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Moldawien/Kloster Marta si Maria

Danke für das Geschenk an solch einem Ort Gast sein zu dürfen

N 46°43'59.9'' E 029°27'37.1''

Obwohl wir schon seit Tagen hier sind hat uns die Müdigkeit noch immer im Griff. Gleich nach dem Frühstück fallen wir für ein paar Stunden wieder in einen Tiefschlaf. Gegen Mittag treffe ich Schwester Domnina. Weil am Wochenende viele Menschen das Kloster aufsuchen soll ich besser das Zelt abbauen. Domnina drückt zwar nicht klar aus das unser Besitzt gefährdet ist aber ich verstehe und breche das Lager am See ab, um alles endgültig in die Zimmer zu schaffen.

Während ich so über das Klostergelände streife werde ich immer wieder von Schwestern, Nonnen und Arbeitern angesprochen. Ohne Domnina ist die Unterhaltung schwierig. Viele sprechen Russisch, viele sprechen aber auch Moldawisch. Da wir beide Sprachen kaum verstehen kommen wir auf diese Art ganz schön durcheinander. Einer der Arbeiter beherrscht ein wenig Deutsch. Er hat seine Kenntnisse aus einem deutschen Buch. Zum richtigen Augenblick passt er mich ab und probiert aus was und wie viel ich verstehe. Nach einer Stunde strecke ich die Flügel und versuche mich zu verabschieden aber er bleibt mir noch ein wenig auf den Fersen. Dann schaffe ich es mich von ihm zu trennen und setze mich auf die Bank am See. Ich möchte ein wenig meditieren, die Ruhe, den Wind und das Vogelgezwitscher genießen. “Hello! What is your name?”, erschreckt mich plötzlich eine junge Stimme. Drei Mädchen stehen kichernd hinter mir. Eine von ihnen spricht etwas Englisch. Ich breche meine Meditation ab und unterhalte die Schülerinnen für eine Weile. Sie sind während der Ferien hierher gekommen, um im Kloster zu helfen. Ihre Eltern schicken die Jugendlichen gerne zu solch einem Ort da sie sich dann sicher sind das ihre Kinder gut aufgehoben sind. Dann gehe ich zu Tanja ins Zimmer. Meine Müdigkeit verlangt danach auskuriert zu werden.

