Skip to content
Abbrechen
image description
Link zum Tagebuch: TRANS-OST-EXPEDITION - Etappe 1

Alles wird vergehen, auch der Schmerz!

N 47°47'922'' E 018°43'169''
image description

    Tag: 59

     

    Sonnenaufgang:
    06:28 Uhr

     

    Sonnenuntergang:
    18:48 Uhr

     

    Luftlinie:
    44,47 Km

     

    Tageskilometer:
    54,86 Km

     

    Gesamtkilometer:
    1546,33 Km

     

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt

     

    Temperatur – Tag (Maximum):
    19,2 °C

     

    Temperatur – Tag (Minimum):
    16,2 °C

     

    Temperatur – Nacht:
    13,2 °C

     

    Breitengrad:
    47°47’922“

     

    Längengrad:
    018°43’169“

     

    Maximale Höhe:
    128 m über dem Meer

     

    Aufbruchzeit:
    13:10 Uhr

     

    Ankunftszeit:
    17:35 Uhr

    Durchschnittsgeschwindigkeit:
    15,64 Km/h

Trotz der Rückenschmerzen konnte ich die Zeit nutzen, um über die letzten Tage zu schreiben. Heute geht es mir entschieden besser, weshalb wir uns entscheiden weiterzufahren. Wir lassen es langsam angehen und stärken uns in dem fantastischen Restaurant der Pension noch vor dem Aufbruch mit einem köstlichen und sehr preiswerten Mittagessen. Überhaupt dürfen wir feststellen, dass die Menschen hier in der Slowakei meist sehr freundlich sind. Wir beginnen uns in diesem Land schon nach unserem kurzen Aufenthalt wohl zu fühlen. Endlich ist unser Geld wieder etwas wert und wir müssen nicht ständig auf unser geplagtes Budget achten. Ein leckeres Mittagsmenü mit Suppe zum nachschöpfen und einem Hauptgericht wie zum Beispiel Klöße und feinstes Rindfleisch kostet ca. 2 Euro. Ein Bier bekommt man hier noch für 50 Cent und das in einem guten Restaurant.

Obwohl es uns den Umständen entsprechend gut geht, mein Kreuz wieder funktioniert befinden wir uns in einem gefährlichen, nicht erklärbarem Stimmungstief. Bei bewölktem Himmel hauen wir uns dann mit vollem Magen auf unsere Böcke. Wieder müssen wir durch die Stadt und über die Brücke, um an den Donauradweg zu gelangen. “Oh weh, sieh dir das an!” rufe ich. “Was denn?”, hechelt Tanja hinter mir, gerade am höchsten Punkt der Brücke ankommend. “Der Radweg dort unten ist völlig zugewachsen. Bei dem Regen der letzten Tage macht es wohl keinen Sinn dort weiterzufahren. Wir werden im Matsch versinken”, stelle ich fest. Kurz entschlossen folgen wir der Bundesstraße die ebenfalls zur Stadt Iza führt. Durch den Umweg kommen wir nicht an dem in der Karte eingezeichneten römischen Militärlager Kelemantia aus dem 2. Jahrhundert vorbei, welches einmal aus 20 Türmen und 4 Toren bestand. Immer noch befinden wir uns im ehemaligen Machtbereich der Römer die den gesamten Donauraum durch ihre Kultur prägten.

Die Straße ist verhältnismäßig schwach frequentiert. Lastwagenfahrer nehmen auf uns Rücksicht und lenken ihre schweren Maschinen im großzügigen Abstand an uns vorbei. Schweigend radeln wir durch das Land. Die erste mögliche Abzweigung wahrnehmend verlassen wir die Straße und nutzen den Damm. Die Räder holpern über die Betonplatten. Dichter Bewuchs ragt seine grünen, regennassen Äste in den Weg und streifen uns an den Armen. Seit langem sind wir die einzigen Radfahrer. So wie es aussieht beenden die meisten Urlauber ihren Trip in Wien. Nur noch wenige nehmen die Route nach Budapest. Obwohl es hier immer noch Übernachtungsmöglichkeiten gibt ist es eindeutig nicht mehr so einfach wie in Österreich. Gleichwohl sind wir hier noch immer auf einer wunderbar ausgebauten Strecke unterwegs. “Bremsen!”, rufe ich laut, um Tanja zu warnen die dicht hinter mir fährt. Der Weg endet urplötzlich an einem schmalen Wasserarm der Donau. “Wir müssen unsere Räder dort drüber schieben”, bestimme ich eine Art Betonplatte entdeckend die sich über den Zulauf stülpt. Kaum sind wir aus dem Sattel gesprungen überfallen uns sofort wieder die Moskitos.  “Wie sollen wir da rüber kommen?”, fragt Tanja um sich schlagend, um die üblen Stechviecher zu vertreiben. “Ganz einfach. Du lenkst, ich schiebe”, antworte ich mein Rad an einen Baum lehnend. Mit viel Schwung schaffen wir es das Hindernis zu überwinden und setzen unseren schweigsamen Weg fort.

Warum Dinge geschehen, ob wir wollen oder nicht?

