Von der Sahara zur Atlantikküste
N 29°22'57.6" W 010°10'34.9"Tag: 17.02.2024
Tag: 442
Camp 80
Land: Marokko
Ort: Sidi Ifni Camping el barco
Breitengrad N: 29°22’57.6″
Längengrad W: 010°10’34.9″
Gesamtkilometer: 11.831 km
Höhe: 10 Meter
Temperatur Tag max: 19°
Temperatur Nacht: 17 °
Nachdem wir die Stadt Guelmin, auch bekannt als das „Tor zur Sahara“, hinter uns gelassen haben, fahren wir in Richtung Norden zur Stadt Sidi Ifni, die im Anti-Atlas-Gebirge und am Atlantischen Ozean liegt. Wie fast immer im südlichen Marokko fasziniert uns die Strecke, die uns durch eine Region mit reicher Geschichte und atemberaubender Landschaft führt. Die gut ausgebaute Nationalstraße N12 befindet sich in hervorragendem Zustand, sodass wir die Fahrt genießen können.
Die teils karge Wüstenlandschaft zieht an uns vorüber, doch immer wieder tauchen die einzigartigen Arganbäume auf und verleihen der Umgebung grüne Tupfer. Diese Bäume, deren Öl weltweit geschätzt wird, haben eine beeindruckende Lebenserwartung von 150 bis 400 Jahren. Sie sind an ihrer charakteristischen, rauen, netzrissigen und würfelförmigen „Schlangenhaut“-Rinde sowie an ihren schmalen, länglichen oder elliptischen, dicklichen und wachsigen Blättern zu erkennen.
Entlang der Küste kann man eine vielfältige Tierwelt beobachten, darunter verschiedene Vogelarten, Meeresschildkröten und mit etwas Glück auch Delfine. Es gibt sogar eine Sage über einen weisen alten Mann, der als Hüter des Arganbaums bekannt war. Er soll den Menschen in der Region das Wissen über die vielfältigen Nutzen des Arganöls vermittelt haben. Der Hüter des Arganbaums wird oft als Schutzgeist der Bäume angesehen, und es heißt, dass er in Zeiten der Not erscheint, um die Bäume vor Zerstörung zu bewahren.
Zwischen den trockenen Wüstentälern erhebt sich immer wieder das Anti-Atlasgebirge, das sich über etwa 500 Kilometer von der Atlantikküste bis zur Stadt Ouarzazate erstreckt. Das Gebirge entstand vor etwa 300 Millionen Jahren und besteht aus präkambrischen Gesteinen, die zu den ältesten bekannten Gesteinen der Erde gehören und bis zu 4 Milliarden Jahre alt sein können. Der höchste Gipfel ist der Jebel Siroua mit beachtlichen 3.304 Metern Höhe. Die Region zeichnet sich durch vielfältige Landschaften aus, darunter zerklüftete Felsformationen, fruchtbare Täler und eine artenreiche Fauna, in der auch Berberaffen zuhause sind. Das Anti-Atlasgebirge ist die Heimat vieler Berberstämme, die bekannt für ihr Kunsthandwerk und ihre traditionellen Lebensweisen sind. Historische Stätten wie die Felszeichnungen von Ait Ouazik und malerische Orte wie Tafraoute stehen auf unserer marokkanischen Bucketliste.
Wir erreichen das charmante Küstenstädtchen Sidi Ifni, das nach Sidi Mohammed Ben Abdallah, einem lokalen Heiligen, benannt wurde. Von 1934 bis 1969 war Sidi Ifni eine spanische Enklave, was einen prägenden Einfluss auf ihre Architektur und Kultur hatte. Zahlreiche Gebäude im Art-Déco-Stil und Straßennamen auf Spanisch zeugen von dieser kolonialen Vergangenheit. 1969 wurde Sidi Ifni offiziell an Marokko zurückgegeben, doch die Spuren der spanischen Präsenz sind bis heute sichtbar. Wie in fast jeder Stadt, die wir auf unserer bisherigen Marokkoreise besucht haben, bummeln wir auch durch die Souks, die ein Fenster zur reichen Kultur, Geschichte und der Religion sind. Der Geruch von frisch geschlachtetem Kamelfleisch und der Duft von frischen Gewürzen und Kräutern liegt in der Luft. Bevor wir mit unserer Terra Love zum Campingplatz fahren, decken wir uns noch mit frischem Obst und Gemüse aus der umliegenden Region ein.
Die Souks sind nicht nur ein Ort des Handels, sondern auch ein sozialer Mittelpunkt, wo die Einheimischen zusammenkommen, um Neuigkeiten auszutauschen und Geschichten zu teilen. Sidi Ifni ist ein Schmelztiegel verschiedener Kulturen, darunter Berber, Araber und Spanier. Diese kulturelle Vielfalt spiegelt sich in der lokalen Küche, den Traditionen und dem alltäglichen Leben wider. Am Ende unserer kleinen Tour durch das angenehme Städtchen verschlägt es uns noch auf den Fischmarkt, der ein zentraler Handelsplatz für die lokale Fischereiindustrie und eine bedeutende Einnahmequelle für die Stadt ist. Frischer Fisch und Meeresfrüchte werden täglich von den lokalen Fischern gefangen und auf dem Markt verkauft. Die Vielfalt ist groß, und es werden verschiedenste Meeresfrüchte angeboten, darunter Thunfisch, Sardinen, Makrelen, Tintenfisch und Hummer.
