Fest der Dankbarkeit
N 51°33'337'' E 099°15'341''Tag: 263
Sonnenaufgang:
06:32
Sonnenuntergang:
20:14
Gesamtkilometer:
1341
Bodenbeschaffenheit:
Eis, Schnee
Temperatur – Tag (Maximum):
6°C
Temperatur – Tag (Minimum):
0°C
Temperatur – Nacht:
minus 8°C
Breitengrad:
51°33’337“
Längengrad:
099°15’341“
Maximale Höhe:
1981 m über dem Meer
Sturmböen treiben dunkle, mit Schnee gefüllte Wolken über den Bergzug der unser Camp im Westen begrenzt. Es dauert nicht lange und sie öffnen ihre Pforten, um das gefrorene Wasser über dem Lager abzuladen. Innerhalb kürzester Zeit ist alles wieder weiß. Seit Anfang April schneit es nun bald täglich. Dann leckt die Sonne die weiße Pracht wieder weg. Die Wechselhaftigkeit dieses Monats ist schrecklich. Vor allem auch die Temperaturen schwanken von 15 °C in der Sonne auf bis zu minus 20 °C in der Nacht. Ich wünsche mir mehr denn je in meinem bisherigen Leben angenehme Wärmegrade, jedoch, so sagt man uns, bleibt es bis Ende Mai noch kalt und windig.
Schon am Morgen kommt Bilgee auf Sharga angeritten, um Tanja bei der Zubereitung von Buuz zu helfen. Es scheint so als wären die mit Fleisch gefüllten Teigtaschen seine Lieblingsspeise, denn es war sein Wunsch sie heute wieder zu essen. Bevor wir auf die Feier gehen besitzen wir somit eine gute Grundlage“, sagt er lachend.
Nachdem die meisten Jäger sich jetzt endlich wieder im Camp befinden haben wir unser schon lange geplantes Fest für heute Abend angekündigt. Weil Sansar, der Sohn von Gamba und Purvee, heute seinen 27. Geburtstag feiert ist der Termin ideal.
„Wenn ihr wollt laden wir euch heute Abend zum Buuzessen ein“, sage ich zu Tsaya und Ultsan. „Oh ja! Prima! Eine fantastische Idee!“, ruft Tsaya sich freuend da diese Buuz-Dinger anscheinend auch ihre Lieblingsspeise sind. „Wir essen Buuz und danach gehen wir zu Gambas und feiern eure geglückte Überwinterung“, meint sie. „Genau so machen wir es. Also dann bis 19:00 Uhr“, sage ich noch und gehe wieder in unsere Jurte. Als es 19:20 Uhr ist sind unsere beiden Nachbarn noch immer nicht da. „Ich gehe mal rüber und frage nach wo sie bleiben“, sage ich zu Tanja und Bilgee die die erste Ladung Teigtaschen gerade aus dem Wok nehmen. „Okay, aber bleib nicht zu lange sonst werden sie kalt“, antwortet Tanja. Als ich die schwere, mit Filz beschlagene Holztür zu Tsayas und Ultsans Baishin öffne, fällt mein Blick auf unbekannte Gesichter. „Wir kommen später. Wie du siehst haben wir unerwarteten Besuch der mein frisches Brot weg isst welches ich für morgen gebacken habe. Das sind schwere Alkoholiker aus Tsagaan Nuur die vorhin mit dem Moped angekommen sind. Anscheinend hat es sich bis in den Ort herumgesprochen, dass bei uns heute eine Fete läuft. Oh man, ich sag dir, wie ich diese Leute verabscheue. Diesem einen Bastard dort drüben habe ich letztes Jahr 20.000 Tugrik (11,23 €) für ein Rentier anbezahlt welches wir kaufen wollten. Er hat das Geld versoffen und sein Rentier an jemanden anderen verkauft. Heute ist der unverfrorene Kerl hier, säuft unseren Tee und frisst unser Brot weg“, jammert, schimpft und flucht sie. „Hast du das Geld nicht zurückgefordert?“, frage ich von ihrer Ärgerlichkeit überrascht. „Ha, ha, ha, von einem Alkoholiker Geld zurückfodern. Das versuche mal.