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Mongolei/Erdenet MONGOLEI EXPEDITION - Die Online-Tagebücher Jahr 2011

Entsetzen im Schlachthaus

N 49°01'802'' E 104°01'571''
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    Tag: 18

    Sonnenaufgang:
    05:49 Uhr

    Sonnenuntergang:
    20:28 Uhr

    Gesamtkilometer:
    400

    Temperatur – Tag (Maximum):
    31 °C

    Temperatur – Tag (Minimum):
    20 °C

    Temperatur – Nacht:
    16 °C

    Breitengrad:
    49°01’802“

    Längengrad:
    104°01’571“

    Maximale Höhe:
    1415 m über dem Meer

Gleich am Morgen kommt Tsaagaan zu unserer Blockhütte. „Wir haben uns für dich entschieden“, sagen wir ihm. „Oh, vielen Dank“, antwortet er und lacht sichtlich zufrieden einen bezahlten Job zu haben. „Hast du wirklich Lust mit uns auf eine anstrengende Reise zu gehen?“, möchte ich noch mal wissen, um sicher zu gehen dass der Mann uns wirklich begleiten will. „Ja, sehr gerne“, antwortet er erneut. „Gut, dann sind wir jetzt ein Team“, sage ich und strecke ihm meine Hand entgegen. Er schüttelt sie und setzt sich an den mit Brot, Marmelade und Boortsog, das sind Fleischbällchen in Teig gekocht und Boortsog ohne Fleisch, an den Tisch. Dazu gibt es Tee und Kaffee. Es wird genüsslich geschmatzt und geschlürft. Um so lauter desto besser schmeckt es anscheinend. Auf jeden Fall sind Schmatzen und Schlürfen in der Mongolei keine Unsitte. Schon während des Frühstückens ruft Ulzii seinen älteren Bruder an, der in Erdenet lebt und einen Minibus besitzt. Er ist einverstanden mit uns auf Pferdesuche zu gehen. „Ihr braucht nur das Benzin zu bezahlen. Am Ende gebt ihr mir was ihr denkt“, sagt er. Wir sind mit dem Angebot sehr zu frieden und freuen uns, dass hier in der Mongolei die Familienbande gut zu funktionieren scheinen. Schon wenig später geht es los. Naraa, unsere Gastgeberin, ihr 21 jähriger Sohn Erkhembayar, unser Begleiter Ulzii, unser Übersetzer Taagii, Ulziis Onkel Tsaagaan, Tanja, ich und der Busbesitzer und Bruder von Ulzii, fahren mit seinem Minibus los, um Pferde kaufen zu gehen. Jeder möchte dabei sein. Unsere erste Station ist der Viehmarkt von Erdenet. Bei ca. 31° Hitze steigen wir alle zusammen aus dem Bus und laufen über den staubigen Markt. „Nicht fotografieren! Oder bezahlen!“, ruft eine korpulente Mongolin unfreundlich. „Er möchte Pferde kaufen!“, antwortet Taagii mich schützend. „Ach so. Na dann ist das was anderes“, sagt sie auf einmal zuckersüß. „Was machen die Leute mit den Tieren hier? Ich meine warum kaufen hier Hirten Pferde, Rinder und Schafe? Sie haben doch selber genug davon“, interessiert es mich. „Die Tiere kommen hierher um geschlachtet zu werden“, erklärt Taagii. Erst jetzt bemerken Tanja und ich das ein Ochse nach dem anderen durch eine Tür in das angrenzende Gebäude geführt werden. Unangenehmer Geruch dringt nach außen. Tanja wirft einen Blick hinein und ruft; „Das musst du dir ansehen Denis!“ Bevor ich reagieren kann ist Tanja in dem dunklen Gebäude verschwunden. Von dem schaurigen Anblick angewidert sehe ich ihr hinterher. Geschlachtete Tiere hängen an Metzgerhaken. Der Geruch der mir entgegenschlägt ist regelrecht umwerfend. „Warum tust du dir das an?“, rufe ich Tanja nach. „Man kann sich vor der Realität nicht drücken. Auch wenn ich kein Fleisch esse möchte ich wissen woher es kommt und wie es den Tieren vor ihrem Tod ergeht. Das ist der Ort woher das Fleisch auf die Teller der Menschen kommt!“, höre ich sie rufen und frage mich wie sie es als überzeugte Vegetarierin schafft in so ein grausliches Haus des Leides und Todes zu gehen. Langsam betrete auch ich das Innere. Bei jedem Schritt schmatzt es unter meinen Schuhen. Blut und Ausscheidungen bedecken den gesamten Grund. Frauen tragen Tierteile hin und her, kehren mit einem Reisigbesen das verklebte Blut zur Seite, ziehen und tragen Gedärme. Mir wird es augenblicklich übel. „Meinst du wir dürfen fotografieren?“, fragt Tanja. „Ich fotografiere einfach“, antworte ich meinen Brechreiz unter Kontrolle bringend. Durch die Hitze und den nicht zu beschreibenden, katastrophalen hygienischen Bedingungen in diesem Schlachthaus glaube ich mich im Schlund der Hölle zu befinden. Ich stehe mitten im Geschehen. Die blutverschmierten, schwer arbeitenden Menschen lächeln mich an. Zwei Schlachter treiben eine Kuh durch die Tür. Das Entsetzen und die Todesangst sind ihr ins Gesicht geschrieben. Tanja hat den Ort des Grauens schon verlassen als Ein Metzger ein großes Beil hebt und es der Kuh direkt zwischen die Augen schlägt. Tödlich getroffen bricht das Tier sofort zusammen. Im Augenblicke des Todes zucken spastisch alle vier Beine. In diesem Moment kommt ein Vater mit seiner etwa sieben Jahre alten Tochter vorbei. Dem Kind ist die Erschütterung anzusehen. Ihre Augen haben sich vor Schreck geweitet. Ich wundere mich warum ein Vater sein Kind durch diesen Ort führt. Jedoch ist in der Mongolei ein Überleben ohne Fleisch undenkbar. Als ich das Schlachthaus verlasse denke ich über das Leid der Kreaturen nach und über den Übermäßigen Fleischkonsum der Menschen auf dieser Erde. Ich bin mir sicher, dass so mancher Erdenbürger über sein Essverhalten nachdenken würde wäre er Zeuge eines solchen Schlachthauses geworden. In Gedanken versunken trete ich wieder ins Freie. „Was hältst du von diesem Pferd? Das ist doch ein schönes Tier“, bringt mich Naraas fröhliche Aussage wieder in eine angenehmere Realität.

