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E-Bike-Expedition Teil 2 Mongolei - Online-Tagebuch 2015

132 Kilometer Gegenwind, Hitze und keine menschliche Siedlung

N 44°54’00.0’’ E 110°07’00.0’’
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    Datum:
    02.09.2015 bis 03.09.2015

    Tag: 66 – 67

    Land:
    Mongolei

    Ort:
    Sainschand

    Breitengrad N:
    44°54’32.2’’

    Längengrad E:
    110°08’16.2’’

    Tageskilometer:
    132 km

    Gesamtkilometer:
    9.041 km

    Luftlinie Luftlinie:
    118 km

    Durchschn. Geschwindigkeit
    24.2 km/h

    Maximale Geschwindigkeit
    35 km/h

    Fahrzeit
    5:33 Std.

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt sehr gut

    Maximale Höhe:
    1.100 m

    Gesamthöhenmeter
    3.697 m

    Höhenmeter für den Tag
    151 m

    Sonnenaufgang:
    07:02 Uhr

    Sonnenuntergang:
    20:16 Uhr

    Temperatur Tag max:
    31 °C

    Aufbruch:
    09:30 Uhr

    Ankunftszeit:
    18:00 Uhr

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

LINK ZUR REISEROUTE

Die Freude gestern so weit gekommen zu sein ist in der Nacht schnell verflogen. Weil das Zimmer auf der Südostseite des Gasthauses liegt, wurde es von der heißen Wüstensonne aufgeheizt, so dass es mit 35 °C mit einer Sauna vergleichbar ist. Um ca. 23:00 Uhr sind ein paar Gäste eingezogen die bis um 2:30 Uhr am Morgen herumgebrüllt haben. Erst als ich entnervt auf den Flur gestürmt bin und so höflich wie es nur ging darum gebeten hatte schlafen zu wollen, stellten sie unvermittelt ihren Lärm ein. Vielleicht dachten sie sie sind alleine in dem Haus? Da wir während unserer letzten Mongoleireise kein einziges Mal in einer Unterkunft verbrachten, sondern in einer Jurte, dem Zelt und Tipi, erleben wir nun eine andere Seite dieses Landes.

Um 7:30 Uhr erheben wir uns, nicht zum ersten Mal seit wir U.B. verlassen haben, gerädert aus den Betten. Noch immer leiden wir unter Durchfall. Auch Ajaci ist schon seit Tagen im Club der Toilettenläufer und bittet winselnd um eine frühe Gassirunde. Am liebsten würden wir auch hier einen Tag ausruhen, jedoch ergibt das bei den Zimmertemperaturen keinen Sinn. Vor allem wissen wir nicht ob wir es bis Saischand mit unseren Akkus schaffen werden. Wenn wir auf der Strecke liegen bleiben sollten, müssen wir mit unseren Solarpanels die Akkus laden und das kann uns zwei Tage kosten. Aber wir sind zuversichtlich wie immer auf eines der Straßenrestaurants oder zumindest einem kleinen Ladengeschäft zu stoßen. Deswegen wollen wir nicht die Pferde scheu machen nur weil eine Möglichkeit besteht diesmal ohne Lademöglichkeit auskommen zu müssen.

Die überaus freundlichen Besitzer des kleinen Gasthauses helfen uns auch heute beim Heruntertragen der Ausrüstung. Um 9:30 Uhr sitzen wir auf unseren Rädern. Bei 31 °C im Schatten stellt sich auch heute der Wüstenwind mit einer Stärke zwischen drei und vier gegen uns. Die ersten Kilometer geht es bei wolkenlosem Himmel leicht hügelig dahin, dann wird die Gobi sehr flach, teils steinig und das Steppengras ist von der Sonne und dem heißen Wind vertrocknet. Wie auch in den vergangenen Tagen kreuzen Kamel- Pferde- und Ziegenherden die Straße. Manchmal werden sie von den Nomaden getrieben. Nichtmehr so wie vor wenigen Jahren noch mit dem Pferd, sondern häufig mit dem Moped. Die romantischen Bilder dieses Volkes werden durch die Moderne immer mehr vertrieben. Nach wie vor begleitet uns die Transmongolische Eisenbahn und nach wie vor begrüßt uns so mancher Lokführer mit dem lauten Horn, dessen eindringlicher Ton über die Steppe brüllt, bis er sich in der scheinbaren Ewigkeit verliert.

