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Rumänien/Fetesti

Fahrräder nicht erlaubt

N 44°24'57.5'' E 027°49'21.8''

Tatsächlich kommt das kleine TV-Team rechtzeitig von Bukarest zum Hotel Albatros. Wir geben unser Interview welches in ganz Rumänien ausgestrahlt werden soll und verabschieden uns von Anka, der Redakteurin, und Mihai, dem Kameramann. Dann schütteln wir noch dem Hotelpersonal die Hände und radeln nach Calarasi zurück. Wir haben uns gegen die Berge entschieden. Mit unserem Gepäck sind die Aussicht auf über 100 Kilometer Berge ein Alptraum. Mit den Paar Kilometern die wir bisher auf den Buckel haben fühlen wir uns für diese Herausforderung nicht fitt genug. Da in diesem Land die Aussagen bezüglich der Straßen oft widersprüchlich sind fragte ich sicherheitshalber noch mindestens drei weitere Rumänen aus dem Hotel. “Nein die Autobahn ist noch im Bau. Ihr könnt sie ohne Schwierigkeiten nutzen”, ist die einhellige Aussage.

Wieder treten wir unsere Schlachtrösser durch die hässliche Stadt Calarasi und treffen nach kurzer Zeit auf die kleine Landstraße nach Fetesti. Wir folgen dem Lauf der Donau die durch den vielen Müll oftmals nicht schön aussieht. Es ist mit ca. 45 Grad in der Sonne ein heißer Tag. Manchmal wirft sich uns der Wind entgegen was uns das Gefühl gibt ständig bergauf zu fahren. “Bei diesem Gegenwind können froh sein nicht auch noch die bergige Route gewählt zu haben”, sage ich. Wegen der Nebenstraße ist der Verkehr unwesentlich. Die Autos überholen uns in einem großen Bogen und wenn mal ein Lastwagen vorbeikommt werden wir ebenfalls nicht bedrängt. In den Straßendörfern sitzt nahezu auf jedem dritten Strommasten ein Storchenehepaar und hütet den Nachwuchs. Sie kucken von ihrer erhabenen Aussichtsplattform auf uns herunter. Manchmal klappern sie mit ihren Schnäbeln. Es ist ein friedlicher Anblick den es bei uns in Deutschland nicht mehr all zu oft zu sehen gibt.

Es ist 15:30 Uhr als wir uns bei einer Affenhitze einen staubigen Hügel bei Fetesti hoch kämpfen. Tanja klagt und leidet unter den Temperaturen. Wir machen eine kurze Pause, um ein wenig abzukühlen. Von unserem Standort können wir auf eine große Straße herunter blicken. “Sieht aus wie eine Autobahn”, stelle ich fest. “Dachte hier gibt es keine Autobahn”, schnauft Tanja. “Dachte ich auch”, antworte ich durch die Anstrengungen der letzten Stunden etwas gereizt. Ich inspiziere die Straße etwas genauer und entdecke von unserem erhabenen Platz große grüne Verkehrsschilder. “Ist eindeutig eine Autobahn”, bin ich mir jetzt sicher. “Was bedeutet das?”, will Tanja wissen. “Keine Ahnung. Ich frage mal ein wenig herum”, sage ich und versuche mit Zeichensprache ein paar Informationen von der Bevölkerung abzuschöpfen. Ein junger Mann zeigt uns den Weg in die Innenstadt. Wir folgen der breiten Straße und treffen auf eine Polizeikontrolle. Obwohl ich in solchen Ländern Polizisten nicht unbedingt sehr mag halte ich an und frage einen der Beamten wegen der Autobahn. Unfreundlich schüttelt er den Kopf. “Keine Räder erlaubt”, verstehe ich. “Umkehren nach Calarasi”, schlägt mir seine zweite Antwort auf den Magen. Umkehren verabscheue ich grundsätzlich. Ein zweiter Beamter ohne Uniform stellt sich zu uns. Er spricht besser englisch und bestätigt die Aussage seines Kollegen. “Die Autobahn ist seit kurzem fertig gestellt und die einzige Verbindung nach Cernavoda. Sie müssen umkehren. Es gibt von hier keine Verbindung zum Schwarzen Meer”, erklärt er trocken. “Komm lass uns weiterfahren”, holt mich Tanja von den unfreundlichen Beamten weg. Enttäuscht lassen wir unsere Bikes durch die grottenhässliche Stadt rollen. “Irgendwie sehen diese Städte alle gleich heruntergekommen aus”, denke ich mir und frage mich warum sie sich so ähneln.

Im einzigen heruntergekommenen Hotel der schmutzigen und heißen Kleinstadt bekommen wir ein Zimmer. Wiedererwartend ist es frisch renoviert und recht angenehm. Die Dame an der Rezeption ist eine echte Mama und Gott sei Dank sehr freundlich. Sie bestätigt die Aussage der Polizisten. Meint aber: “Fahrräder kein Problem.” Ein Kollege von ihr sagt auch dass wir mit unseren Drahteseln die Autobahn befahren dürfen. “Die Polizisten sollen sich nicht so haben. Sind doch nur 20 Kilometer”, plaudert er bestimmend. Wir verstauen unsere Räder wie gewohnt in der Empfangshalle, schleppen alle Taschen in das schöne Zimmer, nehmen eine Dusche und suchen für unsere Routenplanung ein Restaurant auf. “Nach meiner Karte gibt es eine Möglichkeit. Sie würde knapp 100 Kilometer Umweg bedeuten aber wir könnten so dieses Autobahnstück umgehen”, grüble ich laut. “Hm, ich kann Umwege nicht leiden”, antwortet Tanja. “Ich auch nicht aber so wie es aussieht ist das die einzige Möglichkeit. Außer wir fahren auf der Autobahn”, füge ich noch scherzend hinzu. Im Laufe des Abend sind wir uns einig das es auf unserem Trip nicht nur darauf ankommt Strecke zu machen sondern wie wir vorankommen. Obwohl wir das natürlich wissen müssen wir uns diesbezüglich immer wieder selbst motivieren. “Wer weiß für was dieser Umweg gut ist?”, meint Tanja. “Wer weiß”, stimme ich ihr zu.

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