„Werden die Pferde hier auch alle geschlachtet?“, frage ich Taagii. „Klar.“ „Hast du kein Mitleid mit ihnen?“ „Warum sollte ich Mitleid haben? Wir Menschen müssen Fleisch essen. Ohne Fleisch können wir in der Mongolei nicht überleben.“ „Nun, Tanja und ich sind 7.000 Km durch Australien gelaufen ohne Fleisch zu essen. Man braucht kein Tier essen um Leistung bringen zu können. Aber hier bei euch mag das anders sein. Ich weiß, hier Winter wird es hier extrem kalt und die Nomaden benötigen Fleisch als Hauptnahrung um zu überleben.“ Warum fragst du dann ob ich Mitleid habe?“ „Liegt an dem Erlebnis welches ich gerade in dem Haus da drüben gemacht habe. Wäre doch schön wenn alle Menschen und Tiere friedlich neben einander leben könnten.“ „Das wird es nie geben“, meint Taagii. „Wer weiß. Die Zeiten ändern sich. Irgendwann in der Zukunft werden die Menschen über die heutige Zeit sprechen als wären wir alle kannibalisch veranlagt gewesen. Ich denke, dass irgendwann die Zeit kommt in der wir alle Lebewesen so schätzen wie wir uns selbst schätzen. Keiner wird daran denken so ein Wesen zu essen, ob Vogel, Schwein, Schaf, Rind oder ein anderes Tier. Wir werden, so hoffe ich, alle Vegetarier sein. Wie gesagt, Tanja und ich haben bewiesen unter jahrelanger Höchstleistung ohne Fleisch keine Mangelerscheinungen bekommen zu haben“, sage ich leise und betrachte mir die Pferde.

