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RED EARTH EXPEDITION - Etappe 3

Kamelkaufinteressenten & schlafend ins neue Jahr

N 22°51’33.9“ E 147°50’43.0“
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    Tag: 229 Etappe Drei / Expeditionstage gesamt 620

    Sonnenaufgang:
    05:26

    Sonnenuntergang:
    18:57

    Luftlinie:
    20,6

    Tageskilometer:
    32

    Gesamtkilometer:
    6434 km

    Temperatur - Tag (Maximum):
    36° Grad, Sonne ca. 56°

    Temperatur - Nacht:
    22° Grad

    Breitengrad:
    22°51’33.9“

    Längengrad:
    147°50’43.0“

Silvester-Camp — 31.12.2002

Durch die gute Vorbereitung schaffen wir trotzt unseres mehrtägigen Aufenthaltes einen pünktlichen Aufbruch. Denise und Zoe haben uns gestern noch einen Weg gezeigt wie wir das kleine Städtchen Clermont umgehen können. So dauert es nicht lange, bis sich die ausladenden Äste eines Eukalyptuswaldes über unsere Köpfe strecken. Wir verlassen den Asphaltstreifen und folgen einer sich windenden Erdstraße. Zwei Autos überholen uns. „Hallo! Hallo!“ ,ruft eine Stimme und die Insassen winken uns lachend zu. Wieder werden wir von unseren liebenswerten Gastgebern begrüßt. Denise schießt für die Tageszeitung der Region ein paar Fotos. Auch die Anderen fotografieren den beladenen Kamelzug, während Zoe uns ein paar frische Brötchen reicht. Plötzlich klingelt das Mobiltelefon von Peter. „Es ist für dich Denis,“ sagt er und reicht mir das kleine Ding. „Ah, hallo Denis. John hier. Vor wenigen Minuten hat sich Paul bei uns gemeldet. Er sagte, dass er euch in ein paar Tagen aufsuchen wird, um sich die Kamele anzusehen. Er scheint sie kaufen zu wollen.“ „Das ist wirklich eine gute Neuigkeit,“ freue ich mich, wechsle mit John noch ein paar Worte, bedanke mich noch mal für seine Gastfreundschaft und gebe das Telefon an Peter zurück.

Erst vor wenigen Tagen haben wir einen Anruf von Margaret und Greg erhalten. Das Paar hat von uns in einem der Zeitungsartikel gelesen und von dem Kamelverkauf erfahren. Sie interessieren sich sehr für unsere Ausrüstung. Greg fragte höflich ob er unsere Expedition für ein oder zwei Tage begleiten kann. Ohne unhöflich sein zu wollen lehnten wir allerdings ab. Nach unseren Erfahrungen kostet jeder Besuch viel Energie. Lange Gespräche, Erklärungen, sich auf andere Menschen einstellen müssen, mangelnde Erfahrung, ungenügende Ausrüstung der Begleiter und vieles mehr wirft unseren Zeitplan völlig durcheinander. Zur Folge kommen wir zum Beispiel später ins Bett, verlieren Schlaf oder schaffen unser Tagesziel nicht. Diese und zahllose andere Motive sind Gründe warum wir keinen Besuch über Nacht auf der Expedition dulden können. Schon viele Menschen wollten uns begleiten, sei es mit Kamelen, mit Pferden, zu Fuß oder mit dem Auto. Meist mussten wir zum Schutz unseres Projektes absagen. Selbst meinen Eltern, Freunden und Bekannte, die extra aus Deutschland gekommen wären, um uns für ein paar Tage am Ende der Expeditionsreise zu begleiten, konnten wir keine Zusagen geben. Es bringt uns einfach unter Zeitstress und Australien hat uns gelehrt, dass wir nie wissen was morgen geschieht. Leicht macht ein Gewitter, ein verstauchter Menschen- oder Kamelfuß, ein Sandsturm oder ein Buschfeuer jegliche Verabredungen zu Nichte oder setzt uns unter Druck einen vereinbarten Treffpunkt rechtzeitig zu erreichen. Zu den alltäglichen Belastungen ist solch ein Druck zu viel. All diese Gründe erklärte ich Greg. „Kein Problem Denis. Wir wissen was eine Expedition bedeutet. Wenn es euch recht ist würden wir mit euch gerne nur eine Stunde laufen. Dann können wir sehen wie die Sättel und die Ausrüstung funktioniert,“ sagt er. „Woher kommt ihr denn?“ ,wollte ich wissen. „Mount Isar,“ vernahm ich. „Das muss doch mehr als 1000 Kilometer von uns entfernt sein?“ „Ja. Ich denke wir benötigen zwei Tage, um zu euch zu kommen. Nach unserer Planung währen wir am zweiten Januar da.“ „Verblüfft, dass jemand eine über 2000 Kilometer lange Autofahrt auf sich nimmt, nur um mit uns eine Stunde zu laufen, sagte ich: „Wir freuen uns auf euren Besuch und wünschen euch eine sichere Fahrt. Einen Tag nach dem Anruf von Greg meldete er sich wieder, um seine Ankunft bei uns zu bestätigen. Tanja und ich sind in der Zwischenzeit zu dem Entschluss gekommen jemanden der so weit fährt nicht nur ein paar Stunden mit uns laufen lassen zu können. „Wenn ihr wollt könnt ihr natürlich eine Nacht bei uns im Camp verbringen,“ bot ich an. „Oh vielen Dank. Das Angebot nehmen wir gerne an,“ antwortete Greg.

