Begegnungen und die Chinesische Polizei dein Freund und Helfer
N 42°24’38.7’’ E 112°53’31.3’’Datum:
10.10.2015 bis 11.10.2015
Tag: 104 – 105
Land:
China
Ort:
Zhurihe
Breitengrad N:
42°24’38.7’’
Längengrad E:
112°53’31.3’’
Tageskilometer:
48 km
Gesamtkilometer:
9.544 km
Luftlinie:
44 km
Durchschnitts Geschwindigkeit:
24,8 km/h
Maximale Geschwindigkeit:
42,5 km/h
Fahrzeit:
2:01 Std.
Bodenbeschaffenheit:
Asphalt
Maximale Höhe:
1.090 m
Gesamthöhenmeter:
4.530 m
Höhenmeter für den Tag:
55 m
Rückenwind Windstärke: 5
40 km/h
Sonnenaufgang:
07:33 Uhr
Sonnenuntergang:
18:57 Uhr
Temperatur Tag max:
12 C°
Temperatur Tag min:
minus 2 °C
Aufbruch:
10:00 Uhr
Ankunftszeit:
13:00 Uhr
Platte Reifen gesamt:
7
Platte Vorderreifen:
2
Platte Hinterreifen:
4
Platte Anhängerreifen:
1
(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)
Das Thermometer steht auf minus 1 °C als wir unsere Räder, Anhänger und Ausrüstung aus dem Haus tragen. Ich bin gerade dabei Tanjas Bike fertig zu machen als mein Blick auf das Schutzblech fällt. Es ist glatt in zwei Teile gebrochen. „Sieh dir das an“, sage ich zu Tanja die gerade ein paar Satteltaschen bringt. „So ein Mist. Wie ist das denn passiert?“ „Wenn ich das wüsste. Vielleicht hat die Kälte das Material ermüden lassen? Oder die ständigen Erschütterungen sind dafür verantwortlich?“, vermute ich. „Kann man das Tapen?“ „Könnte sein“, antworte ich und klebe die zwei Teile, die noch an ihren Befestigungen hängen, mit Panzertape zusammen. „Weiß nicht wie lagen das hält aber für ein paar Tage sollte es gut gehen“, bin ich überzeugt und klicke die Satteltaschen ein.
Um 10:00 Uhr dreht sich der Gummi unter uns durch die Stadt. „Stimmt die Richtung?“, fragt Tanja. „Bin mir nicht sicher. Dort vorne scheint die Straße aufzuhören“, antworte ich, ziehe die Bremsen, um den Weg aus der Stadt im MAPS.ME zu überprüfen. „Da kommen Radfahrer!“, ruft Tanja freudig und winkt. Ein junges Pärchen aus Frankreich stoppt neben uns. Wir tauschen die üblichen Fragen nach dem Woher, Wohin, wie lange seid ihr schon unterwegs aus. „Wir sind Anfang Juni aufgebrochen und ein Stück durch Russland gefahren. Als es mit unserer Aufenthaltsdauer knapp wurde fuhren wir mit der Transsibirischen Eisenbahn bis nach Irkutsk. Von da ging es mit dem Rad in die Mongolei und dann hat uns ein Schneesturm kalt erwischt. Die Einheimischen halfen uns. Die letzten 100 km bis nach Ulan Bator sind wir mit dem Bus gefahren. Es war einfach zu kalt und zu viel Schnee. Da uns der heranrasende Winter im Nacken sitzt und wir nur ein Zweimonatsvisum für China besitzen, wollen wir so schnell als nur möglich nach Peking. Von dort fahren wir mit der Eisenbahn in die südwestliche Provinz Yunnan und gehen über die Grenze nach Vietnam. Ich hoffe wir können dort ein wenig Urlaub machen. Wir benötigen dringend eine Pause. Mein Knie ist total überlastet und Kälte tut ihm gar nicht gut. Bei den Temperaturen hier wollen wir auch nicht mehr im Zelt schlafen. Auf dem Weg nach Peking brauchen wir Ortschaften mit Unterkünften. Leider scheint es auf den kommenden 160 km nichts zu geben. Das heißt, wir haben einen harten Tag vor uns“, erzählt sie. „Ja, laut Karte ist der ca. 50 km von hier entfernte Ort Zhurihe nur ein kleiner Weiler. Glaube auch nicht dass wir dort was zum Übernachten finden“, gebe ich ihr recht. „Wenn ihr nach Peking wollt warum kommt ihr uns dann entgegen?“, wundere ich mich. Wir fahren schon seit einer halben Stunde hin und her um die G208 zu finden. „Dort vorne ist eine Sackgasse. Die Straße endet in der Wüste. „Die G208 suchen wir auch“, antworte ich, worauf wir nun zusammen unsere Suche fortsetzen. Es dauert nicht lange und wir rollen gemeinsam auf der Landstraße G208 in Richtung Süden. Der starke Wüstenwind drückt uns mit 40 km/h in den Rücken. Obwohl wir gerne noch ein paar Kilometer zusammen zurückgelegt hätten müssen wir anhalten um Ajaci seinen benötigten Auslauf zu geben. „Wenn es im nächsten Ort ein Straßenkaffee geben sollte lassen wir unsere Räder davor stehen. Dann findet ihr uns und wir können gemeinsam Mittagessen“, schlägt die aufgeweckte Französin vor. „Gute Idee. Dann bis gleich“, antworten wir und winken ihnen hinterher.
