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RED EARTH EXPEDITION - Etappe 2

Die letzten Tage vor der Heimreise

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    Temperatur - Tag (Maximum):
    25 Grad

— 15.12.2001 – 31.12.2001

Nach sieben Tagen Regen zeigt sich der Ayers Rock endlich von seiner Glanzseite und glüht im abendlichen Sonnenlicht. Neben vielen Touristen bewundern auch wir das Schauspiel welches täglich Tausende von Menschen aus aller Welt anzieht. Zufrieden den Monolith in seinen glühenden Farben gesehen zu haben verlassen wir den Nationalpark und begeben uns auf die 4000 Kilometer lange Autofahrt nach Wundowie und Goomalling in West Australien. Es ist eine wunderschöne und interessante Strecke. Natürlich nutzen wir die Gelegenheit um einige der Sehenswürdigkeiten zu besuchen. Wir fühlen uns wohl, lachen viel und sind ausgelassen. Langsam wird uns bewusst welche gigantische Strecke wir in den letzten zwei Jahren mit unseren Kamelen zurückgelegt haben, denn die Fahrtstrecke ist genauso lang wie unsere Marschstrecke. Wir genießen die Tage ohne Arbeit. Alles fällt uns leicht und wenn wir daran denken, dass wir noch vor kurzer Zeit jeden Tag über tausend Kilogramm Ausrüstung auf unsere Kamele laden mussten, können wir kaum glauben wie einfach und angenehm unser Leben in diesem Augenblick geworden ist. Mit unserem Ford kreuzen wir über den endlosen kaum befahrenen Highway dahin. Wenn wir in die Nähe einer Ortschaft kommen empfangen wir meist einen Radiosender. Wir lauschen der Musik die wir lange nicht mehr gehört haben, sehen aus dem Fenster und bewundern die ewige, nicht enden wollende Nullarbor Ebene.

Obwohl unser altes Auto hinter der Küstenstadt Ceduna stehen bleibt und wir uns für eine Reparatur abschleppen lassen müssen, erreichen wir nach vier Tagen wohlbehalten aber müde das Haus unserer Freunde Jo und Tom in Goomalling. Kurz vor Mitternacht erhellen die Scheinwerfer des Ford das Gelände auf dem Jo und Tom leben. Nachdem Tanja das Tor geöffnet hat rollen wir langsam über den holprigen Boden. Das Licht der Scheinwerfer schreckt die schlafenden Kamele hoch. Wie andere Menschen Hunde und Katzen als Haustiere halten, besitzen Jo und Tom acht Kamele die auf ihrem Gelände frei herumlaufen. Ihr Anblick erinnert uns sofort wieder an unsere Jungs. Wie es ihnen wohl geht? Ich parke das Auto vor dem kleinen Farmhaus als uns die beiden schon entgegen kommen. Jo hat heute Geburtstag, weshalb wir froh sind ihr noch vor Mitternacht gratulieren zu können. Wir umarmen und drücken uns als hätten wir uns schon Jahre nicht mehr gesehen. „Es ist das größte Geschenk für mich meinen Geburtstag mit euch feiern zu können,“ sagt sie, worauf uns allen ein paar Freudentränen die Wangen hinunterkullern. Auch Tom strahlt überglücklich und bittet uns sofort ins Haus. Wir trinken von Tom selbstgebrautem Bier, essen einen von Jo zubereiteten Eintopf und erzählen uns bald die gesamte Nacht Geschichten, schlafen kurz, um gleich am nächsten Tag mit den Erzählungen fortzufahren. Dann fahren wir zu unseren Freunden Melinda und Phill. Auch bei ihnen ist die Wiedersehensfreude groß. Tanja kann es kaum erwarten unseren Kängurujungen Shiron wiederzusehen. „Er ist ganz schön gewachsen. Sieh mal wie stark sein Körper geworden ist?“ ,freut sie sich und streichelt ihm über seinen Kopf mit den großen Ohren. Tanja hält seine Pfoten worauf sich Shiron aufrichtet und an ihrem Gesicht schnuppert. Ich bin fasziniert wie er seine Menschenmutter nach soviel Monaten der Trennung wiedererkennt. Auch ich streichle ihn und erinnere mich daran wie winzig klein er war als er vor über zwei Jahren in unser Leben trat.

