Polizei arbeitet in die eigene Tasche – Reichtümer unter historischen Grabstätten – Geistmächte betsrafen mit dem Tod
N 51°33'337'' E 099°15'341''Tag: 260-262
Sonnenaufgang:
06:39/06:35
Sonnenuntergang:
20:09/20:12
Gesamtkilometer:
1341
Bodenbeschaffenheit:
Eis, Schnee
Temperatur – Tag (Maximum):
10°C
Temperatur – Tag (Minimum):
0°C
Temperatur – Nacht:
minus 12°C
Breitengrad:
51°33’337“
Längengrad:
099°15’341“
Maximale Höhe:
1981 m über dem Meer
Seitdem alle Missverständnisse wegen der doofen Ziege und den Behältnissen aus der Welt geschafft sind bekommen wir wieder abendlichen Besuch unserer Nachbarn. Ultsan berichtet über den Jadeberg der immer kleiner wird weil sich dort mittlerweile eine Vielzahl von Schatzsuchern herumtreiben. „Wenn du abends auf dem Berg stehst und herunter schaust leuchten hunderte von Lagerfeuern“, erzählt er. „Hören die Männer nachts das Arbeiten auf?“, frage ich. „Nein, die Menschen graben in Schichtarbeit. Wenn du deinen Platz verlässt übernimmt ihn sofort ein anderer. Indessen haben sie schon ein riesiges Loch gegraben in dem jede Menge Jade gefunden wird.“ „Bei solch einer Anzahl von Menschen muss es doch vor Schmutz strotzen“, sinniere ich. „Das kann man wohl sagen. Überall liegt der Abfall herum und versaut die Taiga. Jeder bringt sein Zeug mit hinein aber keiner macht sauber. Es ist kein schöner Ort mehr.“ „Gibt es unterdessen Kriminalität?“ „Habe noch nicht davon gehört. Aber es geschehen ständig Unfälle. Manche verletzen sich sogar schwer. Es kommt vor das eine Hand, ein Arm oder Bein von rutschendem Geröll zerquetscht wird.“ „Kein Wunder. Es gibt ja keine Sicherheitsbestimmungen. So wie es scheint arbeitet jeder auf eigene Kappe und das mit schlechter Ausrüstung“, sage ich. „So ist es. Aber es gibt ein neues Problem. Die Polizei taucht immer öfter auf und beschlagnahmt die Jade. So wie es aussieht will die Regierung das Grabungsverbot durchsetzen. Aber bei so wenig Polizisten und so vielen Jadesuchern trifft es bis jetzt nur wenige. Übrigens arbeiten unsere Staatsdiener in die eigene Tasche. Sie beschlagnahmen die Steine, um sie an die Händler zu verticken. Ist für die Jungs ein fantastisches Geschäft da sie selber damit keine Arbeit haben und beim Graben ihre Gesundheit nicht riskieren. Auf jeden Fall gibt es wegen ihnen zurzeit kaum Jadeaufkäufer. Die scheinen verschreckt zu sein. Denke das ist auch ein Grund warum sich die Händler derzeit nicht recht trauen Jade zu kaufen.“ „Warum? Du meinst sie vermuten der Verkäufer könnte ein Polizist in zivil sein?“, frage ich. „Ist doch möglich. Oder nicht?“, überlegt Ultsan. „Aber dann würden sich die Polizisten doch selbst das Geschäft kaputt machen. Das passt nicht zusammen.“ „Wieso? Die sind clever. Sie beschlagnahmen die Steine der Aufkäufer gleich mit und verkaufen es an einen anderen mit dem sie einen besonderen Deal aushandeln. In der Mongolei ist alles möglich“, sagt er. „Auf jeden Fall kann ich meine Jade gegenwärtig nicht an den Mann bringen. So wie es aussieht war der ganze Einsatz den ich den Winter über in die Jadesuche gesteckt habe umsonst.“ „Du solltest warten. In einigen Jahren wird sie sehr wertvoll sein. Dann verkaufst du deinen Schatz und wirst reich“, antworte ich lachend. „Das dachte ich mir auch schon. Ich sammle schöne Stücke, vergrabe sie in der Taiga, warte auf den richtigen Zeitpunkt und irgendwann sind wir gemachte Leute“, lacht er ebenfalls seine Tsaya anblickend.
