Die aufwendigste Vorbereitung unseres bisherigen Reiselebens
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„Es muss ein Wunder geschehen, um das alles zu schaffen“, sage ich. „Wie meinst du das?“, möchte Tanja wissen. „Nun, wenn ich daran denke was wir bis zu unserer Abreise in die Mongolei zu tun haben, wird es mir regelrecht schwindelig. „Hm, wir werden es schon hinbekommen. Bisher hat es doch immer geklappt.“ „Ja wird schon hinhauen, nur dass ich vorher noch unser neues Buch Kraft und Zauber der Taiga fertig machen möchte, mit einem neuen Techniker, von dem ich nicht weiß ob er sein Handwerk beherrscht, die Multivisions-Show Urvölker der Erde produzieren muss, wir dieses Frühjahr 30 bereits gebuchte Vorträge halten werden und wir das dazugehörige Marketing zu organisieren haben. Dazu gibt es die Herausforderung die Finanzierung der kommenden Expedition in die Reihe zu bekommen, die komplette Ausrüstung für Sommer und extremen Winter zusammenzustellen, und um neue Sponsoren zu gewinnen müssen wir verschiedene Messen wie die Ispo in München, die Intersolar in München und die Outdoor in Friedrichshafen besuchen. Das allein reicht eigentlich schon aus um ins schwitzen zu geraten.
Leider ist da noch unsere Webseite, die wir schon seit drei Jahren auf ein neues Content-Management umstellen möchten. Obwohl es mittlerweile eine der umfangreichsten ihrer Art ist, möchte unser Provider sie noch vor unserer Abreise fertig stellen. Das wird zusätzlich sehr viel meiner Zeit in Anspruch nehmen. Neben vielen anderen Aufgaben, die wir beide die kommenden sechs Monate zu bewältigen haben, ist die Beschaffung unserer Mongolei Visa von elementarer Wichtigkeit. Wir benötigen eine Erlaubnis uns ein Jahr dort aufhalten zu können. Wie wir wissen, gib es so ein Visum aber nicht“, beende ich stöhnend meine Aufzählung.
Ein halbes Jahr später, also eine Woche vor Abreise, hat sich das Wunder zumindest zum Teil vollzogen. Tatsächlich ist unser aktuelles Buch im Handel und Thomas, unser neuer Techniker, hat sich zu hundert Prozent bewehrt. Er ist sogar so gut, dass wir es geschafft haben nicht nur eine fantastische Multivisions-Show über die Auca Indianer, die ich 1987 besucht hatte, zu produzieren, sondern auch eine Show über einen Erstkontakt zu den Yanomami-Indianern und einen Erstkontakt zu dem Volk der Yali in Westneuguinea. Somit sind endlich die alten Dias vor dem weiteren Verfall gerettet und digitalisiert.
Tanja und ich fanden neben der Produktionsarbeit die Zeit um alle geplanten Messen zu besuchen, haben neue Kooperationsverträge unterzeichnet und unsere 30 Vorträge mit Erfolg präsentiert. Bis auf wenige Kleinigkeiten ist die gesamte Ausrüstung komplettiert und die Finanzierung der kommenden Expedition gesichert. Aber zwei Wermutstropfen gibt es noch. Die neue Webseite ist weit entfernt pünktlich online zu gehen, was auch heißt, dass unsere Live-Berichterstattung aus der Mongolei noch nicht gesichert ist und was noch viel schlimmer ist, unser Jahresvisum ist noch nicht da. Tanja und ich beten jeden Abend dafür, das dass wichtige Dokument noch rechtzeitig ankommt. Sicherheitshalber haben wir ein Touristenvisum, welches einen Monat gültig ist im Pass und ein Jahresvisum für Russland. Das bedeutet, sollten wir keine Genehmigung bekommen, um ein gesamtes Jahr im Dschingis Khans Reich bleiben zu dürfen, müssten wir einmal im Monat über die russische Grenze, ein neues Touristenvisum für die Mongolei beantragen und dann wieder in die Mongolei einreisen. Für eine Expedition wäre das fatal und wir haben zurzeit keine Ahnung wo wir in diesem Fall unsere Pferde, den Pferdewagen und die Ausrüstung lassen sollen. Aber noch ist es nicht soweit. Noch haben wir sieben Tage bis zu unserem Abflug.