Weil wir heute früh Bilgee, den Pferdemann dem wir absagen mussten, angerufen haben und ihm fragten ob er sich vorstellen kann uns gegen Bezahlung beim Pferdewagenbau zu helfen, ist er jetzt ebenfalls erschienen. „Ich werde euch gerne helfen“, sagt er und unterstützt uns bei der Auswahl der richtigen Reitpferde. Wenig später reiten wir das ein oder andere Pferd probe. Einige sind verletzt, nicht gut ernährt oder alt. Keine guten Pferde für eine Expedition. Außerdem sind sie mit 480.000 Tugrik (275,- €) im Verhältnis sehr teuer. Tsaagaan steht am Rande des Geschehens und macht keinen Finger krumm während Bilgee sich die Pferde genau ansieht und uns mit Rat und Tat zur Seite steht. „Warum macht dein Onkel nichts? Wir haben ihn doch als Pferdeexperten angestellt. Genau jetzt brauchen wir ihn“, sage ich zu Ulzii. Ulzii nickt und spricht mit seinem Onkel. Jetzt kommt er, deutet auf ein Pferd und meint: „Das ist ein gutes Pferd“. „Seltsam, die anderen haben gesagt dieses Pferd sei zu alt“, flüstert Tanja. „Hm, da sagt anscheinend jeder etwas anderes. Wir sollten uns auf unser Gefühl verlassen und die verschieden Aussagen mit ins Kalkül ziehen“, schlage ich vor. Nach einiger Zeit finden wir drei Pferde die einen recht passablen Eindruck auf uns machen und sich ganz gut reiten lassen. Ich versuche den Preis zu verhandeln aber der Verkäufer geht keinen einzigen Tugrik nach unten. „Das ist ein reiner Zwischenhändler. Ich habe ihn gefragt ob das Pferd beißt oder tritt worauf er mit den Schultern gezuckt hat. Ich bin mir sicher, er hat die Pferde irgendwo in der Steppe bei den Hirten gekauft, um sie hier am Markt an den Metzger zu verkaufen“, überlege ich laut. Ich frage Taagii ob mein Gedankengang der Realität entspricht worauf er mit den Kopf bestätigend nickt. „Die Pferde sind nicht teuer. Das ist der reine Marktpreis des Fleisches. Bei den Hirten sind sie noch viel teurer“, sagt plötzlich der Händler als ob er meine Gedanken lesen könnte. Tanja und ich sind uns einig hier am falschen Ort zu suchen. Unser Instinkt flüstert von der Unaufrichtigkeit des Händlers und das wir unser Glück bei den Nomaden in der Gegend versuchen sollten. Unsere Begleiter sind plötzlich allesamt einverstanden. „Kommst du mit?“, frage ich Bilgee. „Ich werde euch nicht begleiten und habe mir überlegt euch auch nicht beim Pferdewagenbau zu helfen. Ihr habt ja jetzt genug Leute. Solltest du aber meine Hilfe benötigen komme ich gerne“, antwortet er, worauf Tanja und ich enttäuscht sind, da wir ja um seine Hilfe gebeten hatten. „Da soll einer schlau draus werden“, sage ich zu Tanja und schüttle zum Abschied Bilgee die Hand. Bevor wir den Tiermarkt den Rücken zu kehren, lassen wir den Händler wissen uns die Kaufentscheidung bis morgen um 11:00 Uhr zu überlegen. „Sag ihm bitte die Tiere bis dahin nicht zum Schlachter zu bringen“, bitte ich Taagii zu übersetzen. „Er ist einverstanden“, antwortet Taagii. „Wenn er den gleichen Preis vom Metzger bekommt wie von uns warum möchte er denn dann auf uns warten?“, frage ich. „Keine Ahnung. Wahrscheinlich lügt er“, antwortet unser 26 Jahre alter Übersetzer.