Durch das eben geführte Telefonat wissen wir nun, das Margret und Greg, Paul mitbringen werden. Anscheinend ist er ein Freund der Beiden, denn sie kommen mit dem gleichen Auto. Er ist schon seit Wochen mit uns im flüchtigen Kontakt und so wie es jetzt aussieht hat er wirklich Interesse unsere Tiere zu kaufen.

Wir verabschieden uns zum letzten Mal von unseren Gastgebern und führen unsere Karawane weiter in Richtung pazifischen Ozean. „Wie wollen uns die Kamelinteressenten finden?“ ,fragt Tanja als wir durch den Eukalyptuswald laufen. „Ich habe Greg die genaue Route erklärt und auch davon berichtet, dass er uns nur bis 12:00 Uhr auf dem Track antreffen kann. Er weiß, dass wir ab diesen Zeitpunkt höchstwahrscheinlich irgendwo in einem Camp sitzen.“ „Hm, bin wirklich gespannt ob es nette Menschen sind.“ „Ich auch,“ antworte ich sehr darauf hoffend bald gute Besitzer für unsere Kamele zu finden.

Wir folgen nun einem kleinen Weg. Links und rechts davon erstrecken sich ewige Felder die wegen der Trockenheit schon seit bald zwei Jahren brach liegen. Alle Bäume oder Sträucher, die es hier einmal gab, wurden gefällt. Es gibt für uns kaum Schatten und für unsere Jungs nicht viel zu Fressen. Lange müssen wir heute laufen, bis wir nach 32 Kilometern endlich eine leichte Senke entdecken, in der ein paar Bäume wachsen. „Ob wir da einfach reingehen können?“ ,frage ich mich laut. Weil die Farmen jetzt relativ klein geworden sind ist es für uns unmöglich geworden jeden Landbesitzer über unser Kommen zu informieren. Wir haben festgestellt, dass es von Clermont bis nach Rockhampton hunderte von Stations gibt. Alleine die Telefonnummern herauszufinden wäre ein riesiger Job. Natürlich gehört es sich den Besitzer eines Landes wissen zu lassen wer darauf campt, doch sind wir in diesem Fall gezwungen auf die Gastfreundschaft der Australier zu zählen und ungefragt unser Lager aufzuschlagen.

Mit ungutem Gefühl öffne ich das Zaungatter und führe unsere Kamele in die Einzäunung. Müde und erschöpft entladen wir die Jungs. Dann hänge ich unsere Schutzplane in die Bäume und schreibe unsere Erlebnisse des Tages nieder.

Um 19:00 Uhr liegen wir auf unseren Campbetten. Die letzten Fliegen surren um unsere Köpfe und hindern uns vom Einschlafen. In fünf Stunden werden wir in das Jahr 2003 hineinschlafen. Selten in unserem Leben haben wir diese festliche Nacht schlafend verbracht. Vor Jahren saßen wir mal in einem Bus von China nach Tibet und wurden unter den Mänteln einiger Mönche in das von der Außenwelt abgeriegelte Land geschmuggelt. Wegen der Reinkarnation des Panschen Lama war Tibet damals von den Chinesen geschlossen worden. Nie werden wir die Angst vergessen die wir hatten als chinesische Polizisten den Bus nach illegalen Passagieren durchsuchten. Gott sei Dank haben sie uns nicht entdeckt. Es war ein schrecklicher Übergang in eine neues Jahr und im Vergleich dazu ist dieser Jahreswechsel ein wahres Vergnügen.

Kurz vor 24:00 Uhr wache ich auf. „Tanja…? Schläfst du?“ ,flüstere ich. Ein leises Gemurmel verrät mir, dass sie sich tatsächlich im Land der Träume befindet. Vorsichtig beuge ich mich zu ihr hinüber und gebe ihr einen Kuss auf die Stirn. „Ich wünsche dir ein glückliches und gesundes neues Jahr. Ich wünsche dir die Harmonie im Herzen die dich immer glücklich sein lässt und soviel schöne Momente wie es Sterne am Himmel gibt,“ flüstere ich. Dann lege ich mich wieder auf mein Bett und blicke in die Ewigkeit des unendlichen Sternenmeeres. Ich denke an die vielen Menschen in den Städten die jetzt lachen, die mit ihren Sektgläsern anstoßen und in das Jahr 2003 tanzen. Aber ich denke auch an die vielen armen Menschen für die der Jahreswechsel nichts anderes ist als ein weiterer Abend in einem harten Leben. Ein weiterer Tag an dem man eventuell glücklich ist ein paar Reiskörner ergattert zu haben, um den ausgemergelten Körper gerade soviel Energie zu spenden, dass er nicht sterben wird. Lange kreisen meine Gedanken um unseren Planeten, bis ich wieder einschlafe…

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