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Russland/Kansk Link zum Tagebuch TRANS-OST-EXPEDITION - Etappe 4

Bäume sind Lebewesen!

N 56°10'46.2'' E 095°43'01.0''
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    Tag: 18

    Sonnenaufgang:
    04:55 Uhr

    Sonnenuntergang:
    22:27 Uhr

    Luftlinie:
    48.35 Km

    Tageskilometer:
    55.43 Km

    Gesamtkilometer:
    11101.25 Km

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt /schlecht

    Temperatur – Tag (Maximum):
    26 °C

    Temperatur – Tag (Minimum):
    18 °C

    Temperatur – Nacht:
    9 °C

    Breitengrad:
    56°10’46.2“

    Längengrad:
    095°43’01.0“

    Maximale Höhe:
    423 m über dem Meer

    Maximale Tiefe:
    220 m über dem Meer

    Aufbruchzeit:
    10.40 Uhr

    Ankunftszeit:
    17.00 Uhr

    Durchschnittsgeschwindigkeit:
    14.28 Km/h

Auch heute werden wir von gleißenden Sonnenstrahlen geweckt. Nur wenige, hartnäckige Moskitos halten es in den hellen Strahlen aus und schwirren um unsere Körper. Nachdem wir unser Lager wieder in den Ortliebtaschen verstaut haben schieben wir in einer Kraft anstrengenden Aktion erst unsere Räder und dann die schweren Anhänger die Böschung zur Straße hoch. Es ist 11:00 Uhr als sich unsere Tretkurbeln wieder kreisen.

Das Wetter ist traumhaft schön und die Landschaft bietet das was man über sie in den Büchern liest. Dichte Birkenwälder Wälder, Fichten, Kiefern, Lärchen und Tannen, von denen manche bis zu 800 Jahre alt werden können, begrenzen immer öfter den Asphaltstreifen. Im Gegensatz zu den tropischen Regenwäldern zeichnet sich die Taiga durch eine geringe Artenvielfalt aus und besteht zu großen Teilen aus den genannten Nadelbaumarten. Noch immer ist mir die Dimension dieses größten zusammenhängenden Nadelwaldgebietes der Erde nicht richtig bewusst geworden, denn es erstreckt sich von Skandinavien über Sibirien bis nach Nordamerika. Den satten, urigen, klaren Duft der Wälder einatmend, richte ich mich im Sattel meines Tretrosses auf. Häufig gleiten wir direkt an Sumpfgebieten vorbei die sich zwischen dem Uralgebirge und dem Jenissej entwickelt haben. Millionen von Moskitos brüten in den flachen Gewässern, weshalb wir es soweit möglich vermeiden in solchen Bereichen anzuhalten. Abgestorbene Bäume ragen ihre kahlen, von Moos bewucherten Stämme, in den blauen Himmel. Ein faszinierender Gedanke, dass die Taiga zum Teil noch völlig unerschlossen ist. Der Waldtyp der Taiga wächst in den gemäßigten und nördlichen Breiten und gehört somit zu den außertropischen Wäldern unserer Erde die zusammen etwa 14 Millionen Quadratkilometer Landfläche bedecken. Die außertropischen Wälder gedeihen hauptsächlich in Russland, Nordamerika und Europa, größere Gebiete befinden sich aber auch in Australien, Neuseeland, Chile, Argentinien, Nordafrika und den Küstenregionen Südafrikas.

Fasziniert durch die pure massive Anwesenheit dieser wohl ältesten, größten und höchsten Lebewesen unserer Erde lasse ich ohne Unterlass meine Blicke über die grünen Kreaturen schweifen. Für mich sind diese Wesen zweifelsohne mächtige und beständige Symbole des Lebens. Wenn jedem Einzelnen von uns Erdenbürgern wirklich bewusst wäre das der Wald eine riesige Energiequelle für unser Ökosystem ist, würden wir mit Sicherheit schonender mit ihm umgehen. Bäume benötigen Sonnenlicht, Kohlendioxid und Wasser um zu überleben. Wenn uns Menschen doch im tiefsten Inneren unseres Bewusstseins klar wäre das die Bäume daraus wichtige Nahrung für Mensch und Tier und den hoch wichtigen Sauerstoff produzieren, würden wir garantiert anders mit dem Erhalter unseres Lebens umgehen. Wer würde sich schon freiwillig erwürgen um dann zu ersticken? Was für ein furchtbarer Tod. Und doch holzen wir, für unsere wunderbaren Holzterrassen, Schneidebrettchen, edlen Lenkräder und Armaturenbrettern in unseren Autos, weiterhin Urwälder ab. Zumindest lassen wir holzen und kaufen dann bewusst oder unbewusst den Tod oder den unserer Kinder oder sind mit dafür verantwortlich, dass die kommenden Generationen nicht mehr genug Luft zum Atmen besitzen. “Welch ein Wahnsinn”, geht es mir plötzlich durch den Kopf. “Wie kann man so eine kranke Entwicklung nur stoppen? Wie kann man uns Menschen verständlich erklären, dass Bäume Kohlendioxid aus der Luft filtern und somit die Zusammensetzung unserer Erdatmosphäre erneuern? Wie kann man uns Menschen nur erklären das Bäume uns mit frischer Luft versorgen die wir alle, ob reich oder arm, sekündlich zum überleben benötigen? Was können wir tun, um rechtzeitig zu begreifen, dass Bäume die wohl ältesten, größten und höchsten Lebewesen unserer Erde sind?”

