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Link zum Tagebuch: TRANS-OST-EXPEDITION - Etappe 1

Korrupte Beamte! Raubende Banditen im Zug

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    Tag: 94

     

    Tageskilometer:
    18,60 Km

     

    Gesamtkilometer:
    2987,32 Km

     

    Bodenbeschaffenheit:
    Schienen

     

    Aufbruchzeit:
    17:00 Uhr

    Ankunftszeit:
    24:00 Uhr

Vor dem Frühstücken sichern wir noch die restlichen Bilder auf CD. Am Nachmittag verlassen wir dann das Hotel. “Wir sehen uns im April wieder”, sagen wir zu dem netten Mann an der Rezeption und lassen unsere Räder zum nahen Bahnhof rollen. Bestens gelaunt stehen wir am Bahnsteig und warten auf den internationalen Zug der uns von Rumänien nach Wien bringen soll. Die Menschen auf der Plattform bestaunen unsere Ausrüstung auf Rädern. “Wollen sie eine Kamera kaufen?”, fragt mich einer der etwa 10 Jahre alten Verkäufer und zeigt mir in einer Tasche seinen Besitzt. “Von wem hast du die denn geklaut?”, frage ich ihn und schüttle ablehnend den Kopf. Beleidigt schiebt er ab, um einen anderen seine Ware anzubieten. Als der Zug endlich einfährt durchströmt uns ein angenehmes Gefühl. Heimat scheint er Verheißungsvoll zu wispern als die quietschenden Bremsen ihren letzten Ton in die Dämmerung hauchen. “Ich schau mal ob ich den Schaffner finde”, sagt Tanja und läuft mit vollem Elan den Bahnsteig entlang. Es dauert nicht lange und sie kommt erfolglos zurück. “Besser wir laden schon mal unsere Ausrüstung ins Abteil”, meint sie. Während ich auf die Räder aufpasse trägt sie Packtasche für Packtasche in das Zugabteil. Obwohl wir schnell arbeiten haben wir das Problem eines Unsicherheitsfaktors zu lösen. Immer wenn Tanja die nächsten Taschen holt ist das Wagenabteil unbeaufsichtigt. “Können sie in der Zwischenzeit einen Blick auf unsere Ausrüstung werfen?”, fragt sie einen Reisenden der seinen dicken Bauch aus dem Fenster hängt. “Klar”, sagt er ohne seinen Job ernst zu nehmen. “Wo stellst du die Packtaschen hin? Du  musst sie schon in die dafür vorgesehenen Netze legen, ansonsten bekommen wir die Anhänger da nie rein”, mahne ich. “Das musst du machen”, meint sie worauf ich jetzt in den schmalen Gang weitere Taschen trage. Im Schlafabteil liegt unsere Ausrüstung auf dem Boden und auf den Betten. Sofort beginne ich unser Material in die Gitter über meinem Kopf zu schlichten. Dadurch, dass der Zug in spätestens 15 Minuten den Bahnhof verlassen wird bin ich in Eile und beginne wie ein Tier zu schwitzen. Kaum sind die Packtaschen in den Netzen verlasse ich unsere Behausung der nächsten 14 Stunden und begebe mich in den engen Gang. Ein junger Zeitungsverkäufer läuft vor mir, bleibt vor einem leeren Abteil stehen und untersucht es genau. Ich frage mich was er wohl in einem menschenleeren Abteil sucht? Vielleicht eine Tasche oder eine Kamera die der sich in Sicherheit fühlende Fahrgast schon  mal hineingelegt hat? Wer weiß? Aber irgendwie müssen die Jungs ja auch an ihre Kameras und dem sonstigen Zeugs kommen was sie dann wieder den Touristen für wenig Geld zum Kauf anbieten. “Da gibt es nichts!”, sage ich hinter ihm weshalb er erschrocken weiterläuft. “Darf ich ihnen helfen die Kiste in den Zug zu tragen?”, fragt mich ein hilfsbereiter deutscher Fahrgast. “Sehr gerne. Sie sind sehr freundlich”, bedanke ich mich. “Ihre Frau ist doch viel zu zart um die massige Kiste zu schleppen”, antwortet er lachend. Gemeinsam hieven wir die 58 Kilogramm schwere Zargesbox, die der Aufbau von unserem Used-Anhänger ist, durch die engen Gänge. Nur mit viel Mühe und lautem Schnaufen schaffen wir es den Aluminiumkasten in das Abteil zu stellen. “Wie wollen sie da ihre Räder reinbringen? Es passt doch absolut nichts mehr rein?”, fragt der sympathische Helfer. “Keine Ahnung.” “Na sie müssen ja eine optimistische Einstellung haben. Was wollen sie dem Zoll erzählen? Die nehmen ihnen doch alles ab”, erschüttert mich seine Aussage. “Keine Ahnung. Das Problem lösen wir wenn es soweit ist. Jetzt müssen wir erstmal sehen wie wir die Räder in den Zug bekommen.” “Na dann viel Spaß. Und vor allem viel Glück”, sagt er mich mitleidig ansehend.