Reichtümer unter historischen Grabstätten
„Weil du gerade von Schatz sprichst, den soll es in der Taiga wirklich geben. Erzähl ihnen davon Ultsan“, wirft Tsaya ein. „Soll ich wirklich?“, fragt er. „Warum nicht. Tanja und Denis werde sich nicht aufmachen und uns den Schatz wegschnappen“, erwidert sie schmunzelnd. „Okay. Vor über 100 Jahren kam ein alter Mann mit seinen 10 Ochsen durch die Gegend von Tsagaan Nuur geritten. Alle Tiere waren mit ledernen Satteltaschen beladen die mit Gold angefüllt waren. Es war ein reicher Mann der seinem Schatz keinem gönnte, ihn offensichtlich nicht weitervererben wollte und ihn in diesem Teil der Taiga versteckt hat.“ „Ein schönes Märchen“, antworte ich freundlich. „Es ist kein Märchen. Eine junges Mädchen hat den Schatz gesehen. Sie wurde 100 Jahre alt und war in ihren späteren Jahren eine große Schamanin. Sie war die Mutter von dem Hirten die einige Kilometer von hier entfernt leben. Ihr Sohn hat euch schon mehrfach besucht. Erinnert ihr euch?“, fragt Tsaya. „War es der Mann der keinen Alkohol mehr trinkt weil ein Schamane seine Trinksucht heilte?“, fragt Tanja. „Genau. Er ist durch das schamanische Ritual seit über einem Jahr trocken. Vorher war er ein schlimmer Trunkenbold der nichts taugte und jetzt ist er ein netter Mann dem es von Monat zu Monat besser geht“, bestätigt Tsaya. „Und seine Mutter war ebenfalls Schamanin?“, frage ich nach. „Ja. Eine gute noch dazu. Und genau sie war es die damals der Ochsenkarawane den Weg wies. Weil die Abdeckung einer Satteltasche verrutschte viel ihr Blick durch Zufall auf den Inhalt. Sie entdeckte somit das Gold. Ich bin mir sicher, der Schatz existiert“, meint Ultsan.
„Es gibt noch viele Schätze in der Mongolei. Alleine unter den Hirschsteinen und Menschensteinen oder anderen frühzeitlichen Grabstätten hat man Reichtümer gefunden“, setzt Ultsan seine Erzählung fort. „Meinst du die Steine in die man vor tausenden von Jahren Ringe, verschiedene geometrische Formen, Hirsche und andere Tiere graviert hat?“ „Ja.“ „Auf unserem Ritt durch euer Land haben wir einige von den interessanten Stelen gesehen die auf einmal aus der Erde in den Himmel ragen. Manche von ihnen sollen bis zu fünf Meter hoch und über einen halben Meter dick sein. Über 500 solcher Hirschteine soll es in der Mongolei geben“, sage ich. „Ja wir besitzen viele solche Grabsäulen“, antwortet er nachdenklich. Nachdem was man in der Literatur findet geht man davon aus, dass die Hirschteine aus der Bronzezeit und der frühen Eisenzeit stammen. Also 2000 bis 700-300 vor unserer Zeitrechnung. Genau weiß man das anscheinend nicht. Man ist sich aber einig darüber das unter ihnen Stammesoberhäupter und einflussreiche Personen nomadischer Völker beerdigt wurden. Wahrscheinlich aus der frühskythischen Kultur deren Nachweise in der Region Tuwa und dem Altai-Sajan-Region gefunden wurden. „Du schaust so nachdenklich?“, frage ich Ultsan. „Eigentlich glaube ich nicht das man heute noch unter den Hirsch- und Menschensteinen Schätze findet. Das müsste alles erforscht sein. Aber vielleicht gibt es noch etwas unter den anderen Grabstätten?“ „Du meinst die nach Osten ausgerichteten, rechteckig angelegten Tafelgräber?“ „Ja genau. Die Steinansammlungen auf denen manchmal Menschenfiguren errichtet sind.