Nach einem entspannten Nachmittag in der Stadt und dem Souk erreichen wir den beliebten Campingplatz El Barco an der malerischen Atlantikküste. Er bietet eine ideale Lage direkt am Strand, am Fuße des Städtchens. Der Campingplatz ist gut ausgestattet und bietet Annehmlichkeiten wie saubere Sanitäranlagen, Duschen, Stromanschlüsse und eine Entsorgungsstation für Wohnmobile.
Neben Stellplätzen für Zelte, Wohnwagen und Wohnmobile gibt es auch Bungalows oder Mietunterkünfte für Reisende ohne eigenes Camping-Equipment. Abends sitzen wir auf dem Dach unserer Terra Love und sehen den Surfern und Wellenreitern zu.
Die Wellen hier sind einfach fantastisch und bieten für jeden etwas – egal ob Anfänger oder Fortgeschrittener. Besonders von September bis April sind die Bedingungen perfekt, mit beständigen und hochwertigen Wellen. Die Wassertemperaturen liegen das ganze Jahr über zwischen 16°C und 22°C, Temperaturen, bei denen es Sinn macht, einen Neoprenanzug einzupacken. Der Hauptstrand von Sidi Ifni ist ein Traum: lange, breite Sandflächen mit Beach Breaks und Point Breaks. Anfänger können hier in sanften Wellen üben, während die erfahreneren Surfer kraftvollere Wellen in weniger überlaufenen Gebieten finden. Es gibt mehrere Surfschulen, die Unterricht und Ausrüstungsverleih anbieten. Wir empfinden die Surfszene hier als unglaublich entspannt und freundlich.
Während unseres einwöchigen Aufenthalts in Sidi Ifni nutzen wir immer wieder die Gelegenheit, an dem wundervollen Strand entlangzulaufen. Oft werden wir dabei von wilden Hunden begleitet, die hier leben. Manche von ihnen lassen nicht locker und folgen uns über lange Strecken, immer in der Hoffnung, ein neues, besseres Zuhause zu finden. In vielen Küstenregionen Marokkos, einschließlich Sidi Ifni, sind wilde Strandhunde ein bekanntes Phänomen. Diese streunenden Hunde stammen oft von Haustieren ab, die ausgesetzt oder zurückgelassen wurden, und haben sich an das Leben in freier Wildbahn angepasst. Sie leben meist in Rudeln und sind oft nachts aktiv, auf der Suche nach Nahrung und einem sicheren Schlafplatz. Wilde Strandhunde sind in der Regel scheu und meiden den Kontakt mit Menschen, können jedoch zutraulicher werden, wenn sie regelmäßig gefüttert werden. In einigen Fällen können sie territorial oder aggressiv werden, besonders wenn sie sich bedroht fühlen oder es um Futter geht. Viele dieser Hunde leiden unter Gesundheitsproblemen wie Unterernährung, Hautkrankheiten oder Parasiten, weshalb es wichtig ist, vorsichtig zu sein, um das Risiko von Krankheiten wie Tollwut zu vermeiden. In einigen marokkanischen Städten und Gemeinden kümmern sich Tierschutzorganisationen um die Kastration, Impfung und Versorgung von streunenden Hunden, um die Population human zu kontrollieren. Dennoch sind die Ressourcen oft begrenzt.
Wilde Hunde können sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf das lokale Umfeld haben. Sie helfen, Müll und Abfälle zu reduzieren, indem sie essbare Reste fressen, können aber auch Bedrohungen für Wildtiere darstellen. In touristischen Gebieten sind sie sowohl eine Attraktion als auch ein potenzielles Problem, je nachdem, wie sie sich verhalten und wie Besucher mit ihnen umgehen. Durch unsere täglichen Besuche haben Tanja und ich das Vertrauen des Hunderudels gewonnen und Freundschaft mit ihnen geschlossen. Schnell haben sie sich an unsere Gegenwart gewöhnt. Frisches Trinkwasser und eine Schale mit Hundefutter machen diesen windigen und heißen Tag erträglicher.
Nach einer wunderbaren und erholsamen Woche in Sidi Ifni setzen wir unsere Reise fort, hinein in das Anti-Atlasgebirge mit seinen geheimnisvollen Speicherburgen und grünen Oasen. Dank des milden Klimas ist Sidi Ifni das ganze Jahr über ein attraktives Reiseziel. Die Temperaturen sind moderat, und die frische Meeresbrise sorgt für eine angenehme Atmosphäre. Nach mehreren Monaten in der von Sandstürmen geplagten Sahara tut uns das milde Wetter besonders gut. Die Wirtschaft der Stadt basiert hauptsächlich auf Fischerei und Landwirtschaft. Der aktive Fischereihafen liefert frischen Fisch und Meeresfrüchte, die ein wichtiger Bestandteil der lokalen Küche sind. Sidi Ifni hat zudem eine lebendige künstlerische Gemeinschaft. Viele lokale Künstler und Kunsthandwerker produzieren traditionelle Berberkunst, Textilien und Keramik. Regelmäßig finden Kunsthandwerksmärkte und Ausstellungen statt, die Besucher anziehen.
Sidi Ifni ist ein Ort voller Geschichte, Kultur und atemberaubender Landschaften, der uns tief beeindruckt hat. Von den Geschichten und Legenden des Anti-Atlasgebirges bis hin zu den täglichen Begegnungen mit der vielfältigen Tierwelt und den wilden Hunden – jede Erfahrung hat unsere Reise bereichert. Jetzt sind wir gespannt auf die weiteren Abenteuer, die das Anti-Atlasgebirge für uns bereithält, und freuen uns darauf, noch tiefer in diese faszinierende Region Marokkos einzutauchen
Hier ist der Link zum Video: