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RED EARTH EXPEDITION - Etappe 2

Höhen und Tiefen auf Anna Plains Station

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    Temperatur - Tag (Maximum):
    ca. 33 Grad

Anna Plains Station — 26.04.2001

Auf dem Weg zur Anna Plains Station legen wir noch einen kurzen Stop beim Sandfire Roadhouse ein, um Ken Norton Hallo zu sagen. Er begrüßt uns ebenfalls sehr freundlich und wir sprechen sofort von der Möglichkeit ob der Kidson Track nun befahrbar ist oder nicht. „Gestern kam bei uns jemand vorbei der angeblich den Track benutzt hat. Ich denke er müsste befahrbar sein,“ meint er worauf ich nicht mehr weiß welche der Informationen nun die Richtige ist. Wir verabschieden uns von Ken und brechen zu den letzten 120 Kilometern nach Anna Plains auf. Nach ca. 80 Km verlassen wir den Great Northern Highway und biegen auf eine Staubpiste in Richtung Westen ein. Der Holden tut sich schwer den schweren Anhänger durch den feinen Sand zu ziehen und wir sind froh nach ca. 20 Kilometer das Farmhaus (Homestead) zu erreichen. Wir parken unseren kleinen Roadtrain vor dem Jillerooqouter (Unterkunft für Cowgirls) in der wir im Dezember untergebracht waren. Verwundert bemerken wir dass die Station wie ausgestorben wirkt. Eine Frau hängt ein paar Kleidungstücke auf die Wäscheleine, ein Jackeroo schlurft über den Rasen auf uns zu und in der Werkstatt wäscht der Mechaniker einen kleinen Generator. Neben unserem Quartier treffen wir auf den Stationtechniker Geoff. Als wir ihn fragen ob er etwas über unsere Kamele gehört hat meint er: „Keine Ahnung. Ich weiß nur dass sie vor vielen Wochen abgehauen sind. Seitdem habe ich nichts mehr von ihnen gesehen. Allerdings verlasse ich die Farm hier kaum.“ Uns trifft seine Aussage wie ein Faustschlag in den Magen. Geknickt schlurfen jetzt auch wir zu dem alten Haus das uns die nächsten Wochen ein Dach über dem Kopf bieten wird. Wir fühlen uns in diesem Augenblick verlassen und hilflos. „Die restliche Crew muss beim Rinderzusammentrieb sein,“ sage ich zu Tanja die auf mich so wirkt wie ich mich selbst fühle, nämlich total deprimiert.

Bevor wir unseren Holden und den Anhänger entladen sehen wir uns erst mal in unserem neuen Zuhause um. Aberhunderte von Spinnenweben, in denen tausende von kleinen Fliegen ihr leben gelassen haben, zieren die Decken und schmutzigen Fenster. Überall, vor allem in der Küche, liegt Ratten und Mäusedreck herum. Es riecht unangenehm und wirkt als wären wir hier vor vier Monaten die letzten Bewohner gewesen. Jetzt völlig niedergeschlagen sitzen wir auf der mit Erde, Staub und vertrockneten Gras bedeckten Terrasse und sammeln unsere Kräfte. Die Temperatur mit ca. 33 Grad im Schatten macht uns ebenfalls zu schaffen. In Wundowie war es im Vergleich zu hier angenehm und in Deutschland nass und kalt. Es wird einige Tage dauern bis wir uns wieder an die hiesigen tropischen Temperaturen gewöhnt haben. Nach einer halben Stunde erhebe ich meinen schwitzenden, müden Körper und beginne das Meer von Spinnenweben mit einem Besen von den Decken zu kehren. Es rieselt Staub, Spinnen und Schmutz auf mich herab. Ich fühle mich bei meiner Arbeit nicht wohl, denn die Wände und Decken der alten Unterkünfte in Australien sind fast alle mit Asbest gebaut. Obwohl mir die Krebsgefahr der Staubpartikel bewusst ist bleibt mir nichts anderes übrig als diese unangenehme Arbeit fortzusetzen. Schließlich müssen und dürfen wir in dem Haus bis zu unserem Expeditionsaufbruch leben. Während Tanja dann den Boden kehrt, rücke ich mit wohl riechenden Putzmittel dem Ratten und Mäusedreck auf die Pelle. Später reinigen wir zwei alte Bettgestelle die verlassen und verrostet an der Küchenwand stehen und stellen sie in das möbellose, sogenannte Wohnzimmer. Sie sollen uns als Ablage für Ausrüstung dienen. Ich werde morgen zwei alte Türblätter, die ich ebenfalls in der Küche gefunden habe, darauf legen, um auf diese Weise einen großen Tisch bauen. Tanja und ich schuften den gesamten Nachmittag bis das alte Jillerooqouter wieder einigermaßen bewohnbar aussieht. Bevor wir nun unser gesamtes Hab und Gut in das Quartier tragen, setzen wir uns auf die frisch gekehrte Terrasse, trinken warmes Wasser und verschnaufen für wenige Augenblicke. Plötzlich kommt ein Jeep über das Gelände gefahren und hält vor John Stoates Haus. „Das ist John,“ sage ich. „Wir sollten ihn erst mal Hallo sagen bevor wir hier weiter arbeiten,“ meint Tanja. „Hm, okay,“ antworte ich etwas mürrisch und erhebe mich von dem wackeligen Stuhl.