Obwohl wir Energie sparen und nur im Tourmodus, also der Stufe zwei von vier möglichen fahren, kommen wir relativ gut voran. Tanja hält sich dicht hinter mir im Windschatten, was ihr zusätzlich einige Kilometer Reichweite bringt. Nach 30 km ist Akku 1 leer. Nach 60 km Akku 2. Wegen den Magenproblemen und dem Schlafmangel sind wir müde und geschafft und legen nach drei Stunden strampeln gegen den Wind am Straßenrand ein Pause ein. Durstig ziehen wir das köstliche und überlebensnotwendige Wasser aus unseren Trinksäcken. Unser Vorrat geht rapide nach unten. Gut dass wir genügend davon mitgenommen haben. Vor allem wenn wir dazu gezwungen sein sollten in der Steppe ein Nachtlager aufschlagen zu müssen. Wir setzen uns in den spärlichen Schatten unserer Räder, essen ein paar Müsliriegel und tanken Kraft für das was noch vor uns liegt. Bevor es weiter geht suche ich mit dem Fernglas den Horizont ab. Vielleicht kann ich ja doch eine Häusersilhouette ausmachen? Jedoch ist außer Wüste, Sand und Steppe nichts zu entdecken.

Auch auf der weiteren Strecke erscheint kein Straßenrestaurant oder eine kleine Siedlung wo wir unsere Akkus laden könnten. Fahrzeuge kommen nur sehr selten vorbei. Der Wind trägt den Verwesungsgestank der am Straßenrand liegenden toten Rinder und Pferde zu uns. Sie erinnern uns unweigerlich an den Tod und daran, dass man hier locker verdursten kann. Wer hätte gedacht, dass es urplötzlich keine menschliche Siedlugen mehr gibt, und das in der Wüste Gobi. Eine Panne würde uns in große Schwierigkeiten bringen. Ich bete hier keinen Platten zu fahren. Das wäre eine kleine Katastrophe. Jedoch halten die Reifen bisher gut durch. Gestern hatte einer der Tankwarte gesagt, dass spätestens 26 Kilometer nach dem Ort Khar-Airag eine Unterkunft kommt. Warum der Mann so etwas erzählt? Keine Ahnung. Auf unseren Reisen mussten wir schon öfter die Erfahrung machen, dass uns Einheimische mit Fehlinformationen füttern. Im Outback Australiens wären Tanja und ich deswegen fast verdurstet. Deswegen wundert es mich nicht seit nun 80 km nichts anderes außer Wüste zu sehen.

Nach 90 km ist Akku 3 leer. Wir setzen den vom GoalZero über Solar geladenen Akku 4 ein, der, wie schon mal beschrieben, wegen der geringen Kapazität der kleinen GoalZero-Batterie, maximal mit 20 km Reichweite geladen werden kann. Weil Tanja die gesamte Zeit in meinem Windschatten fährt und ihr Anhänger um ca. 30 Kilogramm leichter ist, holt sie ca. 10 Prozent mehr Strecke aus ihrem Kraftspeicher. Trotzdem tauschen wir jedes Mal auch ihren Akkumulator aus wenn meiner leer ist. Ich werde dann die Restenergie ihrer Akkus nutzen wenn meine alle ausgesaugt sind. Das bedeutet, dass wir mit diesem Energiemanagement es schaffen, alle Batterien gleichzeitig leer zu fahren, denn es ergibt keinen Sinn wenn Tanja am Schluss noch viel Saft in ihrem letzten Akku hat, während meine alle platt sind.