Sobald wir auf unserer weiteren Fahrt stoppen pfeift uns der eisige Atem aus der Mongolei in die Glieder. Ein Grund die Reifen unentwegt drehen zu lassen. Somit bewegen wir uns wie in einer Blase. Auf dem Bock könnte man meinen es sei Windstill. Im Grunde genommen eine seltene Idealsituation für jeden Langstreckenradler. Die Chinesen nutzen das Windphänomen der Gobi für ihre Energiegewinnung. Soweit das Auge reicht haben sie Windräder in die Wüste gestellt, deren Rotorblätter sich unentwegt wie wild drehen. Es ist sicherlich eine gute Idee den unbegrenzten Wind einer Wüste zur Energiegewinnung zu nutzen, jedoch ist die Landschaft mit den Hochspannungsmasten und vielen Stromkabeln total versaut. Es scheint so zu sein, dass bei welcher Energiegewinnung auch immer, es grundsätzlich eine dunkle Seite gibt. Vor allem frage ich mich was geschieht wenn die unzähligen Windräder alterschwach werden und sie abgebaut und entsorgt werden müssen. Könnte mir gut vorstellen, dass es dann eine Wüste voller Windradleichen sein wird.
Gegen 13:00 Uhr bläst es uns in das Örtchen Zhurihe, welches in der Karte mit nur ein paar Häusern angegeben ist. Gleich am Ortseingang steht wieder so ein rechteckiger Betonbunker auf dem rote chinesische Schriftzeichen prangen. An den Fenstern hängen die hässlichen Klimaanlagekästen, was darauf schließen lässt, dass es hier doch tatsächlich ein Hotel gibt. Weil wir, wahrscheinlich durch die Kälte, dem Wind und der gestrigen großen Strecke, total müde sind, hoffen wir heute nicht weitere 118 km zur nächsten Ortschaft radeln zu müssen. Mit leichtem Herzklopfen stelle ich mein Rad auf den Ständer und betrete das Haus. „Ni you shuangren fangjian kongyu de ma?“, (Haben sie ein Doppelzimmer frei?) frage ich die Frau hinterm Dresen. Natürlich versteht sie kein Wort. Ich lege meinen Sprachführer auf den Tisch und zeige auf den in Chinesisch geschriebenen Satz. „Bu!“, (Nein) höre ich und bin enttäuscht da das für uns bedeutet heute doch noch weiterfahren zu müssen. Dann tippt sie auf ihre Schultern, formt mit ihren Händen eine imaginäre Mütze und streckt ihren Arm in Richtung Dorfzentrum aus. „Ich muss zur Polizei? Wir müssen uns dort registrieren lassen?“, frage ich in ähnlichem Kauderwelsch. „Shide“, (Ja) antwortet sie. Wieder vor dem Hotel erkläre ich Tanja, was ich glaube verstanden zu haben. Dann erscheint ein Chinese und deutet auf seinen Minibus. Wir begreifen. „Nehmen sie ihre Pässe mit“, fordert er uns freundlich auf. Während ich auf die Räder achte fährt Tanja mit dem Hotelmanager zur Polizeistation. Keine zehn Minuten später erscheinen sie wieder. „Und hat es geklappt?“, frage ich aufgeregt. „“Die waren nicht da. Sind wahrscheinlich beim Essen.“ „Also warten wir?“ „Würde ich schon vorschlagen“, sagt Tanja worauf wir uns in den warmen, sonnendurchfluteten Glasvorbau des Hotels setzen. Nach 15 Minuten frage ich ob ich in der Zwischenzeit das Zimmer sehen darf. Es ist geräumig und ebenfalls sonnendurchflutet. Ein schöner Platz um den Nachmittag auszuruhen. Ich bin gerade wieder im Glasvorbau als auch schon ein Polizeiauto auf den Parkplatz braust. Die Türen springen auf und vier Uniformierte kommen zielstrebig auf uns zu. Würde ich nicht wissen, dass wir nichts angestellt haben, würde mir spätestens jetzt das Herz in die Hosentasche rutschen. „Pässe!