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Mutter Erde lebt

Um das Projekt Mutter Erde zu erklären, veröffentlichen wir einen Auszug eines Zwiegespräches, das ich nach vielen Jahren Fußwanderung mit der Wüste geführt habe.

Gibt es eine Verbindung zwischen Känguru und Mensch?

Wieder ist es heiß. Keiner von uns spricht ein Wort. Im einvernehmenden Schweigen schreiten Tanja und ich Kilometer für Kilometer voran. In so manchen Momenten ist es eine Tortur, eine Folter und Qual für Körper und Geist. Meine Gedanken verlassen den Körper, fliegen herum. Plötzlich sehen wir durch das Flimmern der vor uns liegenden Luftspiegelungen Kängurus hüpfen. „Fällt dir etwas auf?“, fragt mich die in letzter Zeit selten gehörte Stimme der Wüste. „Was soll mir denn auffallen?“ „Na du denkst doch schon wieder über den Sinn eures Marsches nach. Du musst doch endlich verstehen, dass dieser Weg, den ihr geht, einen sehr tiefen Sinn für euch hat. Dass der Weg durch die Wüsten Australiens euch tief in euer eigenes Ich geführt hat. Oder bezweifelst du das immer noch?“ „Nein, aber wenn es so anstrengend ist wie in diesen Momenten, kommen immer wieder die lästigen Sinnfragen auf.“ „Ignoriere sie und betrachte lieber die Natur. Lerne von uns. Nehme uns wahr. Atme uns. Bleib aufmerksam. Stumpfe nicht ab und nehme die Geschehnisse um dich herum nicht für alltäglich. Sehe sie als Wunder. Betrachte sie aus einem anderen Blickwinkel. Du hast die Möglichkeiten. Alle Möglichkeiten. Verstehst du?“ „Ich glaube schon.“ „Also – was siehst du?“ „Kängurus. Ich sehe Kängurus die über die Erde springen. Sie hüpfen durch eine Luftspiegelung.“ „Ja, sehr gut. Und was sagt dir deine Beobachtung?“ „Hm…, ich weiß nicht. Irgendetwas ist anders. Du hast recht. Aber was?“ „Du weißt es. Lass es fließen. Beobachte die Kängurus und deine Füße.“ „Meine Füße?“, frage ich die Wüste verwundert und blicke nach unten. Vor und zurück, vor und zurück. Schritt, Schritt, Schritt. Linker Fuß, rechter Fuß. „Was soll anders sein als sonst?“ „Nichts ist anders als sonst. Nur dein Blickwinkel. Deine Betrachtungsweise, wie du die um dich herum geschehenden Ereignisse siehst, hat sich in den letzten Jahren verändert. Oder etwa nicht? Also – beobachte die Kängurus.“ „Ich weiß nicht. Erst soll ich die Kängurus und dann meine Füße beobachten? Gibt es denn eine Verbindung zwischen meinen gehenden Füßen und den Kängurus…?“ „Überlege…“

Schritt, Schritt. Vor und zurück. Stapf, stapf. Hüpf, hüpf. Schritt, Schritt. „Mein Gott, ja! Ja! Es gibt eine Verbindung zwischen meinen Füßen und den Kängurus. Es ist der gleiche Rhythmus. Meine Füße setzen im gleichen Rhythmus auf die Erde auf wie die Kängurus vor uns über die Ebene hüpfen.“ „Sehr gut… Und weiter.“ „Weiter?“ „Ja weiter. Das ist doch nicht alles.“ „Hm, wir haben den gleichen Rhythmus. Es ist die gleiche Schwingung. Die gleiche Welle. Die gleiche Sprache? Ja, wir Wesen laufen über die Haut der Mutter Erde. Es ist wie das Schlagen einer Trommel. Einer großen Muttertrommel. Es ist in der Tat eine Art Sprache. Eine Verständigung. Durch meine Schritte schlage ich auf die Haut. Durch das Hüpfen des Kängurus schlägt es auf die Haut. Wir erzeugen Schwingungen. Schwingungen kann man messen. Es ist so wie die Sprache des Moderators, die über eine gewisse Frequenz klar und deutlich aus dem Lautsprecher unseres Radios kommt. Ist es das, warum ich deine Stimme höre?“ „Ja, das ist zumindest in diesem Augenblick ein Weg, wie du dich mit uns unterhältst. Was soll es dir denn zeigen? Was verrät dir diese Erkenntnis?“