Es ist bereits 17:30 Uhr als wir nach knapp 55 Kilometern die Grenzstadt Sturovo erreichen. Wir haben heute keinen Blick für die traumhaft schöne Basilika deren Antlitz von einer Erhebung der Nachbarstadt Esztergom zu uns herüber strahlt. Wir sind zu müde und schlecht gelaunt, um den Campingplatz zu suchen. “Sollen wir in dem Kurhotel dort einchecken?”, frage ich einen Versuch machend unsere Stimmung zu heben. “Entscheide du”, antwortet Tanja knapp. “Ich weiß nicht wie ich entscheiden soll”, sage ich und radle weiter, um vor einer Pension zu stoppen. Nach längerem Hin und Her ziehen wir in die 30 Euro teure Pension ein. An der Rezeption verlangt man von uns Vorauskasse. Erst dann bekommen wir die Fernbedienung für den Fernseher. Nachdem wir unser Gepäck in den ersten Stock getragen haben  schleppen wir unsere betrübten Gemüter in eine fast leere Kneipe. Wir essen und reden den gesamten Abend, bis sich unsere Stimmung hebt und wir wieder wissen warum wir uns auf diesem Trip befinden. Ich sitze da und denke nach. Denke über alles nach. Warum Dinge geschehen ob wir es wollen oder nicht. Warum unsere Gemüter uns in ein Hoch führen nur um uns dann wieder fallen zu lassen. “Warum ist das so?”, frage ich mich. “Höhen und Tiefen sind nicht anders zu sehen als der Fluss von Energie”, höre ich plötzlich wieder die Stimme der Mutter Erde. “Wie Energie?” “Du weißt doch was wir damit meinen?” “Ja ich glaube schon. Ist es richtig wenn ich die Höhe als Plus sehe und die Tiefen als Minus und das unsere Lebensenergie genau daraus besteht? Das Energie wie Wasser fließt oder damit sogar vergleichbar ist? Das Wasser auch ein Gefälle benötigt um zu fließen?

“Ja genau. Sehr gut erklärt. Euer Leben braucht die Höhen und auch die Tiefen. Stell dir vor wie langweilig es wäre wenn es dir nur gut ginge? Du würdest daran zu Grunde gehen. Es wäre so normal, dass du irgendwann nicht mehr weißt was gut ist. Vielleicht würdest du nichts mehr unternehmen. Aus welchem Grund auch? Nichts unternehmen bedeutet Stillstand und der führt zum Tod. Nur durch einen Gemütswandel, also einer Veränderung im alltäglichen Leben wirst du ein Gefühlshoch schätzen. Wirst du Lachen und Jauchzen können. Wirst du Glück empfinden und vor Lust in die Höhe springen. Es ist für euch Menschen wichtig zu weinen, zu trauern, um auf der anderen Seite wieder fröhlich sein zu können. Die Würze in deinem Leben besteht aus den beiden Polaritäten. Das bedeutet Leben und Leben ist Energie. Es bedeutet aber auch lernen und lernen wird dir Verständnis und Wissen bringen.” “Hm, ich glaube ich verstehe. Aber ich möchte keine großen Gefühlstiefs mehr haben um zu lernen. Es ist einfach zu schmerzhaft.” “Durch Erfahrung und Wissen wirst du irgendwann selbst steuern können wie groß dein Schmerz ist. Du kannst lernen und auch Höhen erleben ohne tiefe emotionale Täler durchschreiten zu müssen.” “Aber widerspricht sich diese Aussage nicht mit der Vorherigen des Energieflusses?” “Nein. Keiner sagt dass deine Gefühle einen Wasserfall hinunterstürzen müssen, um am nächsten Tag mit einem Lachen aufzuwachen. Suche dir einen Weg des Verstehens. Es ist wichtig bewusst zu leben. Den Augenblick zu erfahren, zu inhalieren und ihn auch zu schätzen.” “Das versuche ich auch ständig. Es ist aber nicht leicht und plötzlich geschieht etwas was ich nicht eingeplant habe und der Spaß ist vorbei.” “Nichts läuft grundsätzlich so wie geplant. Das zu akzeptieren ist ein großer Schritt der zur Erleichterung beiträgt. Aber das hast du schon oft erfahren, schon oft erlebt und du wirst es noch so oft erleben, bis du es verstanden hast. Wenn du verstehst wirst du jeden Tag mit einem Lachen aufwachen und mit einem Lachen zu Bett gehen.

Kein Gemütszustand, keine Situation, ob schlecht oder gut, ist für ewig. Alles wird vergehen, auch der Schmerz. Wenn du den Moment einer dir unangenehmen Situation verstehst wirst du dir selber sagen und erklären können, dass dieser Moment wieder vorüber geht. Dann kannst du diesen Augenblick schon leichter nehmen. Auch ist es bedeutsam alle Momente, alle Gefühlsregungen zu deinen Schätzen der Erfahrungen zu legen. Sie als Ansammlung von sehr wertvollen Schlüsseln zu sehen.” “Wieso Schlüssel?”, möchte ich verwundert wissen. “Jede neue Gefühlsregung, Erfahrung, jedes Erlebnis ist der Schlüssel zu einer Tür, zu einer Tür in eine andere, für euch unbekannte Welt. Durch eure Reisen werdet ihr für euch neue Welten betreten.Den Zugang oder wie vorhin ausgedrückt die Tür zu diesen Welten werdet ihr euch mit den Schlüsseln der gesammelten Gefühlsregungen, Erfahrungen und Erlebnissen öffnen.” “Das klingt ja fantastisch”, freue ich mich über die Erklärung. “Das ist in der Tat fantastisch. Also freue dich über dein Leben. Über die Höhen und Tiefen. Lerne da draus und lass dich nicht unter kriegen. Wenn du dir auch als Ziel setzt die Tiefen des Lebens nicht so schwer zu nehmen wirst du es schaffen. Gebe nicht auf und vermeide den Sturz vom Wasserfall durch verstehen.” “Das werde ich. Ich werde mein Bestes geben, um zu verstehen”, antworte ich zuversichtlich und schließe meine Augen mit einem Lächeln auf den Lippen.

Wir freuen uns über Kommentare!

This site is registered on wpml.org as a development site.