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AUFGELADEN zu den Polarlichtern im hohen Norden - 2020

Am äußersten Südwesten der Insel Senja hört die Straße auf

N 69°05’02.1’’ E 017°10’14.5’’
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    Datum:
    17.10.2020

    Tag: 076

    Land:
    Norwegen

    Ort:
    Senja

    Tageskilometer:
    220 km

    Gesamtkilometer:
    7347 km

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt

    Brückenüberquerungen:
    16

    Sonnenaufgang:
    07:45 Uhr

    Sonnenuntergang:
    17:14

    Temperatur Tag max:

    Temperatur Nacht min:
    -4°

    Aufbruchszeit:
    10:00 Uhr

    Ankunftszeit:
    17:15 Uhr

     

 

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

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„Da gehts nach Senja!“, sagt Tanja auf eine Hinweistafel deutend. Ich setze den Blinker. „Auf ins Paradies!“, rufe ich. Wir waren bereits letztes Jahr auf der Insel. Da unser Ziel aber die Russisch-Polarkreis-Expedition war, sind wir nur für zwei Tage geblieben. Senja hat uns jedoch so sehr gefallen, dass wir uns versprochen hatten, irgendwann mit mehr Zeit im Gepäck zurückzukehren. Nun, wer hätte gedacht, dass dieser Zeitpunkt bereits ein Jahr später sein würde?

Sobald wir die E6 hinter uns gelassen haben, wird der Verkehr noch weniger und die Straße wieder schmäler. 35 Kilometer schlängeln wir uns über die einsame Landschaft, bis wir die kleine 4754 Einwohnerstadt Finnsnes erreichen. „Besitzen wir genügend Vorräte?“, frage ich, weil sich hier die letzten guten Einkaufsmöglichkeiten befinden. Es gibt zwar auch kleine Supermärkte auf Senja die aber nicht so umfangreich bestückt und recht teuer sind. „Die nächsten 10 Tage sollten wir gut durchkommen“, ist sich Tanja sicher. „Okay“, antworte ich die Terra auf die imposante Gisund-Brücke steuernd, die mit ihren 1500 Metern die längste Pfeilerbrücke Europas ist. „Links oder rechts?“, frage ich Tanja, als sich die Straße am Ende der Brücke teilt. „Du entscheidest.“ „Hm, na dann fahren wir erst mal nach links auf die westliche Seite der Insel. Nachdem, was ich gelesen habe, soll uns im Westen und Norden eine dramatische Natur- und Bergwelt erwarten. Die Beschreibungen sprechen davon, dass die Landschaft durch Fjorde tief zerklüftet ist und spitze Felswände extrem steil aus der Brandung herausragen.“, höre ich auf mein Bauchgefühl und setze den Blinker. Wie schon in den letzten Wochen gewohnt gehört uns auch dieses schmale Sträßchen nahezu alleine, ungefähr so, als hätte man sie nur für uns gebaut. So können wir uns zeitlassen und ohne den Verkehr zu behindern, die Fahrt und die Landschaft auf der zweitgrößten Insel Norwegens in vollen Zügen genießen.