“Ich haben den deutschsprachigen Schaffner gefunden. Er hat kein leeres Abteil. Es ist absolut alles ausgebucht meinte er. Wir sollen hier warten. Er wird bald zu uns kommen”, erzählt mir Tanja als ich am gesamten Körper nass geschwitzt wieder auf dem Bahnsteig stehe und mir den Schweiß von der Stirn wische. Ein anderer Schaffner in Uniform schlendert vorbei, sieht uns mitleidig grinsend an und sagt im gehässigen Tonfall: “Das wird euch eine Stange Geld kosten”. Ohne uns irgendeine Hilfe anzubieten läuft er weiter und lässt uns mit unserem Problem alleine. “Korruptes Schein”, flüstere ich ihm hinterher völlig aufgebracht über die unfreundliche Art und sein unverschämtes Benehmen. Dann dreht er sich um, lacht mies und reibt den Daumen am Zeigefinger. “Du…” “Lass ihn, dieser Armleuchter wird uns sonst nur noch mehr Schwierigkeiten bereiten”, beruhigt mich Tanja. “Noch acht Minuten bis zur Abfahrt”, fluche ich nervös auf die Uhr blickend als sich der Deutsch sprechende Schaffner noch immer nicht zeigt. “Egal, die lassen uns hier einfach stehen. Wir laden die Räder in den Zug. Hauptsache sie sind mal drin”, bestimmt Tanja. “Du bist gut. Wohin soll ich sie denn laden? Die passen wohl kaum durch die schmalen Gänge. Und wenn wir sie zwischen die Wagonverbindung stellen kann keiner mehr daran vorbei”, gebe ich zu bedenken. “Egal, die müssen jetzt rein”, ist ihre logische und einzig richtige Folgerung. Sofort beginnen wir die sperrigen Drahtesel  durch die schmale Tür zu hieven. Kaum steht eins der Räder in dem Zwischenstück der Eisenbahnwagen stauen sich schon die ersten Menschen. Mit Gewalt drücken sie sich rücksichtslos daran vorbei und verbiegen die Schutzbleche unserer mittlerweile heiß geliebten Bikes. Ein Zeitungsverkäufer beginnt sich an mir vorbeizuquetschen, das Vorderrad meines Rades gegen ein Eisenteil zu drücken, wodurch sich ein paar Speichen bedenklich biegen. “Pass doch auf du Idiot!”, brülle ich ihn wütend an und bin bereit mein Rad mit der Faust zu verteidigen. Erschrocken über meinen Ausbruch tritt der Rumäne einen Schritt zurück und lächelt mich plötzlich an. Dann schiebt er seinen Körper mit mehr Rücksicht an meinem delite black vorbei. “Schnell! Mein Rad  muss rein!”, fordert mich Tanjas Stimme auf die vor dem der Tür wartet. “Komme schon!”, schnaufe ich atemlos, gerade noch damit beschäftig die aufgebrachten Fahrgäste davon abzuhalten mein zuverlässiges Gefährt zu treten. Ich kann nicht glauben das unsere Maschinen knapp 3000 Kilometer durch Dick und Dünn mit uns gefahren sind ohne uns ein einziges Mal im Stich zu lassen nur um jetzt hier im Zug so behandelt zu werden. Fünf Minuten vor Abfahrt springe ich auf die Plattform, schnappe mir Tanjas Rad und wuchte es ebenfalls in den Zug. Der Stau ist jetzt perfekt. Den Lenker quer stellend ziehe ich nun erstmal ein delite black durch den schmalen Gang vor unser zu geschlichtetes Abteil. Dann holen wir gemeinsam Tanjas riese und müller. Kaum stehen die Räder in Position ruckt es und der Zug verlässt den Bahnhof von Bukarest. “Puh, gerade noch geschafft”, stöhnt Tanja. Fast verzweifelt verweilen wir nun vor unserem kleinen Schlafabteil und überlegen unsere nächsten Schritte. Durch Zufall ist neben uns noch ein  Schlafabteil frei. “Wir stellen erstmal eins da rein, dann sehen wir weiter”, schlage ich vor. Dann hieven wir die Zargesbox auf das mittlere Bett, um den schmalen Fußraum freizubekommen. Mit allen erdenklichen Tricks versuche ich nun das delite black um die scharfe Kannte des Ganges in unser Abteil hinein zu winkeln. “Höher! Noch Höher! Vorsicht! Nein lass los!”, kommandiere ich Tanja die versucht mir einen Teil des Gewichtes abzunehmen. Ich weiß nicht wie aber endlich habe ich es geschafft. Ein Rad steht unbeschadet vor der Sitzbank. Völlig aufgelöst und dahin fließend setze ich mich auf die Bank, um ein wenig zu verschnaufen. Der böse Beamte kommt zwischenzeitlich mit einem Kollegen vorbei, deutet auf uns und sagt etwas von Fahrrädern. Dann dauert es nicht lange und plötzlich werden wir von einem Mann in perfektem Deutsch angesprochen. “Ich bin der österreichische Schaffner. Es tut mir leid aber ich muss ihnen mitteilen das Fahrräder auf diesem Zug nicht erlaubt sind”, hören wir geschockt. “Zu meinem Bedauern habe ich auf diesem Zug nichts zu sagen. Der Zugchef ist ein Rumäne. Wäre es mein Zug würde ich ihnen gerne helfen. Aber so sind mir die Hände gebunden”, entschuldigt er sich. “Das kann doch nicht sein. Wir haben in Belgrad extra nachgefragt ob es möglich ist unsere Räder mit in den Zug zu nehmen. Kein Problem hat es dort geheißen. Um sicher zu gehen fragten wir dann natürlich auch in Bukarest nach und auch dort hat man uns versichert die Räder mitnehmen zu können”, erkläre ich. “Nun, mein rumänischer Kollege möchte für das Übergepäck Geld sehen”, erklärt der Schaffner sichtlich angetan eine positive Lösung für das Problem zu finden und deutet auf den Mann in Uniform der sich jetzt zu uns gesellt. Ich sehe auf, direkt in die Augen des korrupten Beamten vom Bahnsteig. In mir beginnt ein Vulkan zu kochen den ich nur unter Schwierigkeiten kontrollieren kann. Der Rumäne sieht mich mit kalten Augen an, holt eine Liste aus seiner Tasche und deutet auf ein paar Zahlen. “Er sagt sie können ihre Räder nur mitnehmen wenn sie 100.000 Lei pro Kilogramm bezahlen. Äh, er meint ihr Rad wiegt 20 Kilogramm. Er möchte also Zwei Millionen Lei pro Rad”, übersetzt er. “Was? Das sind ja 60 Euro pro Fahrrad? Soviel Geld haben wir nicht mehr. Dann müssen sie uns eben rauswerfen”, antworte ich entrüstet. “Um Gottes Willen. So weit wird es hoffentlich nicht kommen. Ich werde noch mal mit ihm sprechen”, vermittelt er. Wenige Minuten später taucht er wieder vor unserer offen stehenden Abteiltür auf. “Er will für beide Räder 700.000 Lei oder 20 Euro. Sie können sich das noch überlegen. Aber vielleicht ist es besser zu zahlen. Ich komme später noch mal”, bietet er freundlich an. Obwohl Tanja und ich nicht zur Korruption beitragen wollen entscheiden wir uns die 20 Euro zu bezahlen. Eine Quittung bekommen wir natürlich nicht. “Ich verbürge mich dafür das ihnen der Zugchef keinen Ärger mehr bereitet”, beruhigt uns der nette Beamte und wünscht uns eine gute Fahrt.

