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AUFGELADEN zu den Polarlichtern im hohen Norden - 2020

Nach Jahren des Schweigens meldet sich Mutter Erde

N 64°06'28.2" E 11°23'07.4"
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    Datum:
    29.11.2020 bis 30.11.2020

    Tag: 119 -120

    Land:
    Norwegen

    Ort:
    Dorf Velle am Trondheimsfjord

    Gesamtkilometer:
    8755 km

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt

    Sonnenaufgang:
    09:22 Uhr bis 09:25 Uhr

    Sonnenuntergang:
    14:41 Uhr bis 14:39 Uhr

    Temperatur Tag max:
    – 2°

    Temperatur Nacht min:
    – 4°

    Wind
    5 km/h

 

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

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Um 9:30 Uhr öffne ich müde die Augen und blinzle aus dem Fenster auf den erwachenden Tag. Dichter Nebel liegt über dem Nebenarm des Trondheimfjords der mit seinen 130 Kilometer der drittlängste Fjord in ganz Norwegen ist, der an seiner tiefsten Stelle 617 Meter tief ist, indem über 90 Fischarten leben und sogar Steinkorallen gefunden wurden. Ich denke daran, wie der Flugkapitän Werner Thieme im Februar 1942 mit seinem Transportflugzeug Focke-Wulf Fw 200 unweit von hier im Fjord notwasserte. Wegen einer defekten Landeklappe war eine normale Landung nicht möglich, weshalb er gezwungen war in einer Art gesteuertem Absturz sein Flugzeug ins Wasser zu bringen. Dank der fliegerischen Meisterleistung überlebten alle sechs Besatzungsmitglieder das Unglück. Die Maschine sank auf 50 Meter Tiefe und wurde im Mai 1999 vom Deutschen Technikmuseum Berlin gehoben. Seither wird sie für die Nachwelt mit großem Aufwand wieder aufgebaut.

Ich bin gerade wieder im Begriff mich noch mal umzudrehen, als ein vereinzelnder Sonnenstrahl die Nebelwand durchdringt, um sich auf der still daliegenden Wasserfläche zu spiegeln. Fasziniert beobachte ich wie sich die Nebelwand langsam goldgelb färbt. Bruchteile von Sekunden danach nimmt die Wasseroberfläche die gleiche Färbung an, sodass kaum ein Unterschied zwischen Himmel und Fjordoberfläche auszumachen ist. Erst jetzt bemerke ich das Bereiche des Meeresbusens mit einer hauchdünnen Eisschicht überzogen sind und das zunehmende Tageslicht unterschiedlich reflektiert. Auf der anderen Seite der Bucht kauern sich ein paar Wohnhäuser ans Ufer. Sie sind von einem dunklen Schatten überzogen der zusehend von den stärker werdenden Sonnenstrahlen vertilgt wird. Als würde ein mächtiger Scheinwerfer seinen gebündelten Strahl auf eines der roten Holzhäuser werfen erstrahlt es ganz unerwartet im goldenen Licht. „Wow, entfährt es mir leise, um Tanja nicht zu wecken die noch immer zu schlafen scheint. „Was ist?“, fragt sie leise. „Das musst du dir ansehen. Da draußen spielt sich gerade in diesem Augenblick ein unfassbar schönes Lichterspiel ab. Man kann beobachten, wie sich die aufgehende Sonne mit Mutter Erde vermählt“, antworte ich. Tanja hebt ihren Kopf, um ebenfalls auf den Fjord zu blicken. „Oh ist das schön“, flüstert sie. „Ja, das ist es“, antworte ich und spüre, wie mich just in diesem Augenblick ein unerträglicher Schmerz durchdringt. Wie er Besitz von Körper und Geist ergreift, mich in Reglosigkeit verstummen lässt und tausend Fragen in meinem Kopf aufblitzen. „Ist das das Paradies? Das Paradies auf Erden?“ „Ja das ist es.“ „Sind wir Menschen im Begriff es mit unserer unendlichen Gier, unserem krankhaften Konsum, unserem Streben nach Macht zu zerstören?“ „Ja, das seid ihr“, antwortet die Stimme erneut in mir, die ich schon während unserer Durchquerung der australischen Wüsten häufig vernommen hatte. Eine Stimme, die mich drei Jahre durchs Outback begleitete, die zweifelsohne für unser Überleben verantwortlich war, mir mit guten Ratschlägen diente, mich in schlimmen Zeiten aufmunterte und in neue gedankliche Dimensionen katapultierte. Ich hatte mich an sie gewöhnt, konnte zu jeder Zeit alles fragen und bekam grundsätzlich stimmige Antworten. Wieder in unserer Heimat angekommen wurde sie leiser, wurde seltener bis sie auf den darauffolgenden Fahrradexkursionen zusehend verstummte. Und jetzt ist sie plötzlich wieder zu hören? Oder habe ich mir das nur eingebildet?

