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E-Bike-Expedition Teil 2 Mongolei - Online-Tagebuch 2015

Gefährliche Dreizack-Dornen und Organisation des Grenzübergangs

N 43°45’47.1’’ E 111°50’17.1’’
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    Datum:
    12.09.2015

    Tag: 76

    Land:
    Mongolei

    Ort:
    Grenz Camp

    Breitengrad N:
    43°45’47.1’’

    Längengrad E:
    111°50’17.1’’

    Tageskilometer:
    90 km

    Gesamtkilometer:
    9.362 km

    Luftlinie:
    81 km

    Durchschnitts Geschwindigkeit:
    27.7 km/h

    Maximale Geschwindigkeit:
    51 km/h

    Fahrzeit:
    3:17 Std.

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt

    Maximale Höhe:
    1.100 m

    Gesamthöhenmeter:
    4.330 m

    Höhenmeter für den Tag:
    110 m

    Rückenwind Windstärke 4:
    25 km/h

    Sonnenaufgang:
    07:08 Uhr

    Sonnenuntergang:
    19:50 Uhr

    Temperatur Tag max:
    27 °C

    Aufbruch:
    11:00 Uhr

    Ankunftszeit:
    17:00 Uhr

    Platte Reifen gesamt:
    7

    Platte Vorderreifen:
    2

    Platte Hinterreifen:
    4

    Platte Anhängerreifen:
    1

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

LINK ZUR REISEROUTE

Mit nur 5 °C war die Nacht schon recht kühl aber die aufgehende Sonne erwärmt den Tag recht schnell. Um 8:00 Uhr ruft Peter: „Frühstück ist fertig!“ Sofort eilen wir in das Luxusmobil und setzen uns an den Tisch. Katharina serviert Reispfannkuchen und leckeren Cappuccino. Tanja steuert ein paar Nüsse und Trockenobst bei. Wir besprechen den vor uns liegenden Tag und überlegen nach wie viel Kilometer Peter auf uns warten soll, um die Akkus wieder zu laden.

Wir sind gerade dabei unsere Räder zu beladen als ein einsamer Radler gegen den Wind in unsere Richtung fährt. Als er uns entdeckt hält er an, stellt sein schwer beladenes Bike auf den Ständer, und kommt uns begrüßen. Wir erfahren, dass er schon seit vier Jahren unterwegs ist und sich auf dem Weg nach Europa befindet. „Ich weiß nicht ob ich ein Visum für Russland bekomme. Japaner geben sie im Regelfall keines“, erklärt er. „Und wir wirst du dann von der Mongolei nach Europa gelangen?“, frage ich. „Ich weiß noch nicht. Vielleicht über Kasachstan, Turkmenistan, Iran und Türkei.“ „Na da liegt ja noch eine gewaltige Strecke vor Dir. Vor allem steht der Winter vor der Tür. In dieser Region wird es erbarmungslos kalt“, gebe ich zu bedenken. „Ist mir klar. Weiß noch nicht was ich mache. Vielleicht versuche ich von Ulan Bator nach Berlin zu fliegen“, erklärt er. Wir wünschen uns gegenseitig eine gute und sichere Reise und verabschieden uns voneinander. Dann schwingen wir uns auf unsere Riese und Müller. Auch heute bläst uns der Wind bei schönem Wetter mit Stärke vier in den Rücken. Als würden wir segeln rauschen wir über den Asphalt in Richtung China. Nach 70 Kilometer haben wir noch immer etwas Saft in unserem Akku 1. Peter steht mit seinem Wohnmobil unweit vom Highway entfernt. Wir steuern unsere Bikes von der Straße und stellen sie neben das mobile Haus. Diesmal werden wir mit einem Nudelgericht verwöhnt. Um 15:00 Uhr erreichen wir das sich über den Highway spannende Ortsschild von Zamiin Uud, dem mongolischen Grenzort. Wir steigen von unseren Rädern und schießen ein paar Fotos. Vor Freude, so unerwartet schnell und so extrem einfach hier angekommen zu sein, springe ich in die Luft.

