Die lange Pause fordert ihren Tribut
N 46°50’00.3’’ E 107°47’55.0’’Datum:
28.08. bis 29.08.2015
Tag: 61 – 62
Land:
Mongolei
Ort:
Straßenkneipe
Breitengrad N:
46°50’00.3’’
Längengrad E:
107°47’55.0’’
Tageskilometer:
64 km
Gesamtkilometer:
8.722 km
Luftlinie Luftlinie:
62.49 km
Durchschn. Geschw.
24,1 km/h
Maximale Geschwindigkeit
40 km/h
Fahrzeit
2:40 Std.
Bodenbeschaffenheit:
Asphalt
Maximale Höhe:
1.400 m
Gesamthöhenmeter
3.517 m
Höhenmeter für den Tag
100 m
Sonnenaufgang:
07:01 Uhr
Sonnenuntergang:
20:39 Uhr
Temperatur Tag max:
30 °C
Aufbruch:
08:30 Uhr
Ankunftszeit:
15:30 Uhr
(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)
Nach nur wenigen Stunden Schlaf fühle ich mich am Morgen als hätte man mich geschlagen. Zum Frühstück gibt es Weißbrot in Tee eingetunkt. Dann lassen wir den ungastlichen Ort hinter uns. Die Landschaft wird immer flacher. Wir erreichen den Randbereich der Wüste Gobi. Wegen der endlosen Weite nennt Tanja diese Region das Land in dem die Augen nirgends anstoßen. Gegen Mittag stoppen wir neben einem gut geführten Straßenrestaurant vor dem sich Fernbusse und Lastwägen reihen. Als Tanja Ajaci mit nach drinnen nimmt wird sie nahezu rausgeworfen. „Hunde sind hier nicht erlaubt“, schimpft eine der Bedienungen naserümpfend, während sich eine andere ängstlich hinter dem Dresen versteckt. Tanja bindet Ajaci vor dem Restaurant an einem eisernen Zaun der im Schatten des Hauses liegt. Die Speisekarte ist zur Abwechslung umfangreich und es schmeckt sogar ganz gut. Das ranzige Fleisch glauben wir allerdings aus dem Essen und servieren es Ajaci. Der frisst es wie immer mit großem Vergnügen. Kaum hat er seine üppige Mahlzeit verdrückt eilt eine der Bedienungen mit einem Teller heran. „Darf er das haben?“, fragt sie uns freundlich auf den großen Nudel-, Reis-, Fleisch- und Gemüseberg deutend. „Aber klar, da wird sich Ajaci sogar überaus freuen“, antworten wir. Kaum hat unser Hund den Teller gelehrt erscheint die Bedienung mit einer weiteren Portion bester Nahrung. Auch diese verdrückt unser Hund als wäre er es gewesen der die gesamte Strecke geradelt ist. „Ich hole Nachschub“, sagt die junge Frau lachend. „Bitte nicht. Zum Schluss kotzt er noch seinen Anhänger voll“, sage ich Ajaci vor dem Platzen bewahrend.
Während wir darauf warten dass sich die Akkus mit Energie füllen legen wir uns vor dem Restaurant auf eine schattige Bank. „Einer von uns sollte immer die Räder im Auge behalten. Wir dürfen auf keinen Fall beide einschlafen“, warnt Tanja. „Okay, ich übernehme die erste Schicht“, antworte ich mich wieder aufsetzend. Auf diese Weise wechseln wir uns alle 20 Minuten ab. Um 14:00 sind wir derart müde, dass nur der Gedanke ans Weiterfahren mir Schmerzen bereitet. „Ob man hier auch übernachten kann?“, frage ich meinen Blick über das Gasthaus gleiten lassend. „Ich frage mal nach“, sage ich und erhebe mich stöhnend. „Awtsch boloh hojor hünij tasalgaa uu?“ (Kann ich ein Doppelzimmer haben?) „Ügüj, (Nein) bei uns gibt es keine Zimmer“, ist die enttäuschende Antwort.