Pferde vom Fuhrunternehmen

Minuten später haben wir uns wieder in den Minibus gequetscht. Jetzt sind wir zu zehnt. Irgendjemand vom Markt wollte bei uns mitfahren. Ich zucke mit den Schultern. „Es wird schon alles einen Sinn haben“, denke ich mir. Ulziis Onkel, der große Schwierigkeiten hat die richtigen Gänge zu finden, zuckelt mit seinem Gefährt durch das verstaubte, von Hitze geplagte Erdenet. Wir halten bei einem Fuhrunternehmen. Nicht so wie wir es in Europa kennen sondern bei einer mongolischen Transportfirma für Holz. Hier werden zurechtgeschnittene Baumstämme und Feuerholz mit Pferden und Pferdewagen zu den Kunden gebracht. „Was wollen wir hier?“, fragt Tanja. „Ihr braucht doch einen Pferdewagen und passende Zugtiere. Wir fragen diese Menschen einfach mal ob sie euch einen ihrer drei Wägen verkaufen. Wenn ihr Glückt habt bekommt ihr auch das Pferd“, übersetzt Taagii. „Wie meinst du das?“, frage ich. „Weil es nicht einfach ist gute Zugpferde zu bekommen“, höre ich. Gespannt laufen wir nun zu dem Holzfuhrunternehmen. Tatsächlich sind die Männer bereit einen ihrer schwer heruntergekommenen Pferdewägen und ein Pferd zu verkaufen. „Na super“, freuen wir uns. Was soll denn das alte Teil kosten?“, interessiert es uns. „800.000 Tugrik“, (457,- € oder 666,- US$) sagt der Besitzer. Wenn man bedenkt, dass ein Durchschnitteinkommen bei ca. 150,- US$ im Monat liegt, eine gewaltige Summe. „Was möchte er für den Pferdewagen?“ „Er verkauft das Gespann nur mit Pferd“, vernehmen wir. „Klar, der Mann wittert ein gutes Geschäft“, wirft Tanja ein. Trotzdem sind wir an dem Deal interessiert. Als wir mit dem Fuhrunternehmer verhandeln bietet uns ganz überraschend eine kleine Frau der Fuhrleute ebenfalls ihr Zugpferd an. Auf einmal dreht sich unsere Verhandlung um zwei Zugpferde und einen Pferdewagen. Insgesamt wollen sie 1,3 Millionen Tuggrik (743,- €). Wir untersuchen das Pferd auf Verletzungen und entdecken einen geschwollenen Rückenwirbel. „Kein Problem. Das ist eine alte Verletzung die bereits ausgeheilt ist. Seht ihr“, meint die kleine Frau und drückt ihrem Pferd auf die betroffene Stelle. Tatsächlich zeigt das Tier keine Reaktion. „Anscheinend sagt sie die Wahrheit“, meine ich den Wirbel genauer unter die Lupe zu nehmen. „Die Verletzung kommt von einem Sattel aus der Zeit als mein Pferd noch als Reittier eingesetzt wurde. Das Geschirr liegt auf einer ganz anderen Stelle auf“, sagt sie noch und deutet auf das verhaute Stahlgestell über das ein breiter Riemen läuft der links und rechts an den Wagendeichseln befestigt wird. Unter dem aus Stahl und Holz gebauten Gestell befindet sich eine verbrauchte Filzunterlage die anscheinend wirklich nicht für die Verletzung verantwortlich ist. Obgleich wir noch immer nicht ganz überzeugt sind wie alt die Verletzung ist und dessen ungeachtet die beiden Verkäufer trotz langen Verhandlungen um keinen Tugrik ihren Preis verringern, sehen wir uns gezwungen auf ihre Forderungen einzugehen. Wer hätte schon gedacht so schnell gut trainierte Zugpferde und eine Pferdewagen zu bekommen. „Wir sehen uns morgen wieder. Dann bekommt ihr 300.000 Tugrik als Anzahlung. Ab diesen Zeitpunkt dürfen die Pferde nicht mehr arbeiten“, entscheide ich und bitte den Chef des kleinen Fuhrunternehmens darum morgen den Pferdewagen erstmal zu einem Schreiner unserer Wahl zu bringen, damit wir diesen dort neu aufbauen lassen können. Dann verabschieden wir uns von den Menschen und entscheiden unsere Pferdesuche in der umliegenden Steppenlandschaft fortzusetzen.

Jurtenbesuch

„Ich habe sehr gute Pferde für euch“, bietet uns ein Mongole auf dem Weg zum Minibus an. „Wie weit ist das von hier?“, möchte ich wissen. „Nicht weit. Nur drei Km. „Okay, dann lass uns deine Pferde mal ansehen“, antworte ich, worauf wir alle in den Bus einsteigen und Erdenet verlassen. Nach einer halben Stunde Fahrt sind wir noch immer nicht bei dem Jurtenlager. „Das sind aber lange drei Km“, wendet sich Tanja an den Nomaden. „Wenn wir die Abkürzung genommen hätten wären es nur drei Km aber über die Straße ist es länger“, rechtfertigt er sich freundlich. Dann verlassen wir die Hauptstraße die erst seit ein paar Jahren geteert ist und fahren über die weiten Wiesen. Es geht vorbei an verschiedenen Jurten, Pferde-, Schaf- und Ziegenherden dann steuern wir auf eine einzeln stehende Jurte zu. Der Mann deutet auf ein Pferd welches sich mitten in einer großen Herde befindet. „Na das bringt uns nicht viel. Wir müssen das Pferd aus der Nähe sehen und auch mal reiten“, meine ich zu Taagii. Es dauert nicht lange und einer der Nomaden schwingt sich mit einem etwa drei Meter langen Stab, an dessen Ende sich eine Schlinge befindet, auf sein Pferd und jagt der Herde hinterher. Wenig später hat der Hirte im vollen Galopp die Schlinge um den Pferdehals gelegt welches er für uns fangen möchte. Es steigt auf die Hinterbeine und bäumt sich regelrecht auf. „Sieht aber nicht wie ein zahmes Reitpferd aus“, meint Tanja. „Hm, eher nicht unser Pferd“, gebe ich ihr Recht. „Kein Problem. Das Pferd wurde ein Jahr nicht mehr geritten. Nach ein paar Tagen ist es total zahm“, rechtfertig der Nomade das wilde Verhalten seines Tieres und greift dem Pferd zum Beweis zwischen die Hinterbeine. Er lacht recht herzhaft.

