Abkürzung, Umweg oder Weg ohne Wiederkehr?
N 22°55’50.8’’ E 129°53’08.2’’Tag: 152 Etappe Zwei
Sonnenaufgang:
05:58
Sonnenuntergang:
19:10
Luftlinie:
22,2
Tageskilometer:
26
Temperatur - Tag (Maximum):
30 Grad
Breitengrad:
22°55’50.8’’
Längengrad:
129°53’08.2’’
Rufus-Aussichts-Camp — 14.11.2001
Gerade noch davongekommen
“Wie sieht der Himmel aus?“ ,frage ich Tanja, nachdem sie um drei Uhr morgens in die dunkle Nacht tritt. „Sternenhimmel,“ antwortet sie was sofort meine Stimmung hebt und mein Herz vor Freude höher schlagen lässt. Durch den vierundzwanzigstündigen Regen ist alles nass und klamm. Die Aufräum- und Zusammenpackarbeiten nehmen dadurch viel Zeit in Anspruch. Die Strohfüllung der Afghanpacksättel hat sich mit Regenwasser vollgesaugt. Es fällt uns nicht leicht sie auf den Rücken der Kamele zu schwingen. Sie protestieren und jammern als sich die Packsättel über ihren Höcker stülpen. „Denis du musst mir helfen Jasper zu holen,“ sagt Tanja. Jasper, den wir auf Anna Plains trainierten ist zwar ein gutmütiges aber sehr stures Kamel. Lange hat es gedauert, bis er sich in den Rhythmus des täglichen Laufens eingefunden hat, denn über mindestens 700 Kilometer hat er sich von seinem Mate Edgar ziehen lassen. Genau aus diesem Grund besitzen die Kamele nicht nur ein Nackenseil, sondern auch eine Nasenleine. Wenn sich ein Kamel also ziehen lässt kürzen wir die Nasenleine so, das der Druck am Nackenseil nachlässt und der Zug an der Nasenleine dann einsetzt, wenn sich der Faulpelz abfällen lässt. Auf diese Weise wird das voranlaufende Kamel nicht aufgebraucht und der Nachfolger durch kurze Züge an der Nasenleine dazu aufgefordert schneller zu gehen. Jasper hingegen hat sich über eine weite Strecke trotz der Nasenleine ziehen lassen. (Das System der Nasenleinen habe ich am 17.05.00 Zweites Camp Etappe Eins erklärt). Obwohl er immer noch bald täglich eine Nasenleine abreißt läuft er wie all die anderen in Reih und Glied. Nun hat er eine neue Unart entwickelt. Wenn Tanja ihn morgens holen will ist es unmöglich geworden ihn an der Nasenleine zu fassen. Er schleudert seinen Kopf wie einen Hammer herum der an einem Seil hängt. Alles worauf dieser mächtige Amboss trifft geht unweigerlich zu Bruch. Seit wenigen Tagen ist es so schlimm geworden, dass es lebensgefährlich wäre ihn alleine zum Ladeplatz zu führen. Wir beide haben in der Zwischenzeit große Schwierigkeiten seinen Kopf, beziehungsweise seine Nase greifen zu können. Dadurch, dass er mit der hochgefährlichen Kopfschwingmethode jedes Mal einen kleinen Erfolg verspürt und wir lange benötigen die Nasenleine zu erwischen, wird es schwieriger und schwieriger. Natürlich haben wir für solche unnützen, zeitaufreibenden Sperenzchen keine Kraft mehr. Vor allem haben wir es bis hierher ohne schlimme Verletzung geschafft und wollen jetzt, kurz vor dem Ende der zweiten Teiletappe keinen Unfall mehr haben. Abgesehen davon sind die Folgen eines Unfalls hier in dieser abgelegenen Region Australien nicht