Gewitterfront
N 48°26'661 E 010°17'957''Tag: 22
Sonnenaufgang:
06:09 Uhr
Sonnenuntergang:
20:35 Uhr
Luftlinie:
20,40 Km
Tageskilometer:
34,26 Km
Gesamtkilometer:
554,24 Km
Bodenbeschaffenheit:
Asphalt
Temperatur – Tag (Maximum):
20 °C
Temperatur – Tag (Minimum):
14 °C
Temperatur – Nacht:
10 °C
Breitengrad:
48°34’130“
Längengrad:
010°30’142“
Maximale Höhe:
450 m über dem Meer
Aufbruchzeit:
13:00 Uhr
Ankunftszeit:
17:15 Uhr
Durchschnittsgeschwindigkeit:
15,01 Km/h
Mittlerweile sind wir es gewohnt vom Regen geweckt zu werden. Trübsinnig blicke ich auf die Zeltwand. Unsere Freunde Jessy und Pfleidi, die uns für einen Tag besucht hatten, sind gestern Nachmittag wieder aufgebrochen um Venedig, eine der schönsten Städte der Welt, einen Besuch abzustatten. Sie haben uns neben guter Laune auch andere Radhosen mitgebracht. Der Gummi meiner Hosen schnürte mir schon nach den ersten Kilometern die Oberschenkel ab. Auch die wichtige Ersatzfilmkamera war in ihrem Gepäck. Die andere ist ja schon am zweiten Tag unserer Radreise ausgefallen.
Ich denke an unsere Freunde die zu dieser Stunde bereits im warmen Venedig sein dürften. Tack, tack, tack tröpfelt es unentwegt gegen unsere Zeltbahn die bereits die ersten Stockflecken aufweist. “Wahrscheinlich schlendern Jessy und Pfleidi gerade über den Markusplatz und schlecken ein Eis”, sage ich etwas wehmütig. “Hm, würde mir auch besser gefallen als in dieser Wasserburg zu liegen”, antwortet Tanja leise.
Auch um 9:00 Uhr hat der Dauerregen nicht nachgelassen. Als die letzten Camper am Platz kauern wir in unserem Tunnelzelt und löffeln recht freudlos unser Müsli. Stunden später treten wir unsere Böcke über einen geschotterten Weg. Der Regen hat aufgehört und wir kommen bei den angenehmen Temperaturen gut voran. Nur sehr selten begegnen wir Radfahrern. Eine bedrohlich aussehende Gewitterfront schiebt sich wie ein Gebirge vor uns her. Immer wieder erquicken uns dicke Tropfen und reißen uns aus der Liturgie des Fahrens. Trotzdem haben wir Glück, denn die Wolkenberge scheinen vor uns regelrecht zu fliehen.
So unangenehm der herbstliche Sommer uns erscheint, so hat er doch seine Reize. Störche sitzen Schnabel klappernd auf dem Kirchendach von Gundelfingen. Ihre bizarren Silhouetten erheben sich über unsere Köpfe. In dem Dorf Faimingen überrascht uns ein römischer Tempel der bereits 160 nach Christus dem keltisch- römischen Gott Apollo Granus geweiht wurde. Seine fremdartige Rekonstruktion steht im Kontrast zu den umliegenden Bauernhäusern. Der gefährlich aussehende Rauch eines Kraftwerkes wird von den alles bestimmenden Wolken regelrecht aufgesogen. Immer wieder durchqueren wir Waldstücke. Die Reifen unserer Räder geben schmatzende Geräusche von sich und wirbeln den Dreck über unsere Ausrüstung. In Lauingen reißen die dunklen Himmelsgebilde kurz auf was uns dazu veranlasst den Sommer mit einer Eiskreme hervor zu beschwören.
Der Campplatz in Dillingen ist trotz Hauptsaison wie ausgestorben. Wir schlagen unser nasses Heim auf. Vor dem nächsten Regenschauer nutze ich die Zeit, um wie jeden Tag die Kurznotizen über die Geschehnisse und das englische Update für unsere Webseite zu schreiben. Dann überspiele ich die heute geschossenen Fotos auf den Itronix. Während Tanja den Kocher anwirft, um uns ein Essen für den nahenden Abend zu bereiten, putze ich unsere Räder die uns trotz der schweren Lasten ohne jeglichen Pannen bis hierher gebracht haben. Alle paar Tage müssen die Ketten gereinigt, geölt und sämtliche Schrauben auf Festigkeit überprüft werden. Bei dem unaufhörlichen Gerüttel ist es leicht möglich, dass sie sich lockern.
Im Laufe des späten Nachmittages finden sich weitere Radfahrer ein die anscheinend den Regen und die herbstlichen Temperaturen ignoriert haben. “Servus!” reißt mich eine tiefe Stimme aus meiner Arbeit. Ein Nürnberger Clubfan tritt sein Schlachtross kraftvoll über den Rasen. Die Clubfahne prangt von seinem Gepäckträger. Er errichtet sein Zelt neben einen Stromkasten. Mit sichtbarem Stolz hebt er einen kleinen Fernseher aus der Satteltasche und schließt ihn sogleich an der nahen Steckdose an. Bis nachts um 23:00 Uhr berieseln uns die seltsamsten Kommentare die wie wabernde Gesprächsfetzen durch unsere dünne Zeltwand dringen.