Um noch mehr Energie zu sparen fahren wir ab sofort nur noch im Eco- oder Tourmodus. Wir diskutieren ob es einen Sinn ergibt einen der abgelegenen kleinen Bahnhöfe der Transmongolischen Eisenbahn anzusteuern. Jedoch müssten wir hierfür mehrer Kilometer über grobe Lehm- und Schotterpisten zur Bahnlinie holpern, ohne zu wissen ob diese Bahnhäuschen, welche manchmal von der Straße aus zu sehen sind, auch besetzt sind. Wenn nicht, würden wir mitten in der Pampa festsitzen, ohne die Möglichkeit zu besitzen, im Notfall eines der wenigen Autos anhalten zu können.

Meine heutige kalkulierte Reichweite liegt bei ca. 110 km. Unser Tagesziel, die Stadt Sainschan, dürfte laut maps.me (Ein Kartenprogramm für Smartphones) bei Kilometer 130 km liegen. „Wie viel ist noch in deinem Akku?“, fragt Tanja bei Kilometer 109. „Gleich alle“, antworte ich. Wenig später setze ich einen von Tanjas Akkus ein, der laut meinem Display noch ca. 9 km hergibt. Obwohl es mittlerweile verdammt knapp wird bleiben wir zuversichtlich es doch noch zu schaffen. Wir erreichen einen mächtigen, aus Beton errichteten Säulenbogen, der sich wie ein historisches griechisches Bauwerk über die Straße wölbt. Er kündigt die Provinz Dornogov an, die im Südosten der Mongolei liegt und direkt an China grenzt.

