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E-Bike-Expedition Teil 4 Vietnam - Online Tagebuch 2016-2017

Mit dem E-Bike im Nationalpark – TCM verantwortlich für die Ausrottung seltener Tierarten – Tierquälerei

N 11°25’15.9’’ E 107°25’49.3’’
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    Datum:
    12.03.2017

    Tag: 621

    Land:
    Vietnam

    Provinz:
    Đồng Nai

    Ort:
    Kat Tien Nationalpark

    Breitengrad N:
    11°25’15.9’’

    Längengrad E:
    107°25’49.3’’

    Tageskilometer:
    35 km

    Gesamtkilometer:
    22.704 km

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt / Schotter

    Maximale Höhe:
    55 m

    Gesamthöhenmeter:
    68.623 m

    Sonnenaufgang:
    05:59 Uhr

    Sonnenuntergang:
    18:00 Uhr

    Temperatur Tag max:
    33°C

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

LINK ZUR REISEROUTE

Über eine schmale, nur wenig befahrene Straße, radeln wir am Dong Nai in Richtung Süden. Nach 20 Kilometer erreichen wir die angekündigte Fährstation. Auf einer staubigen Piste lassen wir unsere Räder zum Ufer des Flusses auf das bereits wartende Fährboot rollen. Mit uns befinden sich ein paar Mopeds, ein kleiner Tracktor und Passagiere auf der eisernen Plattform. Kaum haben wir unsere Position gefunden, legt der altersschwache Kahn ab. Ein Mann verkauft uns für 10.000 Dong (0,42 €) das Ticket. Nur wenige Minuten später legt die Rostlaube am anderen Ufer an, worauf alles was Räder hat wieder von Bord tuckert. Wie geplant folgen wir der schmalen Uferstraße, die wenige Meter nach der Ortschaft in eine löchrige Sandpiste übergeht. Kaum liegt das Dorf hinter uns wölben die Urwaldbäume ihre grünen Äste über den Weg. Zu unserer Linken breitet sich eine steppenartige Landschaft aus, die eine Herde Wasserbüffel für sich eingenommen hat. Ich lehne mein Rad an einen Baum und schleiche in die Büsche, um sie zu fotografieren. Ein junger Bulle hebt den Kopf und nimmt meine Witterung auf. Ein Seil durch seine Nüstern zeigt mir das er domestiziert ist. Trotzdem wirkt er auf mich bedrohlich. Mach das du hier wegkommst, geht es mir durch den Kopf, worauf ich mich langsam zurückziehe. Bei der Weiterfahrt wird der Wald links und rechts des Pfades dichter. „Denke da kommt kein Checkposten mehr“, freue ich mich es so leicht geschafft zu haben mit unseren Rädern in den Cat Tien Nationalpark zu gelangen. „Besser wir verfrachten Ajaci in den Anhänger“, meint Tanja, „Falls hinter der nächsten Biegung doch noch ein Wachposten auftaucht und Hunde im Park nicht erlaubt sind.“ Mittlerweile ist der Weg recht verwachsen. Nur noch im Schritttempo holpern wir über das Wurzelgeflecht der Bäume und Büsche. „Was ist das dort vorne?“, reißt mich Tanjas Ruf aus meiner Konzentration mein Rad sicher über den Untergrund zu lenken. „Ich glaube es nicht. Das ist eine Schranke mitten im Urwald!“ Als wir den Durchgang am Zaun erreichen, werden wir von einem Vietnamesen gestoppt. Mit Handzeichen zeigt er uns unmissverständlich hier nicht weiterzukönnen. Wir sind freundlich, denken weiterhin positiv, reichen ihm unsere Visitenkarte und versuchen zu erklären, dass wir mit dem Bike von Deutschland bis hierher gefahren sind. „Sie müssen umkehren“, verstehen wir den ernst dreinblickenden Wächter. Wir bleiben stehen und deuten auf den Weg. „Wir nehmen die Fähre im Zentrum des Parks und fahren mit ihr wieder zum anderen Ufer“, erklären wir. Der Mann schüttelt unbeirrt den Kopf und tippt eine Nummer in sein schmutziges Smartphone. Als sich eine Stimme meldet gibt er mir das Teil mit dem gebrochenen Display. In schlechtem Englisch versucht mir nun eine Frau erneut klar zu machen hier nicht durch zu dürfen. „Was? Ich verstehe nicht?“, sage ich auf Englisch und reiche dem Dschungelwächter sein Phon zurück. Der ruft etwas Unverständliches, worauf ein junges Mädchen aus dem einfachen Holzhüttchen, welches unweit vom Zaun ihr Dasein fristet, klettert, und zu uns herüberschlendert. Auch sie tippt etwas in ihr Smartphone und zeigt es mir. „It is not allowed to drive through here”, (Es ist nicht erlaubt hier durchzufahren) lese ich. “Warum denn nicht?“ Obwohl mir mittlerweile klar ist, mir an dieser Stelle die Zähne auszubeißen, bleiben wir hartnäckig und versprechen erneut den Nationalpark auf der anderen Seite wieder zu verlassen. „Denke das macht keinen Sinn. Lass uns umkehren“, sage ich zu Tanja, als der Wächter abermals eine Nummer ins Telefon tippt. „Okay wir lassen sie rein aber wenn sie das Verwaltungsgebäude unseres Parks erreichen müssen sie den Eintrittspreis und den Tagessatz für Fahrräder bezahlen“, sagt die männliche Stimme in gutem Englisch. „Obwohl wir mit unseren eigenen Rädern fahren?“, hake ich kurz nach. „Ja. Wenn das für sie in Ordnung ist lässt sie mein Wachmann passieren.“ „Das ist für uns absolut in Ordnung“, antworte ich und gebe dem Wachposten sein Smartphone zurück. Jetzt beschenkt er uns zum ersten Mal mit einem Lächeln, öffnet die Schranke und lässt uns in einen der wichtigsten Nationalparks von Südvietnam „Ist schon unglaublich was man alles schafft wenn man es nur wirklich möchte“, meint Tanja, als wir nun doch mit unseren eigenen Rädern den Nationalpark erkunden dürfen, der den größten verbleibenden tropischen Tieflandregenwald, 41 auf der roten Liste gefährdeter Tiere und ca. 20 Prozent der in Vietnam vorkommenden Arten, schützt.

