Zyklon der Stärke 5
Bei Perth — 06.01.2000
Wie jeden Abend kriechen wir nach einem anstrengenden und erlebnisreichen Tag in unser Zelt. Der Wind hat sich mittlerweile gesteigert und im Radio warnte der Nachrichtensprecher die Bewohner des nordwestlichen Küstenbereiches vor einem gewaltigen Zyklon. Da wir in den letzten Wochen immer wieder solche Warnungen im Radio gehört haben, denken wir uns nicht viel dabei und schlafen schnell ein.
Um etwa 3 Uhr morgens weckt mich das unangenehme Knattern der Zeltwand aus dem Tiefschlaf. Kräftige Windböen pfeifen lautstark um unsere Stoffbehausung. Ob die Zeltheringe halten werden? Während ich darüber nachdenke, ob ich mich aus meinen kuschelig warmen Schlafsack quälen soll, um in der unangenehm stürmischen Nacht die Zeltverspannung zu prüfen, schlafe ich wieder ein.
Als Tanja und ich dann am nächsten Morgen aufstehen glauben wir unseren Augen nicht trauen zu können. Nur einen Meter neben unserem Zelt liegt der etwa zwei mal zwei Meter große Hühnerstall, in dem tagsüber unser kleines Kängurubaby Shiron seinen Auslauf hat. Die Windböen haben den transportablen, aus Drahtgeflecht und Blechwinkeln gebauten Stall, mindestens 10 Meter durch die Luft geschleudert. Wäre er auf unserem Zelt gelandet hätte uns, das jetzt stark verbogene Ding, schwer verletzen können. Wir denken nicht viel darüber nach, biegen ihn wieder gerade und Tanja setzt wie jeden Morgen Shiron hinein. Als wir dann wenig später unser Frühstück genießen hören wir in den Nachrichten von dem schlimmsten Zyklon, der seit Beginn Wetteraufzeichnungen in West Australien über das Küstengebiet gerast ist. Die kleine Stadt Karatha, ca. 1500 Kilometer entfernt von uns, wurde teilweise völlig zerstört. Es kommt einem Wunder gleich, dass der Wirbelsturm der Stärke fünf außer großen Sachschaden keine Menschenleben vernichtete und andere Küstenstädte verschonte. Der Gedanke, in wenigen Wochen ganz allein, nur mit fünf Kamelen und einem Hund durch das trostlose Buschland zu laufen und noch dazu solchen entsetzlichen Naturgewalten ausgeliefert zu sein, lässt mir sämtliche Nackenhaare zu Berge stehen.