“, fordert der Chef, während seine Kollegen ihre Handys zücken, um uns und unsere Räder zu fotografieren. Der Mann mit den meisten Sternen auf der Schulter lichtet indes mit seinem Handy die Pässe und Visa ab und reicht sie uns zurück. Dem Manager, der vor kurzem zum mir sagte, dass unsere Räder die Nacht auf den Hinterhof verbringen müssen, befiehlt er sie im Haus unterzustellen. In freudiger Stimmung packen plötzlich alle Polizisten mit an und tragen die Bikes und die Hänger in den Glasvorbau. Mit Handschlag verabschieden wir uns von den freundlichen Herren. „Unglaublich wie nett die Polizisten sind“, sage ich begeistert und froh heute nicht weiter zu müssen. Als Tanja dann unser Zimmer bezahlen möchte will der Manager wieder das Doppelter. „240 Yuan?“, (33,34 €) fragt Tanja erstaunt, worauf der Preis plötzlich wie vereinbart bei 120 Yuan (16,67 €) bleibt.
Wir genießen den Nachmittag in unserer sonnendurchfluteten Bleibe als uns das Klingeln meines Telefons hochschrecken lässt. „Ah Spring. Wie geht es dir?“, frage ich ihre Stimme erkennend. „Sehr gut Denis. Ich wollte euch nur mitteilen, dass euer Paket in Erenhot angekommen ist.“ „Das ist ja fantastisch. Hast du eine Idee wie wir an die Anhängerdeichsel kommen?“. „Das ist kein Problem. Ich werde sie euch mit dem Lokalbus senden“, weshalb wir uns kurzfristig entscheiden den morgigen Tag hier zu verbringen, um auf das für uns wichtige Ersatzteil zu warten. „Spring?“ „Ja?“ „Das hast du fantastisch organisiert. Tausend Dank.“ „Es wahr mir eine Freude“, antwortet die äußerst hilfsbereite und intelligente Frau.
Am Abend sitzen wir in dem einfachen Restaurant, das mit seinen grässlich weißen Fließen und den unbequemen Holzstühlen nicht gerade einladend wirkt. Die Rezeptionistin und Frau des Managers gibt sich sehr große Mühe unseren Wünschen gerecht zu werden. Auch der Koch und ein weiterer Verwandte der Familie versammeln sich an unserem Tisch und tun alles um es den Ausländern mit ihren grottenschlechten Sprachkenntnissen recht zu machen. Am Schluss dampft ein im Wok zubereitetes Tofugericht, und Gemüse mit klein geschnittenem Hühnchenfleisch, auf unserem Tisch. „Es war ausgezeichnet“, (Jintian de fancai tai bang le) loben wir. Ein Tisch weiter sitzt ein Geschäftsmann. Neben uns der einzige Gast. Wir beginnen eine rudimentäre Unterhaltung. Dann gibt er uns zwei Bier aus und lehnt eine Gegeneinladung strikt ab. „Ganbei!“, (Prost) stoßen wir immer wieder an. „Habt ihr europäisch Münzen?“, fragt er im Verlauf des Gespräches. Zufällig klimpern in meinem Geldgürtel ein paar herum. Als ich sie ihm zeige ist er so begeistert, dass er mir die 3 ½ Euro für 100 Yuan (13,89 €) abkaufen möchte. „Das werde ich nicht annehmen aber ich schenke sie ihnen“, sage ich und bin froh dem spendablen Mann eine Freude bereiten zu können.
Am nächsten Tag dringt lautes Hupen in unser Zimmer. Tatsächlich steht der Überlandbus auf der G208. Ein Chinese springt heraus und übergibt dem haran eilenden Hotelmanager unser Paket. Fantastisch wie so ein Paket innerhalb des Landes für nur 20 Yuan (2,78 €) seinen Besitzer findet…
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