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/Psyche-Camp Link zum Tagebch: TRANS-OST-EXPEDITION - Etappe 3

Grenze zwischen Europa und Asien!

N 50°12'49.1'' E 056°11'08.6''
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    Tag: 30

    Sonnenaufgang:
    05:04 Uhr

    Sonnenuntergang:
    21:29 Uhr

    Luftlinie:
    38.01 Km

    Tageskilometer:
    41.42 Km

    Gesamtkilometer:
    7578.89 Km

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt

    Temperatur – Tag (Maximum):
    43 °C

    Temperatur – Tag (Minimum):
    33 °C

    Breitengrad:
    50°12’49.1“

    Längengrad:
    056°11’08.6“

    Maximale Höhe:
    290 m über dem Meer

    Aufbruchzeit:
    09:30 Uhr

    Durchschnittsgeschwindigkeit:
    9,74 Km/h

Über Nacht ist die Gastinza von allen Menschen verlassen. Wir sind die einzigen Gäste und das Personal ist nachhause gegangen. Wir bringen unsere Ausrüstung in den Vorhof und warten darauf dass jemand kommt um unsere Räder aus der Fabrikhalle zu befreien. Da es bereits um 8:00 schon über 30 Grad hat wollten wir heute eigentlich früher los. “Na der Plan ging in die Hose”, bemerke ich. “Hm.” “Bringt ja nichts sich darüber zu ärgern. Ich hoffe nur das überhaupt jemand kommt.” “Hm. Heute ist Samstag. Ob sie da arbeiten?” “Wer weiß. Vielleicht ist Samstag in dem Nest ein Feiertag? Ich habe dem Besitzer auf jeden Fall gesagt dass wir um 8:00 Uhr auf den Rädern sitzen müssen.” “Vielleicht hat er verschlafen.” “Vielleicht hat er getrunken und seine einzigen Gäste völlig vergessen”, überlege ich. Wir nutzen die Zeit und essen unser Rapunzelmüsli mit dem Getränkepulver von Sanatur in Wasser verrührt als die junge Frau, die gestern keine Gesichtsregung zu Stande brachte, angeschlurft kommt. “Haben sie den Schlüssel für die Fabrikhalle?”, fragt Tanja. “Njet.” “Wir wollen aufbrechen.” “Hm”, bringt sie heraus, zückt ihr Handy, schaut aufs Display und läuft weiter. 10 Minuten später tut sich noch immer nichts. Mittlerweile ist es 9:00 Uhr und wir warten schon eine geschlagene Stunde. Die Sonne stiehlt sich durch das wenige Geäst eines Baumes unter dem wir warten und zeigt uns was sie heute drauf hat. “Ich geh mal ins Haus und frag noch mal”, meint Tanja während ich ein paar Enten zusehe wie sie in einem Müllhaufen nach Fressbaren suchen. Dann taucht Tanja wieder auf. “Und?” “Du glaubst es nicht. Sie stand da oben und hat aus dem Fenster gesehen. Ich sagte mit Nachdruck an unsere Räder zu müssen worauf sie noch mal ihr Handy herausgeholt hat, um diesmal tatsächlich jemanden anzurufen”, erklärt Tanja. Es dauert weitere 10 Minuten bis sich ein Lada über die Staubpiste quält und bei uns hält. Der Besitzer steigt aus, führt uns kommentarlos zum Schuppen den er aufsperrt. Dann schwingt er sich wieder in sein Auto und fährt davon.

“Wir müssen unsere Wasservorräte auffüllen”, erinnert Tanja nachdem wir startklar sind. Weil ein Liter Mineralwasser 0,50- ? Cent kostet und noch dazu in Umwelt zerstörenden Plastikflaschen verpackt ist, entscheiden wir uns Wasser aus dem Dorfbrunnen zu holen. “Wenn die umliegenden Bewohner alle von diesem Wasser leben kann es nicht so schlecht sein”, schlussfolgere ich. Leider funktioniert der Dorfbrunnen gerade nicht. Ein Einheimischer schickt uns zu einem nahen Haus. Wir fragen nach Wasser. Die Frau ist überaus freundlich, klettert in ein Loch in ihrem Garten, holt einen Schlauch heraus und siehe da, er spendet frisches und klares Wasser. Wieder nehmen wir 32 Liter an Board. Obwohl diese Menge wahnsinnig schwer ist garantiert das Wasser Sicherheit und Freiheit. Dafür strampeln wir gerne das zusätzliche Gewicht. Im Dorf ergänzen wir unsere Lebensmittel. Wir kaufen frisches Brot, etwas Gebäck, freuen uns über ein paar Mandarinen, Bananen, Tomaten, etwas Streiche und eine Tube Majonäse. Die Majonäse ist mit dem Käse das Einzige was es gibt, um auf das Brot zu streichen. Wegen der Hitze verpacke ich sie ganz unten im Anhänger. Dort bleibt es relativ lange kühl.