Es ist heiß, die Sonne brennt vom Firmament. Auch wenn wir E-Bikes besitzen sind wir kräftig am schwitzen. Wegen der mittäglichen Tageszeit kommt uns kein Tier vor die Augen, weder groß noch klein. Obzwar es hier noch ca. 25 Elefanten geben soll. Ab und an entdecken wir einen Eisvogel oder einen der wunderschönen Doppelhornvögel. Das zirpen der Zikaden ist in manchen Bereichen geradezu ohrenbetäubend. Obwohl durch die Entlaubung der Amerikaner 99 % des Primärwaldes vernichtet wurde, haben sich zu mindest optisch einige Bereiche wieder erholt. Allerdings wachsen in den schwer betroffenen Gebieten bis heute keine Bäume, sondern nur Bambus und Gras. „Das ist so eine betroffene Region!“, rufe ich Tanja zu, als sich links und rechts des holprigen Weges flaches Grasland ausbreitet. Erst im Jahre 1992 entdeckte man hier das sehr seltene Java Nashorn. Weil man sich sicher war das Rhinozerosse in dieser Region bereits vor Jahren ausstarben, brachte diese sensationelle Entdeckung dem Nationalpark internationale Aufmerksamkeit und Hilfsgelder. 2010 fand man dann das letzte Java Nashorn tot auf. „Soweit ich weiß wurde es wegen seinem Horn von Wilderern erschossen“, sage ich zu Tanja, während einer kurzen Pause, über das Grasland blickend. „So wie es aussieht, ist die traditionelle chinesische Medizin inzwischen für das Aussterben und die Bedrohung seltener Tierarten mitverantwortlich“, überlegt Tanja. „Absolut. Eigentlich sollte Medizin etwas Positives sein, aber wenn durch ihre Herstellung seltene Tierarten ausgerottet werden, und zusätzlich unsere tierischen Artgenossen massiv leiden müssen, hat sie meiner Ansicht nach völlig ihren Sinn und Berechtigung verloren. Die TCM verwendet seit Jahrtausenden ca. 1500 Tier- und 5000 Pflanzenarten, um Krankheiten aller Art zu heilen. Wir haben ja erlebt, dass in Südchina heute noch Tierarten verspeist und gleichzeitig auch pulverisiert werden, um in den Regalen der endlos vielen Apotheken zu landen. Dabei sind hauptsächlich Tiere, die als besonders stark gelten oder denen man besondere Fähigkeiten zuschreibt, gefährdet“, erkläre ich.“ „Warum?“ „Angeblich gehen die Kräfte, die man ihnen beimisst, auf den Menschen über wenn man sie isst.“ „Und da gehören sicherlich Nashörner, Tiger, und Bären dazu“, meint Tanja. „Ja genau. Ihnen wurde ihre Größe und Stärke zum Verhängnis, denn sie wurden in Vietnam und in ganz Asien ausgerottet oder sind durch die gnadenlose Bejagung vom Aussterben bedroht. Aber es trifft nicht nur die Großen, sondern auch Millionen von Seepferdchen oder Schlangen, die massenhaft abgeschlachtet werden, weil sie als langlebig gelten, oder jegliche Art von Schuppentiere denen man besondere Zähigkeit zuschreibt. Selbst die Penisse von Roben werden in sogenannte Drachenpillen gemischt oder das Horn der gefährdeten Saiga-Antilopen, welches den gleichen Zweck wie das Nashorn erfüllt, wird in ganz großem Stil zu Medizin verarbeitet, sodass die Weltpopulation dieser Tiere in den letzten 25 Jahren um 90 % gesunken ist.“ „Ist einfach nicht zu glauben, dass wir Menschen im 21. Jahrhundert noch immer unsere Tierwelt ausrotten.