Kaum hält der Zug in einen anderen Bahnhof betreten zwei weitere Österreicher mit  Geschrei und Gezeter unseren Waggong. Leider wollen sie genau in das leer stehende Schlafabteil neben uns. Der Schaffner hat es abgesperrt um unser Rad vor Diebstahl zu schützen. “Warum ist denn da zu?”, fragt der eine Mann recht aufgebracht. “Der Schaffner wird ihnen sofort öffnen. Da steht ein Rad von uns drin. Wir werden es natürlich gleich raus nehmen”, beruhigt ihn Tanja. “Ach ein Rad. Was stört uns schon ein Rad? Gell Fritzi, ein Rad stört uns doch nicht?”, sagt er zu seinem Kollegen. “Nein, auf keinen Fall. Lassen sie um Gottes Willen ihr Rad im Abteil”, antwortet Fritzi. Während der Wartezeit auf den Schaffner verfolgen wir das laute Gespräch der beiden. “Also Fritzi. Ich musste die Notbremse ziehen weil du die Hand an der Griffstange hattest. Ist das klar?” “Jaaa. Mein Gott da kommt bestimm noch das  dicke Ende auf uns zu. Hast du wirklich gesehen wie ich die Hand an der Griffstange hatte?” “Natürlich Fritzi. Du hattest die Hand an der Griffstange und das ist gefährlich wenn der Zug losfährt.” “Ach wären wir nicht so spät dran gewesen. Ich bin fix und fertig. Ich glaube ich bekomme einen Herzinfarkt.” “Nein Fritzi du bekommst jetzt keinen Herzinfarkt. Das mit der Notbremse ist eine Kleinigkeit. Ich habe diesem scheiß Beamten, diesen Drecksack von korrupten Arschloch eine Millionen Lei gegeben das er sein Maul hält und jetzt will er noch 100 Euro extra! Dieses Arsch kann mich kennen lernen. Solche Menschen sollte man aus dem Staatsdienst werfen. Also, wenn man dich fragt Fritzi, dann sagst du das du deine Hand an der Griffstange hattest. Okay?” “Okay”, antwortet der etwa fünfzigjährige beleibte Mann noch immer aus allen Poren schwitzend und schwer schnaufend. Es dauert nicht lange und der österreichische Schaffner taucht auf. “Also wenn ich ihnen doch sage,  mein Freund hatte die Hand an der Griffstange! Das ist sehr gefährlich. Ihr korrupter Kollege hat dem Zugführer das Zeichen zum Weiterfahren gegeben und nicht auf meinen Freund geachtet. Ich habe keinen Respekt vor Notbremsen. Ich kenne mich aus mit Einsenbahnen”, erklärt er worauf der Beamte ein Protokoll aufnimmt.

