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RED EARTH EXPEDITION - Etappe 2

Große Schuhe, schwere Ladung

N 22°45’10.3’’ E 127°04’27.3’’
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    Tag: 123 Etappe Zwei

    Sonnenaufgang:
    04:58

    Sonnenuntergang:
    17:36

    Luftlinie:
    20,5

    Tageskilometer:
    22

    Gesamtkilometer:
    22°45’10.3’’

    Bodenbeschaffenheit:
    127°04’27.3’’

    Temperatur - Tag (Maximum):
    39 Grad

Schön-Camp — 16.10.2001

Um 3 Uhr am Morgen wache ich nicht nur mit Kreislaufstörungen auf sondern auch mit Zahnweh. „Was bin ich nur für ein Weichei?“ ,schimpfe ich über mich selbst und lange mir an den Backenzahn der mir schon in Tanjas Geburtstags-Camp zu schaffen gemacht hat. Immer wieder einmal in den letzten Wochen attackiert mich dieser Schmerz und ich bin jedes Mal froh wenn er abklingt. Mit leichtem Schwindelgefühl verlasse ich unser Zelt und baue es ab. Tanjas Allergie hat sich durch die vielen Regenfälle Gott sei Dank gebessert, so dass ich heute der einzige bin der jammert.

Trotz der neuen Ladung und der neuen Sättel kommen wir um acht Uhr los. Edgar und Max haben sich fantastisch verhalten und uns keine Schwierigkeiten bereitet. „Kamele walk up!“, rufe ich und der Zug setzt sich nach einer langen Pause wieder in Bewegung. Schon während der ersten Meter bemerken wir wie die Hinterbeine von Edgar und Max zu zittern beginnen. „Sie sind die neue Ladung nicht gewohnt,“ sage ich. „Ja, die Armen,“ bedauert sie Tanja. „Sie werden schnell Muskeln aufbauen. Wir müssen nur darauf achten die nächsten Tage nicht mehr als 20 oder 25 Kilometer zulaufen,“ entgegne ich.

Vorsichtig führe ich unsere schwer beladene Karawane die Dünen hinunter. Tanja läuft hinter Max, um mir diesmal per Funk durchzugeben wie sich die letzten Tiere verhalten. „Gut Denis. Ja, etwas langsamer. Edgar hat Schwierigkeiten um den Baum zu kommen,“ ertönt es durch den kleinen Lautsprecher des Funkgerätes welches an meinem Gürtel hängt. Ich frohlocke regelrecht über diese Errungenschaft und Erleichterung als der Kontakt plötzlich abbricht. Ich ahne nichts Gutes als Tanja nach vorne kommt. „Warum ist denn die Verbindung abgebrochen?“ „Die Batterie ist leer.“ „Seltsam, ich habe sie doch die gesamte Nacht aufgeladen. Was soll’s ich werde die Geräte heute Abend noch mal untersuchen,“ antworte ich. Schon bald zeigt das Thermometer 39 Grad im Schatten. Wir schwitzen und stapfen auf dem schmalen Track durch tiefen Sand. „Was macht dein Schwindelgefühl?“ ,will Tanja wissen. „Ich habe den Eindruck auf einem Schiff zu gehen, welches sich durch hohe See bewegt. Der Boden schwankt ständig hin und her und wenn das so weiter geht wird mir schlecht.“ „Das klingt nicht gut aber heute Abend geht es dir bestimmt wieder besser. Hast du immer noch die Zahnschmerzen?“ „Sie klingen langsam ab, sage ich recht kleinlaut. „Das ist gut.“ „Wie läuft es sich in den neuen Schuhen?“ ,frage ich, denn im Augenblick fühlen sich meine wie ein wohliges Wohnzimmer an. „Sehr gut. Es war eine gute Entscheidung sie eine Nummer größer zu bestellen.“ Auf der ersten Etappe hatte Tanja enorm unter ihren Schuhen gelitten und unzählige Blasen bekommen. Selbst ihre Zehennägel haben sich verabschiedet. Es ist erleichternd zu hören, dass sie keine Schwierigkeiten mehr hat, selbst mit nagelneuen Schuhen. Auch ich habe mir die Schuhe größer bestellt. Normalerweise habe ich 44 ½ und jetzt laufe ich hier mit Größe 47 über den Sand. Durch die enorme Hitze und die Belastung gehen die Füße wie ein Hefekuchen auf und man benötigt mindestens eine Nummer größer als normal. Nach unserer Erfahrung sind aber zwei Nummern größer unter solchen Bedingungen angebracht. Nach ca. zwei Stunden verändert sich die Vegetation. Ein riesiges Buschfeuer muss hier letztes Jahr den gesamten Landstrich verwüstet haben. Die Pflanzen und Bäume die jetzt hier gedeihen sind noch recht jung und klein. Jedes mal wenn wir eine kurze Pause einlegen, um die Ladung von Edgar und Max zu überprüfen setzen sich die beiden mit wackligen Knien ab. Es kostet uns einige Mühe sie wieder zum Aufstehen zu bewegen. Vor allem ist es für sie nicht ungefährlich sich abzusetzen während die anderen noch stehen. Wenn sich zum Beispiel der unruhige Jafar nach vorne bewegt, um von einer Pflanze zu naschen, zieht er die gesamte Karawane ein Stück mit. Diejenigen die dann noch sitzen werden an den Nackenseilen und Nasenleinen von ihrem Vordermann regelrecht hinterhergeschleift. Im Extremfall kann sich bei solch einer Aktion ein Kamel den Hals brechen. „Edgar, Max epna!“ befehle ich und weiter geht es durch den weichen, von der Sonne aufgeheizten Sand.