abzusehen. „Komm schon Jasper, gib mir deine Nasenleine. Dir passiert doch nichts du Dummkopf. Jetzt mach schon,“ spreche ich beruhigend auf ihn ein als er wie immer seinen Kopf nach hinten schleudert und mich über und über mit seinem übel stinkenden Wiedergekauten bekotzt. Auch wenn ich schon oft vom Kamel bekotzt worden bin ist es immer noch sehr unangenehm. Wahrscheinlich werde ich mich nie an diesen halbverwesten Gestank des Kamelmageninhaltes gewöhnen, der wie ein edles Parfüm so lange auf der Haut bleibt bis man ihn abwäscht. Leider können wir uns mit den knapp kalkulierten Wasserreserven kaum waschen, so dass ich oft tagelang, manchmal wochenlang rieche wie frisch aus der Kloake gezogen. Wütend werfe ich ihm eine Handvoll Sand ins Gesicht was nach Aussage der verschiedensten Kamelspeziallisten das beste Mittel ist um ein Kamel vom Spucken und Kotzen zu stoppen. Leider kennen diese Spezialisten nicht die Sturheit eines Jaspers der dieses Spucken im wahrsten Sinne des Wortes bis zum Erbrechen wiederholt. Ich bekomme Jaspers Nackenseil zu fassen, jedoch antwortet er darauf mit einem 360 Grad Kopfschwinger vor dem Tanja und ich in letzter Sekunde in Sicherheit hüpfen. Fast verzweifelt und äußerst angespannt springe ich nach oben und erwische wieder seine Nasenleine. Obwohl Jasper nun wissen müsste jetzt nicht mehr davon zukommen, schleudert er noch mal seinen massigen Kopf wie eine Bombe durch die Luft. Ich lasse mich nicht einschüchtern, weiche wie ein Boxer aus und halte das sich dehnende Nasenband mit eiserner Hand. Jasper schwingt seinen Kopf wieder nach unten, um ihn Sekundenbruchteile danach wie ein wildgewordener Löwe nach oben zu werfen. Ich stehe durch den abfallenden Dünenrücken etwas unterhalb von ihm, direkt neben seinem Höcker und weiß nicht wie es geschieht aber bei seinen verrückten bald irren Bewegungen verliert er das Gleichgewicht. Ohne die geringste Vorwarnung fällt er wie von der Axt geschlagen auf die Seite, auf der ich mich befinde. Noch bevor sein vielleicht 800 bis 900 Kilogramm schwerer Körper mich unter sich begräbt, um mir jeden einzelnen Knochen zu brechen, lässt mich eine kaum zu beschreibende Reaktion nach hinten ausweichen. Jaspers Hinterteil streift mich nur noch leicht am Oberschenkel als er unter einem dumpfen Schlag neben mir auf den Sand donnert. „Bist du in Ordnung?“ ,ruft Tanja entsetzt. „Ja, er hat mich nur leicht am Oberschenkel berührt. „Alles klar,“ antworte ich außer Atem. Jasper sieht mich etwas verblüfft an und rappelt sich wenige Sekunden später unverletzt hoch. Ohne viel Zeit vergehen zu lassen nehme ich jetzt wieder seine Nasenleine und wir führen ihn zur Karawane die bis auf Max schon fertig beladen in Reih und Glied sitzt. Jasper ist plötzlich wieder zahm wie ein Lamm. Er versucht nicht zu spucken, zu brüllen oder seinen Kopf herumzuschleudern. Noch etwas unter Schock stehend schnaufe ich: „Vielleicht war ihm das eine Lehre.“ Dann hebe ich mit Tanja den Sattel auf seinen Rücken.
