Was bringt mir schon der Vorteil mehr Kälte zu vertragen?
N 22°01’54.7“ E 146°19’34.1“Tag: 208 Etappe Drei / Expeditionstage gesamt 599
Sonnenaufgang:
05:23
Sonnenuntergang:
18:50
Luftlinie:
27,1
Tageskilometer:
35
Gesamtkilometer:
6136 km
Temperatur - Tag (Maximum):
44,5° Grad, Sonne ca. 69°
Temperatur - Nacht:
20,6° Grad
Breitengrad:
22°01’54.7“
Längengrad:
146°19’34.1“
Dividing Ranch-Camp — 10.12.2002
Nach einer fantastischen Nacht ohne weiteren Regen und mit angenehm niedrigen Temperaturen verlassen wir den Gidyeawald. Immer noch sind einige Stellen am Boden mit Wasser gefüllt. Unsere Karawane hinterlässt auf der jungfräulich, vom Regen aufgewirbelten Erde und rotem Sand, tiefe Spuren. Mit hoher Laufgeschwindigkeit eilen wir durch das mit Heart Leaf verseuchte Land. Wir lassen die Homestead von Doongmabulla hinter uns, überqueren einen Hügel der zum Great Dividing Ranch gehört und die Küste vom Inland trennt.
Gegen Mittag steigen die Temperaturen wieder dramatisch an. Durch den Regen ist die Luftfeuchtigkeit derart hoch, dass wir das Gefühl haben am lebendigem Leib gewürgt zu werden. Mein schweißnasses Hemd liegt auf der Haut und trocknet nicht mehr. Unser Ziel ist es heute so nah wie nur möglich an die Grenze des Giftbuschlandes zu gelangen. Wir laufen und laufen wie die Maschinen. Unser Lungen ziehen die heiße, feuchte Luft in den Körper. Die Herzen pumpen und pochen und ich habe das Gefühl am Rande eines Schwindelanfalles zu stehen.
Erst um 13:00 Uhr erreichen wir bei ca. 44° Grad im Schatten einen Campplatz der genügend Futter für unsere hungrigen Freunde bietet. Wieder türmen sich große Gewitterwolken in das ewige Blau. Starker Wind kommt auf der mit ungewöhnlicher Hitze durchs Lager bläst. Tanja und ich arbeiten wie in Trance. Das wankelmütige Wetter setzt uns schwer zu. Uns ist bewusst das Tor zur Regenzeit durchschritten zu haben. Die Luftfeuchtigkeit, die extrem heißen Winde, das Auf und Ab der Temperaturen, die Trockenheit und die für Queensland ungewöhnliche lange Hitzewelle machen uns es nicht gerade leicht unsere gute Laune und die Zuversicht aufrechtzuerhalten. Trotzdem kommen wir jeden Tag näher an unser Ziel. Seit einer Woche gebe ich Tanja jeden Tag die Entfernung nach Bowen durch. Auch wenn Bowen nur ein fiktives Ziel für uns ist sind es nur noch 300 Kilometer Luftlinie. Der Gedanke an eine erfolgreiche Durchquerung des Kontinentes spendet uns die nötige Energie, um allen bisherigen Herausforderungen zu trotzen.
Als wir uns um 19:00 Uhr auf unsere Campbetten legen hat der Wind die Wolken weggeblasen. Es dauert nicht lange bis er sich zu einem Sturm mausert der unaufhörlich in die umliegenden Eukalyptusbäume fährt. Unter ohrenbetäubendem Geheul biegen sich die Baumkronen und Äste. Es hat immer noch 40° Grad. Die Luft ist voller Spannung das wir glauben sie könnte jeden Augenblick wie ein Benzingemisch explodieren. Das Heißluftgebläse quält mich derart, das ich um 20:00 Uhr wieder aufstehe, mir mein Handtuch schnappe und es mit Wasser tränke. Dann wickle ich es mir um die Füße. „Ahh, das tut gut,“ stöhne ich laut als mein Körper langsam abkühlt. Tanja scheint schon zu schlafen. Ihr macht Hitze weniger aus. Um auch einen meiner Vorteile aufzuzählen muss ich sagen Kälte besser zu vertragen. Nur bringt mir dieser Vorteil hier reichlich wenig.
Trotz meiner Wadenwickel ist mir dann immer noch heiß. Plötzlich kommt mir eine weiter gute Idee. Ich nehme mein Stirnband, benetze es mit Wasser und lege es mir um den Kopf. Jetzt bekämpfe ich die Hitze von unten und oben. Siehe da, ab diesem Zeitpunkt kühlt mein Körper auf brauchbare Schlaftemperaturen ab und ich trete in das Land der Erholung.