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Mongolei/Vor Mörön Camp MONGOLEI EXPEDITION - Die Online-Tagebücher Jahr 2011

Positives Denken generiert Positives

N 49°42'773'' E 100°11'497''
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    Tag: 378-380

    Sonnenaufgang:
    05:55/05:58

    Sonnenuntergang:
    20:54/20:51

    Gesamtkilometer:
    1722

    Bodenbeschaffenheit:
    Gras

    Temperatur – Tag (Maximum):
    15 °C/27 °C

    Temperatur – Tag (Minimum):
    12 °C/20 °C

    Temperatur – Nacht:
    2 °C/10 °C

    Breitengrad:
    49°42’773“

    Längengrad:
    100°11’497“

    Maximale Höhe:
    1492 m über dem Meer

Seit Tagen schaufle ich jeden Morgen den Mist unserer Pferde in eine Schüssel und schütte das Zeug auf einen Haufen hinter unserem Zelt. Mittlerweile sind 90 bis 100 Schüsseln zusammengekommen. Nach meiner Schätzung dürfte das bald eine Tonne Pferdemist sein. Eine notwendige Arbeit, um nicht im Gestank der in der Sonne bratenden Pferdeäpfeln einzugehen. Zweifelsohne leben wir das Leben von Hirten. Wir stehen zur gleichen Zeit mit unseren mongolischen Nachbarn auf, lassen unsere Tiere zum Grasen frei, checken sie alle Stunde, um nach ihren Rechten zu sehen, eilen ihnen zu Hilfe wenn sie von einem brunftigen Hengst drangsaliert werden, sprühen Moskitomittel auf ihren Rücken, um sie vor den Fliegen zu retten und tränken sie zwei bis dreimal am Tag. Dann grabe ich ein Loch in dem ich die verbrannten Überreste unseres Mülls werfe. Tanja kocht Wasser und bereitet den Frischkornbrei zu. Wir holen Wasser aus dem Pumphaus, schreiben an unseren Erlebnissen und sichern die Bilder im Laptop. Immer wenn sich die Gelegenheit ergibt fährt Tanja mit unserem Nachbarn nach Mörön, um Lebensmittel zu kaufen oder andere Erledigungen für unsere Reise durchzuführen.

Unsere Nachbarn sind ebenfalls ständig beschäftigt. Morgens, nach dem Kühemelken, wird die Milch in einem großen Wok abgekocht und in Kannen oder Flaschen gefüllt. Es wird Käse zubereitet und Sahne abgeschöpft. Während die Frauen am Ofen beschäftigt sind sägen und hacken die Männer Feuerholz, arbeiten an Zäunen und Gehegen oder schlachten manchmal eine Ziege oder ein Schaf.

Gestern wurden Schafe geschoren. Weil es keinen Strom gibt noch mit der Schere. Eine anstrengende zeitintensive Arbeit. Nachdem die Felltiere von ihrem wärmenden Wollmantel befreit sind bekommen sie eine Spritze, werden mit einem farbigen Klecks auf dem Hintern markiert und dürfen sich wieder unter die blökende Herde mischen. Hin und wieder werden Pferde zugeritten. Nicht selten fliegt der meist junge Reiter dabei im hohen Bogen durch die Luft. Kaum liegt er auf dem Boden schwingt er sich wieder auf den Pferderücken. Schmerz zeigen gibt es hier nicht.

Abends, kurz vor Sonnenuntergang, holen wir die Pferde vors Zelt, pflocken sie je an einen Erdhaken und verarzten ihre jetzt fast ausgeheilten Druckstellen. Mit lauten Rufen treiben unsere Nachbarn ihre Schaf- Ziegen-, Rinder- und Pferdeherden zusammen. Die Schafe und Ziegen kommen in den Kraal, auch die Kälber müssen die Nacht in einer kleinen Holzumzäunung verbringen. Zu dieser Stunde herrscht Betriebsamkeit. Jeder ist vollauf beschäftigt. Erst als das schwere Tuch der Dunkelheit sich über das Tal senkt kehrt langsam Ruhe ein.

Obwohl wir die eine oder andere Herausforderung zu meistern hatten ist es ein wunderschönes und harmonisches Camp. Alles in allem das Friedlichste unserer bisherigen Mongoleireise. Obzwar wir gerne unseren Ritt fortsetzen würden genießen wir die Zeit zwischen den zwei Jurten mit ihren äußerst gastfreundlichen und liebenswerten Bewohnern.