Dann, als der Österreicher und Fritzi ihr Abteil betreten dauert es keine zwei Sekunden und er streckt seinen Kopf zu uns hinein. Also ihr seid doch jung verheiratet. Wäre schön wenn ihr euer Rad zu euch nehmt. Ihr könnt euch ja auf einem Bett zusammenkuscheln. Das kriegen wir schon hin. Nicht war? Kein Problem. Das kriegen wir schon hin”, plaudert er und plaudert das uns die Ohren rauchen. Sofort springen wir auf, um unser Bike aus dem Abteil der Zwei herauszuwinkeln. “Und wie sollen wir es jetzt bei uns rein bekommen?”, frage ich Tanja am Rande der Verzweiflung. “Keine Ahnung”, antwortet sie als ein bettelnder Junge an uns vorbei schleicht. Verwundert, wie er an Bord gekommen ist, blicken wir ihm hinterher. Vorsichtig versuche ich nun mit allen Mitteln den jetzt störrischen Drahtesel um die Türecke zu biegen ohne jeglichen Erfolg. Dann hebe ich das Hinterteil so hoch wie es meine Kräfte zulassen. Der Österreicher von neben an hat auch seine Hand im Spiel, worauf die gesamte Aktion nicht die geringste Chance auf Erfolg verspricht. “Nein! Lassen sie bitte. Das schaff ich schon. Wir kriegen das schon hin”, wiederhole ich seine Worte und wuchte das Rad noch höher. Meine rechte Schulter beginnt zu schmerzen. Ich winkle und winkle aber das Pedal verkeilt sich unaufhörlich im Türrahmen. Plötzlich durchblitz ein Gedanke mein Gehirn worauf Ich versuche das gesamte Rad in Schulterhöhe um die Ecke zu schachteln. Plötzlich macht es: “Plop”, und der Rahmen steht in unserem Abteil. Erleichtert das Unmögliche vollbracht zu haben verkrümeln wir uns jetzt auf der Sitzbank. Weil unsere Füße keinen Platz auf dem Boden finden strecken wir sie auf der Bank aus und verschnaufen eine Weile.

