Wie gigantische Monster aus der Urzeit wirbeln sie durch den pulvrigen Schnee
N 66°03'15.5" E 13°42'04.9"Datum:
26.11.2020
Tag: 116
Land:
Norwegen
Ort:
Blutstraße
Tageskilometer:
181 km
Gesamtkilometer:
8404 km
Bodenbeschaffenheit:
Asphalt
Brückenüberquerungen:
22
Tunneldurchfahrten:
7
Sonnenaufgang:
09:30 Uhr
Sonnenuntergang:
14:14 Uhr
Temperatur Tag max:
1°
Temperatur Nacht min:
minus 5°
Wind
5 km/h
Aufbruchszeit:
11:00 Uhr
Ankunftszeit:
16:00
(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)
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Um 12:00 Uhr Mittag steht die Sonne nur ein paar Meter über dem Horizont und wirft durch ein dunkles Wolkenloch einige ihrer grellen Strahlen ins Fahrerhaus. Die Augen zu Schlitzen zusammenziehend reiße ich die Sonnenblende nach unten, um wieder sehen zu können. In dem Moment kommt ein Lkw-Konvoi auf uns zu gedonnert. Windböen blasen über die Hochebene, reißen den frischen Schnee vom Land und fegen ihn über die Straße. Das Szenario, welches sich vor unseren Augen abspielt, ist unreal, ja fast ein wenig gespenstig. „Hol die Kamera aus der Tasche!“, rufe ich Tanja aufgeregt zu, da ich dieses irre, zugleich wunderschöne und faszinierendes Bild unbedingt festhalten möchte. Wie gigantische Monster aus der Urzeit wirbelt jeder der schweren Lastwägen pulvrigen Schnee auf und zieht eine imaginäre weiße Nebelwand hinter sich her die wie der Schwanz eines Drachens über die Fahrbahn tanzt. Wuuummm! Wuuummm! Wuuummm!, brausen die ersten Könige der Straße an uns vorbei. Dabei rasseln ihre Schneeketten derart laut, dass man meinen könnte wir werden von den eisernen Tieren böse angefaucht. Im Luftsog der Metallmonster schwankt unsere Terra. Mit eisernen Fäusten umklammere ich das Lenkrad, um die Spur auf dem spiegelglatten Untergrund zu halten. Ehe wir uns versehen ist der Spuk wieder vorbei. Bis auf das gleichmäßige Brummen unseres Motors ist es still. Die tanzenden Schneegeister auf der Fahrbahn haben sich in die weite Landschaft verzogen. Als würde Mutter Erde den Akt des Schauspiels mit dem Fall eines Vorhangs beenden, verzieht sich die Sonne schlagartig hinter die dunkle Wolkenwand. „Puhaaa! Welch ein Zauber. Das war der Hammer! Hast du Fotos machen können?“, frage ich aufgeregt. „Ich glaube schon. Weiß nicht ob sie geworden sind, aber ich habe ein paar Mal auf den Auslöser gedrückt.“ Nachdem die Sonne hinter der Wolkenwand weiter Richtung Horizont sinkt hat das Landschaftsbild seine Farbe und Gesicht verloren. Ein Güterzug kommt aus der Dunkelheit hinter uns. Eine Schneefahne hinter sich herziehend donnert er laut an uns vorbei, um vor uns am Horizont wieder im Nichts zu verschwinden…