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E-Bike-Expedition Teil 4 Vietnam - Online Tagebuch 2016-2017

Der Verkehrshölle entkommen, auf der Schotter- und Lehmpiste gelandet

N 14°45’46.6’’ E 108°43’52.5’’
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    Datum:
    07.02.2017

    Tag: 588

    Land:
    Vietnam

    Provinz:
    Quảng Ngãi

    Ort:
    Ba To

    Breitengrad N:
    14°45’46.6’’

    Längengrad E:
    108°43’52.5’’

    Tageskilometer:
    92 km

    Gesamtkilometer:
    21.838 km

    Luftlinie:
    67 km

    Durchschnitts Geschwindigkeit:
    21.8 km/h

    Maximale Geschwindigkeit:
    45 km/h

    Fahrzeit:
    4:11 Std.

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt / Schotterpiste

    Maximale Höhe:
    100 m

    Gesamthöhenmeter:
    59.568 m

    Höhenmeter für den Tag:
    328 m

    Sonnenaufgang:
    06:12 Uhr

    Sonnenuntergang:
    17:45 Uhr

    Temperatur Tag max:
    26°C

    Aufbruch:
    08:00 Uhr

    Ankunftszeit:
    14:00 Uhr

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

LINK ZUR REISEROUTE

Nach einer lauten Karaokenacht stehen wir wie immer um 6:00 Uhr auf, beladen unsere Bikes und verlassen unsere Bleibe. Um uns für den Tag zu stärken essen wir an der Straßenbude von gestern Abend eine Suppe, dann werfen wir uns in den Verkehrswahnsinn der 1A. Noch gestern Nacht habe ich in Google Maps studiert wann es wieder eine Möglichkeit gibt in Richtung Westen abzubiegen, um wieder zur Ho Chi Minh Straße zu gelangen. Die Ho Chi Minh Straße, die auch als Highway bezeichnet wird, war bisher relativ verkehrsarm und führte uns durch eine bezaubernde Landschaft. Genau danach sehnen wir uns wieder, vor allem, da wir jetzt erfahren haben wie übel es auf dem Highway 1A zugeht. „In ca. 60 km müsste eine Abzweigung nach Westen kommen!“, rufe ich Tanja zu, um sie zu motivieren das Chaos bald hinter uns zu haben. Wie auch gestern empfängt uns ständiges Gehupe. Schwarze, große Lastwagenreifen schmatzen an uns vorüber. Rücksichtslose Busfahrer blasen uns ihr Thhhuuuut in die Ohren, um ungebremst vorbeizurasen.

Es ist 12:00 Uhr mittags. Die ersten 60 km liegen hinter uns. „Dort vorne an der Ampel geht es nach Westen“, sage ich. Wir biegen ab und kaum haben wir die 1A hinter uns, kehrt schlagartig Ruhe ein. Die Straße ist schmal und von Verkaufsbuden und ein paar Straßenrestaurants gesäumt. „Hello! Hello! Hello!“, rufen uns zahlreiche Kinderstimmen wieder zu. Als hätten wir eine Zaubertür durchfahren befinden wir uns nur 100 Meter von der Hauptverkehrsader entfernt in einem anderen, idyllischen Vietnam. „Lass uns eine Suppe essen. Wer weiß wann wir wieder die Gelegenheit dazu bekommen“, meine ich, da auf der Karte die kommenden 30 km keine Siedlungen oder Dörfer eingetragen sind. „Was macht deine Erkältung“, frage ich etwas besorgt, nachdem Tanja mehrfach niesen musste. „Geht schon. Bin etwas schlapp aber alles kein Problem“, antwortet sie.