Jafar sorgt für Unruhe
Kurz vor acht Uhr, also knapp fünf Stunden nach dem Aufstehen, gebe ich unseren Jungs den Befehl zum Aufbruch. Kaum sind wir alle zusammen die Sanddüne nach unten gestapft als Jafar urplötzlich in wilden Bocksprüngen nach vorne rast, worauf ihm alle anderen folgen. „Aufpassen Denis!“ warnt mich Tanjas Ruf als sich die Kamellawine wie ein Walze hinter mir aufbaut. Sofort führe ich Sebastian in einen Kreis, womit die Wucht der Stampede ins Leere geht. Kaum haben sich die Jungs wieder beruhigt wiederholt Jafar sein gefährliches Spiel. „Jafar du Irrer! Was ist denn bloß los mit dir?“ ,rufe ich entsetzt und ärgerlich zugleich. Als Jafar noch weitere Male durchgeht entdecke ich, dass beide Verschlüsse der vorderen Satteltasche gebrochen sind weswegen sie ihm auf den Oberschenkel schlägt. „Ob das die Ursache ist?“ ,frage ich Tanja. „Keine Ahnung,“ antwortet sie ratlos. Ich binde die Verschlussriemen provisorisch nach oben. „Camis walk up!” ,befehle ich danach wieder und warte angespannt und nervös auf ein weiteres Bockspringen, doch diesmal bleibt alles ruhig. Es dauert noch eine Weile bis die Kamele sich vollständig beruhigt haben und Tanja und ich die Angst vor einem weiteren Durchgehen verlieren. „Ich weiß wirklich nicht was da los war. Auf jeden Fall hat es mich an unsere Schwierigkeiten des Expeditionsaufbruchs erinnert.“ „Mich auch. Ich hatte schon Angst sie beginnen wieder mit dem ewigen Bockspringen und machen uns das Leben zur Hölle,“ antwortet Tanja einen Blick nach hinten werfend.
Abkürzung, Umweg oder Weg ohne Wiederkehr?
Wie am gestrigen Tag schreiten wir durch verbranntes Land. Wüsteneichen, deren Stämme das Feuer ohne großen Schaden überstanden haben erheben ihre Kronen stolz und mächtig über den schwarzen, toten Untergrund. Ihre bizarren Äste zeichnen sich wie Scherenschnitte gegen das grelle Licht der Sonne ab. Die schwarzen, grotesken Silhouetten der schönen Bäume stehen im Kontrast zu den sich langsam auflösenden Wolken. Obwohl uns der feuerrote Energieball wieder mit seiner Anwesenheit beglückt ist es nur 14 Grad warm. Um nicht zu frieren, tragen wir das erste Mal auf dieser Etappe während des Marschierens eine kurzärmliche Fliesjacke. Es dauert jedoch nicht lange und die Kraft des wärmespendenden Planeten heizt die vom Unwetter abgekühlte Wüste auf. Bald klettert das Thermometer auf 30 Grad und wir beginnen wie üblich zu schwitzen. „Schau mal, da biegt der Track nach Osten ab,“ sage ich zu Tanja nach vorne zeigend. Tatsächlich macht nur wenig weiter der schmale, kaum benutzte Weg einen 90 Gradknick. Jetzt wird mir klar warum es von der Sandy Blight Kreuzung 180 Kilometer nach Nirrippi sein sollen obwohl mein GPS nur die Hälfte anzeigt. „Sollen wir hier querfeldein weitergehen?“ ,frage ich Tanja. „Wer weiß warum der Weg hier so vom Kurs abweicht. Nicht das die vermeidliche Abkürzung ein Umweg wird?“ antwortet sie. „Ich weiß nicht, aber ich denke wir sollten es ausprobieren. Wenn alles gut geht sparen wir uns vier bis fünf Tagesmärsche. Die Zeiteinsparung wird uns bei diesem unsicheren Wetter gut tun. Wenn hier in dieser Region die Regensaison richtig zuschlägt haben wir schlechte Karten überhaupt weiter zu kommen. In diesem Fall wird auch der Weg hier unter Wasser sein und keiner könnte uns zur Hilfe eilen. Natürlich weiß ich nicht was da auf uns zukommt aber ich bin dafür abzukürzen.