„Haben wir Menschen den Zusammenhang zwischen globaler Krise, in der wir uns gerade befinden noch nicht verstanden?“, frage ich in meinen Gedanken. „Nein, das habt ihr nicht. Wenn ihr Menschen auch in Zukunft auf dieser wunderschönen Mutter Erde leben möchtet, solltet ihr die auf der Hand liegenden Zusammenhänge zwischen Pandemie, Artensterben, dem Ausbruch von gefährlichen Viren, dem Anstieg der Meeresspiegel, die Zunahmen von Naturkatastrophen wie gewaltige Feuersbrünste, großen sintflutartigen Überschwemmungen, Tsunamis usw. unbedingt verstehen. Ihr Menschen, egal ob in reichen oder armen Ländern, steuert mit großer Geschwindigkeit auf eine nicht mehr von euch beherrschbare Welt zu. Ihr müsst die Ursachen bekämpfen und nicht nur versuchen die von euch verursachten Schäden zu reparieren. Wenn ihr Menschen so weiter macht wie bisher und eure Urwälder niederbrennt, eure Flüsse für Bauland begradigt, jeden Tropfen Erdöl, Erdgas, Silizium und alles was ich euch zu Verfügung gestellt habe restlos aus meinem Inneren herausreißt, dann setzt ihr euch auf einen Vulkan dessen Ausbruch eure Existenz um Jahrhunderte zurückschleudert oder sogar vollends beendet. Wenn ihr so weiter macht wie bisher wird es solche schönen Augenblicke wie diesen nicht mehr geben. Es ist nicht nur meine Gesundheit gefährdet, sondern auch Eure. Der Mensch muss verstehen das wir unzertrennbar sind, dass wir, also Mutter Erde und ihr, die Menschheit zusammenhängen. Gesundheit für Euch Menschen bedeutet sauberes Essen, reines Wasser, reine Atemluft, ein geschütztes Zuhause und erträgliche Temperaturen. Ich kann nur immer wieder darauf hinweisen und im Notfall Warnungen senden. Wenn ich euch auf meiner Haut leben lasse, euch nähre und schütze solltet ihr mich nicht weiterhin verletzen und misshandeln. Das überlebe ich nicht und ihr auch nicht“, höre ich und weiß das es Mutter Erde ist, die hier spricht. „Und was sollen wir tun? Was sollen Tanja und ich tun? Wir können uns doch nicht in den Wald setzten und auf unseren Tod warten?“ „Nein, damit helft ihr keinen Menschen. Ihr tut bereits seit vielen Jahren das was ich euch aufgetragen habe. Bereist meine Oberfläche, sucht die unterschiedlichen Völker auf, steigt auf meine Berge und wandert in meine Wälder, versucht weiterhin in mein inneres Wesen vorzudringen und es zu verstehen. Bewundert meine Schönheit, spürt meinen Schmerz und sprecht und schreibt darüber. Ihr habt auf dieser Reise sehr viel Positives erlebt. Ich habe euch immer wieder meine Schönheit gezeigt. Ich habe euch beschützt und behütet. Ihr durftet noch während das Virus auf meiner Haut ausgebrochen ist, durch dieses wunderbare Land reisen. Viele eurer Brüder und Schwestern haben sich indes in ihr Heim zurückgezogen. Das war und ist kein Zufall. Das ist ein Geschenk an euch und es ist eine gute Idee und eine fantastische Arbeit eure Erlebnisse festzuhalten, sodass eure Leser durch eure Erlebnisse meine Schönheit und Empfindlichkeit spüren und vermittelt bekommen. Dadurch wird der eine oder andere sein zukünftiges Handeln ändern. Er wird seinen Verwandten und Freunden davon berichten die es wiederum weitererzählen und somit wird die Zukunft positiv beeinflusst. Jeder kann dazu beitragen und ihr als meine Botschafter macht einen guten Job. Gebt nicht auf und haltet durch. Dafür bin ich euch dankbar.“ „Puh!“, stöhne ich laut. „Was denn?“, fragt Tanja. „Puh“, wiederhole ich und erzähle ihr welches Zwiegespräch mir gerade durchs Gehirn gerast ist. „Mutter Erde hat sich wieder gemeldet?