„Hm…, wir sind alle miteinander verbunden. Wir leben alle auf dem gleichen Planeten. Auf der gleichen Haut. Es ist immer wieder die gleiche Botschaft. Eine Botschaft, diese Haut nicht zu zerstören, damit wir nicht voneinander getrennt werden. Damit Mensch und Natur eins bleiben. Ohne euch wird uns die Oberfläche, auf der wir täglich gehen, unter den Füßen weggezogen. Wir müssen also darauf achten, was wir mit dieser Haut anstellen. Es ist letztendlich das Gleiche wie unsere eigene Haut am Körper.“ „Gut. So ist es. Vielleicht solltest du dich noch anders ausdrücken und einfach der Tatsache ins Auge sehen, dass alle Menschen mit den Kängurus verbunden sind. Das alle Menschen einem Rhythmus unterliegen, den du auch Mutterrhythmus oder Erdrhythmus nennen magst. Es ist wie der Herzschlag. Der Herzschlag, in dessen Rhythmus ihr miteinander schwingt. Das Känguru steht für dich in diesem Fall als Symbol für Verbindung und Rhythmus. Es gibt viele Symbole und ihr Menschen steht grundsätzlich mit uns, also mit den verschiedensten Lebensräumen der Natur, wie dem Outback, den Wüsten, den Urwäldern, den Bergen, den Ozeanen und den Polen in einer engen Verbindung. Vergesst nicht, dass es bei uns keine Grenzen gibt. Das alles zusammen gehört. Dass alles, was ist, ein Teil des Systems ist. Dass ihr Menschen es endlich versteht und euch selbst nicht noch mehr Schaden zuführt, indem ihr am Materialismus hängen bleibt. Sage es den anderen. Schreib darüber…“


Man kann die Haut der Muttertrommel nicht besitzen!

“… Sage den Menschen auch, dass man die Haut der Trommel nicht besitzen kann. Wie soll das funktionieren? Ihr Menschen könnt euch nur ein Stück davon für eure Lebenszeit ausleihen. Aber ihr könnt sie nicht besitzen. Ihr könnt das Hautstück zwar ausbeuten, tiefe Löcher graben, es mit euren Abfall bewerfen und dann an eure Nachkommen vererben. Aber vergesst nicht, ihr könnt die Haut der Erde nicht besitzen. Sie ist ein Teil des allgemeinen Kommunikationssystems. Sie ist der Lebensrhythmus und die Nahrungsquelle, auf der ihr steht, lauft oder eure Städte baut. Aber denkt daran: Die Haut kann niemals einem Einzelnen gehören. Sie gehört immer allen, egal welcher Rasse er angehört und welche Hautfarbe der Einzelne besitzt. Selbst euere eigene Haut habt ihr euch nur für ein paar Jahre geliehen. Wenn ihr sterbt, geht sie zurück in die Allgemeinheit, in die Mutter Erde. Also denkt daran, was ihr mit der Haut tut, auf der ihr lebt. Denkt daran, dass die Haut der Mutter Erde, die Haut der Muttertrommel, genauso wenig zu besitzen ist wie die Atemluft. Es ist Allgemeingut aller Bewohner dieses Planeten. Erde und Luft gehören dem Känguru genauso wie dem Menschen. Es ist wichtig zu verstehen, dass es ein Irrsinn ist, wegen der Haut, die ihr als Land bezeichnet, einen Krieg anzufangen. Das wird euch nicht weiterbringen. Siehst du nun, wie wichtig die Betrachtungsweise ist? Welche Verbindungen es zwischen deinen gehenden Füßen und den hüpfenden Kängurus gibt? Wohin dich diese Erkenntnis führen kann? Ist dir klar, dass diese kleine Erkenntnis dir einen Weg in die Unendlichkeit zeigen kann? Also frage dich nicht mehr über Sinn und Unsinn deiner Unternehmungen. Die Anstrengungen geleiten dich in andere Welten, sind Hilfsmittel, um dir deinen Geist zu öffnen…“


Noch eine weitere Erklärung, warum Mutter Erde schützenswert ist

„Denkt daran, dass wir der Supermarkt sind, in dem ihr euch bedient und der Teller, von dem ihr esst. Vergesst niemals, dass wir das Wasser sind, welches ihr trinkt, in dem ihr euch badet. Dass wir es sind, die ihr atmet. Erinnert euch, wie schmerzhaft es ist zu dursten, zu hungern, zu frieren, zu schwitzen oder an Krankheiten zu leiden und zu sterben. Wenn ihr weiterhin euren eigenen Supermarkt ausraubt, ohne die Regale neu zu füllen, wenn ihr weiterhin euren Abfall auf euren eigenen Teller werft und euren letzten Becher Wasser umkippt, werdet ihr euch und den kommenden Generationen unendlich viel Leid zufügen. Wir, also die Wüste, der Dschungel, die Wälder und Wiesen, Meere und Seen, Flüsse und Berge, kurz, die Mutter Erde, können euch dann nicht mehr helfen. Es würde uns leid tun um euch, denn, und das ist sehr wichtig zu wissen, wir alle lieben euch, denn wir sind ein Teil von euch und ihr seid in Teil von uns.“

Wie es zu den Gesprächen mit Mutter Erde und der Wüste kam, wird in unseren Australien-Tagebüchern ausführlich beschrieben.

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