John begrüßt uns sehr freundlich. Er berichtet uns von dem überraschendem Aufbruch seines Managers und über den neuen Head Stockman namens Luke. „Hast du etwas über unsere Kamele gehört?“ ,platzt es aus mir vor innerer Ungeduld heraus. „Nein nichts Neues. Ich weiß nur das vor vielen Wochen einer der Bauarbeiter das Tor aufgelassen hat wodurch sie dann entwischt sind. David hat sie nach meinem Wissenstand wieder gefunden, aber er ist vor einer Woche gegangen. Vielleicht weiß Luke bescheid. Ich werde in den nächsten Tagen meine Augen offen halten, vielleicht entdecke ich sie irgendwo. Abgesehen davon befinden wir uns gerade im Begriff die Rinder zusammenzutreiben. Wir nutzen dazu Hubschrauber. Ich kann euch gerne anbieten sie aus der Luft suchen zu lassen, wenn wir sie in den nächsten Tagen nicht gefunden haben.“ Tanja und ich sind über Johns Angebot sehr froh und etwas erleichtert. Im Verlauf des weiteren Gespräches fragen wir ob wir den Kühlschrank benutzen dürfen der im Jillerooqouter in einem Karton liegt. „Äh, …seltsam das ich nicht vorher darüber nachgedacht habe, aber wenn ihr wollt könnt ihr im Haus des Managers wohnen. Es steht im Augenblick ja leer. Ich war schon lange nicht mehr dort, aber ein Kühlschrank müsste es da drin geben.“ Tanja und ich sehen uns freudig überrascht an, bedanken uns bei John für das übergroßzügige Angebot und sehen uns das erst vor kurzem neugebaute Haus an. „Ich kann es nicht glauben, sieh dich hier mal um! Mein Gott das ist ja ein Palast!“ , rufe ich glücklich aus. In dem ebenfalls möbellosen aber schönem Haus sorgt eine Klimaanlage für äußerst angenehme Raumtemperaturen. Eine Wohnküche mit Spülmaschine, Herd, Dunstabzug und alles was eine super moderne Küche zu bieten hat, lacht uns regelrecht an. Das Licht welches durch die vielen großen Fenster scheint lassen die mit roter Erde gemauerten Wände angenehm einladend und wohnlich erstrahlen. Der Boden des ca. 50 Quadratmeter großen Wohnraumes besteht aus versiegeltem Kork. Zwei Bäder, ein Schlafzimmer und zwei Kinderzimmer geben uns mehr als genug Platz, um die umfangreiche Ausrüstung auszubreiten. Kurz gesagt, wir sind glücklich. Am liebsten würde ich mit Tanja durch das wunderschöne Heim tanzen. Schnell holen wir unseren Holden mit Hänger und parken ihn vor unserem luxuriösem Anwesen mitten im Australischen Busch. Mit frischer Energie laden wir alles aus und beziehen unser neues Basiscamp der Red Earth Expedition. Rufus scheint sich auch riesig zu freuen. Er rast wie ein aufgebrachter Junge durch die Räume, wirft sich auf den Boden und wälzt sich auf der glatten Oberfläche. Tanja ist glücklich über den großen Kühlschrank der uns in den nächsten Wochen frisches Essen und kalte Getränke gewährleistet. Schnell hat sie uns ein Abendessen zubereitet das wir auf den Boden sitzend einnehmen. Später begrüßt uns Willah. Sie wohnt in einem der Kinderzimmer und arbeitet auf der Farm als Jilleroo. Sie stellt sich als eine sehr freundliche zuvorkommende Person heraus mit der wir gerne unser Heim teilen.

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