“ „Das Problem liegt einfach darin, dass die Bevölkerung in gesamt Asien ständig wächst und somit auch die Wirtschaft. Das heißt, es gibt auch immer mehr Menschen die sich mehr leisten können, die es vom einfachen Reisbauern in die Mittelschicht schaffen und somit die TCM immer weiter stärken, weil sie alleine durch ihre jahrtausende alte Geschichte mit dieser Heilmethode vertraut sind, daran glauben und sich teure Produkte leisten können. Ein schrecklicher Teufelskreislauf der den Tieren auf unserem schönen Planeten kaum eine Überlebenschance lässt.“ „Ich kann die Regierungen nicht verstehen. Die müssen doch etwas gegen den Totalausverkauf unseres Planeten unternehmen. Die müssen doch begreifen, dass die Vernichtung der Tierwelt auf unserer Mutter Erde letztendlich auch den Menschen umbringen wird.“ „Nun, nach meinen Recherchen tun sie schon etwas dagegen. In China zum Beispiel gibt es seit 2014 zehn Jahre Gefängnis für denjenigen der gefährdete Tiere verspeist oder drei Jahre Knast wer wissentlich illegal gejagte Tiere kauft.“ „Das ich nicht lache. Weißt du noch wie sie uns auf den Straßen von Erenhot die Felle von Schneeleoparden ganz offiziell anboten?“ „Klar weiß ich das.“ „Na was bringt ein Gesetz wenn sich keiner um die Einhaltung kümmert? Es kann doch nicht sein das Menschen eingesperrt werden nur weil sie gegen die Regierung oder die Luftverschmutzung demonstrieren und unbehelligt davonkommen wenn man die Felle von Schneeleoparden an den Mann bringt?“, echauffiert sich Tanja. „Ja, du hast recht. Es ist zum Haare raufen. Denke es liegt einfach an der allumfassenden Korruption. Zu viele hohe Politiker oder einflussreiche Geschäftsleute sind in solche mafiösen Machenschaften involviert. Sie verdienen sich damit eine goldene Nase. Soweit ich weiß nutzt jeder dritter Erdbewohner die traditionelle Medizin, alleine 80 % der 1,35 Milliarden Chinesen. Der Jahresumsatz ist astronomisch. Man schätzt, dass er zwischen 7 bis 23 Milliarden Euro liegt. Stell dir mal diese Zahl vor. Wie soll ein korruptes Land wie z.B. Vietnam, welches zurzeit das Hauptimportland für Nashorn ist und das Zentrum für den internationalen Elfenbeinhandel, so ein gewaltiges Verbrechen an unserer Mutter Erde und ihren Bewohner unter Kontrolle bringen, wenn die Chefs selber die größten Nutznießer sind? Einige der hirnlosen superreichen Egoisten trinken nach einer durchzechten Nacht einen Drink mit aufgelöstem Nashornpulver drin. So etwas kostet dann 1000,- US$ und zeigt wie potent dieser Schwachkopf ist. Das soll dann gegen einen Kater oder gegen Krebs helfen.“ „Man, dass ist ja echt eine üble Situation. Die Irren treiben also mit ihrem protzigen Gehabe die Preise von Nashorn als weiter nach oben?“ „Ja. Ein fünf Kilogramm schweres Horn erzielt zurzeit auf dem Schwarzmarkt ca. 280.000 Euro. Das ist mehr als der Goldpreis oder Kokain. Das ist der Grund warum alle fünf Nashornarten, die es noch gibt auf unserer Welt, unmittelbar vom Aussterben bedroht sind. Die letzten afrikanischen Spitzmaulnashörner werden deswegen rund um die Uhr bewacht. Das geht sogar soweit, dass sich die Ranger mit den bestens ausgerüsteten Wilderern regelrechte Gefechte liefern. Wenn man sich vorstellt, dass es vor 116 Jahren noch ca. 100.000 von diesen Spitzmaulnashörnern gab und ihre heutige Zahl auf 1500 geschätzt wird, weiß man wie pressant die augenblickliche Situation ist. Um die letzten Nashörner zu schützen hat man ihnen sogar die Hörner abgesägt. Sie wurden trotzdem getötet, weil alleine der Stumpf irre viel Geld einbringt. Ja selbst in Naturkundemuseen wurde eingebrochen, um ausgestopfte Nashörner zu stehlen.

Selbst die weltweite Restpopulation (ca. 1500) der Tiger ist massiv vom Aussterben bedroht. Kein Wunder wenn man weiß, dass man in der TCM alles von diesem Raubtier verwenden kann. Seine einzelnen Bestandteile gelten als Allheilmittel. Das ist der Grund warum ein toter Tiger ca. 300.000 Euro einbringt. Da es mittlerweile immer weniger Tiger gibt wird er durch Löwen aus Südafrika ersetzt. Das geht solange, bis alles was sich bewegt pulverisiert in Gläsern gestopft wurde und in einem der Apothekenregalen seinen Platz findet.

Schlimm trifft es auch die Schildkröten, die in der TCM eine elementare Rolle spielen und man aus ihnen mindestens 114 Medikamenten herstellen kann. Ein Grund dafür, dass die indische Dachschildkröten in einem einzigen Jahrzehnt um 90 % abnahmen und heute jede vierte Schildkrötenart weltweit akut gefährdet ist… und das alles nur wegen dieser chinesischen Medizin, die sich letztendlich wie ein Fluch auf unsere Erde auswirkt und wie ein vernichtender Tsunami nahezu alles ausrottet was kein Mensch ist. Der Wunsch nach diesen Medikamenten ist so groß geworden, dass er ganz offensichtlich das menschliche Gehirn schwer getrübt hat und letztendlich mit dafür verantwortlich sein wird wenn die Bakterie Mensch seinen eigenen Wirt, die Erde, aufgefressen hat. Denn jedes Tier hat in der Kette des Lebens eine Aufgabe und Sinn. Fehlen zu viele Verknüpfungen wird letztendlich auch der Mensch daran eingehen. Daran besteht nicht der geringste Zweifel. Wenn die Menschheit diesen Wahnsinn überleben will muss sie unbedingt handeln“, schließe ich meinen Redefluss. „Ob die angewendete TCM in Deutschland ebenfalls Tierprodukte verwendet?“, bricht Tanja unser Schweigen. „Soweit ich weiß lehnen die Produkte ab in denen geschützte Tiere verarbeitet wurden.“ „Gut. Wenigsten ein kleiner Hoffnungsschimmer. Das müsste jetzt nur auf die ganze Erde übertragen werden und die Welt der Tiere wäre gerettet.“