Das aufwendigste und teuerste Visum unserer bisherigen großen Reise
Seit Oktober 2010 sind wir ernsthaft bemüht diesen für uns enorm wichtigen Einreisestempel zu bekommen. Von 2006 bis 2009 sind wir im Rahmen unserer großen Reise – mit 30 Jahren Dauer – die längste dokumentierte Expedition der Geschichte, 15.000 Kilometer von Deutschland bis in die Mongolei geradelt. (Nachzulesen in unseren vier Büchern, Trans-Ost-Expedition Etappe 1 bis 4, erhältlich in unserem Webshop www.denis-katzer-shop.de).
Auf der letzten Etappe der Trans-Ost-Expedition haben wir in der Mongolei Togtokh kennen gelernt. Sie ist eine der Nachfahren des letzten mongolischen Kaiser aus dem 17. Jahrhundert. Sie und ihre Freundin hatten uns versprochen sich um ein Arbeitsvisum zu kümmern mit dem man bis zu einem Jahr bleiben kann. Munhoo, die zwei kleine Hotels besitzt, hat nach kurzer Zeit aufgegeben. Togtokh hingegen zeigte mehr Durchhaltevermögen. Während einer Deutschlandrundreise besuchte sie uns im Februar letzten Jahres und brachte die dementsprechenden Formulare mit. Als sie wieder in der Mongolei war benötigte sie weitere Unterlagen die alle vom Notar beglaubigt werden mussten. Pässe, Heiratsurkunde, Geburtsurkunde, Jahresflugticket, Banknachweis über genügend finanzielle Mittel, Gesundheitsversicherungsnachweis, Bestätigung des Arbeitgebers die wir uns selbst ausstellen konnten, schriftliche Begründung für den Aufenthalt, Abschlusszeugnisse und einiges mehr. Alles musste ins Englisch übersetzt werden. Nach ca. 7 Monaten kam im September 2010 das Aus. Togtokh lief gegen eine bald undurchdringliche Bürokratenwand. Sie gab aber nicht auf und vermittelte uns einen Kontakt zu dem Regierungschef der Provinz Khövsgöl. In dieser Region leben die Rentiernomaden namens Zataan, die das Ziel unserer Expedition sind. Der Regierungschef war von unserer Expeditionsidee angetan, hauptsächlich aber deswegen, durch unsere Öffentlichkeitsarbeit das Aufsehen der Touristen auf seine Region zu lenken. Jedoch streckte im Oktober 2010 auch die Behörde in Khösgöl die Flügel. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt regelmäßigen Emailkontakt mit der deutsch sprechenden Sekretärin des Provinzchefs. „Es tut uns Leid Herr Katzer aber der Aufwand ein Arbeitsvisum für sie und ihre Frau zu bekommen ist für uns zu groß und kostspielig geworden. Ich gebe ihnen aber einen Kontakt zu Saraa, die eine NGO besitzt und es schon Mal geschafft hat jemanden aus dem Ausland für längere Zeit in die Mongolei einzuladen.“ Enttäuscht las ich ihre Mail und versuchte Saraa telefonisch zu erreichen. Leider ohne Erfolg. Dann, nach weiteren Versuchen, war Saraa tatsächlich am Handy. Zum Glück spricht sie ein sehr gutes Englisch. Wir waren uns auf Anhieb sympathisch, worauf Saraa versprach sich um das Visum zu kümmern.
