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E-Bike-Expedition Teil 4 Vietnam - Online Tagebuch 2016-2017

Klaustrophobie im Loch – Gerade noch überlebt – Paradies Cave

N 17°37’04.8’’ E 106°22’35.7’’
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    Datum:
    13.12.2016 bis 14.12.2016

    Tag: 532

    Land:
    Vietnam

    Provinz:
    Quảng Bình

    Ort:
    Phong Nha Lake House

    Breitengrad N:
    17°37’04.8’’

    Längengrad E:
    106°22’35.7’’

    Tageskilometer:
    80 km

    Gesamtkilometer:
    21.122 km

    Gesamthöhenmeter:
    58.432 m

    Sonnenaufgang:
    06:15 Uhr – 06:16 Uhr

    Sonnenuntergang:
    17:21 Uhr

    Temperatur Tag max:
    23°C

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

LINK ZUR REISEROUTE

Monsunregen fällt auf den saftiggrünen Bergurwald. Dichte, tiefliegende Wolken ziehen darüber hinweg. Manche von ihnen scheinen in den Kronen der mächtigen und hohen Bäume hängenzubleiben, weshalb noch mehr Wasser herab fällt. Ein paar tropische Vogelstimmen und das Gebrüll einiger Affen dringen durch das Baumlabyrinth zu uns herüber. Die Artenvielfalt im Phong Nha-Ke Bang Nationalpark ist mit 381 Wirbeltieren, darunter 59 Amphibien- und 72 Vogelarten beeindruckend. Ständig werden hier von Forscherteams neue Tierarten, wie die Dreihorn-Grubenotter oder endemische Geckos, entdeckt.

Umgeben von einem Meer aus 1320 verschiedenen, für uns meist fremdartigen Pflanzen und Bäumen, steigen wir die Stufen zur Paradieshöhle nach oben. Diesmal besteht unsere 10-köpfige Exkursionsgruppe aus einem Tschechen, einer Holländerin, eine vierköpfige Familie aus Mexiko, mit uns vier Deutsche und dem vietnamesischen Guide namens Dong. „In unserem wunderbaren Nationalpark leben 112 Säugetiere und bevor die Höhle für den Tourismus geöffnet wurde, gab es hier Unmengen Affen die sich jetzt aber fast alle zurückgezogen haben“, sagt er nicht ohne Stolz in der Stimme.

Über ein großes Loch steigen wir von oben in das Innere des Unterweltpalastes. „Wow“, staune ich über den umwerfenden Anblick der gigantischen Tropfsteinhöhle, die mit 31,4 Kilometer die längste bisher entdeckte Trockenhöhle Vietnams ist und höchstwahrscheinlich auch die längste Höhle gesamt Asiens. Über breite Holzstufen steigen wir in die beleuchtete Pracht und bewundern die Stalaktiten und Stalagmiten die hier noch gewaltiger zu sein scheinen als die der Phong Nha Cave.