Durch unser Gespräch hat sich unser Blick auf den Nationalpark, mit dem Rest seiner bisher überlebenden tierischen Bewohner, verändert. Es dauert eine Weile bis sich die traurige Stimmung verzieht. „Schau mal!“, rufe ich und deute auf einen Doppelhornvogel der über unsere Köpfe seine Bahn zieht, um im dichten Grün eines Urwaldriesen verschwindet. Der sandige, teils steinige Pfad wird besser und urplötzlich von Betonplatten bedeckt, auf denen wir gut vorankommen. Wir landen im Verwaltungszentrum, finden das Gebäude in dem wir uns wie versprochen die Eintrittskarten kaufen und die Leihgebühr für unsere eigenen Räder bezahlen. In einem Restaurant nehmen wir für einen überzogenen Preis ein unbefriedigendes Mittagessen zu uns und weil Tanja auf unsere Bikes und Ajaci aufpasst gehe ich alleine die Kragenbären besuchen. „Gibt es noch wilde Kragenbären im Nationalpark?“, frage ich den Tierpfleger, der mich und eine andere deutsche Touristin herumführt. „Nein, unsere Bären haben verlernt wie man in der Wildnis überlebt. Das Gehege hier ist eine Station für misshandelte Bären die wir in den letzten Jahren aus den Fängen ihrer Peiniger befreit haben.“ „Peiniger?“ „Ja. Die Bären lebten zum Großteil auf Gallefarmen, wo ihnen über Jahre hinweg mittels eines Katheders der Gallesaft entnommen wurde. Sie vegetieren dort ihr Leben lang in kleinen Eisenkäfigen, in denen sie oftmals nicht einmal stehen können und leiden unter Koliken und Abszessen. Weil sie den Gallesaft wie jedes Lebewesen für die eigene Verdauung benötigen, bricht häufig ihr Organismus völlig zusammen. Vor Schmerzen und vielleicht aus Verzweiflung beißen sie sich nicht selten die eigenen Pfoten ab“, höre ich und habe das Gefühl mich übergeben zu müssen.

Eigentlich möchte ich über die Schönheit unserer Mutter Erde berichten. Über Lebensqualität, Völker, ihre Religionen, Traditionen, den wunderbaren Landschaften in denen die Menschen manchmal wohnen und vielem mehr. Jedoch werden wir immer häufiger mit den Auswüchsen kranker Gesellschaftsformen konfrontiert. Als Botschafter von Mutter Erde bin ich demnach verpflichtet über diese dekadenten Missstände zu berichten, zumindest dann wenn sie ein Teil unserer erlebten Geschichte werden. Es wäre nicht gerecht, blauäugig und unfair, die Umweltverschmutzung und Gräueltaten, begangen von meiner eigenen Menschenrasse, zu verschweigen, nur um eine schöne, heile Welt vorzugaukeln. In solchen Momenten wie diesen würde ich mich am liebsten verstecken. Ich schäme mich für meine Artgenossen, für das was sie unaufhörlich tun und wäre in solchen Momenten lieber ein anderes Wesen. Irgendeines, welches nicht ständig mordet, quält, seine eigenen Ressourcen auffrisst und bis zur sicheren Selbstzerstörung egoistisch, rassistisch und ignorant handelt. Klar gibt es viele unter uns die niemals einen Bären am lebendigen Leib in die Galle stechen würden, um ihm dem Gallesaft für Medizin abzuzapfen. Trotzdem gibt es genügend die dann genau diese Medizin kaufen und nicht mal wissen wollen woher sie kommt und welch unvorstellbares Leid damit zusammenhängt. Die meisten Gallefarmen existieren in China. Für die chinesische traditionelle Medizin (TCM) werden etwa 4.000 Bären in Vietnam und 10.000 Bären in China täglich gequält. Viele Menschen halten die flüssige Bärengalle für ein Wundermittel. Dabei kann man die begehrte Subtanz mittlerweile künstlich herstellen. Jedoch wollen viele Reiche das echte flüssige Gold. Den Menschen ist das Leid offensichtlich völlig egal. Hauptsache ihnen und ihren Verwandten geht es gut. Inzwischen beginnt sich in der chinesische Bevölkerung etwas zu bewegen. Immer mehr Menschen, die von der Tierquälerei gehört haben, stellen sich gegen die Gallefarmen. Auch Chinesen sind keine Unmenschen. Bisher sind viele Chinesen einfach nicht richtig aufgeklärt was auch nicht im Sinne der Industrie liegt.

„Weil wir immer mehr Bären aufnehmen müssen und deswegen das Bärengelände hier viel zu klein geworden ist, werden wir in naher Zukunft ein größeres Gelände für unsere Bären bauen. Dann haben sie mehr Auslauf“, erzählt mir der Tierpfleger voller Stolz.