Weil es zu regnen begonnen hat werden wir in die Jurte eingeladen. Nach der traditionellen Sitzordnung bietet man uns links neben dem Eingang Plätze an. Die Ehrenplätze befinden sich gegenüber dem Eingang. Auf der rechten Seite neben der Tür sitzen Diener und Arme, dann kommen die Frauen, Großeltern, geachtete Gäste und Kinder. Auch wenn in der heutigen Zeit die Sitzordnung nicht mehr so streng genommen wird halten sich die meisten Nomaden nach wie vor an diese Regeln.

Der Mann, der gerade das Pferd gefangen hat, macht eine große Flasche Bier auf und schenkt einen Becher voll. Dann gibt er den Becher dem ersten Gast. Nach mongolischer Höflichkeit nippt dieser nur an dem Gefäß und reicht es wieder dem Gastgeber. Der nimmt einen kräftigen Schluck und füllt es erneut und gibt es dem nächsten Gast. Der nippt nur wieder daran und gibt es zurück. Wieder nimmt der Herr des Hauses einen Schluck, füllt das Glas und übergibt es dem nächsten Gast. Nach einer Weile erreicht Tanja und mich der Kelch. Schon aus hygienischen Gründen tun Tanja und ich ebenfalls nur so als würden wir von dem edlen Gesöff trinken und geben das Trinkgefäß noch immer voll an seinen Besitzer zurück. Nun beginnt das Ganze von vorne. Nachdem ich den Kelch zum wiederholten Male zurückgegeben habe ist die Wirkung des Alkohols unserem Gastgeber anzusehen. Jetzt, nachdem er etwas warm getrunken ist, holt er eine Flasche Wodka, um die Trinkrunde zu wiederholen. „Wir sollten gehen“, flüstert Tanja mir zu weil der Mann nach dem zweiten Wodkaglas unangenehm laut wird. „Bajarlaa, Bajartai!“, („Danke, Aufwiedersehen“) verabschieden wir uns. „Bleibt doch noch“, sagt der Herr des Hauses als wir die Jurte bereits verlassen haben. „Wenn wir morgen noch keine geeigneten Pferde gefunden haben kommen wir wieder“, sage ich, dann steigen wir erneut in den Minibus, um diesmal die Abkürzung nach Erdenet zu nehmen. Der Bus arbeitet sich im Schritttempo über Grasnaben, ausgefahrene Fahrspuren und Mulden. Auch wenn die Strecke jetzt in der Tat kürzer ist wären wir auf der Asphaltstraße schneller. Ulziis Bruder setzt uns vor der Blockhütte von Naraa ab. Ich gebe ihm die vereinbarten Spritkosten plus 10.000 Tugrik (5,71 €) extra. Obwohl das weit über dem Durchschnittseinkommen liegt habe ich das Gefühl als sei der Mann nicht zufrieden. „Ist das in Ordnung für dich?“, frage ich noch. „Ja ist in Ordnung“, antwortet er und fährt davon. Naraa hat wieder für uns alle gekocht. Damit sie keine Kosten hat haben wir auf der Heimfahrt für die ganze Mannschaft im Supermarkt eingekauft. Naraa freut sich über die vielen Produkte und die Gesellschaft. „Es ist schön Gäste zu haben. Mein Mann hat mich vor einigen Jahren verlassen. Jetzt lebe ich hier mit meiner Tochter und meinem Sohn. Wenn beide nicht Zuhause sind fühle ich mich recht einsam. Es ist wirklich eine Freude euch hier zu haben“, sagt sie lächelnd.

Nach angeregten Gesprächen über den interessanten und erfolgreichen Tag verziehen wir uns auf die Isomatten. Der Vollmond wirft sein Licht in das Zimmer und scheint die Hunde der Gegend dazu zu veranlassen wie die irren ihre Feinde anzubellen. Es dauert Stunden bis ich ein Auge zu mache.

Wir freuen uns über Kommentare!

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