“Äh, es ist mir wirklich peinlich aber der Zugchef hat gemeint ihre Räder dürfen nicht in den Gang ragen”, ermahnt uns wenig später der österreichische Beamte. “Wie sollen wir denn die Räder noch weiter in unser Abteil bekommen? Das ist unmöglich und  kommt uns fast wie Schikane vor”, antworten wir. “Ich habe noch ein Abteil frei. Wenn sie möchten können wir ein Rad da einstellen. Ich kann allerdings nicht dafür garantieren das es dort sicher steht.” “Wieso? Wird hier gestohlen?” “Dazu darf ich nichts sagen”, hören wir erstaunt, weshalb wir das Angebot ablehnen eines der delites von uns zu separieren. Grübelnd sitzen wir nun auf der Bank und überlegen wie wir es bewerkstelligen können die Gesetzmäßigkeit zu umgehen und die Räder noch mehr in den schmalen Raum zu schieben ohne sie zu zerstören? “Also wenn ich die Vorderräder ausbaue?”, denke ich laut. Dann geht uns ein Licht auf, worauf wir es tatsächlich meistern die Gestelle so ineinander zu verkeilen, dass die Abteiltür zugeht. Es dauert nicht lange als wir von einer Quelle, die hier nicht genannt werden will, erfahren was es mit der Gefährlichkeit des Zuges auf sich hat.

Raubende Banditen im Zug!

“Diese Zugverbindung ist äußerst riskant. Immer wieder werden Fahrgäste ausgeraubt.” “Wie kann das geschehen?”, will ich wissen. “Die kritische Strecke liegt nicht in Rumänien sondern in Ungarn. Dort kommen Banden an Bord die Gas in die Abteile sprühen. Man stiehlt alles was nicht niet und nagelfest ist. Sie würden nichts davon mitbekommen. Sollten sie sich aus irgendeinen Grund trotzdem wehren sind diese Menschen auch bereit andere Mittel einzusetzen.” “Das ist ja entsetzlich. Warum wird denn nichts dagegen unternommen?” “Keine Ahnung. Es befinden sich zum Schutz der Gäste bewaffnete Polizisten an Bord. Trotzdem… Das Zugpersonal muss zum Teil mit den Banden unter einer Decke stecken. Es ist anscheinend ein lukratives Geschäft. Die Behörden hängen diese Sache nicht an die große Glocke.” “Und wie sieht es mit dem Zug von Wien nach Bukarest aus? Ist der auch so gefährlich?” “Nein. Die Bahn fährt während des Tageslichtes durch die kritischen Bereiche. Ist mit dieser nicht zu vergleichen.” “Hm, danke für die Informationen.” “Keine Ursache. Wünsche ihnen eine gute und ruhige Fahrt.” “Wünschen wir ihnen auch”, antworte ich und überlege mit Tanja sofort wie wir unser Abteil so absichern können um es einbruchsicher zu gestalten. “Wir sollten einen Riemen um den Türknauf legen und oben an das Gepäckgitter befestigen”, schlägt Tanja vor. “Hatte soeben auch den gleichen Gedanken. Ist die Idee schlechthin”, lobe ich und setze ihren Vorschlag in die Tat um. “Nun, wenn jetzt jemand rein will müssen sie die Tür aufschießen”, albere ich weshalb wir herzhaft lachen. Zur Feier des Tages öffnen wir eine Flasche rumänisches Bier, essen Pistazien und genießen unser einbruchsicheres Fort.