“ „Klar, wenn du meinst kürzen wir ab,“ antwortet sie zuversichtlich, worauf ich die Karawane geradeaus weiterführe. Auf dem verbrannten Boden kommen wir erst gut voran. Kein Spinifexgras lässt uns das Laufen schwer fallen, doch wie soll es anders sein beginnt es wenig später unversehrt vom Feuer das Land zu überziehen. Wir stapfen nun über die hüfthohen Büsche oder laufen im Zickzack außen herum. Sebastian folgt mir wie ein Schatten, denn auch Kamele gehen den Weg des geringsten Wiederstandes. Auch sie nehmen den einfacheren Weg und hassen es auf das Spinifex zu treten. Dann versperrt uns die erste Sanddüne, wie eine unübverwindbare Barriere den Weg. Ich führe die Kamele auf ihren Rücken und weiß plötzlich warum der Track vor kurzer Zeit nach Osten abbog. So weit meine Auge sehen können ziehen sich ab diesem Punkt Dünen von West nach Ost durch die Gibson Wüste. Ich habe darauf gewartet, denn ich konnte die Dünenerhebungen in der Landkarte erkennen, doch ist der Anblick der Realität umwerfend. Für eine Karawane sind sie allerdings kein Hindernis. Mit guter Zuversicht führe ich also unsere Jungs über die langgezogenen, mit losem Buschwerk bewachsene Sandberge und freue mich auf diese Art mindestens 80 Kilometer einzusparen. Eine Stunde später schreiten wir schon nicht mehr ganz so euphorisch durch ein Dünental welches über und über mit Spinifex bewachsen ist. Dann geht es wieder über eine der Sanderhebung, um danach wieder durch ein Meer von Spinifex zu schreiten. Vier bis fünf Sanddünen müssen wir nun auf einem Kilometer Strecke hinter uns lassen. Es ist wie eine Berg und Talfahrt, nur dass wir nicht fahren sondern laufen. Die Kompassnadel des Navigationscomputer zeigt mir unser Ziel, das von hier nordöstlich gelegene Aboriginedorf Nirrippi. Es sind noch 70 Kilometer Luftlinie durch eine einsame, wahrscheinlich kaum berührte Welt. Selbst die heutigen Aborigines betreten diese Abgeschiedenheit nicht mehr, denn sie fahren in ihren Autos auf den Tracks. Wenn sie zur Jagd gehen, lassen sie ihr Fahrzeug am Weg stehen, brennen das Spinifex unmittelbar daneben an und holen dann die in ihre Bauten geflüchteten Bangaras. Sie zerren sie aus ihren Höhlen, hauen ihnen eine Eisenstange über den Kopf und tragen ihre Beute zum Auto zurück. Seit ca. 10 bis 15 Jahren gibt es kaum noch Menschen dieses Urvolkes die ohne Autos zur Jagd gehen. Auch bei ihnen hat die westliche Zivilisation zugeschlagen und obwohl mir diese Tatsache hier in Australien bewusst geworden ist bricht es mir fast das Herz. Die Einzigen die noch wie ihre Vorväter jagen sind die Menschen die weit weg der Aboriginegemeinschaften noch in der Wüste leben. Ob es sie allerdings wirklich gibt weiß keiner genau. Manche sagen, dass hier draußen noch versprengte Gruppen leben, jedoch die Meisten die wir trafen halten diese Aussage für utopische Theorie. Wie auch immer, wir genießen diese Einsamkeit. Sie ist einnehmend, beherrschend und wohltuend zugleich. Immer wenn ich unsere Jungs auf einen der vielen Dünenrücken ziehe breitet sich die Endlosigkeit vor uns aus. Sie liegt uns aus dieser erhabenen Sicht zu Füßen. Zeigt sich uns in ihrer Mächtigkeit, Schönheit und Unberührtheit. Sie präsentiert sich in ihrem Stolz, in ihrer Erhabenheit und in ihrem unermesslichem Wert. In der Ferne erkenne ich einen Bergzug. Er liegt in unserer Richtung. Anmutig zieht er seine Flanke durch das Land und scheint uns verheißungsvoll zu winken. Gebannt stehe ich da, um ein paar Minuten zu verschnaufen. Ich genieße den Anblick einer intakten, geheimnisvollen und traumhaftschönen Welt. Der Welt des ältesten Volkes auf Erden die hier vor nicht all zu langer Zeit von Wasserloch zu Wasserloch zogen und nachdem was ich gelesen und gehört habe zufrieden und glücklich waren. Obwohl es uns diese Wüste nicht leicht macht in ihr Herz vorzudringen liebe ich sie, liebe ich sie wie man die Mutter Erde nur lieben kann. Ich atme noch ein paar Mal durch, trinke einige Schluck aus dem Wasserschlauch und ziehe die Kamele weiter über die sich immerfort neu erhebenden Dünen. Es ist anstrengend, wir schwitzen und schnaufen. Die