Grüne Ader

In diesem Zusammenhang denke ich an unser Grüne Ader Projekt welches wir vor ein paar Jahren ins Leben gerufen haben. Wie für viele von Euch liebe Leser schon bekannt, wollen wir während unserer Trans-Ost-Expedition mindestens 25.000 Bäumen das Leben schenken. Für jeden zurückgelegten Kilometer ein Baum. Ein Baum kostet nur 5,- Euro. Die Bäume werden genutzt um kaputte und nicht lebensfähige Wälder in Deutschland zu regenerieren. Wir brauchen gesunde Primärwälder. Das heißt überlebendfähige Urwälder die es bei uns in Deutschland kaum noch gibt. Überall auf der Welt werden Wälder gerodet. Wir möchten mit unserer gemeinsamen Leistung etwas dagegen setzen. Etwas an Mutter Erde zurückgeben was wir uns täglich nehmen. Wir sind der Meinung, dass auch die Kinder der zukünftigen Generationen eine Überlebenschance haben sollen. Bitte helft uns dabei etwas zu schaffen. Damit auch die Menschen in der Zukunft noch Vögel zwitschern hören und sich in den Schatten eines Baumes stellen können.

Infos zur Grünen Ader findet ihr auf unserer Webseite.
www.denis-katzer.com

Von den Spenden haben wir nicht den geringsten finanziellen Vorteil. Alles was ihr gebt kommt Mutter Erde zu Gute!!! Dafür garantieren wir mit unserem Lebensprojekt und unserem Namen.

Spenden sind herzlich willkommen unter:
Bergwaldprojekt e.V.
Stichwort:Grüne Ader
GLS Gemeinschaftsbank
BLZ 43060967
Kontonummer 8022916200

Mutter Erde lebt!

Gestochen

Schon nach acht Kilometern erreichen wir ein Straßencafe. Da wir dieses Land in vollen Zügen inhalieren, wollen wir unter keinen Umständen durchhetzen und legen eine Pause ein. Wir lehnen unsere riese und müller an die Hausmauer unter ein kleines Fenster welches gerade von einer Angestellten des einfachen Restaurants geputzt wird. “ßdrastwuitsche”, (Hallo) begrüßen wir sie. “Dobre djen”, (Guten Tag) antwortet sie. “Bliny jeßt?”, (Gibt es Pfannkuchen?) frage ich den Laden betretend. “Njet”, antwortet eine Frau hinter ihrem Dresen freundlich. “Sie hat frische Piroschkis”, (In Hefeteig gebratene Eier und Zwiebelschoten) sagt Tanja. “Okay, dann esse ich eben Piroschkis”, antworte ich, obwohl ich lieber süße Pfannkuchen hätte. Wir setzen uns unter das Fenster an dem die Frau mit einem abgearbeiteten Schwämmchen schruppt. Sie ist so in ihre Arbeit vertieft, dass sie uns kaum einen Blick würdigt. Nach der dritten Tasse Tee und zwei heißen, frischen Piroschkis, ist die Fensterputzerin mit ihrer Arbeit noch nicht viel weiter als zu unserer Ankunft. “Da ßwidanja”, (Auf wieder sehen) verabschieden wir uns, worauf sie kurz ihre Hand zum Gruß hebt.

Nach 52 Kilometer erreichen wir den Stadtrand von Kansk. Heruntergekommene Militäranlagen und sich schnell drehende Radarschirme säumen die Straße. Kampfjets spitzen hinter Erdhügeln hervor. “Ich rufe mal Anja an. Sie hat hier Bekannte die uns eine Unterkunft geben wollen”, erinnert mich Tanja, weswegen wir an einer Tankstelle unsere Rösser parken und uns in die Sonne setzen. “Andrej wird euch abholen. Er hat einen weißen Lada”, erklärt Anja am Mobiltelefon. Wir nutzen die Zeit des Wartens und beobachten einige Hochzeitspaare die vor dem Schild auf dem groß Kansk steht tanzen. Warum sie so einen unschönen Platz nutzen, um sich zu versammeln ist uns ein Rätsel. Ausgelassen rufen sie durcheinander, trinken Sekt und manche von ihnen tanzen vor den laufenden Videokameras. Immer wieder fliegt eine der Sektflaschen an das ca. acht Meter hohe Ortschild. “Soll wahrscheinlich Glück bringen wenn die Flasche zerspringt?”, vermute ich, denn als es klirrt jubeln die Feiernden freudig. Die vorbeifahrenden Lastwagenfahrer betätigen immer wieder ihr Signalhorn, um den frisch Vermählten zu gratulieren. Nach dem Sekttrinken und Reigentanzen steigt eine der Hochzeitsgesellschaft in ihre Autos und braust unter lärmenden Dauerhupen davon. Kaum sind sie den Berg nach Kansk hinunter entschwunden, taucht eine neue Hochzeitsgesellschaft auf die sich ähnlich verhält.

Plötzlich erscheint in der Tat ein weißer Lada. Da viele Russen weiße Ladas besitzen ist es nicht leicht Andrej zu identifizieren. Erst als der schlanke Mann mittleren Alters aussteigt und zielstrebig auf uns zukommt, wissen wir es mit dem Richtigen zu tun zu haben. “Hallo, mein Name ist Andrej”, begrüßt er uns freundlich und schüttelt unsere Hände. “Wollt ihr mir folgen?”, fragt er ohne Umschweif höflich. “Gerne”, antworten wir und hängen uns an die Spuren des Ladas. Anja hat uns berichtet das Andrej zu einer Gruppe Sportler gehört die mit jungen Menschen arbeiten. “Sie besitzen ein Haus für Sportler in dem sie euch unterbringen können”, erklärte sie. In Anbetracht schon wieder eine schöne Unterkunft zu bekommen und von netten Menschen umgeben zu sein freuen wir uns auf die Bleibe.

Aus etwa 400 Meter Höhe lassen wir nun unsere Räder in das tiefer gelegene Kansk holpern. Plötzlich sehe ich ein großes Insekt auf mich zufliegen. Zu spät versuche ich meinen Kopf zur Seite zu nehmen als mir das brummende Riesenvieh schon unter den Kinnriemen meines Helmes klatscht und mich grausam in die Schläfe sticht. “Auaaa!”, brülle ich auf als das gemeine Fluggetier mich sogleich ein zweites Mal sticht. “Was ist denn los?”, fragt Tanja erschrocken vor mir fahrend. “Irgend so ein Mistvieh hat mich ganz arg gestochen!”, rufe ich, mir die Schläfe reibend. “Ist es schlimm? Sollen wir anhalten?” “Ich denke es geht”, sage ich, darauf hoffend, dass der Schmerz nicht größer wird. Auf dem weiteren Weg beginnt meine Backe taub zu werden, dafür lässt aber der Schmerz ein wenig nach. “Ob es eine Wespe war?”, überlege ich. Jedoch, nachdem was ich dort an der Schläfe spürte, war es ein größeres Insekt.