„Am besten wir gehen zügig bis zum Ende des für die normalen Besucher begehbaren Bereiches. Wenn ihr Fotos machen wollt sollten wir das dann tun wenn von unserer Exkursion zurückkommen. Dann sind hier auch keine Menschen mehr“, schlägt Dong vor, weswegen wir erstmal an den weltklasse Schönheiten vorbeieilen. Am Ende des einen Kilometer langen Holzsteges wird uns ein kleines Türchen geöffnet. Wir steigen die Treppe hinunter und setzen unsere Füße auf den sandigen Boden der Höhle. Nur wenige Meter weiter gibt es keine künstliche Beleuchtung mehr. Wie gestern auch, schalten wir unsere Stirnlampen ein und folgen ihren Strahl, der sich durch die Finsternis frisst. „Wer mutig ist kann mir in dieses Loch folgen. Dort unten gibt es die schönsten Tropfsteine die bisher kaum jemand zu Gesicht bekommen hat. Wichtig ist aber, dass keiner von euch unter Klaustrophobie leidet, denn da unten wird es sehr eng“, sagt Dong und klettert in das Erdloch. Neugierig folge ich ihm, bis es so eng wird, dass ich mich in dem feuchten stickigen Gang nicht mehr drehen kann. „Ich hoffe da unten ist eine Kammer in der man sich umdrehen kann?“, frage ich, mich nun doch ein wenig unwohl fühlend. „Ja, ja, da kommt eine große Grotte“, antwortet Dong euphorisch. Hinter mir höre ich wie auch andere Teilnehmer unserer Exkursion durch die kleine Lehmröhre rutschen. Sollte jemand Platzangst bekommen und in Panik wieder zurück wollen, wäre das jetzt unmöglich. „Wo führst du uns denn hin?“, frage ich und versuche dabei positiv zu klingen. „Pssst“, legt Dong seinen Zeigefinger auf seine Lippen, als der Gang in einer kleinen Erdkuhle endet. „Hier ist es schön! So schön! Einfach wunderbar!“, ruft er, um noch mehr der Teilnehmer in das stickige Loch zu locken. In der Tat sitzen nun sechs von uns, eng zusammengekauert, in einem ca. vier Meter tiefen, beklemmenden Hohlraum und lachen über den Scherz von Dong. Dicht über uns ist die lehmige, rissige und feuchte Decke. Wenn hier ein Brocken abbricht gehen wir alle zusammen drauf, geht es mir durch den Kopf und ich merke wie sich mein Pulsschlag erhöht. Nichts wie raus hier, blitz ein Gedanke auf, jedoch ist der Gang von den beiden Mexikanern blockiert, die gerade versuchen zu wenden, um die Röhre zu verlassen. „Soll ich auch runter kommen?“, dringt Tanjas Ruf nach unten. „Bleib draußen. Das war ein Scherz von Dong. Bin froh wenn ich wieder oben bin“, antworte ich. Weil mich ein Gefühl beschleicht, die rotbraunen Wände würden pulsierend auf uns zukommen, um uns alle zu ersticken, blicke ich auf den Boden und zwinge mich ganz ruhig durchzuatmen. Ist das der Beginn einer Klaustrophobie? „Lasst uns wieder nach oben gehen“, sage ich so gelassen wie möglich. Die Mexikaner haben es indes geschafft ihre Körper zu drehen und kriechen wie die Würmer nach oben. Die Holländerin und der Deutsche folgen ihnen. Da ich als zweiter in das dämliche Loch gekrochen bin, bin ich nun der Vorletzte der es verlassen darf. Oben angekommen atme ich erleichtert aus. „Höhlenforscher wäre glaube ich nichts für mich“, sage ich zu Tanja, als wir unseren Weg durch die Zauberwelt der Tropfsteine fortsetzen. „Seht ihr den großen Stalagmiten dort vorne?“ „Ja“, antworten wir. Dann macht mal alle das Licht aus und versucht geradeaus darauf zuzulaufen. Ihr werdet sehen, dass nur wenige von euch die Richtung halten können“, meint Dong, worauf es in der Höhle stockdunkel wird und wir im Finsteren vorantapsen. Verblüffend wie der Mensch ohne Licht innerhalb weniger Sekunden seine Orientierung verliert und wie wichtig unsere Augen sind, geht es mir durch den Kopf nachdem Dong uns wieder aufforderte die Stirnlampen einzuschalten. Mindestens die Hälfte von uns sind völlig abgedriftet. Einer steht nur noch einen Meter von der scharfkantigen Felswand entfernt, die sich nicht vor uns, sondern 20 Meter neben uns befindet. Für einen anderen kam das Licht gerade zum rechten Zeitpunkt, da er ansonsten in ein kleines Loch gefallen wäre, welches abseits des Laufweges liegt. „Sag mal Dong?“, frage ich interessiert, als uns die anderen nicht hören können, weil sie weit hinter uns laufen. „Hat sich bei deinen Spielchen noch nie jemand weh getan?“ „Nö, bisher ging immer alles gut. Allerdings hatte ich schon mal eine Frau die nach dem Lichtauschalten einen Schreikrampf bekam. Seither mache ich den Lichttest gleich am Anfang der Tagestour. Sollte also einer mit der Dunkelheit Probleme bekommen, oder unter Klaustrophobie leiten, kann ich ihn schnell in den beleuchteten Bereich der Höhle zurückschicken.“