“ „Soweit ich weiß hat man dort bereits 300 vor Christus bis 100 nach Christus Militärführer, Stammesführer und Würdenträger bestattet. Andere, so wird berichtet, stammen aus dem 6. bis 8. Jahrhundert. Es war die Zeit des türkischen Reiches. Es gibt aber auch Grabstätten der Uiguren in der Mongolei. Im 7. Jahrhundert verbündeten sie sich mit der chinesischen Tang-Dynastie und im Jahre 744 eroberten sie die Mongolei.“ „Na du bist ja gut informiert“, meint Tsaya. „Oh, ich habe erst kürzlich über diese Grabstätten gelesen. Da wir an einigen vorbeigeritten sind und ich Bilgees mongolische Erklärung kaum verstand hat mich das Thema brennend interessiert“, erkläre ich. „Geschichtlich kenne ich mich nicht so gut aus aber ich weiß das ein Mann vor nicht all zu langer Zeit unter solch einem Steinhaufen eine riesige Bronzeschüssel entdeckte die heute in einem Museum in Ulan Bator ausgestellt wird. Der Mann soll damit viel Geld verdient haben“, erzählt Ultsan. „Aber es doch bestimmt nicht erlaubt an solchen exponierten Orten zu graben?“, entgegne ich. „Da hast du Recht. Das ist verboten.“ „Und wie hat der Mann dann Geld verdient wenn er dort gar nicht graben darf? Könnte mir vorstellen das alle historischen Grabstätten der Mongolei Eigentum der Regierung sind.“ „Ja, ja. Das glaube ich auch. Ich weiß nicht wie der Finder entlohnt wurde. Vielleicht hat er gelogen“, überlegt Ultsan.
Geistmächte betrafen mit dem Tod
„Dann fällt das Thema auf Saintsetseg. „Als ihr gefragt habt ob sie ein Ritual für eure kommende Reise abhalten soll sind wir erschrocken“, meint Tsaya. „Warum das denn?“, wundere ich mich. Sie hat ihre Ausbildung noch nicht abgeschlossen und trotzdem Rituale abgehalten. Vor allem auch für Touristen und Stadtmongolen aus Mörön. So lange sie mit der Ausbildung nicht fertig ist darf sie das nicht. Der Spirit nimmt ihr das übel und bestraft sie und die Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung. Die Tuwas machen sie indirekt für den Tot von Ultsans Vater verantwortlich sowie für den Tot des ältesten Sohnes ihrer Schwester als auch für den Tot ihres eigenen Sohnes und Ultsans Bruder die in Tsagaan Nuur erschlagen wurden. Das geschah alles im selben Jahr. In Jahr als Saintsetseg mit den ersten Ritualen begann. Einige ihrer Rentiere wurden von Wölfen gerissen. Interessanterweise meist nur ihre und keine von anderen Familien. Mittlerweile hat sie nur noch zwei Rentiere. Ehrlich gesagt möchte der Clan nicht, dass sie ein Ritual für euch abhält. Sie haben Angst vor weiterem Unglück.“ „Wow! Das sind ja heftige Anschuldigungen. Unter diesen Umständen wollen wir natürlich kein Ritual von ihr. Aber woher wisst ihr das die Rituale daran schuld sind?“, frage ich fassungslos. „Wie ich schon sagte. Alle Todesfälle geschahen unmittelbar nachdem sie mit ihrer Arbeit als Schamanin begann.“ „Hm, und wer sagt wann ihre Ausbildung abgeschlossen ist?“ „Wenn der Spirit in den Körper des Schamanen fährt. Dann ist sie fertig.“ „Und woher wisst ihr das die Geister nicht in ihren Körper gehen?“ „Das spürt man. Man sieht es an ihrem Gesicht, ihrem Tanz, daran das sie nur zwei Stundenzeremonien abhält obwohl der Spirit schon zwei Stunden benötigt um in den Körper zu gelangen. Alle unsere Schamanen halten Rituale die sechs bis 12 Stunden andauern. Du hast es bei Gamba selbst gesehen. Saintsetseg sagt Dinge die von ihrem eigenen Geist kommen, also ihre persönliche Meinung und äußert keine Aussagen der Geister aus der anderen Welt. Es gibt viele Beispiele woran wir sehen ob eine Schamane fertig ausgebildet ist oder nicht“, erklärt sie, worauf eine lange Redepause entsteht.
Wir freuen uns über Kommentare!