Suche nach dem Wikinger-Schiff
N 59°16’41.6’’ E 011°07’55.2’’Datum:
11.08.2020 bis 12.08.2020
Tag: 009 – 010
Land:
Norwegen
Ort:
Parkplatz am Touristenzentrum
Tageskilometer:
57 km
Gesamtkilometer:
1496 km
Fahrzeit:
1 Std.
Bodenbeschaffenheit:
Asphalt
Sonnenaufgang:
05:19 Uhr
Sonnenuntergang:
21:22
Temperatur Tag max:
28°
Temperatur Tag min:
20°
Aufbruch:
16:00 Uhr
Ankunftszeit:
18:30 Uhr
(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)
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Nach einer ruhigen Nacht machen wir uns auf den Weg, den Grabhügel Jellhaugen und den Sensationsfund eines Wikingerschiffes, dass man erst im Jahre 2018 mittels Bodenradar entdeckt hatte, aufzusuchen. „Hier muss es sein“, sage ich 15 Minuten später neben einen großen Erdhügel die Terra parkend. „Bin echt gespannt, was uns hier erwartet“, meint Tanja ungeduldig. „Lass uns da mal hochgehen“, sage ich auf die Erhebung, den nördlichsten gelegenen großen Grabhügel Skandinaviens, deutend. „Darf man da überhaupt rauf?“, ist sich Tanja unsicher. „Klar, da ist doch ein kleiner Pfad und oben steht so eine Hinweistafel“, antworte ich und laufe los. Oben angelangt blicken wir auf die Hauptverkehrsader E6 und auf der anderen Seite in das mit Gras und Wald bewachsene hügelige Land. „Und unter uns soll der König Jell begraben sein?“, fragt Tanja. „So sagt es die Überlieferung“, antworte ich die Information aus der Hinweistafel entnehmend. Weil ich das Zeitalter der Wikinger schon seit meiner frühesten Jugend interessant fand, fühle ich mich solchen Orten wie hier besonders zugetan. Ich blicke den Hügel, der das gesamte Umland dominiert, hinab und stelle mir vor, wie vor ca. 1.500 Jahren die Bevölkerung der Region diesen gigantischen Erdhaufen mit einfachen Werkzeugen geschaffen hat, wie sie Grassode auf Grassode schlichteten, um ihren Anführer und großen König darunter zu begraben. Nach heutiger Schätzung braucht eine Arbeitskraft 100 Jahre, um das für dieses 85 Meter lange, 70 Meter breite und 9 Meter hohe Grab benötigte Volumen von 20.000 Kubikmeter aufzuhäufen. „Was haben die Menschen damals gefühlt, als sie ihren Anführer verloren? Hatten sie nun Angst um ihre Zukunft? Waren sie verunsichert? Gab es einen starken Nachfolger, der für sein Volk die richtigen Entscheidungen traf? Brachte der Beerdigungsritus wieder Normalität in ihr Leben?“, gehen mir viele unbeantwortete Fragen durch den Kopf. „Ich würde wahnsinnig gerne eine Zeitreise unternehmen, um zu erfahren, wie es hier damals wirklich war“, sinniere ich. „Aber nur wenn du schnell wieder in das Hier und jetzt zurückkehren könntest?“, möchte Tanja wissen. „Sicher, in jener Zeit bleiben wäre keine Option. Ich lebe sehr gerne im 21. Jh., erkunde mit meiner großen Liebe unseren Planeten und genieße die Annehmlichkeiten des Fortschritts.“ „Na da bin ich echt froh“, lacht Tanja.
„Wo ist jetzt das gepriesene Wikingerschiff?“, frage ich. „Vielleicht dort unten“, überlegt Tanja auf eine weiße, hallenartige Überdachung deutend. Am Fuße des Hügels informiert uns eine andere Hinweistafel, dass die Besichtigung wegen aktuellen Grabungsarbeiten seit einigen Tagen nicht möglich ist. Wir erfahren, dass neben dem großen Grabhügel erst im Oktober 2018 Überreste weiterer Grabstellen und mehreren Langhäusern entdeckt wurden. In einem der Gräber soll ein etwa 20 m langes Wikingerschiff liegen. Wir vermuten, dass es dort in diesem Zelt gerade freigelegt wird. „Das heißt, es gibt auch in Zukunft Neues zu entdecken“, meine ich. „Genug für eine weitere Reise nach Norwegen“, antwortet Tanja.