Nur wenig später treffen wir auf unsere Grashüpferfamilie und Jens mit seinem orangefarbenen Elton. Sie warten an der Moutstation auf uns. Wir begrüßen unsere neu gewonnen Freunde und beratschlagen wo wir für die Nacht unseren Campplatz beziehen. „Also hier neben der Tankstelle ist es nicht schön. Da liegt zuviel Müll herum“, sind sich Tanja und Katharina einig. „Dann lass uns doch 100 Meter von hier entfernt auf die Steppe ziehen. Da sieht’s doch ganz gut aus. Vor allem liegt dort kein Müll herum“, schlage ich vor. Nachdem die Anwesenden der gleichen Meinung sind, schieben wir in allerbester Laune unsere E-Bikes über den Sand und das Strauchzeug zu unserem auserkorenen Campplatz, an dem wir morgen auf die restlichen Teilnehmer der Reisegruppe warten werden. „Wenn wir abgeladen haben sollten wir mit den Rädern in die Stadt fahren um etwas zu Essen für uns alle zu kaufen“, schlägt Tanja vor. „Gute Idee, dann können wir uns wenigstens ein bisschen revanchieren“, sage ich als mein Blick auf meinen Vorderreifen fällt. „Das kann doch nicht wahr sein! Schau dir diese scheiß Stacheldinger an!“, rufe ich entsetzt auf unsere Reifen deutend. Unzählige der Dreizack-Dornen kleben wie die Kletten an den Fahrrad- und Anhängermänteln. „Das macht ihnen doch nichts aus oder?“, fragt Tanja. „Was weiß ich? Sieht aber verdammt gefährlich aus“, antworte ich umgehend die Reifen untersuchend. „Autsch! Die tun ja echt weh“, erschrecke ich einen aus dem Mantel ziehend. Zsssssch, ist ein leichtes Zischen zu vernehmen. Inzwischen sind auch Katharina und Peter herangeeilt. „Die Dornen können die Reifen bestimmt nicht penetrieren“, ist sich Peter sicher. „Ich glaube schon. Habe gerade so ein Stachelschwein vom Reifen entfernt worauf es gezischt hat.“ „Kann doch nicht sein?“ „Doch“, sage ich und ziehe weitere Dreizack-Dornen aus dem Gummi. Immer wieder ist ein leichtes Zssssssch zu hören und nach fünf Minuten sind mein Hinter und Vorderreifen platt. „Oh nein!“ fluche ich ungehalten, da es somit für mich garantiert kein Ausruhabend wird. Nun schlecht gelaunt entlade ich unsere Räder und trage die Satteltaschen und Taschen zu dem Platz an dem ich nur wenige von den Dreizack-Dornen gesehen habe. Tanja ist indes mit Jens nach Zamiin Uud gefahren, um Essen und Bier für heute Abend zu besorgen.

Nachdem die Räder abgeladen sind trage ich sie zu meinen auserwählten Zeltplatz, um nicht noch mehr von dem schrecklichen Stacheln einzufahren. Kaum habe ich sie abgestellt ist auch Tanjas Vorderreifen platt. Katharina und Peter scheinen ein wenig Mitleid mit mir zu haben. Sie helfen mir beim Zeltaufbau. Danach lege ich ein altes Bettlaken, welches wir extra für Reparaturen eingepackten, über den Wüstensand und beginne den Hinterreifen auszubauen. Peter bringt mir einen Eimer voll Wasser. Um zu sehen wie viel Löcher die Stacheln verursachten, tauche ich de Schlauch ein und ziehe ihn Stück für Stück durchs Wasser. „Eins, zwei, drei, vier“, zähle ich. „Vier Löcher?“, ist Peter erstaunt. Aber wir sind noch nicht fertig. „Fünf, sechs, sieben, acht, neun!“ rufe ich. Tanja und Jens sind mittlerweile wieder vom Einkaufen zurück. Jens sitzt in der angenehm warmen Abendsonne und sieht mir zu. Er kann sich den einen oder anderen ironischen Kommentar nicht verkneifen. Wäre ich an seine Stelle würde ich vielleicht ähnlich Sprüche reißen aber so ist mir einfach nicht zum Lachen zumute. Katharina hat sich einen Campstuhl genommen und versucht mit einer Pinzette jeden einzelnen Stachel, der sich im Gummi des Reifens eingearbeitet hat, herauszuziehen. Im Mantel zwei sind acht Löcher und im Reifen drei haben drei der Dornen den Schlauch zerstört. Insgesamt sind es 20 Löcher die wir uns innerhalb 60 Sekunden eingefangen haben. Ob die vier Anhänger- und Tanjas Hinterreifen diese Dornenattacke überstanden haben wird sich morgen herausstellen. Fakt ist, dass kaum ein Radfahrer soviel Flickzeug auf eine Reise mitnimmt. Ich hingegen besitze noch Leim für ein einziges Loch. Morgen werde ich die drei letzten neuen Schläuche einziehen und hoffen so über die Grenze nach China zu gelangen.