Nach fünf Stunden finden wir auf dem Rücken einer Düne einen wunderbaren Schattenplatz. Auch hat das Feuer genügend Fresspflanzen für unsere Jungs übrig gelassen. Während Tanja die Kamele hütet stecke ich die Netzteile unsere Walky Talkys in die Autobatterie. Sicherheitshalber messe ich mit dem Messgerät welche Spannung die Netzteile liefern. „So ein verdammter Mist. Die sind ja beide im Eimer,“ fluche ich. Als Tanja vom Hüten zurückkommt berichte ich ihr von unserem Verlust. „Wie gewonnen so zerronnen. Die Ladegeräte der Funkgräte funktionieren nicht.“ „Oh, das ist aber schade.“ „Stimmt, sehr schade.“ „Möchtest du eine Limonade?“ „Ich kann mir nichts besseres vorstellen,“ antworte ich mürrisch, das kleine 12 Volt Ladegerät untersuchend. Mit meinem Leatherman (Messer, Werkzeug welches ich immer am Gürtel trage) versuche ich es aufzuschrauben als ich ganz unerwartet bemerke, dass am Anschlussstück eine kleine Sicherung sitzt. Vorsichtig hole ich die Sicherung heraus und traue meinen Augen nicht. „Mensch schau dir das an. Die Sicherungen beider Ladegeräte sind durchgebrannt.“ „Hast du Ersatzsicherungen dabei?“ „Ja für unser Flying Doctor Radio aber die passen hier nicht rein. Ich werde einfach ein Stück Silberfolie herum wickeln, das müsste funktionieren.“ „Klingt aber riskant.“ „Nun, sie funktionieren sowieso nicht also haben wir nichts zu verlieren.“ Sorgfältig wickle ich dann etwas von Tanjas Aluminiumfolie, um die kleinen Sicherungen und schließe die Geräte wieder an die Autobatterie an. Schon wenige Minuten später zeigt sich meine Reparatur als erfolgreich. Die Walky Talkys nehmen Ladung auf. „Hurra, voller Erfolg!“ ,juble ich. Erst jetzt nehme ich wahr wie schön die Wüste hier ist. Nachdem Buschfeuer spitzt der rote Sand durch das frische Grün. Die Kombination zwischen den verschiedensten Rot und Grüntönen sind in der abendlichen Sonne traumhaft anzusehen und tut dem Auge regelrecht gut. Die jetzt friedlichen und gutmütigen Strahlen des erbarmungslosen Planeten lassen zu dieser späten Stunde lange Schatten entstehen. Das Thermometer zeigt um 17 Uhr immer noch 32 Grad an. Trotzdem fühlen wir die Erleichterung und das Aufatmen der gesamten Natur. Ein angenehm, lauer Wind weht über die vielen Dünenrücken und macht es den Moskitos schwer sich auf uns zu stürzen. Wir genießen die Minuten zwischen Tag und angehender Nacht, trinken unsere Limonade und sind froh wieder unterwegs zu sein. Tanja kocht in der Thermet Wasser für ein Reiteressen während ich unseren moskitosicheren Palast aufbaue. Der Sand ist durch die Sonne aufgeheizt aber nicht unerträglich warm. Ich brauche kein Spinifex zu beseitigen und bin froh kein einziges Ameisenloch ausheben zu müssen. Obwohl es ein harter Tag für uns alle war sind wir mit ihm zufrieden. Als ich dann ins Zelt krieche und wie jeden Abend den schon seit der letzten Etappe schmerzenden, erbsengroßen Knoten an der Sehne im Fußspann mit Voltarensalbe einreiben möchte, kommt mir ein Gedankenblitz. „Tanja, ich weiß warum mir schwindelig ist.“ „Warum?“ „Es ist bestimmt die Voltarensalbe.“ „Das kann durchaus sein. Auf der Packung steht doch du sollst sie nur maximal zwei Wochen benutzen.“ „Ja, trotzdem hätte ich mit dem Bisschen was ich mir auf die Sehne reibe nie damit gerechnet solche Nebenwirkungen zu bekommen. Da leben wir gesund, rauchen nicht, trinken nicht, essen kaum Fett und die kleinste Menge dieser Creme kann das menschliche System so schädigen, dass es mir ständig schwindlig ist. Ich lasse es jetzt weg und wenn es mir morgen Früh besser geht ist es die Salbe gewesen. Zuversichtlich lege ich mich ab und falle in einen tiefen Schlaf.

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