Sehnen uns nach Ruhe und einem Ort des Friedens
N 23°17’50.0’’ E 139°24’50.8’’Gap-Creek-Camp — 05.09.2002
Nach einer furchtbaren aber regenlosen Nacht packen wir unser Lager zusammen. Ohne Zwischenfälle verlassen wir den namenlosen Creek in Richtung Nordosten. Das Laufen auf dem Track fällt uns viel leichter als über die Sanddünen oder das Steinmeer. Wir kommen gut voran. Die Landschaft ist unverändert. Links und rechts von uns zieht sich eine ewige, trockene Öde dahin. Es ist erschreckend wie lebensfeindlich es hier im Outback sein kann und wie sich von einem auf dem anderen Tag das Aussehen der Umgebung ändert. Am frühen Vormittag haben sich die Wolken vom heißen Wind wieder zurückdrängen lassen. Die Sonne ist nun schon seit 11 Tagen unverändert brutal und gnadenlos. Es flimmert über der Ebene. Manchmal glauben wir sogar eine große Wasserfläche erkennen zu können, doch wenn wir näher kommen hebt sich die Luftspiegelung auf.
Nach 28 Kilometern erreichen wir eine Wegekreuzung. Wir biegen nach Osten ab und folgen dem Gap Creek. Plötzlich kommt uns ein Kleinlastwagen entgegen. Ich führe die Karawane auf die Seite und halte sie an. Zwei Männer steigen aus dem Führerhaus, um uns zu begrüßen. Es ist der Headstockman (Chef der Jackeroos) von Marion Downs und sein Bruder. „Bitte sagt Robert, dass wir hier in der Nähe am Gap Creek unser Nachtlager aufschlagen werden. Er wollte uns mit seiner Familie im Camp besuchen. Er ist jederzeit willkommen,“ erkläre ich freundlich. „Wir werden es ihm ausrichten,“ antworten die zwei.
Nachdem wir den Track verlassen, um unsere Jungs an das Flussbett zu ziehen, sehen uns die beiden Ringer (Cowboys) nach. Dann verlieren wir sie aus den Augen. Auch der Gap Creek ist völlig ausgetrocknet. Große Steine machen uns die Campsuche nicht einfach. Es gibt kaum einen Quadratmeter ohne Felsen und Geröll. Es dauert ein halbe Stunde, bis ich auf der erhöhten Uferbank einen schmalen Erdstreifen entdecke, der es uns erlaubt die Kamele abzuhuschen.
Kurz vor Sonnenuntergang braust ein Fugzeug über unsere Köpfe. „Das war bestimmt Robert,“ meine ich müde. „Ob er uns gesehen hat?“ „Glaube ich nicht. Wenn es so wäre hätte er es uns mit einem Flügelwackeln gezeigt. Wahrscheinlich war er den ganzen Tag unterwegs und kommt erst jetzt nach Hause. Die beiden Ringer konnten ihm anscheinend nicht ausrichten, dass wir hier am Gab Creek campen.“
Wie jeden Abend auch legen wir uns um ca. 19:00 auf die Campbetten. Bevor ich dann hoffentlich vor den Motten und Winzfliegen in das Land der Träume flüchte betrachte ich das Sternenmeer und denke über die Unendlichkeit das Weltalls nach. „Ich sehne mich nach einer Dusche,“ sagt Tanja plötzlich. „Ich auch.“ „Ob wir auf Marion Downs einen guten Patz zum bleiben bekommen? Einen Platz wo du in Ruhe all unsere Erlebnisse aufschreiben kannst?“ „Oh, ich sage dir, das ist was ich mir aus ganzem Herzen wünsche. Ich träume schon seit geraumer Zeit von einer kalten Dusche, frischem Obst und Gemüse, und vor allem lieben Menschen…“ „Ich habe ein gutes Gefühl.“ „Ich auch. Hoffentlich dürfen wir ein zwei Wochen bleiben. Es wäre gut alles was in den letzten Wochen zu Bruch gegangen ist reparieren zu können. Vor allem unsere gepeinigten Körper endlich die nötige Ruhe zugeben,“ sage ich leise einer Sternschnuppe nachsehend. „Morgen werden wir es wissen.“ „Ja, morgen werden wir es wissen.“