Zweiter Tag im Paradies
N 44°29'36,7'' E 026°39'01,9''Am frühen Morgen schleicht sich der kleine Wachhund Mustash an Tanjas Schlafsack heran. Dann leckt er ihr vorsichtig über die Hand. “Na mein kleiner Freund? Willst wohl gestreichelt werden?”, flüstert sie und krault unseren Beschützer am Kopf. Mustash vergeht fast vor Wonne. Er legt sich flach auf den Boden und bleibt stocksteif liegen. Bloß nicht aufhören, soll das wohl bedeuten. Als die Sonne höher steigt schlüpfen wir aus unseren Schlafsäcken. Wir genießen Müsli mit getrockneter Mandelmilch die wir im Wasser auflösen. Um 10:00 Uhr kommt uns Dan besuchen. “Habt ihr die Nacht gut verbracht?”, fragt er freundlich. “Sehr gut. Es ist schön wieder unter freiem Himmel schlafen zu können”, antworten wir gut gelaunt. Wir unterhalten uns eine Weile mit ihm und entscheiden einen Tag länger zu bleiben. “Kein Problem. Bleibt so lange ihr wollt”, lädt uns Dan ein und verlässt uns wieder.
Wir nutzen den Tag um uns von den Ereignissen und der langen Anreise nach Rumänien auszuruhen. Dann organisieren wir in aller Ruhe die Ladung unserer Satteltaschen neu. “Gehst du mit Baden?”, fragt Tanja als es am Nachmittag brütend heiß wird, worauf wir unsere Körper im See abkühlen. Die Kulisse könnte nicht besser sein. Heute grast eine Rinderherde am gegenüberliegenden Ufer.
Am Abend kommen Dan und sein Sohn Andrei wieder vorbei. “Wollt ihr angeln?”, fragen sie und drücken uns eine Rute in die Hand. Wir sitzen gemeinsam auf dem Bootssteg und werfen unsere Angeln aus. Obwohl der See mit Fischen neu bestückt wurde will keiner beißen. Als die Sonne tief steht springen ganze Fischschwärme aus dem Wasser. Sie scheinen sich über uns lustig zu machen. “Hä! Hä! Hä! Eure Köder könnt ihr selber fressen!”, glauben wir sie im Chor singen zu hören. Enttäuscht geben wir den Versuch etwas auf den Grill zu bekommen auf.
Als uns Dan und Andrei wieder verlassen, um Nachhause zu fahren, bauen wir wegen der vielen Moskitos unser Zelt auf der Terrasse auf. Obwohl es laut Dan hier viel Gesindel gibt, Menschen die nachts nicht davor zurückschrecken die Fische aus dem See zu klauen, fühlen wir uns irgendwie sicher. “Auch wenn unsere Hunde Mustash und Petilatiza sehr klein sind werden sie jeden Eindringlich beißen und euch beschützen”, versprachen uns unsere Gastgeber.
TANJA SCHREIBT!
So vieles ist seit unserer Abreise von Deutschland passiert, nicht spektakulär, doch genug für mich, dass ich mich über die Zeit hier am wunderschönen Fischerhäuschen freue und meinen Gedanken nachhänge. Trotzdem, irgendwie spektakulär, da wir ja nun wieder unterwegs sind. Die Veränderung, als wir aus dem Zug in Bukarest ausstiegen. Menschen zu begegnen, denen die tägliche Nahrung fehlt, Kinder die Benzin schnüffeln. Dinge, Erlebnisse, von denen Denis schon ausführlich berichtet hat und die ich nun an dieser Stelle nicht noch mal beschreiben muss. Genug auf jeden Fall, dass ich ins Grübeln komme. Die Freude, wie offen wir von den Menschen in Rumänien empfangen werden ist groß. Auch die Dankbarkeit täglich Neues erleben zu dürfen, auch wenn wir Menschen nicht immer direkt alles ändern können was uns nicht gefällt oder wovon wir glauben, dass es anders sein müsste. Während ich so auf den See blicke fällt mir ein Erlebnis ein, welches wir vor Jahren auf einer Reise in Nepal hatten: Wir entschlossen uns an einer Wildwassertour teilzunehmen. Um an den Fluss zu gelangen, wo unsere Rafting-Tour beginnen sollte, wanderten wir für zwei Tage über die Berge. Es war alles sehr wohl organisiert. Träger waren dabei, um für die Rafter die schweren Boote zu tragen. An einer Biegung sehen wir die Männer sitzen. Sie rauchen und lachen. Wir unterhalten uns eine Weile und ich frage, was sie neben dem offensichtlichen Ausruhen tun. “ Wir lassen unsere Seele nachkommen”, antwortet mir ein sehniger Mann mit liebevollem Lächeln. Bis heute liebe ich diese Begebenheit und habe die Antwort des Mannes ins Herz aufgenommen. So sitzen wir nun an der wunderschönen Fischerhütte und lassen unsere Seele nachkommen. Vielen Dank an Dich Mutter Erde und unsere herzlichen Gastgeber.