Wieder bei Tanja berichte ich ihr von meinen Erlebnissen. Wir setzen unser Gespräch dort fort wo wir es vor ein paar Stunden beendet hatten. „Irgendwie macht mich das alles ratlos. Was kann man denn gegen all das Leid tun? Um eventuell etwas erreichen zu können müsste man sich gegen eine der unzähligen Schandtaten stellen und all seine Energie da reinsetzen um diese zu beenden.“ „Ja, das stimmt. Aber sei nicht so niedergeschlagen. Du machst dir die Mühe all das aufzuschreiben. Ich denke das ist schon ein guter Beitrag“, motiviert mich Tanja. „Meinst du wirklich? Ich weiß nicht ob das irgendwen berührt. Ob das wirklich einen Sinn ergibt?“ „Aber klar ergibt es Sinn. Viele Menschen wissen gar nichts von Bärengalle abzapfen, von Wilderei wegen TCM, vom Elfenbeinhandel, von der umfangreichen Umweltverschmutzung weltweit und all dem was uns alleine auf dieser Reise widerfährt. Ich finde du machst einen fantastischen Job, eine wirklich tolle und wichtige Arbeit. Wer sitzt denn schon aberhunderte von Stunden in so einem Eierstuhl und berichtet offen und glaubwürdig von der Welt? Das machst du jeden Tag. Ich persönlich danke dir dafür.“ „Wow, ein tolles Statement. Vielen Dank. Das motiviert mich weiterzumachen“, antworte ich und spüre wie mich Tanjas Worte aufbauen.

Wieder besser gelaunt radeln wir weiter und finden die Stromschnellen flussaufwärts. Wir genießen die Einsamkeit am Dong Nai Fluss und lauschen dem Gesang der Vögel. „Bevor die Sonne untergeht sollten wir noch den Baumriesen aufsuchen?“, schlägt Tanja vor. „Welchen Baumriesen?“ „Na da war doch ein großes Schild am Wegrand das es dort im Dschungel einen riesigen, alten Baum geben soll.“ „Muss ich übersehen haben, aber wenn du dort hin willst müssen wir uns beeilen. Die Sonne geht bald unter.“

