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Abbrechen
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Rumänien/Calarasi

Verunstaltetes Monster

N 44°26'20.6'' E 026°51'42.6''

Am Morgen verlassen wir regelrecht gerädert unsere Behausung. Wir packen unsere riese und müller und wollen früh los. Tanja hat mit Erlaubnis der Managerin gestern noch die Reste des leckeren Essens von Octavia im Hotelkühlschrank gelegt. Bevor wir aufbrechen wollen wir es frühstücken. Leider ist das gesamte Personal nicht auffindbar und die Tür zur Küche abgesperrt. An der Tankstelle neben an wird Tanja fündig. Der Tankwart verspricht jemanden anzurufen. Es dauert eine Weile bis eine aufgedonnerte Matrone kommt und uns Octavias Leckereien aus dem Kühlschrank holt.

Dann, um 9:00 Uhr geht’s los. Heute werden es über 50 Km. Wir haben uns entschieden die Bundesstraße zu verlassen und trotz Umweg wieder zu Donau an die Bulgarische Grenze zu fahren. Unser ursprünglicher Gedanke ist ja der Donau bis zum Schwarzen Meer zu folgen. Auf der letzten Etappe mussten wir den Fluss verlassen, um nach Bukarest zu gelangen. Heute werden wir sie also wieder sehen, unsere Freundin, die zweitlängste Wasserader Europas und eine der wichtigsten Schifffahrtswege des Kontinents.

Die ersten zwei Stunden hat sich die Sonne hinter einer dunstigen Wand verzogen. Die Temperaturen sind für uns als Radler perfekt. Wir kommen gut voran… Herrlich. Nach 20 Kilometer legen wir an einem der typischen kleinen Magazins eine Rast ein. Ein Magazin oder auch einfach Bar genannt ist ein kleiner Lebensmittelladen, oft mit Sitzgelegenheit, um Gekauftes gleich zu konsumieren. Die Männer, meist ältere, sitzen hier schon morgens um 10:00 Uhr mit ihrem Bier. Sie unterhalten sich und beginnen somit ganz gemütlich ihren Tag. Immer wenn wir an solch einem Laden vorbeiradeln wird gegrölt und gerufen. Klar, meist ist Alkohol im Spiel.

Direkt nach unserer Rast kommt Gegenwind auf und das leichte Dahinsurren hat schlagartig ein Ende. Oh wie ich Gegenwind verabscheue. Trotzdem kommen wir gut weiter. Am Nachmittag erreichen wir die Peripherie der Grenzstadt Calarasi. Die Straße wird geschäftiger und somit auch für uns gefährlicher. Staub und reichlich Abgase wirbeln durch die Luft und lassen uns husten. Verlassene, völlig verfallene Gebäude, Schlöte und Fabrikhallen säumen plötzlich den Weg. In ihrer Hässlichkeit sind diese Bauwerke kaum zu übertreffen. Eigenartig zu was der Mensch in der Lage ist. “Lass uns mal anhalten. Das muss ich fotografieren”, rufe ich. Fasziniert von dem abstoßenden Anblick halte ich diese Beleidigungen an Mutter Erde mit unserer Leicakamera fest. Dann geht es weiter. Noch bis in die Stadt folgen uns die Abscheulichkeiten menschlicher Architektur. Hier in der Stadt lebt das Monster aber noch. Es zuckt, dampft und kracht. Menschen hecheln in Arbeitkleidung über die Straße. Ein Schwertransporter wird mit Funkgeräten in ein Tor eingewiesen. Es wirkt als schiebt sich ein dicker Speer ganz langsam in die offene Wunde der verunstalteten Schreckensgestalt. Wir werden unfreundlich vorbei gewunken. Ein paar Männer rufen. Wir zwingen uns ein Lächeln ab. Dann hat uns die Szene ausgespuckt und wir landen an einer Tankstelle. Wir fragen nach einer Unterkunft. Ein französisch sprechender Rumäne erklärt mir freundlich den Weg. Da ich kein Französisch spreche könnte er mir den Weg auch auf Rumänisch erklären. Doch Zeichensprache und Gestik ist international und außer in China überall verständlich. Wir folgen einer verschmutzten Asphaltstraße über die alle paar hundert Meter Weihnachtsschmuck hängt. Wahrscheinlich haben sie den gleich für den kommenden Winter hängen lassen. Links und rechts der Asphaltstraße führen weitere Straßen in schmutzige Häuserreihen, nur das diese Straßen keinen Teerbelag, sondern Schotter oder Lehm besitzen. Die Strecke kommt uns unecht und skurril vor. Dann wird es etwas besser. Läden säumen die Verkehrsader. Wir rollen ganz langsam, um nicht irgendwo dagegen zu stoßen oder überfahren zu werden. Dann steht er plötzlich da. Ein Hotelbunker wie man ihn nur zu kommunistischen Zeiten gebaut hat. Etwa fünf Stockwerke hoch, eckig wie ein Würfel und hässlich wie ein verrosteter Eimer. Das Personal ist nett. Wir dürfen unsere Räder in der blitzend saubere Hotelhalle parken und bekommen für 50 Euro ein frisch renoviertes, für die Verhältnisse, schönes Zimmer. Es gibt sogar eine Art Sitzbadewanne. Ich lasse es mir nicht nehmen sie nach unserem ersten 54 Kilometer-Tag zu nutzen und zwänge meinen müden Körper hinein. Auch wenn sie klein ist tut mir das heiße Bad sehr gut. Am Abend gehen wir im Hotel essen. Als ein Wolkenbruch niedergeht sitzen wir auf der Terrasse und genießen den Blick auf einen Seitenarm der Donau. Bei einem relativ gutem Mahl und einem Bier freuen wir uns diesen Tag geschafft zu haben. Es war ein guter, erfolgreicher Tag.

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