Nach etwa zwei Kilometer biegt der Lada in eine aus Brettern gebaute, für Sibirien typische Häusersiedlung, ab. Vor einem heruntergekommenen Blechtor bleibt er stehen. Andrej öffnet das Tor und bittet uns herein. Vorsichtig schieben wir unsere schweren Räder an einen laut bellenden Kettenhund vorbei, dessen kurze Kette es nicht zulässt uns zu beißen. Sofort geht Andrej zu dem Hund. “Beruhig dich Boss. Das sind Gäste”, sagt er dem aufgebrachten Bewacher des Häuschens streichelnd. “Ihr könnt eure Räder an den Zaun anlehnen”, schlägt der freundliche Mann vor nachdem wir anfänglich etwas unbeholfen dastehen, nicht wissend wieso wir jetzt vor einem kleinen Holzhaus stehen und nicht vor einem Jugendheim. Da unser Russisch nicht ausreicht um weitere und genauere Fragen zu stellen, lehnen wir unsere Räder, wie angeboten, gegen den schiefen, etwa zwei Meter hohen Bretterzaun. Dann kommt Luba, die Frau von Andrej, und sein etwa 12 Jahre alter Sohn Wowa aus dem Haus, um uns verhalten zu begrüßen. So stehen wir in den ersten Minuten ein wenig verunsichert vor einander. Keiner weiß so recht wie mit der Situation umzugehen ist und was die nächsten Schritte sind. Eigentlich waren wir darauf eingestellt eine Jugendherberge zu erreichen, unsere Räder unterzustellen, das Gepäck in ein Zimmer zu schlichten, uns erstmal für eine halbe Stunde von den Anstrengungen des Tages auszuruhen, routinegemäß die Bilder der Leicas in den Laptop zu überspielen und meine Loggdaten und die Erlebnisse des Tages aufzuschreiben. Jedoch hat uns das Schicksal hierher in eine kleine Siedlung zu einer Familie getragen die wir noch nie vorher gesehen haben. Für uns eigentlich nichts Ungewöhnliches. Trotzdem waren wir gedanklich anders gepolt und benötigen einige Minuten um uns erstmal darauf einzustellen.

“Kommt doch herein”, lädt uns Andrej ein das Haus zu betreten. Wir lassen alles draußen stehen und gehen in das Innere. “Setzt euch bitte”, meint Luba auf zwei Stühle in der kleinen Küche weisend. Sie steht gerade am Herd und brät für uns Kartoffelpuffer. Es sieht so aus als hätte sich Luba nach Anjas Anruf sogleich hinter den Herd gestellt um für uns zu kochen, denn kaum haben wir uns auf die Stühle gesetzt reicht sie uns je einen Teller voller heißer Kartoffelpuffer und öffnet noch dazu ein Glas mit Blaubeeren aus der Taiga. Als Beilage hat sie einen Salat mit Tomaten, Gurken und frischen Kräutern aus dem eigenen Garten zubereitet. “Hm schmeckt echt lecker”, loben wir und stillen auf diese unerwartet Weise unseren Radhunger. Meine rechte Gesichtshälfte ist unter dessen nahezu eingeschlafen. “Tut es noch weh?”, möchte Tanja besorgt wissen weil ich mir ständig die Schläfe reibe. “Nicht mehr sehr. Ist nur etwas taub geworden”, antworte ich und bin froh das Ding während der Fahrt nicht verschluckt zu haben.

Nach der ersten halben Stunde schmilzt das Eis ein wenig und unser Gastgeber stellen sich auf unsere spärlichen Russischkenntnisse ein. “Hier, für euch”, sagt Luba und schenkt uns je ein T-Shirt. “Es ist das Promotionshirt von Andrej”, erklärt sie. Wir erfahren, dass Andrej Russischer Meister im Orientierungslauf war und seit Jahren junge Menschen trainiert. Nachdem was wir verstehen ist er bei einer staatlichen Organisation angestellt. Noch immer warten wir darauf von Andrej nun zum Jugendhaus gebracht zu werden wo wir übernachten können. “Ihr dürft gerne hier schlafen”, hören wir sogleich als könnte er unsere Gedanken lesen. “Äh, wo dürfen wir denn schlafen?”, frage ich. “Es gibt zwei Varianten. Eine ist draußen in der alten Küche bei der Sauna oder hier im Wohnzimmer. Wie ihr wollt”, erklärt Andrej. “Können wir die alte Küche mal sehen?”, fragen wir. “Gerne”, meint Luba und führt uns durch den Garten, in dem neben Kartoffeln, Gurken, Kohl, Tomaten, Erdbeeren, vieles Weitere angepflanzt ist. Luba öffnet die Tür zu einer Baracke. Im spärlichen Licht des einzigen kleinen Fensters erblicken wir außer einem alten Teppich, einen Herd der vor vielen Jahren mal zum Kochen verwendet wurde. Dahinter befindet sich eine kleine Kammer die heute noch als Banja (Sauna) dient. Da wir hier ein paar Tage bleiben wollten, um meine Aufzeichnungen zu schreiben und alle Bilder der letzten drei Wochen zu organisieren, frage ich mich augenblicklich ob ich in der Lage bin 10 Stunden in dieser mitgenommen dunklen Hütte zu sitzen. Luba gibt uns zu verstehen den Boden des alten Holzhäuschens zu putzen. “Okay”, antworten wir und lassen die Dinge so herankommen wie sie eben kommen wenn man Reisender ist.

