Monkoos Lieblingsspielzeug
N 51°33'336'' E 099°15'341''Tag: 239-240
Sonnenaufgang:
07:27/07:24
Sonnenuntergang:
19:34/19:35
Gesamtkilometer:
1281
Temperatur – Tag (Maximum):
minus 5°C
Temperatur – Tag (Minimum):
minus 15°C
Temperatur – Nacht:
minus 26°C
Breitengrad:
51°33’336“
Längengrad:
099°15’341“
Maximale Höhe:
1981 m über dem Meer
8:00 Uhr am Morgen. Sturmböen blasen über unsere Jurte und reißen die Plastikfolie, mit der wir nachts die Dachkrone verschließen, auf. Das Plastik knattert unangenehm laut im Wind. Müde öffne ich die Augen und blicke auf die flatternde Folie. Obwohl sich der Monat März bereits in eineinhalb Wochen verabschiedet sinkt das Thermometer nachts noch immer auf minus 26 °C. Was für ein langer Winter. „Ich stehe erst auf wenn du Feuer gemacht hast“, höre ich Tanjas Stimme durch den Daunenschlafsack gedämpft an meine Ohren klingen. „Ich weiß“, sage ich leise und schlüpfe aus meiner warmen Hülle in die Kälte des frühen Tages. Seit sechs Monaten feure ich nun schon jeden Morgen unseren Kanonenofen an und löse somit mein Geburtstagsgeschenk an Tanja Tag für Tag ein. „180“, murmle ich. „Wie 180?“, vernehme ich Tanjas Frage durch die Daunenschicht gedämpft. „180 Tage reinige ich jeden Morgen den Ofen von der Asche, zünde Feuer an, hole neues Feuerholz, stelle Wasser auf und kehre unsere Jurte. Das ist wohl das umfangreichste Geburtstagsgeschenk welches ich dir je vermacht habe“, sage ich. „Ja, wirklich ein fantastisches Geschenk. Ich schätze es jeden Morgen von Neuem. Tausend Dank mein Schatz.“ „Ist schon in Ordnung. Ich mache das gerne. Du kochst ja auch für mich, wäscht die Wäsche und holst Schnee. Wir ergänzen uns somit recht gut. Abgesehen davon war ich froh ein Geschenk für dich gefunden zu haben. Hier kann man ja nichts kaufen.“ „Meist sind mir solche Geschenke viel lieber als die gekauften“, erwidert sie ihren Kopf aus den Schlafsack streckend.
Weil nahezu alle Männer des Camps sich auf die Suche nach Jade gemacht haben leben mit uns zurzeit nur 11 Menschen hier. Nach den langen Feierlichkeiten ist die Ruhe absolut wohltuend. Trotzdem bekommen wir täglich Besuch. Saintsetseg und ihre Tochter Monkoo schauen bis zu dreimal am Tag bei uns vorbei. Weil unsere Kaffeevorräte verbraucht sind freuen sie sich auch über Milchtee mit Zucker und Bonbons. Monkoo, die so scheu war das sie mit uns kaum gesprochen hat, ist nach drei Monaten aufgetaut. Sie lacht und schäkert mit Tanja oftmals ausgelassen. Durch die Unterhaltung mit den Tuwa verbessern sich unsere Mongolischkenntnisse. Mittlerweile ist ein rudimentärer Austausch möglich. Wenn ich daran denke, dass wir am Anfang unserer Reise kaum ein Wort herausbrachten, ist dieser Fortschritt absolut erfreulich. „Kannst du mir den Akku meines Handys aufladen?“, fragt mich die junge Monkoo mit einer Freundlichkeit die ich ihr noch vor einem Monat nicht zugetraut hätte. Sie hat das Mobiltelefon von einer Verwandten zum Tsagaan Saar geschenkt bekommen. Seither sind sie und das Handy unzertrennliche Freunde. Leider ist es eine chinesische Produktion und dadurch sehr anfällig. Der billige Akku war schon nach wenigen Tagen kaputt und verursachte bei dem Mädchen große Traurigkeit. Jetzt hat sie einen neuen Akku aus Tsagaan Nuur bekommen. Leider muss er bei dem Dauerbetrieb ständig geladen werden. Alle zwei Tage brachte mir Monkoo ein anderes defektes Ladegerät welches ich für sie reparierte, klebte oder Kabel anlötete. Mittlerweile ist mir das Lötzinn ausgegangen. Seit Wochen warten wir auf Nachschub aus Deutschland. „Monkoo, ich kann dir dein Ladegerät nicht reparieren. Ich habe keine Teile mehr dafür“, sage ich, worauf ihr Gesicht nahezu versteinert und sie kommentarlos die Jurte verlässt. Stunden später öffnet sie wieder lachend die Jurtentür. Sie zeigt mir eine Art MP4-Player der mit der gleichen Batterie betrieben wird wie ihr Lieblingsspielzeug. „Kannst du das für mich laden?“, fragt sie mich charmant. Obwohl wir die durch Solar gewonnene Energie für unsere Laptops und Technik brauchen bringe es ich nicht übers Herz ihren Wunsch abzulehnen und schließe das Gerät an unsere Batterie an. „Komm in zwei Stunde wieder. Dann dürfte der Akku voll sein“, sage ich. „Tschin setgeleesee bajrlalaa“, („Herzlichen Dank“) sagt sie und geht. „Hast du ihr Gesicht gesehen?“, fragt Tanja. „Ja.“ „Unglaublich wie sie sich darüber freut das du ihren Akku auflädst.“. „Und so geraten auch die Tuwa mehr und mehr in die Abhängigkeit von Technik“, antworte ich. Bereits nach einer Stunde stürmt Monkoo wieder in unser Heim. „Und ist er voll?“, fragt sie aufgeregt. Ich baue den Akku aus den MP4-Player und reiche ihn ihr. Sofort setzt sie ihn in das Funktelefon und lacht. Sie aktiviert das Musikprogramm worauf aus dem kleinen Lautsprecher Michael Jacksen ertönt. Die junge Tuwa-Frau verlässt unsere Jurte, um im Begleitung des Superstars ihre Rentiere ins Camp zu holen. „Verrückte Welt“, meint Tanja kopfschüttelnd.
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