„Da ist es“, deutet Tanja auf das grüne Schild. „Ob wir unsere Bikes hier unbeaufsichtigt stehen lassen können?“, zweifle ich. „Geh du zuerst. Dann kannst du bei dem schönen Abendlicht noch ein paar Aufnahmen schießen. Ich mache mich dann auf den Weg wenn du wieder da bist“, schlägt Tanja vor, worauf ich mir die Kamera schnappe und über einen schmalen Urwaldpfad loseile. Da ich Tanja nicht zu lange warten lassen möchte und das Tageslicht sich zusehend neigt, halte ich mich nicht lange mit der Fotografie auf, obzwar der Urwald und seine Bäume um mich herum faszinierend sind. Ich erreiche eine kleine Wegegabel. Das muss der Rückweg sein, geht es mir durch den Kopf, da ich vermute das mein Pfad zu dem Urwaldgiganten führt und der andere über einen Bogen auf diese Weggabel trifft. Ich halte mich indes an dem Hauptweg und erreiche nach ca. 200 Meter heftig schnaufend das Wunderwerk der Natur, welches den Giftangriff der Amerikaner überlebt hat. Gebannt stehe ich vor den gut zwei Meter hohen Wurzeln, die wie eine Wand aus dem Urwaldboden ragen. Versuchend die Krone des Baumes auszumachen, lege ich meinen Kopf in den Nacken. Weit oben wiegt sie sich in einem leichten Wind von dem hier unten absolut nichts zu spüren ist. Gerne würde ich hier noch ein wenig verweilen, allerdings wartet Tanja auf mich. Beim letzten Rundgang um den Riesen entdecke ich den anderen Pfad. Um Neues zu sehen, und die Strecke nicht zweimal zu laufen, folge ich ihm. Nach etwa fünf Minuten strammen Marsch wundere ich mich noch immer nicht auf den Weg gestoßen zu sein, der mich zum Baum führte. Ob ich ihn verpasst habe? Ach was, kann nicht sein, geht es mir durch den Kopf. Im Stechschritt eile ich weiter. Nach meinem Zeitgefühl müsste ich schon längst auf den kleinen Hauptpfad gestoßen sein. Aber wer weiß, vielleicht bin ich schon längst auf ihm und habe es gar nicht bemerkt? Ich haste weiter. Nach zehn Minuten kommt mir die Sache spanisch vor. Ich rufe nach Tanja, weil ich schon längst in der Nähe des Hauptweges sein müsste. Außer den Zikaden und ein paar Vögel ist allerdings nichts zu hören. Ob ich weitermarschieren soll? Ergibt das Sinn? Habe ich mich eventuelle sogar verirrt? Man, das kann doch nicht sein? Etwas nervös werdend sprinte ich noch hundert Meter weiter ins dunkle Grün. Die Himmelsrichtung ist wegen dem dichten Gestrüpp um mich herum nicht festzustellen. Dann gebe ich auf und hetze wieder in die Richtung aus der ich gekommen bin. Jetzt entdecke ich zu meiner Rechten einen weiteren schmalen Pfad. Ist das der Weg zurück zum Baum? Oder ist der Pfad auf dem ich mich gerade befinde der richtige? Sicherheitshalber ziehe ich mit meinem Fuß eine Pfeilmarkierung in den Urwaldboden und entscheide mich für den linken Track. Fußspuren von meinem Eilmarsch hierher sind auf dem relativ harten Boden nicht zu erkennen. Moskitos erwachen langsam aus ihrem Tagesschlaf und schlüpfen aus ihren Verstecken. Ich entdecke eine Plane die unmittelbar neben dem Pfad im Gebüsch liegt. Habe ich die vorhin übersehen? Auf einmal geht mir ein Schreckenszenario durch den Kopf, mich tatsächlich verirrt zu haben und hier mit kurzen Hosen und Hemd ungeschützt vor dem Stechmückenheer und den Blutegeln die Nacht verbringen zu müssen. In diesem Fall empfinde ich es als Segen, dass es hier keine wilden Tiger und Bären mehr gibt. Allerdings leben in diesem Wald genügend Giftschlangen und sollte ich die Nacht an einen Baum gelehnt verbringen müssen ist das auch kein guter Gedanke. Ich glaub es einfach nicht. Jetzt bin ich wirklich nicht unerfahren. Habe viele Urwaldexpeditionen zu Urvölkern dieser Erde unternommen. Bin dabei hunderte von Kilometer durch den Dschungel von Ecuador, Venezuela, Guyana und Westneuguinea gelaufen und jetzt… Habe ich mich jetzt tatsächlich verirrt? Ich verfalle in Laufschritt, beginnen wie ein Hengst zu schwitzen, was die Moskitos noch mehr anzieht als vorher. Hoffentlich kommt da vorne der Urwaldriese. Wenn nicht bin ich in meiner Eile falsch abgebogen. Dann muss ich zu meinem Pfeil zurück und den anderen Weg versuchen. Aber wie lange soll ich auf diesem Buschtrack noch gehen? Bin ich schon zu weit? Der Urwaldriese müsste doch längst da sein. Man oh man, wie dämlich ist das denn? Wie kann man sich als Expeditionsprofi so ungeschickt und dumm anstellen? Wollte nur schnell einen Baum sehen, der gerade mal 200 Meter vom Hauptpfad entfernt ist, und ich Idiot nehme für meinen Rückweg einen anderen Weg. So ein blöder Fehler. In quälende Gedanken versunken stehe ich urplötzlich vor meinem Urwaldriesen. Erleichtert umrunde ich ihn und nehme nun den Pfad, den ich auf dem Herweg nutzte.

Als ich Tanja erreiche bin ich völlig ausgepumpt und glitschnass geschwitzt. „Wo warst du denn solange? Habe mir schon Sorgen gemacht.“ „Du wirst es nicht glauben, aber ich habe es geschafft mich auf der kurzen Strecke zu verirren. Da war ein weiterer Weg und dachte der führt mich in einem Bogen ebenfalls zurück. Hat er aber nicht. Also, wenn du da rein gehst, dann nehme den gleichen Weg zurück, ansonsten landest du da wo ich gerade war.

Als wir das kleine Fährboot zur anderen Seite erreichen begegnen wir einem Mann in Rangeruniform. „Wer hat sie denn mit ihren eigenen Rädern und einem Hund in den Nationalpark gelassen? Es ist verboten Hunde in den Park mitzunehmen. Der ist gefährlich für unser Wildlife.“ „Der einzige der hier wirklich gefährlich für die Natur und Tiere ist, ist der Mensch. Denken sie nicht auch?“, antworte ich lachend. „Hm ja. Da haben sie recht“, antwortet er freundlich. Dann verladen wir unsere Bikes, den Hundeanhänger und Ajaci auf das kleine Fährboot und tuckern zur anderen Uferseite…

Wer mehr über unsere Abenteuer erfahren möchte, findet unsere Bücher unter diesem Link.

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