Wenig später hat Luba das Hüttchen geputzt und eine saubere Tischdecke auf das wackelige Holztischchen gelegt. “Ihr könnt einziehen”, verstehen wir. Bevor wir aber unsere neue Bleibe beziehen, dürfen wir uns erstmal duschen. In dem kleinen, restaurierten Bad der Haupthütte gibt es Heißwasser aus dem Boiler. Wunderbar nach den letzten zwei Radtagen. Nach dem Duschen wissen wir nicht so recht was wir tun sollen. Die Kommunikation ist noch immer spärlich. Aus Verlegenheit überprüfe ich alle Schrauben unserer Räder auf Festigkeit. Andrej und Wowa sind auf einmal verschwunden. Klar, wie hätte er auch erklären sollen wohin er geht? Es dauert jedoch nicht lange und Andrej ist wieder Zuhause. Wir setzen uns ins Wohnzimmer in dem auch zwei Katzen leben. Schnell zieht Andrej seinen Schreibtisch ans Sofa, schaltet seinen Laptop ein und zeigt uns für ca. eine Stunde Videos die mit seiner Arbeit zu tun haben. Wir sehen wie sich ein russischer Jeep durch Flüsse und Furten arbeitet. Wie die Taiga im Regen versinkt. Wie Vogelhäuser errichtet werden. Wie der Jeep im Matsch stecken bleibt und mit einer Winde wieder herausgezogen wird. Für die kommenden 20 Minuten präsentiert Andrej Filmausschnitte von Orientierungsläufen und wie sich Sportler in einem aus Metallzäunen errichteten Irrgarten zurecht finden müssen.

Dann gibt es Abendessen. Luba hat Kartoffelsuppe mit Huhn und Salat zubereitet. Eine Freundin namens Tanja kommt um die exotischen Gäste zu begrüßen. Sie ist sehr interessiert und stellt uns viele Fragen die wir so gut es geht beantworten. “Ich muss morgen übrigens für sieben Tage nach Krasnojarsk, um dort als Schiedsrichter zwei Wettkämpfe mit zu beaufsichtigen”, erklärt Andrej noch. “Oh kein Problem. Wir werden morgen dann in eine Gastinia gehen. Tanja benötigt Internet und ich muss mich für ein paar Tage zum Schreiben zurückziehen”, antworten wir. “Aber ihr braucht doch nicht in eine Gastiniza. Die ist doch viel zu teuer. Ihr könnt gerne hier bleiben”, bietet Andrej an. Tanja und ich sehen uns an und wissen nicht wie wir sein freundliches Angebot abschlagen sollen ohne die großzügige Gastfreundschaft mit Füßen zu treten. “Wir sprechen morgen darüber”, sagen wir müde. “Wo wollt ihr jetzt schlafen? Hier oder in der alten Küche drüben in der Hütte?”, möchte Andrej nachts um 24:00 Uhr wissen. Da sich Tanja im Wohnzimmer wohler fühlt und wir hier kein Moskitonetz aufbauen und keine Isomatten aufblasen müssen entscheiden wir uns für das Wohnzimmer. Sofort wird das Sofa ausgezogen und mit frischen Bettlaken bezogen. Wowa, der gerade im Begriff ist seinen kleinen Diwan für die Nacht fertig zu machen, wird von seinem Vater in den Raum hinter dem Wohnzimmer geschickt. “Heute Nacht schläfst du bitte im Fernsehraum”, sagt er. Wir schlüpfen gerade, von dem langen Tag absolut geplättet, unter die Zudecke auf dem Sofa als Luba das Zimmer verlässt, um nach draußen zu gehen. “Wo gehst du denn hin?”, frage ich neugierig. “Wir schlafen heute in der alten Küche”, antwortet sie. “Was? In der alten Küche? Aber dann haben wir euch ja euer Bett genommen”, meint Tanja überrascht. “Das macht nichts”, sagt Luba das Wohnzimmer verlassend. “Ist ja nicht zu fassen. Die Menschen geben uns sogar ihr eigenes Bett”, flüstert Tanja. “Die Gastfreundschaft in diesem Land ist wirklich kaum zu beschreiben”, raune ich müde und höre wie eine Zahl von Moskitos sich surrend darauf freut uns heute Nacht stechen zu können.

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