“, fragt Tanja. „Ich glaube schon“, antworte ich skeptisch. „Du mit deinen Zweifeln. Mutter Erde ist doch eine unumstößliche Tatsache und kein esoterisches Gewäsch. Sie ist krank und hat sich bei dir gemeldet. Ich bin mir ganz sicher, dass sie es war“, meint Tanja, worauf wir in anhaltende Nachdenklichkeit verfallen. „Du hast doch auf unserer Webseite ein Zwiegespräch mit Mutter Erde veröffentlicht?“, bricht Tanja nach einer gefühlten Ewigkeit unser Schweigen. „Du meinst das was sie in den australischen Wüsten damals gesagt hat?“ „Ja, genau.“ „Und?“ „Kannst du dich noch daran erinnern? Da gab es doch starke Ähnlichkeiten mit dem was du eben gehört hast“, sagt Tanja, worauf ich den Laptop aufklappe, unsere Webseite aufrufe und laut vorlese. “Sage den Menschen, dass sie meine Haut nicht besitzen können. Wie soll das funktionieren? Ihr Menschen könnt euch nur ein Stück davon für eure Lebenszeit ausleihen. Aber ihr könnt sie nicht besitzen. Ihr könnt das Hautstück zwar ausbeuten, tiefe Löcher graben, es mit eurem Abfall bewerfen und dann an eure Nachkommen vererben. Aber vergesst nicht, ihr könnt die Haut der Erde nicht besitzen. Sie ist ein Teil des allgemeinen Kommunikationssystems. Sie ist der Lebensrhythmus und die Nahrungsquelle, auf der ihr steht, lauft oder eure Städte baut. Aber denkt daran: Die Haut kann niemals einem Einzelnen gehören. Sie gehört immer allen, egal welcher Rasse er angehört und welche Hautfarbe der Einzelne besitzt. Selbst euere eigene Haut habt ihr euch nur für ein paar Jahre geliehen. Wenn ihr sterbt, geht sie zurück in die Allgemeinheit, in die Mutter Erde. Also denkt daran, was ihr mit der Haut tut, auf der ihr lebt. Denkt daran, dass die Haut der Mutter Erde genauso wenig zu besitzen ist wie die Atemluft. Es ist Allgemeingut aller Bewohner dieses Planeten. Erde und Luft gehören den Tieren und Pflanzen genauso wie dem Menschen. Es ist wichtig zu verstehen, dass es ein Irrsinn ist, wegen der Haut, die ihr als Land bezeichnet, einen Krieg anzufangen. Das wird euch nicht weiterbringen. Siehst du, wie wichtig es ist, die Dinge von verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten? Welche Verbindungen es zwischen dir und den Tieren und Pflanzen gibt? Wohin dich diese Erkenntnis führen kann? Ist dir klar, dass diese kleine Erkenntnis dir einen Weg in die Unendlichkeit zeigen kann? Also frage dich nicht mehr über Sinn und Unsinn deiner Unternehmungen. Die Anstrengungen geleiten dich in andere Welten, sind Hilfsmittel, um dir deinen Geist zu öffnen.

Denkt immer daran, dass wir der Supermarkt sind, in dem ihr euch bedient und der Teller, von dem ihr esst. Vergesst niemals, dass wir das Wasser sind, welches ihr trinkt, indem ihr euch badet. Dass wir es sind, die ihr atmet. Erinnert euch, wie schmerzhaft es ist zu dursten, zu hungern, zu frieren, zu schwitzen oder an Krankheiten zu leiden und zu sterben. Wenn ihr weiterhin euren eigenen Supermarkt ausraubt, ohne die Regale neu zu füllen, wenn ihr weiterhin euren Abfall auf euren eigenen Teller werft und euren letzten Becher Wasser umkippt, werdet ihr euch und den kommenden Generationen unendlich viel Leid zufügen. Wir, also die Wüste, der Dschungel, die Wälder und Wiesen, Meere und Seen, Flüsse und Berge, kurz, die Mutter Erde, können euch dann nicht mehr helfen. Es würde uns leidtun um euch, denn, und das ist sehr wichtig zu wissen, wir alle lieben euch, denn wir sind ein Teil von euch und ihr seid in Teil von uns.“…

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