Da es hier nichts mehr zu entdecken gibt, machen wir uns auf, um den wasserreichsten Wasserfall Europas, den Sarpfossen, der seit 1.000 Jahren das Wahrzeichen der Stadt Sarpsborg ist, zu besuchen. „Wenn man bedenkt, dass wir in dieser Region rein zufällig gelandet sind beschert uns dieser Zufall viele Highlights“, sagt Tanja. Über eine Brücke überqueren wir den Glomma, der mit seinen 601 Kilometer der längste Strom Skandinaviens ist. „Da ist ein Parkplatzschild!“, ruft Tanja am Ende der Brücke. Ich bremse, setze den Blinker und fahre auf einen kleinen idyllisch gelegenen Parkplatz direkt am Ufer des mächtigen Flusses. „Meinst du da können wir über Nacht bleiben?“, fragt Tanja. „Bestimmt. Wir stellen uns dort an die Seite des Zauns. Da stören wir keinen“, bin ich mir sicher einen fantastischen Übernachtungsplatz mitten in der Stadt gefunden zu haben. Wir packen unsere Kamera und machen uns zu dritt auf, um den Wasserfall und das größte Wasserkraftwerk Europas zu besichtigen, das sich nur ein paar Hundert Meter von hier befindet. Diesmal zu Fuß überqueren wir die im Jahre 1854 erbaute Brücke, die damals, als Riesenbauwerk über dem norwegischen Niagara bezeichnet wurde. „Sieht gar nicht so mächtig aus wie auf den Bildern“, wundert sich Tanja. „Denke das liegt an den vielen industriellen Gebäuden des Kraftwerks. Die haben den Fluss und den heute 23 Meter hohen Wasserfall total unter Kontrolle gebracht“, erkläre ich. „Wieso heute 23 Meter hohen Wasserfall?“ „Auf einen der Hinweistafeln heißt es, dass erst vor 4000 Jahren die Gebirgsschwelle entstanden ist, das sich hier eine Erdmoräne befand, durch die sich die ersten Stromschnellen pressten und sich im Laufe der Zeit sich der Wasserfall ein Gefälle von den gegenwärtigen 23 Meter Höhe in die Landschaft gefressen hat. Heute ballert hier eine Wassermenge von 577 m³/s hinunter, der Reinfall bei Schaffhausen hat hingegen nur 373 Kubikmeter pro Sekunde“, sage ich laut, um das tosende Rauschen des Wasserfalls zu übertönen.
Um ein einigermaßen gutes Bild schießen zu können halte ich meine Kamera über den hohen Absperrungszaun und denke daran, wie es hier vor 1000 Jahren ausgesehen haben muss, in der Zeit als der norwegische König Olav Haraldsson mit seinen Schiffen in Richtung Meer segelte und den damals noch ungezähmten Wasserfall nicht passieren konnte. Es war die Zeit, in der der König genau an dieser Stelle eine neue Hauptstadt mit dem Namen Borg gründete. Schon früh nutzen die Menschen die ungeheure Wasserkraft und erbauten im 14. Jahrhundert eine Getreidemühle und Ende des 16 Jahrhunderts auf beiden Seiten des Flusses Sägemühlen. Später installierte man hier die Papier- und Zelluloseindustrie und es entstand eine der größten Industrieanlagen Norwegens, ein Grund für die vielen hässlichen Gebäude im Bereich des Wasserfalls.
Wir wandern wieder zu unserem mobilen Heim zurück und während Tanja mit Ajaci die letzte Gassirunde geht, tippe ich unsere Erlebnisse in den Laptop und kümmere mich um die Navigation und Sehenswürdigkeiten in der Stadt Oslo…