Togtokh schickte alle bereist gesammelten Unterlagen zu Saraa in die nördlich gelegene Provinz. „Wir müssen uns beeilen Denis. Der Antragsprozess kann sehr lange dauern. Außerdem bin ich schwanger. Wir haben also keine Zeit zu verlieren“, meinte Saraa. Trotz der knappen Zeit und ihrer bevorstehenden Niederkunft hatten wir das Gefühl mit ihr Erfolg haben zu können. Nach etwa 50 Emails die wir in den kommenden Wochen austauschten, wendete sich das Blatt erneut. Ein Bekannter von uns lebt seit Jahren ca. 5 Monate im Jahr in der Mongolei und hat dort sogar ein Haus gebaut. Er vermittelte uns zu einem Geschäftmann der sich um das Visum kümmern sollte.
Um Saraa zu schonen beendete ich gegen mein Bauchgefühl den Kontakt mit ihr und versuchte unser Glück erneut. „Was? Wer sind sie?“, hörte ich die Stimme des Geschäftsmannes auf der anderen Seite der Welt in gutem Deutsch am Telefon fragen. Ich versuchte zu erklären was wir brauchen. „Soll ich jemanden bestechen oder was?“, war die Antwort. Auch wenn der Firmeninhaber direkt in der Hauptstat Ulan Bator (Abkürzung U.B.) lebt und Einfluss hat solch ein Arbeitsvisum eventuell leichter beantragen zu können als Saraa, die zwei komplette Reisetage entfernt der Metropole wohnt, fühlte sich der Kontakt nicht gut an. Insgeheim bereute ich es die Verbindung mit Saraa auf Eis gelegt zu haben, musste jetzt aber mit der neuen Situation umgehen.
In den kommenden zwei Wochen reagierte der Geschäftsmann auf keine meiner zahlreichen Mails. Ich musste jedes Mal anrufen und wurde vertröstet. Als ich an einem Freitag erfuhr, dass er zu beschäftigt ist, um sich um das Visum zu kümmern und er die Angelegenheit einen Freund übergeben hat, stoppte ich die Aktion, bat um Entschuldigung für den bereits verursachten Aufwand und verabschiedete mich.
Danach schrieb ich sofort eine kurze Nachricht an Saraa: „Möchtest du weitermachen? Unser Kontakt in U.B. war mit der Arbeit überlastet.“ „Kein Problem Denis. Ich helfe euch sehr gerne“, war die prompte und zuverlässige Antwort. Ab diesem Zeitpunkt arbeiteten wir noch intensiver an dem notwendigen Papieren als vorher. Mittlerweile hatten wir einen Arbeitsvertrag unterschrieben. Das heißt, ab diesem Zeitpunkt sind wir offiziell bei Saraa angestellt. Unser Plan ist es ihre NGO (Private Hilfsorganisation) mit unserer Marketingarbeit und Know-How zu unterstützen. Es dauerte weitere vier Wochen bis der Arbeitsvertrag von dem Chef der Provinzregierung und den zuständigen Behörden in Ulan Bator unterzeichnet war. Dann setzte sich der Prozess fort. Da Saraa zurzeit nicht viel Geld verdient, mussten wir zweimal eine Blitzüberweisung in die Mongolei schicken. Die 290 US$ nutze Saraa, für Post, Telefon, Übersetzungen und um ihren Mann insgesamt zweimal nach U.B. reisen zu lassen, um den nötigen Papierkram zu organisieren. (Um von Khövsgöl nach U.B. zu kommen fährt man zwei volle Tage mit dem Bus). Da sich Saraa im Laufe der letzten Monate als sehr zuverlässig und vertrauenswürdig erwies, hatten wir keine Bedenken das Geld zu verlieren.
Nach weiteren 50 Emails, vielen Telefonaten und Wochen, lagen alle gesammelten Unterlagen zur endgültigen Unterzeichnung bei den Behörden. „Denis, vom 11 bis 13 Juli arbeitet bei uns keine Behörde. Wir feiern Naadam. (auch Tag der Revolution des mongolischen Volkes genannt). In dieser Woche geht also nichts mehr“, sagt Saraa, die inzwischen einen gesunden Jungen das Licht der Welt geschenkt hat. „Wir fliegen am 26.Juli. Wird ganz schön knapp“, antworte ich. Lass uns beten. Es wird schon klappen“, meint sie zuversichtlich. „Wir haben doch bereits ein Touristenvisum. Falls wir nicht rechtzeitig unser Arbeitsvisum bekommen könnten wir doch mit unserem Touristenvisum einreisen und alles weitere in der Mongolei arrangieren“, schlage ich vor. „Um Gottes Willen. Ihr dürft auf keinen Fall mit eurem Touristenvisum einreisen. Damit geht hier gar nichts mehr. Das würde den Aufwand mit dem Arbeitsvisum zerstören“, warnt sie und schlägt vor das Touristenvisum sofort ungültig machen zu lassen.