Dann entdecke ich an der Decke ein drittes Bett und lasse es herunter. Als wir uns später hinlegen, um unseren überbeanspruchten Körper die wohlverdiente Ruhe zu gönnen, hören wir durch die Wand des Nebenabteils die gedämpften Stimmen des Notbremsenziehers und seinem Freund Fritzi. “Also ich habe noch nie für jemanden die Notbremse gezogen Fritzi. Nur für dich habe ich das gemacht.” “Ich weiß nicht ob ich für solche Abenteuer nicht zu alt bin. Auf jeden Fall hab ich gemerkt das mein Körper nichts mehr aushält. Ich bin ja schon fertig wenn ich für ein paar Meter einem Zug hinterher laufen muss. Diese Schmerzen. Ich glaube meine Zähne sind kaputt. Wenn ich zurück bin lasse ich sie mir alle ziehen.” “Das machst du nicht Fritzi. Du solltest deine Ernährung umstellen. Vielleicht mehr Suppen und weniger Fleisch.” “Wahrscheinlich hast du Recht. Ich sollte abnehmen. Gut, wenn ich Zuhause bin nehme ich ab”, lauschen wir dem Gespräch ob wir wollen oder nicht und fallen in einen unruhigen Schlaf.

Um 2:30 Uhr in der Nacht klopft es an die Tür. Vorsichtig blicke ich durch das Guckloch. “Es ist der Zoll”, stelle ich beruhigt fest. Weil es auch an anderen Abteiltüren klopft und pocht sind wir sicher nicht von raffinierten Dieben aus unserem Fort gelockt zu werden und sperren auf. “Was haben sie in der Box da?”, will ein Beamter wissen. Tanja erzählt ihm von unserer Radtour nach Burma und von der ersten Etappe nach Rumänien. Der Beamte lacht und geht weiter. Nur eine halbe Stunde später holen uns die Ungarn aus den Betten. Auch diese Kontrolle verläuft ohne Probleme. Zu unserer Freude sind die Beamten sehr höflich. Als es dann zu dämmern beginnt sind wir froh die gefährliche Strecke ohne Zwischenfälle überstanden zu haben. Wir öffnen die Abteiltür, stehen auf dem schmalen Gang und erfahren, dass einem Beamten die Tasche gestohlen wurde. “Nein, kein Geld. Nur ein paar persönliche Dinge fehlen. Ansonsten war es eine ruhige Fahrt”, sagt er.

Mit viel Geduld und der großen Hilfe des netten, hilfsbereiten österreichischen Schaffner tragen wir die Räder und unsere gesamte Ausrüstung auf den Bahnsteig von Wien. Von dort geht es weiter nach Salzburg. Dann steigen wir um nach Augsburg und wieder in einen neuen Zug nach Nürnberg. Bei starkem Nebel radeln wir die letzten Kilometer am Pegnitzgrund entlang  und erreichen unser Zuhause um ca. 24:00 Uhr. Die Wiedersehensfreude mit meinen Eltern ist groß. Noch bis spät in die Nacht erzählen wir von unseren jüngsten Abenteuern.

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