Um 14:15 Uhr besteigen wir wieder unsere Böcke. Obwohl es schon so spät ist liegen bis zur nächsten in der Karte angegebenen Ortschaft noch knapp 100 Kilometer vor uns. Es dauert nicht lange und die Müdigkeit ist weggestrampelt. Leichter Wind bläst uns in den Rücken, weswegen wir mit 28 bis 30 Km/h dahinbrausen. Im Norden türmen sich dicke Gewitterwolken auf und eilen uns mit bedenklicher Geschwindigkeit hinterher. Es geht leicht bergab darum bin ich zuversichtlich dem Wetter einfach davon fahren zu können. Eine Stunde später taucht auf der linken Straßenseite ein recht modern aussehendes, einsames Haus auf. Beim näher kommen wirkt es allerdings unbewohnt. „Lass uns dort mal fragen ob wir bleiben können!“, rufe ich. „Wegen mir müssen wir nicht bleiben. Ich fühle mich wieder fitt!“, trägt der Wind Tanjas Worte an meine Ohren. „Ich frage trotzdem“, antworte ich und verlasse den Asphalt. Sand und Kies knirscht unterm den Stollen. Als ich mein Rad abstelle fegen starke Windböen über den Platz. Die ersten Regentropfen peitschen vom Himmel. In der Hoffnung, dass jemand Zuhause ist, drücke ich den Türgriff nach unten. Sie öffnet sich. „Hallo! Hallooo!“, rufe ich. Eine Mongolin und ein etwa 14jähriger Junge kommen die Treppe herunter. „Sain bajna uu“, begrüße ich sie. „Sain bajna uu“, erwidern sie. „Können wir hier eine Nacht schlafen?“ Die Beiden sehen sich an und schütteln ihre Köpfe. Ich bin gerade im Begriff zu gehen als der Junge die Frau anstupst und ihr etwas zuflüstert. „Warten sie“, sagt die Frau und fordert mich auf ihr zu folgen. Im ersten Stock öffnet sie die Tür zu einem leeren Zimmer. Nur eine Matratze liegt auf dem Boden. „Wenn sie wollen können sie hier für 15.000 Tugrik (6,61 €) bleiben. Toilette und fließend Wasser gibt es allerdings nicht.“ Tanja und ich sind uns sofort einige. „Besser ein Zimmer ohne Inventar als so eine Drecksbude wie gestern“, meint sie und handelt in Anbetracht des Wasser- und Toilettenmangels den Preis auf 10.000 Tugrik (4,41 €) herunter.
Der Junge und ich sind gerade im Begriff die Räder in einen Schuppen zu schieben als das Wetter über uns hereinbricht. Der anfängliche Wind entwickelt sich zu einem Sturm. Wir müssen uns die paar Meter zum Innenhof gegen die Böen lehnen, um nicht umgeworfen zu werden. „Na da sind wir gerade rechtzeitig untergekommen“, sage ich erleichtert den peitschenden Regen durch das Fenster beobachtend.
Nachdem wir uns in dem Zimmer eingerichtet haben waschen wir uns an einer Regentonne die im Hof steht. Dann suchen wir das kleine nett aussehende Restaurant auf welches die Familie betreibt. Es gibt Kartoffelsalat und Buuds. (Mongolisches Nationalgericht, besteht aus gehacktem Fleisch und Gewürze in Wasserdampf gegarten Mehlteigtaschen) „Schmeckt lecker“, lobe ich die Köchin die sich über mein Kompliment freut.
Am nächsten Morgen fühlen wir uns wie gerädert. Mir schmerzt der Rücken und die Oberschenkel. „War doch ein bisschen viel nach der langen Pause in U.B.“, sage ich. „Gut dass wir uns schon gestern Abend entschieden haben hier einen Tag auszuruhen“, meint Tanja sich ebenfalls die Oberschenkel und Waden massierend. Ich nutze den Tag um in meinen kleinen Klappstuhl sitzend unsere geschossenen Bilder zu archivieren und zu beschriften. Am Abend frage ich wieder nach dem leckeren Kartoffelsalat. „Den kann ich ihnen nicht mehr anbieten. Ist von gestern“, antwortet die Wirtin. „Nett von ihr uns darauf hinzuweisen. Sie könnte uns ja ohne Probleme das alte Essen servieren“, ist Tanja überrascht. „Wirklich eine außergewöhnliche Geste in der Mongolei“, wundere ich mich. Nur wenig später kommt ihr Sohn und teilt uns mit dass seine Mutter einen neuen Kartoffelsalat angerichtet hat. „Wow, in der kurzen Zeit? Ob der jetzt frisch ist oder ob sie uns doch ihr altes Zeug unterjubeln wollen?“, überlege ich. „Ach was. Die sind hier sehr nett. Sie hat sicherlich einen frischen Salat gemacht“, meine ich und bestelle wie gestern Kartoffelsalat und Buuds. Ein paar Stunden danach rumpelt es in meinem Bauch verdächtig. „Der Kartoffelsalat?“, fragt Tanja. „Oder die Budds? Die hatten heute besonders ranzig geschmeckt“, überlege ich mich von Bauchkrämpfen gepeinigt auf der Isomatte wälzend.
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