In der darauf folgenden Woche ruft Saraa jeden Tag in der Botschaft an. Mit Erfolg. Wir erfahren, dass die Unterlagen am Donnerstag dem 21.Juli an die mongolische Botschaft nach Berlin gefaxt wurden. „Unter welchen Namen, sagten sie, soll ich suchen?“, fragt mich eine nette Mitarbeiterin der mongolischen Botschaft. „Katzer, Tanja und Denis Katzer“, antworte ich meine Nervosität unterdrückend. „Ich finde nichts.“ „Aber es muss da sein“, lasse ich nicht locker. „Ach ja, da ist es tatsächlich. Schicken sie uns bitte ihre Pässe zu, dann bekommen sie ihr Visum.“ „Geht leider nicht. Wir fliegen schon am 26. Juli. Meine Frau muss morgen, am Freitag nach Berlin fliegen, um das Visum zu holen.“ „Oh, das tut mir leid. Am Freitag haben wir immer geschlossen. Sie können aber gerne am Montag dem 25. Juli kommen und ein Expressvisum zu beantragen. Das kostet 120,- Euro pro Person und sie bekommen es am gleichen Tag. Wenn sie in der Mongolei sind müssen sie dann innerhalb von sieben Tagen zur Ausländerbehörde um sich das Visum abstempeln zu lassen. Das ist wichtig. Sollte das nicht geschehen ist ihr Arbeitsvisum nach den sieben Tagen verfallen und sie müssen das Land umgehend verlassen“, erklärt sie.
Heute Morgen, am 25. Juli um 3 Uhr früh, schlüpft Tanja aus dem Bett. „Viel Erfolg“, flüstere ich müde als sie das Zimmer verlässt. „Kann ich gebrauchen“, antwortet sie leise. Meine Mutter fährt sie um 5:30 Uhr zum Flughafen.
Ich sitze Zuhause, arbeite kurz vor Abreise für zwei und warte sehnsüchtig auf Tanjas Anruf. Um 11:00 Uhr klingelt das Telefon zum x-ten Mal an diesem Tag. Es ist Tanja. „Die Visa sind in unseren Pässen“, höre ich ihre Stimme und bin geradezu unendlich erleichtert. „Puh, knapper geht es nicht“, sage ich. Bis Tanja kommt wirble ich durch das Haus, springe zum Telefon, öffne die Tür für die verschiedenen Kurierdienste die noch immer Ausrüstung anliefern, schreibe Emails, Rundmails, Verabschiedungsmails, packe noch den Rest in unsere großen Ortliebsäcke, scanne Unterlagen usw.
Um 20:00 Uhr ist Tanja mit den beiden Pässen und den bisher teuersten Visa unseres Lebens wieder Zuhause. (ca. € 200,- für Saraa, € 250,- Flug nach Berlin, € 240,- Expressvisa, Jahresvisum Russland für den Notfall ca. € 700,- zwei Personen, € 80,- für Touristenvisa zwei Personen. Summe € 1.470,-)
Wir arbeiten bis um Mitternacht, um den Rest der umfangreichen Ausrüstung und Technik zu packen. Dann fallen wir halb tot vor Müdigkeit und hoffentlich zum letzten Mal für dieses Jahr in unsere heimischen, bequemen Betten.
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MAGE SOLAR
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Sattelitentelefon Explorer 300 und das Duragbook der Fa. Gesat sind die Stützsäulen der Übertragung aus der Steppe.