„Lass uns eine kurze Verschnaufpause einlegen“, sage ich. „Wir erreichen die Stadt“, freut sich Tanja, weil der auf einem Hügel erbaute Säulendurchgang den Blick auf etwa fünf Kilometer entfernte Gebäude freigibt. Beim Herumlaufen am Säulenbogen entdecke ich tatsächlich ein Rasthaus, welches sich hinter einer Erehebung versteckt und deswegen von der Straße nicht zu sehen war. „Ich check das mal ab!“, meine ich und laufe mit bleischweren Oberschenkeln zu dem in der späten Nachmittagsonne beschienen Gebäude. „Hallo! Hallo! Hallooooo!“, rufe ich, weil keine Menschenseele zu entdecken ist. Wegen Wachhunden vorsichtig, betrete ich das Haus. „Hallo!“, rufe ich verhalten weil auch hier drin niemand ist. Schmutzige Tische im Gastraum zeugen von Gästen die hier vor kurzem üppig speisten. „Hallooo!“, rufe ich nochmals nur um gähnende Stille zu vernehmen. Plötzlich stehe ich in der einfachen Küche. Eine sehr, sehr dicke Frau liegt auf einer Matratze. Offensichtlich befindet sie sich im Tiefschlaf. Auf einem Küchentisch gammelt ein ca. 10 Kilogramm schwerer Fleischbatzen dahin. Einige Sonnenstrahlen, die durchs Fenster fallen, lassen ihn grellrot erleuchten. Ein Fliegenschwarm freut sich über die fantastische Kost und labt sich daran. Der süßliche Geruch lässt mir die Haare zu Berge stehen und mein eh schon geschwächter Magen brummt und knurrt unangenehm. Ich mache auf dem Absatz kehrt und laufe zu Tanja. „Und?“, fragt sie. „Ich glaube die haben keinen Strom. Konnte nur ein paar Autobatterien ausmachen die im Gastraum herumstehen. Abgesehen davon ist das wieder so ein Restaurant in dem du zu dem Essen ein gratis Magenproblem bekommst.“ „Also fahren wir weiter?“ „Auf jeden Fall. Die Ortschaft, die wir von hier oben sehen können, erreichen wir ganz bestimmt“, antworte ich, worauf wir unsere Bikes gegen den Wüstenwind nach unten rollen lassen. Jedoch täuschen wir uns in der Entfernung, denn die Häuser wollen und wollen nicht näher kommen. Nun sind bis auf Tanjas letzten Akku alle meine Stromsammler leer. Ich setze ihren Akkumulator 3 ein, dessen Reichweite im Display mit noch fünf Kilometer angegeben wird. Da vor uns eine lang gezogene Erhebung liegt, möchte Tanja während des Akkutausches weiterfahren. „Ich will keine Energie durch einen Stopp verlieren!“, ruft sie mir zu. Aus irgendeinem Grund hält sie 50 Meter weiter aber doch an. Zum Glück, denn laut eines Straßenschildes müssen wir die Hauptstraße verlassen und nach rechts abbiegen. Das hätte sie übersehen und ich hätte ihr wegen Energiemangel nicht hinterher fahren können um sie darauf hinzuweisen. „Wie weit kommst du noch?“, frage ich. „Sieben km und du?“ „Fünf km.“ Wir fragen einen Autofahrer wie weit es noch bis nach Sainschand ist. „Noch einen Kilometer“, antwortet er von uns ein Foto machend. „Hurra! Super!“, freuen wir uns und am liebsten würde ich meine verbleibende Energie im Turbomodus verblasen. Nach zwei km ist noch keine Stadt in Sicht. Nach drei km noch immer nicht. Weitere Autofahrer die, wir anhalten, sprechen erneut von nur noch einen Kilometer. Und endlich, nach fünf km erreichen wir das Ortsschild der Stadt. „Wir haben es geschafft!“, ruft Tanja glücklich. „Fantastisch!“, teile ich ihre Freude. Ein Passant zeigt uns den Weg zu einem Hotel. „Sieht ja nobel aus“, meint Tanja als wir mit der letzten Energie im Akku unsere Bikes vor dem mongolischen Luxusschuppen abstellen. „Hätte nicht gedacht, dass die in dem Wüstennest so ein Hotel haben“, sage ich euphorisch, endlich mal nicht in einer heruntergekommenen, halb zerfallenen und schmutzigen Bleibe übernachten zu müssen. Während Tanja draußen auf die Räder aufpasst betrete ich das edle Haus. Obwohl hier alles recht international aussieht spricht man an der Rezeption kein Wort Englisch. „Awtsch boloh uu neg hünij tasalgaa?“ (Kann ich bitte ein Doppelzimmer haben“, frage ich. Die Rezeptionistin zeigt mir das schöne, saubere Zimmer mit Balkon. „58.000 Tugrik“, (26,- €) sagt sie freundlich. „Obwohl der Preis für Langzeitreisende fürs Budget kritisch ist, nehme ich den Raum sofort. Wieder an der Rezeption bekomme ich postwendend den WLAN-Code. „Wo dürfen wir unsere Räder unterstellen?“ „Wir haben draußen eine Garage.“ „Perfekt“, freue ich mich und folge dem Hotelchef, um mir die Garage anzusehen. „Hier können sie ihre Räder einstellen“, sagt der Mann auf einen lumpigen Bretterverschlag deutend den jedes Kind in handumdrehen überwinden kann. „Hier?“, frage ich fassungslos. „Ja, wir besitzen zwei Hunde. Sie sind in der Einzäunung nebenan. Die passen auf.“ „Aber was können ihre Hunde gegen einen Dieb ausrichten wenn sie in einem anderen Bretterverschlag eingesperrt sind?“ „Sie schlagen an.“ „Und sie stehen jedes Mal auf und sehen nach warum sie anschlagen?“, frage ich ungläubig. Ohne auf meine Frage einzugehen sagt er: „Außerdem wird ja ihr eigener Hund neben den Fahrrädern sitzen.“ „Unser eigener Hund?“ „Aber klar. Ins Zimmer dürfen sie den nicht mitnehmen.“ „Unser Hund soll hier den ganzen Tag in der Sonne liegen?“ „Na klar. So wie unsere mongolischen Hunde auch. Da ist die Kette an den sie ihn festmachen können“, sagt er im Brustton der Überzeugung auf das ein Meter kurze rostige Ding deutend. „Unser Hund wird niemals an so einer Kette festgemacht. Niemals.“ Kopf schüttelnd verabschiede mich von dem Mann und gehe zu Tanja. „Kein Problem, dann gehen wir eben zu dem Hotel dort unten. Unser Ajaci wird kein Kettenhund“, meint sie empört.