Unser weiterer Weg führt durch riesige Tunnel und Felsröhren, die 30 bis 150 Meter breit sind und in domartigen, 60 bis 80 Meter hohen Grotten, ihre absoluten Höhepunkte finden. „So muss es auf einem fremden Planeten aussehen“, staunt Tanja ihren Kopf in den Nacken legend und ihren Blick dem starken Strahl der Stirnlampe folgen lassend. Schwarze, weiße, graue, braune Tropfsteinkreaturen erheben sich majestätisch in den dunklen Berghimmel. Filigran, gigantisch, ätherisch, kolossal, fragil, wuchtig und zerbrechliche, riesengroß und winzig klein, wachsen abertausende von Tropfsteinen um uns herum, hängen von den Decken, Wänden, erheben sich aus Schluchten, bilden Spalten. Wir folgen kleinen Flussläufen, stapfen durch knie und hüfthohes Wasser und erreichen einen Fluss in den einige von uns ein unterirdisches Bad nehmen. „Dort, unter diesem Fels muss man durchtauchen, dann geht es noch tiefer in die Höhle“, erklärt Dong. „Wie tief?“, frage ich, weil wir bereits knapp fünf Kilometer vorgedrungen sind. „Noch 26 Kilometer bis zum nächsten Ausgang. Aber der Weg dorthin ist beschwerlich. Viel gefährlicher als hier. Letztes Jahr habe ich die Höhle mit einigen Spezialisten weiter erforscht. Wir wollten einen Weg finden, den wir interessierten, zahlenden Kunden wie euch anbieten können. Wir waren voller Entdeckungsdrang, als ich plötzlich bemerkte wie der Wasserspiegel des Flusses stieg, dem wir folgten. Ich machte meine Kameraden darauf aufmerksam aber keiner wollte mir glauben. Also kletterten und liefen wir weiter. Plötzlich verfärbte sich das Wasser bräunlich. Das war nun für alle von uns im Strahl unserer Stirnlampen eindeutig zu erkennen. Nichts wie zurück!, rief ich. Wir rannten um unser Leben, da uns klar wurde, dass draußen ein Gewitter toben musste, was zur Folge hatte, dass die Höhle in kurzer Zeit vollaufen würde. Wir haben es gerade noch zu einer hohen Düne geschafft, die wir kannten, als um uns herum die Höhle im Wasser versank. 24 Stunden hielten wir dort aus. Draußen meinten alle wir wären längst ertrunken. Nachdem der Wasserspiegel wieder sank, sendeten sie ein Rettungsteam und fanden uns wohlauf, aber sehr hungrig auf der Düne“, erzählt Dong mit leuchtenden Augen. „Du magst Höhlen. Das ist mit jeder Silbe zu hören“, sage ich. „Ich liebe Höhlen. Sie sind mein Leben. Den Job spezielle Exkursionen zu leiten, mache ich schon seit zwei Jahren und für mich ist es jeden Tag von neuem interessant. Vor kurzem habe ich mich aufgemacht, um eine eigene Höhle zu entdecken. Du weißt ja, dass in diesem Nationalpark jedes Jahr neue Höhlen entdeckt werden. Also dachte ich mir, es wäre schön, wenn ich mit dem Fund einer großen Höhle in die Geschichte eingehe. Tagelang bin ich in den Bergen herumgeklettert, habe meinen Kopf in jedes Loch gesteckt welches ich gefunden hatte und wurde tatsächlich fündig. Vorsichtig bin ich in meine Entdeckung geklettert und plötzlich viel der Lichtstrahl meiner Lampe auf ein Meer von Bomben und Minen. Die waren alle intakt, zumindest haben sie so ausgesehen. Ich sage dir, ich bin da blitzschnell wieder draußen gewesen. Es war sicherlich ein Waffenlager. Diese Entdeckung hat meinen Forschergeist erstmal ein wenig gebremst. Denke, ich habe Glück gehabt in der Dunkelheit nicht auf eine der Minen getreten zu sein“, beendet er seine Erzählung lachend…

Wer mehr über unsere Abenteuer erfahren möchte, findet unsere Bücher unter diesem Link.

Die Live-Berichterstattung wird unterstützt durch die Firmen Gesat GmbH: www.gesat.com und roda computer GmbH http://roda-computer.com/ Das Sattelitentelefon Explorer 300 von Gesat und das rugged Notebook Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung. Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung.

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