Lasttiere leisten Enormes. Sie müssen sich mit ihrem Gewicht durch den nachgiebigen Sand nach oben kämpfen und auf der anderen Seite gleiten sie bald wie Skiläufer wieder nach unten. Durch die starken Regenfälle der letzten Tage sind sie zum Glück nicht durstig. Sie haben sich die notwendige Feuchtigkeit aus den saftigen Pflanzen gezogen. Aus diesem Grund sind wir die nächsten Tage nicht auf Wasser angewiesen. Auch glaube ich durch die Abkürzung nicht auf den von Bruce beschriebenen See zu stoßen. Für uns selbst reicht es nach unserer Rechnung aus, denn wir waren in der Lage das gesamte Wasser zum Geschirr abspülen und Gesicht benetzen aufzufangen. Die 250 Liter die uns Jim ins Kintore-Kreuzungs-Camp gebracht hat dürften also für 14 Tagen genügen.
Am Nachmittag erreichen wir einen breiten Dünenrücken auf dem wir uns für die Nacht niederlassen. Rufus sucht sich gleich einen schattigen Platz unter einem Strauch auf der höchsten Erhebung des Sandberges. Sofort buddelt er sich ein Loch und macht es sich bequem. Aus seiner Sicht kann er über das weite Land sehen und vor allem uns beim Entladen beobachten. „Manchmal wäre ich gerne ein Hund,“ sage ich lachend zu Tanja als wir beginnen unsere Jungs zu entladen. Kaum lasse ich dann Edgar frei beginnt er sofort wie wild in sämtliche Büsche zu beißen. Nur Minuten später übergibt er sich so schlimm, dass uns Angst und Bang wird. „Ob er eine giftige Pflanze erwischt hat?“ ,frage ich besorgt. „Ich weiß nicht,“ antwortet Tanja. Edgar schüttelt sich am gesamten Körper und bricht und bricht. Er verliert enorm viel Flüssigkeit, was er sich unter den jetzigen Umständen auf keinem Fall leisten kann. Wir werden ihn doch nicht zwei Wochen vor Ziel verlieren? Mein Gott, die Höhen und Tiefen auf dieser Expedition sind nur schwer zu verkraften. Kaum haben wir eine Herausforderung gemeistert folgt die nächste. Es scheint so als würde sich diese Tatsache durch unsere gesamte Reise ziehen. Beunruhigt sehe ich Edgar zu. Tanja beaufsichtigt unsere Jungs dann beim Fressen während ich wie üblich die Navigationsdaten eintrage. Die Karte verrät mir, dass in ca. 18 bis 19 Kilometer von diesem Camp entfernt die Dünen in flaches Land übergehen. Auch weist sie mich darauf hin dort mit Überschwemmungen rechnen zu müssen. Sollte also in den nächsten Tagen ein weiterer schwerer Regen einsetzen wird diese Region für uns noch mal sehr bedrohlich. „Wir müssen Nirrippi so schnell als möglich erreichen, um auf der sicheren Seite zu sein. Andernfalls gehen wir hier unter,“ sage ich nachdenklich zu Tanja die gerade vom Hüten zurückkommt. „Wie geht es Edgar? Bricht er immer noch?“ ,möchte ich wissen. „Sein Zustand hat sich wieder gebessert.“ „Hat er wieder mit dem Fressen begonnen?“ „Ja, ich denke er hat irgend etwas falsches erwischt und es herausgebrochen,“ meint Tanja worauf ich beruhigt bin. „Sieh dir mal dir Karte an. In etwa 18 bis 19 Kilometer von hier hören die Dünen auf und dann beginnt Tiefland. An dieser Stelle hier, also genau auf unserer Route nach Nirrippi, ist ein Hinweis auf Numerous small claypans (zahlreiche kleine Lehmpfannen).“ „Was soll das heißen?“ „Nun, ich denke das dort der Untergrund Lehmig ist und wenn es regnet sind wir in dieser Region hoffnungslos verloren.“ „Diese Wüste lässt nicht locker. Selbst 150 Kilometer vor unserem Ziel bekommen wir einen anscheinend kaum zu verdauenden Brocken vorgeworfen,“ sagt Tanja mit besorgter Stimme. Als wir dann in unser Zelt kriechen und ein paar Wolken die Sterne verdunkeln stolpere ich über das Tagebuch von Rufus. Er ist vom ständigem Reiten anscheinend so müde und kaputt, dass er es zum ersten Mal unachtsam auf seinem Schlafsack liegengelassen hat. Obwohl ich selbst hundemüde bin schlage ich es neugierig auf.