Am Nachmittag begeben wir uns wieder in die Welt des Klosterlebens. Die Sonne brennt wie eh und je vom Himmel. Die Hitze ist bisher nicht abgeklungen. Wir schlendern durch das Nonnenkloster. Es herrscht zu jeder Stunde Hochbetrieb. Auf dem Betriebshof werden Autos oder Tracktoren repariert. Einige Frauen sitzen im Schatten eines Baumes und schälen Kartoffeln für das Abendessen. Die Nonne Christi kümmert sich gerade um die Pfaue und ihre Rehe. Ein anderes Nonnen- und Schwesternteam wecken Weintrauben ein. Sie entfachen unter einer großen Blechwanne ein Feuer, um das darin befindliche Wasser zum Kochen zu bringen. Gleichzeitig werden Weintrauben gewaschen und in der passenden Menge in ein etwa drei Liter fassendes Glas gesteckt. Wasser und Zucker kommt hinein. Dann wird das ganze Luftdicht verschlossen und in dem großen Blechtrog zum kochen gebracht. Rauchschwaden ziehen über den Hof. Das abendliche weiche Sonnenlicht bricht sich darin. Aus der Küche ertönt Gesang. Helferinnen und Nonnen singen beim Megaabwasch. Hätte nie gedacht das man bei solch einer Arbeit Freude haben kann. Hier scheint das so zu sein. Mittlerweile kennen uns alle. Überall wohin wir kommen werden wir freundlich winkend begrüßt. Manchmal auf Russisch, manchmal auf Moldawisch und ganz selten traut sich jemand einen Gruß in englischer Sprache. Die Nonnen und Schwestern sind so nett zu uns, dass wir es noch immer kaum glauben können. Nicht selten bekommen wir Geschenke. Einfach so: Musikkassetten vom Kloster, Bilder von Heiligen, Buchzeichen, frische Himbeeren, eine Melone, Weintrauben, Äpfel, ein Glas Saft usw. Wir dürfen nicht ablehnen. Das wäre eine Beleidigung. Auch können wir nur unsere Aufmerksamkeit und Liebe als Gegengeschenk anbiete. Wir führen nichts anderes mit uns. Aber nicht nur uns gegenüber sind die Menschen so liebvoll sondern auch ihren Nächsten bringen sie die gleiche Liebe entgegen. Ehrlich gesagt haben wir so eine Fülle an Liebe und Großzügigkeit noch nie auf unseren Reisen erlebt. In keinem Land, in keiner Gemeinschaft. Es ist wahrscheinlich die geballte Kombination der moldawischen Gastfreundschaft und der göttlichen, klösterlichen Liebe. Wie kann es so etwas überhaupt geben? In einer Welt wie heute. In einer Welt wo es nicht selten darum geht wer das größte Auto fährt, das schönste Haus besitzt, den besten Job, Karriere, fantastische Urlaube und so weiter. Genau in diesem Moment, in dieser Sekunde in der ich meine Gedanken hier formuliere klopft es an die Tür. “Ja? Herein”, sage ich und erhebe mich aus meinen Klappstuhl. Eine Nonne betritt das Zimmer, sieht mich freundlich an und reicht mir einen Teller auf dem sich etwa zwei Kilogramm leckere, süße Weintrauben türmen. “Oh mein Gott. Vielen Dank”, sage ich überrascht. Die Nonne lächelt mich an und verschwindet kommentarlos. Ja so geht es uns hier. Keine Ahnung wie lange so etwas anhalten kann? Ich blicke auf den Tisch vor mir. Da befinden sich zwei Birnen in einer Schale auf dessen Grund noch immer Weintrauben von gestern liegen. Ein großer Krug mit frisch eingemachten Weintrauben und Saft steht ebenfalls daneben. Rote Äpfel und eine Schale Himbeeren. Erst vor 20 Minuten verließen wir den Speisesaal. Es gab Gemüsesuppe, Quark, Sauerrahm, einen aus Mais und anderen Zutaten bereitetes Püree, frisches krapfenartiges Gebäck und süßen Tee. Ist dass das Paradies? Womit habe ich das verdient? Dafür gibt es doch keine Beschreibung mehr. Tanja und ich haben darüber nachgedacht. Über das Warum. Tatsache ist, dass die hier lebenden Menschen und Vater Andrew uns so behandeln ohne nur das Geringste von uns zu erwarten. Selbst mehrfache Versuche etwas für das Kloster zu spenden wurden abgelehnt. “Es ist nicht so, dass wir Spenden ablehnen. Aber von euch wollen wir bitte keine entgegennehmen. Ihr habt noch einen weiten Weg vor euch. Ihr braucht euer Geld. Alleine euer Wille ist von Gott gesehen und wird belohnt. Ihr gehört für uns zu unserem Kloster. Schon vom ersten Augenblick an hatte ich eine enge Herzensverbindung zu euch. Ich liebe euch und bin sehr, sehr froh, dass es euch so gut bei uns gefällt. Ich bin froh, dass ihr so bescheiden seid und euch so gut eingelebt habt. Ihr könnt so lange bleiben wie ihr wollt. Mach euch keine Gedanken. Wenn ihr geht werden wir euch alle vermissen. Alle! Ich, die Nonnen, Schwestern und die Arbeiter. Ihr seid uns ins Herz gewachsen”, beschämt uns Vater Andrew…

Wie gesagt, wir wissen nicht warum uns so etwas widerfährt. Vielleicht um der Welt zu berichten das es doch noch Hoffnung gibt unseren Planeten zu retten. Doch Hoffnung auf einen weltweiten Frieden. Doch Hoffnung für die gegenseitige Liebe und Respekt. Doch Hoffnung auf ein erfülltes nicht von Stress, Machthunger, Ergeiz, Neid, Missgunst und Habsucht zerfressenes Leben. Wer weiß? Ein Reisender wird viel erleben, viel sehen. Seine Gefühle werden manchmal gebeutelt, geschunden, betrogen aber viel öfter werden sie liebkost, verwöhnt, gestreichelt und umsorgt. Es ist schön unterwegs sein zu dürfen. Es ist ein Geschenk solche Erlebnisse erfahren zu dürfen. Es ist ein Juwel so einen Ort finden zu dürfen. Danke. Danke an Gott, an Mutter Erde und alles was ist für den Schutz. Danke für die Führung. Danke für das Geschenk an solch einen Ort Gast sein zu dürfen.

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