Das Wetter ändert sich. Nachdem wir sechs Wochen nahezu jeden Tag von Gewittern heimgesucht wurden hat es seit vier Tage nicht mehr geregnet. Heute bläst es den gesamten Tag. Böiger Wind lässt unsere Zeltbahn knattern. Obwohl gerade mal Anfang August, spricht man bereits vom Herbst. Das Thermometer ist gestern Nacht auch auf nur 2 °C gefallen. Wirklich ein Land mit extremen Wetter.

Ilchelaugsuren tuckert am frühen Morgen mit seinem Motorrad zu unserem Zelt. „Musst du nach Mörön?“, fragt er Tanja. „Heute nicht. Vielen Dank“, antwortet sie. „Ich habe ein Geschenk für euch“, sagt er. Ein leichtes Lächeln umspielt seine Mundwinkel. „Ein Geschenk?“, frage ich verwundert und begebe mich zu seinem Moped. Dann überreicht mir Ilchelaugsuren eine schöne Schnupftabakdose in einem bunt bestickten Beutel. „Wenn du auf eurer weiteren Reise nette Menschen triffst kannst du damit deine Ehrerbietung zeigen“, sagt er und erklärt wie ich die Dose zu überreichen habe. „Etwas verdutzt über das unverhoffte Geschenk bedanke ich mich herzlich. „Hier ist noch etwas“, sagt er und gibt mir eine in Gold gefärbte Metallscheibe auf der ein galoppierendes Pferd geprägt ist. „Du kannst sie in die Halterung setzen und auf euren Buddhaaltar stellen“, erklärt er mir noch die Halterung gebend. „Tschin setgeleesee bajrlalaa“, bedanken wir uns als er auch schon davonknattert. Erst später erfahren wir von seiner Tochter Olziihutag, dass ihr Vater die kommenden zehn Tage in Ulan Bator verbringen wird. „Er leidet unter Migräne und sucht einen Spezialisten auf. Wir hoffen er kann meinem Vater helfen.“

Nach über einem Jahr überrascht uns das Land erneut. Diesmal mit der viel beschriebenen Gastfreundschaft. Wieder erfahren wir wie wichtig es ist nichts zu verurteilen. Als wir in diesem Tal ankamen war ich bereit die Mongolei zu verlassen. Pferdediebe, Unzuverlässigkeit,Unehrlichkeit, Stürme, Gewitter, Hitze, Kälte und noch so vieles mehr hatten mich weichgekocht. Das ungewollte Warten auf Bilgee und die damit verbundene Umorganisation der Weiterreise erweisen sich jetzt als ein tolles Geschenk. Unsere Erfahrungen bekommen eine neue, angenehme Richtung. Als unsere Vorbereitungen abgeschlossen waren hielt uns die Visaverlängerung erneut auf. Auch dies ist im Nachhinein als Fügung oder besser gesagt als ein Geschenk zu sehen. Es ergibt keinen Sinn sich gegen die Geschehnisse zu wehren. Das Beste ist diese hinzunehmen und sich damit abzufinden. Was will man dagegen tun? Mit dem Kopf gegen die Wand? Die Mongolei zeigt sich für uns als ein großer Lehrmeister. Akzeptanz, fließen lassen, Geduld, Toleranz, Ausdauer, Vertrauen wird uns hier gelehrt. Nicht immer auf angenehme Weise. Manchmal mit Druck aber wenn wir ehrlich zu uns selbst sind ist dieses Land mit seinen Einwohnern geradezu bemerkenswert lehrreich. Es kommt wie immer auf den Blickwinkel zur Situation an. Man könnte über das eine oder andere negative Geschehnis fluchen. Wir besitzen aber auch die Wahl das vermeintlich Negative als einen Fingerzeig zu erkennen. Eventuell sogar als eine sehr lehrreiche Lebenslage. Tanja und ich bevorzugen es aus dem vermeintlichen Minus ein Plus zu gestalten.

Gestern erst war ich auf Saraa wirklich sauer. Dachte sie hat uns gedroht. Aber vielleicht war es gar nicht so? Es ist eine Sache der Interpretation. Wenn sie nach Japan fliegen möchte ist es ihr gutes Recht. Wenn ihr Herz daran liegt auch verständlich das nötige Geld für den Flug zusammenzubekommen. Wer sind wir das zu be- oder verurteilen? Auch wäre ohne Saraa die gesamte Mongoleireise nicht in dieser Form möglich gewesen. Es war gut eine Nacht darüber zu schlafen. Als wir uns entschieden hatten uns mit 100,- US$ an ihrem Flugticket zu beteiligen kam auch glatt die positive News. „Ich habe eure Visaverlängerung bekommen.“ Positives Denken generiert Positives und negatives Denken generiert Negatives. Eine allgemein bekannte Aussage deren Wahrheitsgehalt sich uns immer und immer wieder bestätigt.

Wir freuen uns über Kommentare!

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