DAS EXPEDITIONSTAGEBUCH EINES EXPEDITIONHUNDES NAMENS RUFUS
Wahrscheinlich hätte ich mich nicht so über die Hitze und meinen Hut beschweren sollen, alte Hundeweisheit. Auf jeden Fall braute sich da wieder einmal ein scheußliches Gewitter zusammen. Die Kamele wurden auf einer Sanddüne notgeparkt und Denis baute mal wieder ganz hektisch das Zelt auf. Die größte Freude ist es ihm, wenn er es schafft, ohne dass das Innenzelt nass wird. Die Menschen soll einer verstehen, da habe ich schon mehr Spaß. Ich hüpfe und springe durch den Regen, werfe mich in den wunderbaren, roten Sand und wälze und wälze mich. Als Tanja dann den Kamelen hinterher, wieder die Düne hinunter ist, bin ich natürlich mitgegangen. Ich konnte gar nicht aufhören mich zu suhlen, so schön ist es. Als Tanja dann so nass und zusammengekauert unter einem Baum saß, dachte ich mir, jetzt gehe ich sie aufmuntern. Anfänglich hat es auch ganz prima geklappt. Sie hat gelächelt, mich am Kopf gestreichelt und freundliche Worte zu mir gesagt. Wahrscheinlich hätte ich mich nicht schütteln sollen, denn nun war sie ebenfalls ganz sandig und sagte auch keine freundliche Worte mehr zu mir. Da es nun noch mehr regnete ging ich zum Camp zurück, um es mir unter einem Kamelsattel bequem zu machen. Mittlerweile hatte Denis das Buschbüro aufgestellt und die gesamte Küche darin aufgebaut. Ich bekam eine kleine Ecke wo ich mich hinlegen durfte. Ab jetzt war wälzen und schütteln verboten. Die Welt sah dann etwas besser aus als Denis mir eine Extraportion Hundefutter in meine Schüssel füllte und meinte, dies sei gut um warm zu bleiben. Als wir dann alle ins Schlafzelt gingen, leider bin ich ja nur im Vorzelt erlaubt, wurde es doch noch recht gemütlich. Die Kamele mahlten neben uns ihr Wiedergekautes, während der Regen unaufhörlich und regelmäßig auf das Zelt prasselte.
Am nächsten Morgen, wachte ich energiegeladen auf und wunderte mich warum wir nicht weiterzogen. Tanja öffnete die Seile der Kamele, kam nochmals kurz in die Campküche zurück und bestrich sich einen Damper mit Erdnussbutter und Honig. Genau das Richtige bei so einem Sauwetter, dachte ich mir und folgte ihr zu den Kamelen die bereits an saftigen Büschen fraßen. Das Einzige was ich von ihr bekam, waren die Worte, ich sei ein hoffnungsloser Optimist. Das Brot verschlang sie ganz alleine. Es ist eine Leben des Verzichts als Expeditionshund…