“ „Dann wird es aus unserem gemeinsamen Buuzessen heute wohl nichts?“, sage ich. „Oh doch. Esst sie um Gottes Willen nicht alle weg. Wir kommen garantiert. Wir haben einen Bärenhunger. Wenn die Trunkenbolde zu Gambas Hütte gehen eilen wir zu euch und lassen es uns schmecken“, verspricht sie. „Gut wir warten“, antworte ich und berichte Tanja von der Ankunft der Saufbolde. „Oh nein, die trinken alles weg“, sagt sie enttäuscht. „Ach was soll’s ein paar Mann mehr oder weniger ist doch egal. Du weißt doch das alles was geschieht einen Sinn hat. Also auch die Ankunft dieser Männer“, entgegne ich. „Da hast du Recht. Vielleicht sind sie ja gar nicht so schlimm wie Tsaya behauptet“, meint sie und serviert schon Mal die ersten Buuz. Heißhungrig verzehren wir die mongolische Delikatesse. Um 20:30 Uhr sind die beiden noch immer nicht da. Ich gehe wieder rüber, um nachzufragen ob sie noch kommen. „Die Männer sind gerade im Begriff zu gehen“, meint Tsaya.
Um 21:00 Uhr vertilgen wir dann alle zusammen die restlichen Buuz und machen uns mit 1 ½ Stunden Verspätung auf um Gambas Baishin aufzusuchen. Da wir in der Mongolei sind nimmt keiner der Anwesenden unser verspätetes Kommen übel. Alle begrüßen uns freundlich. Sofort gratulieren wir Sansar zu seinem Geburtstag. Purvee weist uns die Ehrenplätze auf der gegenüberliegenden Seite der Tür zu, die extra für uns frei gehalten wurden. Sogleich reiche ich Gamba eine Fünfliterflasche Bier die er öffnet und mehrere Becher vollschenkt. Tanja stellt zwei Schalen Knabberzeug und Süßigkeiten auf das Tischchen welches Purvee extra hergerichtet hat. Mit dem ersten Becher Bier in der Hand halte ich eine kurze Rede und bedanke mich über die offene Aufnahme, die Gastfreundschaft und das uns entgegengebrachte Vertrauen. „Es war für euch anfänglich bestimmt keine einfache Entscheidung der Bitte nachzugeben den Winter mit zwei Fremden zu teilen. Und doch habt ihr uns in euren engen, familiären Kreis aufgenommen. Da dies nach eurer Aussage bisher noch nie geschehen ist danken wir euch heute besonders. Lasst uns Sansars Geburtstag und die Tatsache nicht erfroren zu sein gemeinsam feiern.“ „Ha, ha, ha! Genau! Lasst uns feiern!“, rufen sie. „Es war auch für uns eine Ehre die letzten vier Monate mit euch verbringen zu dürfen. Ihr solltet auch alle anderen Jahreszeiten mit uns von Camp zu Camp ziehen. Ihr seid jetzt richtige Tuwa“, sagt Purvee, worauf Gamba und Sansar die Bierbecher kreisen lassen.
Nach der ersten Flasche Wodka muss jeder der Anwesenden singen. Der angeblich üble Alkoholiker stellt sich als ein sehr lustiger Mensch heraus der jeden dazu motiviert mitzumachen. Zur großen Belustigung aller stecken sie dem Gesangsmanager ein Handtuch und Plastiktüten in den Hemdkragen der davon anscheinend nichts bemerkt. Wenn er sich von seinem Sitz erhebt, und den jeweiligen Sänger um ein Lied bittet, baumelt ihm das Zeug auf dem Rücken hin und her. Ha, ha, ha, hi, hi, hi!“, bricht die Festagsgemeinschaft fast zusammen vor lachen. Auch die anderen bösen Buben sind nette, umgängliche Menschen wovon einer sogar völlig trocken ist und keinen einzigen Tropfen anrührt.
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