„Man könnte meinen da hat jemand mit Schrot auf uns geschossen“, sage ich kopfschüttelnd als es dunkel geworden ist und ich meine Arbeit unterbreche. Ich wasche mir so gut es geht die Hände und flüchte in den Wohnwagen der hilfsbereiten Grashüpferfamilie. „Die einzige Möglichkeit die Räder hier heile herauszubringen ist sie zur Straße zu tragen. Allerdings nahm ich den Parkplatz neben der Tankstelle genauer unter die Lupe und entdeckte auch dort diese Dreizack-Dornen“, sage ich als wir uns beim Abendessen darüber unterhalten wie wir ohne weiteren Platten die Grenze erreichen sollen. „Ich könnte mir gut vorstellen dass der Wind solche Dornen auch auf die Straße weht“, überlegt Peter. „Ganz sicher. Auf dem Weg nach Khamariin Khiid hatten wir auch innerhalb 70 km zwei Platten ohne zu sehen wodurch sie verursacht waren. Das war bestimmt das gleiche Zeug. Die Dinger rollen wie kleine Bälle über die Straße und lieben es Fahrradreifen zu zerstören.“ „Das Problem dabei ist, dass die Dornen im Gummi abbrechen und nicht mehr zu sehen sind“, ergänzt Katharina, die heute Nachmittag für Stunden viele der Stacheln aus den Reifen zog. „Ja, und wenn man dann einen neuen Schlauch einsetzt und losfährt kann so ein Stachelrest wieder einen Platten verursachen. Ich denke somit sind alle Mäntel kaputt“, grübele ich. „Und wie kommen wir jetzt heile über die Grenze?“, werfe ich ein. „Da gibt es gute Neuigkeiten“, antwortet Peter. „Lass hören“, sage ich. „Jens hat angeboten eure Räder in seinen Kastenwagen zu laden und mit rüber zu nehmen. Wir können euer gesamtes Gepäck bei uns verstauen. Platz gibt es hier genug.“ Tanja und ich sehen uns an. Wieder greifen Engelshände uns unter die Arme. Wieder werden wir getragen und aus einem ernsthaften Problem entsteht eine vorher undenkbare viel bessere Situation.

„Wir werden morgen Mrs. Spring eine Mail schreiben und ihr eure Papiere als PDF schicken. Mal sehen was sie erreicht. Vielleicht könnt ihr einfach mit uns über die Grenze fahren? Die Räder müsstet ihr ja sowieso in einen Kleinbus laden weil man mit ihnen gar nicht rüber darf“, meint Katharina.

Nach dem Abendessen gibt es Chips und Bier. Auch wenn die Plattensituation nicht schön für uns war ist die Stimmung, vor allem mit der Aussicht bei Katharina, Peter und Jens mitfahren zu dürfen, entspannt. „Was haltet ihr davon wenn ich euch heute die Geschichte erzähle wie wir mit unseren Kamelen Pakistan durchquerten und Tanjas durch ihren beherzten und mutigen Einsatz verhinderte, dass mir ihr Kamelbulle die Hand abgerissen hat?“ „Oh ja, das klingt spannend. Die Geschichte wollen wir hören“, ist die Antwort, worauf ich meine Zuhörer in eine andere Welt entführe…

Es ist schon spät als ich das Wohnmobil verlasse und auf Jens treffe, der gerade in den klaren Sternenhimmel der Wüste blickt. „Ist wunderschön“, sage ich leise. „Unglaublich“, antwortet er und zeigt mir ein paar Sternenbilder. „Übrigens vielen Dank für dein Angebot unsere Räder mit rüber nehmen zu wollen.“ „Kein Problem, das mache ich gerne. Welches Land werdet ihr nach China eigentlich bereisen? „Wir wollen nach Vietnam.“ „Wann?“ „Denke so ab März.“ „Na da kommt ihr in die fünfmonatige Regenzeit. Die ist nicht angenehm“, gibt er mir zu bedenken. „Wer weiß was bis dahin noch geschieht. Vielleicht bekommen wir eine Visaverlängerung für China, in diesem Fall erreichen wir Vietnam drei Monate später“, antworte ich und weil ich hundemüde bin wünsche ihm eine angenehme Nacht.

Die Live-Berichterstattung wird unterstützt durch die Firmen Gesat GmbH: www.gesat.com und roda computer GmbH www.roda-computer.com Das Sattelitentelefon Explorer 300 von Gesat und das rugged Notebook Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung.

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