Die letzten Tage in Australien vergehen wie im Flug. Wir feiern mit unseren Freunden Weihnachten, besuchen Genevieve, die wir vor sechs Monaten am 80 Mile Beach kennen gelernt hatten und werden von ihr und ihrem Mann Leo in die Welt der wunderbar schmackhaften Rohkostküche eingeführt. Obwohl wir mit den beiden nur 24 Stunden verbringen haben wir das Gefühl viele Tage miteinander verbracht zu haben. Wie schon vor sechs Monaten sind die tief gehenden Gespräche dafür verantwortlich uns neue Gedankenanstöße zu geben.

Am Flughafen werden wir von Jo & Tom, Sandy, die wir während des Kameltrainings auf Anna Plains Station kennen gelernt haben und von Genevieve und Leo verabschiedet. Wir drücken und umarmen uns als wäre es das letzte Mal. Es ist ein äußerst herzlicher Abschied der es uns schwer macht Australien zu verlassen, auch wenn es nur für drei Monate ist.

DAS EXPEDITIONSTAGEBUCH EINES EXPEDITIONHUNDES NAMENS RUFUS

Endlich war es soweit und wir haben den Campingplatz verlassen! Mit fliegenden Fahnen ging es Richtung Uluru! Genau das Richtige für einen Expeditionshund, denn der Wind der großen weiten Welt weht auch in Autos und ich liebe mein Auto.

Am Ayers Rock angekommen waren meine Menschen sehr beeindruck von diesem Nationalpark. Zum Glück mussten wir nicht am Campingplatz schlafen sondern waren herzlichst bei den beiden Piloten Michael und Glen eingeladen.

Für mich gab es da einen wunderbaren Garten in dem ich alles durfte was Hunde tun. Vom Löcher graben bis hin zum erkunden des Holzschuppens. Selbstverständlich habe ich alles mit meiner Nase ganz genau untersucht. Tanja und Denis kamen abends von ihren Erkundungstouren zurück und streichelten, knuddelten und lobten mich, welch braver Hund ich sei, den ganzen Tag ohne meine Menschen und ohne meine Kamele im Garten zu verbringen. Ich binde den beiden natürlich nicht auf die Nase, dass entweder Michael oder Glen etwa alle Stunde nach mir gesehen haben und noch besser…. Würste für mich dabei hatten. Es ist ein tolles Leben als Urlaubshund.

Die Fahrt nach Perth war klasse, ich hatte mein eigenes Fenster und es gab den ganzen Tag was zu sehen und natürlich war ich voller Vorfreude auf meine Hundefreunde in Wundowie. Das Wiedersehen übertraf jeder Vorstellung und ich war für mindestens drei Tage der absolute Hundesuperstar und erzählte meinen Hundefreunden die tollsten Geschichten ohne Punkt und Komma.

Mein Sommercamp darf ich dieses Jahr bei meiner geliebten Tante Jo und meinem geliebten Onkel Tom aufschlagen. Schon wieder bin ich ein Hund voller Vorfreude!Junge, da bin ich im Hundehimmel. Im Auto darf ich zwischen Jo und Tom sitzen, am Abend darf ich mit ihnen Fernsehen… Ich muss mir nur noch überlegen wie ich den beiden klar mache, dass ich auch einen Fernsehstuhl brauche. Ich bin schließlich ein Expeditionshund im Urlaub.

