Rufus der größte Echsenjäger aller Zeiten
Tag: 43 Etappe Zwei
Sonnenaufgang:
06:25
Sonnenuntergang:
17:35
Temperatur - Tag (Maximum):
30 Grad
Edgar Kampf-Camp — 28.07.2001
Den sechzehnten Tag verbringen wir nun im Edgar Kampf Camp. Die Situation ist unverändert. Da unsere Wasservorräte langsam knapp werden versuche ich mit einen alten Buschtrick die lebensnotwendige Flüssigkeit aufzufangen. Ich grabe ein Loch, lege grüne Zweige einer nahestehenden Pflanze hinein und stelle einen Eimer darauf. Dann spanne ich eine Plastikplane darüber, versiegle sie an den Rändern mit dem Aushub und lege einen Stein in die Mitte der Folie. Durch den Temperaturunterschied zwischen innen und außen beginnt die Feuchtigkeit in der Pflanze zu verdunsten. Sie schlägt sich auf der Innenseite der Folie nieder und rollt in Tropfenform an ihr entlang bis sie in den Eimer tropft. „Sieht gut aus. Mal sehen wie viel Wasser wir bis morgen auffangen können,“ sage ich zufrieden. Da ich dieser Methode aber nicht ganz traue versuche eine weitere Variante. Ich stülpe eine große Plastiktüte über einen Ast des wilden Feigenbaumes und verschnüre die Öffnung mit einem Strick. Die Sonne wird jetzt ein Treibhauseffekt in der Folie schaffen worauf die Feuchtigkeit der Blätter verdunstet und sich ebenfalls in Tropfenform an der Innenseite der Folie ablegt. Am Abend müssten wir auf diese Weise mindestens einen Becher Wasser gewonnen haben. „Mal sehen wo wir die meisten Erfolge erzielen,“ flüstere ich dem Baum zu und gehe zum Camp.
Später kommt Tanja vom Kamele hüten zurück. „Ich bin heute wieder einer Schlange begegnet. Sie ist zum Glück ausgerissen.“ „Ich denke du solltest wieder Gamaschen anziehen wenn du zum Hüten gehst.“ „Oh nein, dass ist doch jedes Mal ein extra Aufwand,“ jammert sie. „Was ist schon der kleine Zeitaufwand im Vergleich zu einem Schlangenbiss?“ „Hm, du hast recht.“
Am späten Nachmittag zieht sich Tanja tatsächlich ihre Ledergamaschen an und begibt sich wie jeden Tag mit Rufus zu den Kamelen. Ich sehe ihr nach und hoffe wie immer, dass ihr nichts geschieht. Leicht kann sie von einem Kamel getreten werden und leicht ist es möglich von einer Schlange oder einem Insekt gebissen zu werden wenn sie unter den Büschen herumkriecht, um die Hüterseile daran festzubinden oder zu lösen. Für Rufus ist das Kamele Hüten eine feine Sache. Er hat sich selbst zum größten Echsenjäger aller Zeiten erklärt. Lauernd und gefährlich sitzt er vor einem Spinifexgrasbüschel. Plötzlich springt er wie eine Feder darüber und rast im Zickzack einer kleinen Echse hinterher. In wenigen Sekundenbruchteilen hat sich das kleine Reptil in einem anderen der stacheligen Spinifexgrasbüschel geflüchtet. Rufus der große Jäger ist wie immer zu spät, trotzdem schiebt er kaltblütig seine Nase in das Stachelgras und versucht seine Beute aufzuspüren. Sein Schwanz wedelt dabei so enorm, dass sich sein gesamter Körper hin und herbewegt. Da Rufus ein abgebrühter, ausdauernder Jäger ist der niemals aufgibt und bis zum bitteren Ende seine Beute verfolgt, springt und rast er für Stunden durch die weite Ebene. Das er dabei erfolglos bleibt scheint er einfach zu ignorieren. „Irgendwann kommt meine große Chance und ich erwische sie beim Schwanz,“ meint er laut bellend und schießt wie eine Rakete dem nächsten Opfer hinterher. Ich beobachte ihn und kann mich nie satt sehen. Wie jeden Morgen und Jeden Abend biete ich Goola einen Eimer Wasser an doch außer ein paar Schluck bekommt er nichts in seinen Rachen. Istan hingegen reißt seine Augen auf und schlürft mit zwei drei Schluck den halben Eimer leer. „Äh, ist genug Istan, lass Goola noch etwas übrig,“ rufe ich freudig. Istan scheint einen großen Schritt in Richtung Gesundung gemacht zu haben. Wenn er wieder Durst empfindet wird er hoffentlich bald wieder Hunger empfinden und zu fressen beginnen. Etwas erleichtert gehe ich wieder zu Goola. Er benötigt eine halbe Stunde um die gleiche Menge an Wasser in sich hineinzubekommen.
Bevor ich mich dann zum Feuerholz sammeln aufmache untersuche ich noch meine Wasserproduktionsstellen. Der Eimer im Loch ist bis auf ein paar Tropfen leer. Ich bin enttäuscht, weiß aber das diese Methode eher über Nacht funktioniert. Als ich mir den Plastiksack am Feigenbaum ansehe glaube ich meinen Augen nicht zu trauen. Tatsächlich hat er sich mit vielleicht einer Tasse Wasser gefüllt. Schnell laufe ich zur Campküche um Tanja Bescheid zu geben. Mit einem Becher bewaffnet begeben wir uns wieder zu dem wilden Feigenbaum unter dem sich unser Schlafzelt befindet. Ich öffne die Verschnürung am Ende des Plastiksackes und ziehe ihn vorsichtig von dem Ast. Dann schütte ich den Inhalt in den Becher. Er fasst 0,33 Liter. Behutsam nippe ich an der gewonnenen Flüssigkeit. Sie schmeckt bis auf die paar Fliegen und Käfer die tot in ihr herumschwimmen etwas bitter, ist aber durchaus trinkbar. „Voller Erfolg,“ sage ich und spendiere meine Beute unserem Hund.
Am Campfeuer hegen wir zum wiederholten Male einen Funken Hoffnung. „Vielleicht beginnen sie morgen mit dem Fressen.“ „Es wäre so schön,“ antwortet Tanja. „Ahh, hast du die Sternschnuppe gesehen,“ rufe ich aus und zeige in den glitzernden Himmel. „Ja, es ist eine fantastische Nacht.“ Tatsächlich empfinde ich diese Nacht wie die Nacht der Nächte. Kein Lüftchen ist zu spüren. Es ist absolut still. So still das ich glaube sie zu hören, glaube sie zu spüren, ja greifen zu können. Nichts, absolut Nichts lenkt von dieser umfassenden Ruhe ab. Kein Insekt brummt, keine Fliege surrt nur ein Vogel der Nacht stößt von Zeit zu Zeit seinen hellen Ruf in die Endlosigkeit. Unbeweglich sitzen wir in unseren Stühlen und genießen dieses Naturphänomen. Ich sehe auf das Thermometer. Es zeigt 10 Grad. Das Feuer züngelt lautlos vor sich hin und wärmt unsere Körper. Wieder geht ein Tag in diesem Camp dem Ende entgegen und wir wissen nicht wie viele es noch werden.