint Tanja. „Ja vielleicht doch gut, wenn wir heute noch weiterfahren“, antworte ich das WLAN-Paaswort in den Laptop tippend. Während ich unsere Erlebnisse niederschreibe, blicke ich immer wieder aus dem Panoramafenster des Restaurants. Nur ein paar Hundert Meter weiter sehen wir den berühmten Globus. Mittlerweile ziehen dunkle Wolkenfetzen über das Plateau. Das wechselhafte Nordkapwetter macht seinem Namen alle Ehre. Ich denke an die ersten Nordkapbesucher, die es sicherlich nicht so bequem hatten wie wir in diesem Augenblick. Damals war dieser Ort nur unter schweren Bedingungen zu erreichen und der Besuch war lediglich Entdeckern, Abenteurern und Adeligen möglich. Die erste Erwähnung des Nordkaps begann damit, dass drei britische Segelschiffe in See stachen, um die berühmte Nordostpassage zu finden. Sie verließen 1553 den sicheren Hafen der Stadt London. Während eines Sturmes vor Lofoten wurden die Segler voneinander getrennt. Der Kapitän Richard Chancellor, der das Schiff Edward Bonaventura befehligte, kam während der Weiterfahrt an einem Felsen namens Knyskanes vorbei. Da er dachte, das dunkle Schieferplateau sei norwegisches Festland, nannte er es Nordkap, obwohl es das nicht war, schon gar nicht der nördlichste Punkt Europas. Damals wussten sie anscheinend nicht, dass die Inselgruppe Spitzbergen ca. 800 Kilometer nördlicher vom offensichtlich fälschlichen benannten Nordkap lag. Wie auch immer, auf einer späteren Reise kam Richard Chancellor ums Leben, als sein Schiff vor der schottischen Küste sank. Der erste Tourist hingegen war ein italienischer Priester namens Francesco Negri, der im Jahr 1664 seinen Fuß auf die dunkle, ins Eismeer ragende Felsnadel setzte. Am 9. Juli 1845 fuhr das Dampfschiffs „Prinds Gustav“ zum ersten Mal von Hammerfest zum Nordkap, womit der organisierte Tourismus begann. Der berühmteste Tourist seiner Zeit war der Norwegenfan Kaiser Wilhelm II. der von 1889 bis 1914 insgesamt 23 Mal nach Norwegen reiste und dabei auch das Nordkap erreichte. Im Jahre 1907 besuchte König Chulalongkorn von Siam (dem heutigen Thailand) mit seinem Gefolge das Nordkap, um nur einige Persönlichkeiten zu nennen, denn eine Reise zum Nordkap war seit Jahrhunderten etwas Besonderes und hat bis heute seinen Reiz und Flair nicht verloren.

Kurz bevor wir das Nordkap wieder verlassen, beugt sich ein bunter Regenbogen über das Eismeer. „Danke, du hast uns mit einer Vielzahl deiner wunderbaren Wettervariationen beschenkt“, sage ich leise und drehe den Zündschlüssel. Langsam rollen wir vom Großparkplatz und seit Monaten zum ersten Mal wieder in Richtung Süden.

Kaum liegt das Nordkap ein paar Kilometer hinter uns, beginnt es zu nieseln. Dann wird der schmale Asphaltstreifen von einer Art Blitznebel verschluckt. Die Sicht ist gleich null. „Das gleiche Wetter wie gestern während der Fahrt zum Nordkap“, sage ich. „Unfassbar, welches Glück wir hatten, das Kap bei herrlichem Wetter erlebt zu haben“, antwortet Tanja. „Sobald wir einen Parkplatz entdecken, sollten wir rausfahren und die Nacht dort verbringen. Es ist einfach zu gefährlich, bei solch einem Sauwetter weiterzufahren“, entscheide ich. „Da, dort scheint ein Parkplatz zu sein!“, ruft Tanja. Sofort setze ich den Blinker und verlasse die Straße. „Hier startet die Wanderung zum wahren Nordkap“, sagt Tanja auf ein vom Nebel halb verschlucktes Hinweisschild deutend. „Hast du das gelesen?“, frage ich. „Du meinst, dass man hier nicht über Nacht bleiben darf? Ja, das habe ich zur Kenntnis genommen. Wer soll das jetzt kontrollieren? Abgesehen davon ist dieses Verbot nur für die Hauptsaison gedacht“, antworte sie froh darüber, einen sicheren Platz für die Nacht gefunden zu haben…

 

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