Wir lassen unsere Riese und Müller die Straße entlang rollen und halten bei dem heruntergekommenen Gebäude auf dessen Frontseite ein roter großer Schriftzug „Hotel“ angebracht ist. Ich stelle mein Bike gerade auf den Ständer, als mein Display eine gefahren Strecke von 132 km und Reichweite 0 km anzeigt. „Unglaublich. Schau dir das an. Wir haben es gerade bis hierher geschafft“, sage ich zu Tanja auf das Display deutend.

Während Tanja wieder auf die Räder aufpasst gehe ich in das Gebäude und suche den Eingang zu dem Hotel. Ich lande in einem Supermarkt aus dem man mich wieder rausschickt. Dann stehe ich vor einem Bankautomaten. „Wo ist hier der Eingang zum Hotel?“, frage ich. „Medehgüj“, (weiß nicht) schütteln sie den Kopf. Jemand kommt aus dem Supermarkt herangeeilt und deutet auf eine angefressene Treppe gegenüber vom Bankautomaten. „Bajrlaa“, bedanke ich mich und steige nach oben. Tatsächlich gibt es hier einen Gang von dem links und rechts ein paar Türen in die Zimmer führen. Eine Mongolin, mit der Stimme eines Kettenrauchers, zeigt mir eines der Zimmer. Es ist schmutzig, der Putz und die Tapete löst sich von den Wänden, stinkt nach Rauch und die Dusche ist kaputt, aber wir dürfen unsere Räder am Ende des Gangs abstellen und Ajaci ist geduldet. „Kann man das Fenster öffnen?“, frage ich, weil der Griff abgebrochen ist. Sofort stochert die Frau den Zimmerschlüssel in das Schloss, dreht es herum und siehe da, das Fenster öffnet sich. Augenblicklich bläst der Wüstenwind den stickigen Rauchgestank in den Gang. Weil Tanja und ich hundemüde sind, und noch dazu keine Energie in den Akkus besitzen, sind wir gezwungen zu bleiben. „Ist ja nur für eine Nacht. Morgen suche wir uns etwas anderes“, sagt Tanja und während ich unsere Bikes entlade trägt sie schon mal die Ausrüstung nach oben. Inzwischen werde ich von einigen Menschen umringt, die mich und die Bikes unaufhörlich abfotografieren. Auch ein paar Betrunkene torkeln heran und fassen alles an. Als dann auch noch eine Gruppe Kinder herbeieilt, glaube ich der Sache nicht mehr gewachsen zu sein. Stoisch klicke ich die Satteltaschen aus, stelle sie für Tanja auf die Seite und zerlege unsere Anhänger. Dabei lasse ich keine Sekunde unseren Besitz aus den Augen. Ein Melonenverkäufer namens Roman spricht mich indes auf Englisch an. Ich frage ihn ob er hier ein anderes Hotel kennt. „Bi medehgüj“, (Ich weiß nicht) antwortet er und lässt es sich nicht nehmen mir eine Melone zu schenken. Dann lädt er uns ein bei ihm Zuhause übernachten zu können. Weil sein Heim ca. fünf Kilometer von hier entfernt liegt und unsere Akkus leer sind können wir sein Angebot nicht annehmen. „Na dann kommt ihr morgen zu uns“, sagt er lachend.