Uralgebirge

Als wir die Ortschaft Novoalekseyevka hinter uns lassen blasen uns gleich zu Beginn heiße Staubfontänen ins Gesicht. Unsere Muskeln sind augenblicklich bis aufs äußerte gefordert, vor allem weil gleich hinter der Siedlung auf 290 Höhenmeter geht. Steigungen sind wir mittlerweile gewohnt aber Steigungen mit Gegenwind von bis zu 28 KMH sind noch immer eine bald unmenschliche Herausforderung. Nur noch im ersten Gang geht es voran bis Schilder mit 12 % Steigung auftauchen. Ab diesen Zeitpunkt müssen wir schieben. Oft über lange Strecken hinweg. Immer wieder sind wir gezwungen kurze Pausen einzulegen, um unsere Körper auszuruhen, um unseren Lungen eine Verschnaufpause zu geben und dem schwer schlagenden Herzen die Möglichkeit neue Kraft zu schöpfen. Meter für Meter, Stück für Stück arbeiten wir uns über die ersten Höhenzüge des Uralgebirges welches hier in Kasachstan ausläuft, sich über 2.000 Kilometer in Nord-Süd-Richtung erstreckt und als geographische Grenze zwischen Europa und Asien angesehen wird. Er bildet aber auch die Grenze zwischen dem Osteuropäischen Tiefland im Westen und dem Westsibirischen Tiefland im Osten. Wir sind froh den Ural soweit im Süden überqueren zu können, denn weiter oben im Norden fällt er im Osten über markante Stufen steil ab.

Wegen unserem schweren Gepäck habe ich bei der Planung dieser Reise darauf wert gelegt alle Gebirgszüge, wie zum Beispiel die Alpen, die Karpaten und den Ural zu umgehen. Genau deshalb ist die interessante Reiseroute durch all die Länder entstanden, genau deshalb fahren wir in großen Bögen, den Windungen einer Schlange folgend, vom Westen in den Osten. Hier im Südural sind die Gebirgszüge nicht mehr all zu hoch. Wir rechnen mit einer maximalen Höhe von 400 bis 500 Meter. Das schaffen wir auch mit unseren Roadtrains. Zumindest gehen wir in der jetzigen Situation davon aus. Während des Schiebens sehe ich die immer und immer wieder studierte Landkarte vor meinem geistigen Auge und freue mich ungemein gerade die Grenze zwischen Europa und Zentralasien zu überschreiten. Das gewaltige Bergland reicht im nördlichen Pai-Choi-Gebirge bis an die Karasee und setzt sich dann auf der im Nordpolarmeer liegenden Inseln Nowaja Semlja fort. “Wie kalt es in diesem Augenblick dort oben sein mag?”, geht es mir durch den Kopf. Mit etwas Fantasie kann man erkennen, dass die Höhenzüge aus abgetragenen Rümpfen einer uralten Bergkette entstanden sind, die sich laut meinen Unterlagen vor etwa 250 Millionen Jahren erhoben. Ich bin fasziniert von dem Gedanken es mit den Rädern bis hierher geschafft zu haben. Das gibt mir die Kraft den ständig in den Ohren heulenden Wind zu ignorieren und Schritt für Schritt weiter voranzugehen. Nach 41 Kilometer und 6 Stunden, erreichen wir bei 43 Grad in der Sonne ein schmales Waldstück. Weil dieser schmale Baumstreifen neben der Straße künstlich gepflanzt wurde ist er so dicht, dass wir unser Zelt nur dahinter auf der beginnenden weiten Steppenwiese errichten können. Somit dient der Waldstreifen für uns wie auch in den letzten Tagen als Sichtschutz zur Straße und bietet leider keinen Schatten. Wegen der unaufhörlichen Anstrengung, der sich steigernden Hitze und den schwindenden Kräften, fühle ich wie meine Psyche beginnt mir einen Streich zu spielen. Ich fühle wie sie einknickt, fühle wie sich die lästigen Sinnfragen einen Weg in mein Bewusstsein bereiten. Es wird Zeit ein paar Tage Pause einzulegen. Eine Pause in der unsere Körper sich erholen können. In der die vielen Bremsen und Moskitostiche abschwellen können, in der wir uns den tief in den Poren sitzenden Straßenschmutz mit einer Bürste vom Leib schruppen können.

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