Mit einer Suppe im Bauch geht es weiter. Erst ist der Asphaltstreifen perfekt ausgebaut und gewährt uns ein wunderbares Vorankommen. Nach etwa 10 km ist der Gemeinde oder dem Staat offensichtlich das Geld ausgegangen. Schotter, Sand, Lehm und ein Schlagloch reiht sich ans andere. Ob es eine gute Idee war den Highway zu verlassen? geht es mir durch den Kopf. Wie auch schon in den Bergen Chinas oder auf Teilstrecken in den Bergen Nordvietnams ächzen unsere Bikes über den staubigen Acker. Wenn eines unserer Räder oder einer der Anhänger hier die Grätsche machen, sehen wir alt aus. Hier gibt es, wie so oft auf abgelegenen Strecken, keine Werkstätten, was da heißt, dass wir wieder völlig auf uns selbst angewiesen sind. Ajaci quietscht vor Vergnügen. Weil auf dieser Piste kaum Fahrzeuge unterwegs sind, lassen wir ihn aus seinem Hänger. Ich klicke ihn an die Flexileine die am Gepäckträger angebracht ist. Die ersten Meter zieht Ajaci als wolle er ein Rennen gewinnen. „Langsam! Langsam Ajaci!“, ermahne ich ihn. Nach einem km trottet er zufrieden neben meinem Rad her. Ab und an blickt er nach hinten, um zu sehen wo seine Tanja bleibt. Saftig grüne Reisfelder säumen die Piste. Leichte Berge erheben sich vor uns. In etwa 20 bis 30 km Entfernung türmt sich das zentrale Hochland von Südvietnam vor uns auf. „Da müssen wir drüber“, sage ich. „Was glaubst du wie hoch die Berge sind?“, fragt Tanja. „Schwer zu sagen, aber ich denke mindestens 1.500 Meter.“ „Gibt wieder dicke Oberschenkel!“, ruft Tanja. „Seitdem wir E-Bikes fahren haben Berge für mich ihre große Abschreckung verloren.“ „Ja stimmt, aber anstrengend bleiben sie trotzdem.“ „Hätten wir kein Gepäck und keinen Hund, der die meiste Zeit wie ein Prinz in seiner Sänfte sitzt und mich ständig auffordert schneller zu fahren“, wäre für uns kein Berg zu hoch.“

Nach 92 Tageskilometer erreichen wir das Örtchen Ba To. Freudig entdecken wir ein kleines Motel. Eine Frau, offensichtlich die Besitzerin des Hauses, schlurft desinteressiert auf uns zu. Als sie Ajaci entdeckt, winkt sie mit ernstem Gesichtsausdruck ab. Wir fahren weiter, landen bei einer anderen Unterkunft, wo wir unsere Räder in den Schatten eines Baumes stellen. Ich entdecke eine Frau, die vor mir aber regelrecht flieht. Ich eile ihr hinterher und frage ob wir ein Zimmer für die Nacht beziehen dürfen? Wirsch schüttelt sie ihren Kopf und macht sich erneut aus dem Staub. Erschöpft setzen wir uns auf eine steinerne kleine Bank vor dem heruntergekommenen Haus und überlegen unsere nächsten Schritte. Da es laut Karte auf den kommenden 100 km keine Unterkunft geben soll, müssten wir entweder Zelten oder die Motelbesitzerin davon überzeugen uns trotz ihrer Abneigung vor Ajaci aufzunehmen. Eigentlich würden wir gerne unser Zelt errichten aber zelten ist in Vietnam offiziell verboten. Nun, das schreckt uns nicht unbedingt davon ab trotzdem irgendwo unser Zelt zu aufzuschlagen. Nur haben wir des Öfteren davon gehört, dass die Einheimischen den Camper bei der örtlichen Polizei verraten. Die kommt dann angedüst und fordert auf umgehend das Zelt wieder einzupacken. Auch das wäre nicht all zu tragisch, jedoch wäre solch ein Campabbruch am Ende eines langen Radtages mit einem ungeheuren Kraftaufwand von mindestens zwei Stunden Arbeit verbunden. Da wir nicht die geringste Lust verspüren unsere Räder zu entladen, das Zelt zu errichten, um es dann vielleicht wieder abbauen zu müssen und am Ende die Räder wieder zu beladen, sitzen wir lange da und wissen erstmal nicht weiter. „Ich frage mal die Mopedfahrer dort vorne“, sagt Tanja, erhebt sich und läuft zu den Männern. Mit schläfrigen Augen beobachte ich die gestikulierenden Männer. Nach 10 Minuten kommt Tanja zurück und sagt, dass uns die beiden zu einer Homestay bringen wollen. „Super.“ „Ja, echt klasse“, freut sich Tanja. Wir rollen unsere Räder aus der Einfahrt der offensichtlich geschlossenen Absteige. Kaum haben wir die Straße erreicht, sehen wir nur noch die Rücken der beiden Mopedfahrer, die uns ohne ein Wort zu sagen in der heißen Nachmittagssonne stehen lassen. „Die sind einfach abgehauen“, sagt Tanja verblüfft. „Wir haben zwei Möglichkeiten. Entweder wir radeln weiter und versuchen unser Glück in einem anderen Dorf etwas für die Nacht zu bekommen oder wir suchen die missmutigen Motelbesitzerin auf und fragen noch mal höflich ob sie uns nicht doch nimmt“, schlage ich vor. „Weiterfahren fühlt sich irgendwie nicht gut. Was ist wenn da kein Dorf mehr kommt und wir unsere Akkus nicht aufladen können?“ „Wir besitzen je noch 3 1/2 volle Akkus. Wenn die Straßenverhältnisse so bleiben, schaffen wir noch 100 km“, entgegne ich. „Und wenn es plötzlich steil bergauf geht? Du hast doch gesagt wir müssen über dieses Gebirge“, erwidert Tanja auf den Bergzug im Westen deutend. „Okay, dann auf zur Missmutigen“, antworte ich überzeugt.

Wieder vor dem Motel setzt Tanja all ihren Charme ein um die Frau nun doch zu überzeugen. Sie zeigt ihr Ajacis Referenzbuch, in dem sich bereits viele Hotelinhaber und Manager sehr positiv über unseren Hund geäußert haben. „Phòng của chúng tôi được hoàn toàn đặt“, (Unsere Zimmer sind ausgebucht) hören wir jetzt.

Tanja gibt nicht auf und wählt die Telefonnummer des Hotelbesitzers von Hoi An. Der überaus freundliche Mann namens Phug versprach uns jederzeit zu helfen falls wir einmal ein Problem haben sollten. Diesen Joker setzt Tanja jetzt ein indem sie ihm die Situation erklärt und dann der Unnachgiebigen das Smartphone reicht. Phug berichtet ihr, dass wir mit Ajaci eine Woche in seinem sehr gut geführten Hotel zu Gast waren und unser Hund die Stellung eines Familienmitgliedes besitzt. Zum ersten Mal fliegt ein leichtes Lächeln über das Gesicht der Unnachgiebigen. Sie reicht das Telefon an Tanja zurück und sagt: „Okay.“ „Super, vielen Dank. Was kostet eine Nacht?“, will Tanja wissen. Die Frau möchte keine Antwort geben. Wieder ruft Tanja Phug an, der wiederum mit der Motelbesitzerin spricht. Nach langen fünf Minuten erfahren wir, dass sie für das Zimmer 170.000 Dong (7,05 €) haben möchte. „Gut, schnell rein, ansonsten überlegt sie es sich noch mal anders“, äußere ich mich und schiebe mein Rad mit Anhänger in das Haus. In Windesweile entladen wir die Bikes und tragen unsere Habe in ein schwer heruntergekommenes, kleine, feuchtes Zimmer ohne Fenster. „Phuuu, welch ein Palast“, entfährt es mir. „Egal, Hauptsache wir sind drin.“ „Stimmt. Ist schon eigenartig. Die kaputtesten Unterkünfte machen oftmals die meisten Probleme“, wunder ich mich.

Unser Gepäck ist untergebracht, die Räder sicher verstaut und Ajaci hat sich auf seiner Decke niedergelassen, um zu dösen. Wir verlassen die Bruchbude. Draußen suchen wir etwas um unseren Radlerhunger zu bändigen. An einem Fluss stehen ein paar auf rollen gestellte Essensläden. Auf kleinen, roten Plastikstühlen sitzen Vietnamesen. Sie genießen gegrillte Ente oder Schweinefleisch, trinken Bier und feiern. Wir nehmen neben ihnen Platz, bestellen Gemüsereis und je ein warmes Bier. Die Sonne ist gerade am untergehen. Dunkle, bedrohlich aussehende Gewitterwolken ziehen über die nahen Bergrücken. „Wird Regen geben“, meine ich in den Himmel blickend. „Ja, gut eine Unterschlupf für die Nacht gefunden zu haben.“ „Bin gespannt wie es morgen läuft“, überlege ich. „Du meinst wegen den kommenden Bergen?“ „Ja, vor allem aber ob die Straßen so schlecht bleiben. Wenn wir eine Panne fahren hat es sich nicht gelohnt den Highway zu verlassen.“ „Wer weiß? Ich finde es gut der Verkehrshölle entkommen zu sein. Hier sind zwar die Straßen schlecht, aber es ist entschieden sicherer und schöner.“ „Ja, da gebe ich dir recht. Die Räder werden schon durchhalten“, sage ich mir einen großen Schluck von dem warmen Bier in den Rachen kippend…

Wer mehr über unsere Abenteuer erfahren möchte, findet unsere Bücher unter diesem Link.

Die Live-Berichterstattung wird unterstützt durch die Firmen Gesat GmbH: www.gesat.com und roda computer GmbH http://roda-computer.com/ Das Sattelitentelefon Explorer 300 von Gesat und das rugged Notebook Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung. Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung.

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