Mit letzter Kraft tragen wir dann die zerlegten Anhänger in den ersten Stock. 20 Minuten nach unserer Ankunft sind die Räder im Gang der Unterkunft abgesperrt und unter einer Plane vor neugierige Augen versteckt. „Na so habe ich mir das nicht vorgestellt“, meine ich mich vor Erschöpfung kaum noch bewegen könnend auf das jetzt frisch überzogene Bett legend.

Nach ein paar Scheiben Weißbrot mit Käse und Gurken aus dem Glas, verlasse ich unsere Unterkunft, um mit Ajaci die letzte Runde zu drehen. Die Straße ist nur spärlich beleuchtet. Ein paar Straßenköter streunen herum. Am liebsten würden sie sich mit Ajaci prügeln. Ich vertreibe sie mit ein paar Steinwürfen. Ein Betrunkener spricht mich an und fragt ob Ajaci ein Wolf ist. Dann will er ihn streicheln. „Der beißt“, warne ich, worauf er sofort zurück springt. Nur so können wir unseren Hund davor bewahren von Früh bis Nacht unaufhörlich von fremden Menschen angefasst zu werden. Aus einem Haus weht der unangenehme Geruch von Innereien, die gerade zubereitet werden. Eine Leibspeise für viele Mongolen, ein Alptraum für mich. So unterschiedlich können Geschmäcker sein. Vor allem wenn sie von völlig unterschiedlichen Kulturen stammen. So schnell als möglich laufe ich weiter. Eine riesige Ratte kreuzt unseren Weg, bleibt kurz stehen, stellt sich auf die Hinterbeine, blickt uns mit ihren Kulleraugen entgegen, und verschwindet in einem Loch unterm Haus. Wahrscheinlich ist sie vor dem Kater geflüchtet, der sich vor das Loch setzt und wartet. Sein struppiges Fell und seine zerfetzten Ohren zeugen von so manchen Kämpfen die er überstanden hat. „Komm her!“ befiehlt ein Mann und winkt mir herrisch zu. Ich ignoriere ihn, worauf er mir nachsieht. „Hier müssen wir verdammt aufpassen“, flüstere ich Ajaci zu. Komm mach dein Geschäft, dann können wir wieder rein gehen.“ Ajaci überhört meine Bitte, weil er am liebsten noch ein paar Stunden durch das nächtliche Sainschant laufen möchte…

Am Morgen frühstückt Tanja, der es noch immer nicht gut geht, Weißbrot mit Käseaufstrich und Marmelade. Ich vertilge Fertignudeln und Kekse. Zwar alles kein Gaumenschmaus, aber besser als sich in einem der Restaurant wieder etwas einzufangen. Während dem Morgenspaziergang mit Ajaci entdeckt Tanja ein viel besseres, kleines Regierungshotel, nur einen Steinwurf von unserer Bude entfernt. Das Zimmer kostet dort 40.000 Tugrik. (18,- €) Obwohl wir sehr gerne umziehen würden, sind wir dafür einfach zu müde. Wir entscheiden uns noch einen Tag in unserer Unterkunft zu bleiben, um morgen zum Energiezentrum Khamariin Khiid, mitten in der Gobi Wüste, zu radeln. Davon hat uns der Holländer Roelof erzählt. „Das dürft er unter keinen Umständen verpassen“, schwärmte er. „Ob es dort einen schönen Platz gibt wo ich unsere Aufzeichnungen niederschreiben kann?“, überlege ich. „Vielleicht. Hoffe es ist nicht zu weit weg. Roman der Melonenverkäufer von gestern sprach von 40 Kilometer“, antwortet Tanja. „Wir werden sehen. Da wir die letzten Tage so gut vorangekommen sind und es nur noch ca. 230 Kilometer bis zur Chinesischen Grenze sind, haben wir ein paar Tage, um uns die Region hier genauer ansehen zu können“, entgegne ich.

Die Live-Berichterstattung wird unterstützt durch die Firmen Gesat GmbH: www.gesat.com und roda computer GmbH www.roda-computer.com Das Sattelitentelefon Explorer 300 von Gesat und das rugged Notebook Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung.

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