„Was ist unser heutiges Ziel?“, möchte Tanja wissen. „Lass uns einfach soweit fahren, bis die Straße endet. Vielleicht finden wir dort einen geilen Platz, um ein paar Tage zu verweilen“, antworte ich. „Ja, das wäre schön. Hier scheint alles so menschenleer zu sein, dass wir die Einsamkeit und Ruhe in vollen Zügen genießen können.“ „Du bist lustig. Seit wir im hohen Norden sind und der Winter sich mit großen Schritten nähert, ist es doch überall einsam“, entgegne ich. „Stimmt, aber auf Senja ist anscheinend noch weniger los. Zumindest fährt hier kaum ein Auto.“ „Die Insel hat nur ca. 8000 Bewohner und vielleicht sind Anfang Winter einige von ihnen auf das Festland gezogen“, vermute ich. Wir biegen in eine Nebenstraße, die uns laut Navi in den äußersten Südwesten der Insel führt. Seit wir uns auf Senja befinden, sind die Straßen wieder schneefrei. Obwohl sich Senja ca. 350 km nördlich des Polarkreises auf 69 Grad nördlicher Breite im europäischen Nordmeer befindet, ist das Klima wie auch auf Lofoten und Andanes dank des Golfstroms vergleichsweise mild. Vielleicht ein Grund dafür, dass es bis jetzt noch nicht geschneit hat. Für uns ist das ein sehr gutes Zeichen, da wir hier einige Zeit verbringen wollen und nicht riskieren möchten, von der Außenwelt abgeschnitten zu werden. Das Sträßchen Fv221 windet sich direkt am Nordmeer entlang. Die alpin anmutende Bergwelt um uns herum ist bis ins Tal mit Schnee verzuckert. Schwere, tief hängende Wolken ziehen sich über die Fjorde. Die Landschaft wirkt dramatisch. Kalter Wind wühlt das Meer auf. Wellen stürmen nur ein paar Meter neben uns gegen das herabstürzende Ufer. Ein kleiner Leuchtturm feuert seinen grellen Lichtstrahl übers Wasser, um Fischerboote vor Untiefen zu warnen. Ein einsames Holzhaus trotzt den Elementen. Der rauchende Schornstein ragt aus dem roten, verwitterten Wellblechdach und verrät, dass da tatsächlich jemand wohnt. Hinter einer Biegung an der südwestlichen Spitze der Insel taucht die kleine Siedlung Skrolsvik auf. Hinter dem lieblichen Fischerhafen des Dorfes endet plötzlich der Asphalt und mündet in einer Schotterpiste. „Und jetzt?“, fragt Tanja. „Jetzt folgen wir der Piste, bis wir einen Campplatz für uns finden“, antworte ich einen Gang herunterschaltend, die Terra auf den unbefestigten Weg steuernd. „Bin gespannt, was am Ende des Tracks auf uns wartet“, sage ich voller Vorfreude auf eine tolle Location an einem einsamen Strand. Nur 4 Kilometer weiter endet die Piste in der Hofeinfahrt eines wunderschön gelegenen Hauses am Fuße eines Berges. „Das wars. Hier gehts nicht mehr weiter“, sage ich enttäuscht. „Und was machen wir jetzt?“, möchte Tanja wissen. „Keine Ahnung. Hier können wir leider nicht stehen bleiben.“ „Also müssen wir wieder zurück?“ „Ja, allerdings habe ich auf der gesamten Strecke keine Möglichkeit entdeckt, um für eine Nacht bleiben zu können. Entweder es war verboten oder es gab neben der Straße schlichtweg nicht genügend Platz.“ „An der Piste gab es doch ein paar Parknischen?“ „Das waren Ausweichbuchten. Glaube nicht, dass die Einheimischen es gut finden, wenn wir ihnen die einzige Möglichkeit nehmen, aneinander vorbeifahren zu können. Oh Mann. Das sind alles Folgen von zu viel Tourismus. Selbst hier auf Senja.“ „Ich kann die Norweger verstehen. Die wollen nicht, dass sich Wohnmobile in ihre Auffahrten, Höfe und am Rande schmaler Straßen stellen. Die können sich nur durch Verbotsschilder retten“, sagt Tanja. „Klar hätte nur nicht gedacht, dass es an solch einem abgelegenen Ort im hohen Norden Norwegens schwer wird, einen Übernachtungsplatz zu finden. Im Süden ja. Da verstehe ich es. Da gibt es viel mehr Urlauber als hier im Norden.“ „Die Schönheit Senjas hat sich mittlerweile herumgesprochen. Ich kann mir denken, dass die Insulaner im Sommer regelrecht überflutet werden“, erwidert Tanja. „Kann ich mir auch gut vorstellen. Trotzdem hätte ich jetzt sehr gerne einen tollen Platz am Meer. Aber was solls. Lass uns wieder umkehren. Irgendwo werden wir schon etwas Geeignetes finden“, bin ich zuversichtlich die Terra wendend.

Die Sonne ist gerade hinter der Horizontlinie verschwunden, als wir 30 Minuten später das 225 Seelendorf Stonglandseidet erreichen. Wir entscheiden uns, auf dem Parkplatz des Lebensmittelgeschäftes zu nächtigen. Weit entfernt von einem idyllischen, einsamen Campplatz am Meer. Da es aber bereits dunkel wird, können wir sowieso nichts mehr sehen und sind froh nicht weiterfahren zu müssen. Wir ziehen den Sichtschutz unserer Fenster hoch und richten uns für den Abend ein. „Ist schon fantastisch in einer rollenden, angenehm temperierten Apartmentwohnung leben zu dürfen. Hier ist es immer gemütlich, egal wo man gerade parkt“, sage ich mich in meinem bequemen Sitz kuschelnd. „Ja und morgen ist ein neuer Tag. Da werden auf dieser 1600 Quadratkilometer großen Insel schon einen schönen Platz finden, an dem wir ein paar Tage verbringen können“, ist Tanja hoffnungsvoll…

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