Sehr freue ich mich auch, dass meine Hundenase nicht auf den Duft von Kamelen verzichten muss. Bei Tante Jo und Onkel Tom gibt es nämlich acht Kamele und ich habe mich auch schon mit dem Kameljungen Dusty angefreundet. Ob ich wohl mal auf ihm reiten darf? Ach und meine liebe Jo hat mich auch noch nie vergessen wenn es darum ging, dass ich ein Fleischliebhaber bin… da läuft mir vor Vorfreude glatt das Wasser im Maul zusammen…Es ist ein tolles Leben als Expeditionshund im Urlaub…

Heimreise

Hin und her gerissen sitze ich wenig später im Flugzeug. Als der riesige Vogel abhebt sehe ich aus dem Fenstern und genieße die letzten Blicke auf die rote Erde die ein Teil unseres Lebens geworden ist und uns tiefgehend verändert hat. Knapp 4000 Kilometer sind wir durch das Outback dieses ungewöhnlichen Kontinentes gelaufen und haben in vielen gefährlichen und kaum zu beschreibenden Erlebnissen das mystischen Land kennen und lieben gelernt. Mehr als ich zu träumen wagte durften wir lernen, unsere psychischen und physischen Grenzen erfahren. Endlich habe ich begriffen das unsere Mutter Erde eine lebende Kreatur ist mit der man ohne Zweifel in Verbindung treten kann. Ich habe verstanden das die Wüste lebt, das sie viele meiner Fragen beantwortet hat und obwohl die Zeit dort unten in den endlosen Weiten nicht selten über unsere Kräfte ging, sehne ich mich schon jetzt nach der ewigen und grenzenlosen Einsamkeit. Das erste Mal in meinem Leben habe ich Gott begriffen. Habe verstanden das alles was ist von uns Menschen Gott genannt wird. Ich bin mir sicher, dass diese Erkenntnis, die ich zu einem anderen Zeitpunkt beschreiben werde, der größte Schatz ist den ich je von einer Reise oder einer Expedition mitgebracht habe.

Ich sehe wie gebannt aus dem ovalen Bullauge des Jumbos auf die rote Erde, auf die durch die ungewöhnlich heftigen Regenfällen grüne Landschaft und erlebe in einem kurzen Film, der sich vor meinem inneren Auge abspielt; Die alptraumhaften nächtlichen Kamelangriffe. Die Buschfeuer. Die riesigen Überschwemmungen. Den Tod von Goola. Den Moment an dem ich das Gewehr auf ihn anlegen musste, um unseren treuen Expeditionspartner von seinen Leiden zu befreien. Den Gesprächen und Begegnungen mit den Aborigines. Den ewigen Märschen ohne das Ziel näher kommen zu sehen. Der Erkenntnis, dass nicht die Ankunft wichtig ist sondern der Augenblick in dem man sich befindet. Dem Hecheln unseres treuen und lieben und verspielten Gefährden Rufus den wir diesmal bei Jo und Tom untergebracht haben. Der gnadenlosen Hitze. Den größten Glücksmomenten meines Lebens. Den unvergesslichen Sonnenauf- und Untergängen. Den Meteoritensturm. Wüstenseen. Blumenmeere. Zauberhaften Dünencamps. Bedrohlichen Gewitterfronten. Der unaufhörlichen Angst nie mehr herauszukommen aber auch der inneren Sicherheit beschützt zu sein. Der Liebe zu meiner Tanja. Die Verbundenheit zu ihr die unaufhörlich gewachsen ist und unzähliges mehr.Der große eiserne Vogel mit seinen in der Sonne glänzenden Flügeln zieht einen weiten Bogen auf den Indischen Ozean hinaus. Immer noch blicke ich hinab, jetzt auf eine endlose Wasserfläche. Meine Gedanken schweifen in die Zukunft, in eine Welt die ich mir kaum vorzustellen mag. Ich denke an Europa und die Globalisierung. Ich denke daran ob es irgendwann mal keine von Menschen gezogenen Grenzen mehr gibt. Ob in vielen tausend Jahren keine Religionen mehr für Streit und Krieg sorgen? Ob die Menschen sich weiter vermischen werden und es eine Einheitsrasse gibt? Ob dann eine Regierung für den gesamten Planeten und deren Bevölkerung Entscheidungen trifft? Ob mit dieser Entwicklung die vielen interessanten Kulturen da unten sterben? Ob das Leben dann langweilig wird? Was ist wenn in dieser fernen Zukunft den Menschen unser Tagebuch in die Hände fällt? Die Geschichte muss sich dann lesen wie ein utopischer Roman aus der Steinzeit die wir heute für so fortschrittlich halten.

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