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/Kustanai Link zum Tagebch: TRANS-OST-EXPEDITION - Etappe 3

Alte LKW-Blattfeder als Haltewinkel

N 53°12'19.9'' E 063°38'23.0''
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    Tag: 57-59

    Sonnenaufgang:
    05:40 – 05:42 Uhr

    Sonnenuntergang:
    22:03 – 22:00 Uhr

    Gesamtkilometer:
    8480.80 Km

    Temperatur – Tag (Maximum):
    33 °C

    Breitengrad:
    53°12’19.9“

    Längengrad:
    063°38’23.0“

Da wir hier in Kustanai auf den neuen Sattel und die Originalhaltewinkel für den Anhänger warten können wir nicht weiterreisen. Eigentlich sollten die Teile längst hier sein aber irgendetwas hat die Lieferung vom DPD verzögert. Laut Computer sitzt das Paket seit sechs Tagen in Hamburg. Wir sind also gezwungen Geduld zu bewahren und nutzen die Zeit positiv.

Ich sitze in dem Raum in dem sich unsere Räder befinden und putze mein Sumobike. Zwei Männer betreten die ehemalige Garderobe des Hotels und tragen Blumenstöcke hinein. “Tolle Räder habt ihr da”, bewundern sie unsere riese und müller. “Ja, haben uns von Deutschland bis hierher gebracht”, antworte ich die Kette putzend. “Und das ist die Verbindung von Anhänger zum Rad?”, möchte der Mann, der sich den Kopf kahl geschoren hat, wissen, auf die Kupplung deutend. “Ja.” “Hm, eine interessante Konstruktion.” “Ist es”, antworte ich etwas wortkarg in meine Arbeit vertieft. Die beiden Männer wollen mich nicht weiter stören und sind gerade im Begriff das Zimmer zu verlassen als mir einige Gedanken durchs Hirn blitzen. “Warum hat mich der Arbeiter gerade jetzt auf die Kupplung angesprochen? Ist doch bisher noch nie geschehen. Ob das Zufall war? Allerdings, es gibt doch keine Zufälle. Oder doch? Egal, warum sollte ich die beiden nicht auf den gebrochenen Winkel ansprechen? Wenn das Paket aus irgendeinem Grund nicht ankommt bin ich gezwungen in dieser Stadt eine Werkstatt zu suchen die uns solch ein Teil nachbaut. Könnte zeitaufwendig sein”, überlege ich und bevor die Männer den Raum verlassen rufe ich ihnen nach. “Seht mal. Der Haltewinkel ist aus stabilem Eisen aber beim Bau der Räder habe ich den Winkel zu klein gefeilt. Er wurde dadurch geschwächt und ist 50 Kilometer von hier entfernt gebrochen”, erkläre ich. “Ah, das ist doch kein Problem. Wir können so etwas sofort nachbauen”, meinen sie lachend. “Was? Ihr könnt das nachbauen? Sofort?” “Aber ja. Gib uns das gebrochene Stück und in einer Stunde hast du ein Neues”, meint der Ältere. Kaum glaubend was ich da eben gehört habe reiche ich ihnen das kaputte Exemplar, worauf die Männer verschwinden.

Eine halbe Stunde später frage ich mich wo die zwei geblieben sind und mache mich auf die Suche. Ich treffe Maxim, den Manager des Hauses. “Unsere Mechaniker sind gerade dabei dein Problem zu lösen. Sie werden euch bestimmt helfen können”, sagt er lächelnd. “Wo kann ich sie finden?”, frage ich. Maxim erklärt mir den Weg zu einem anderen alten Gebäude. Im Keller höre ich es lachen. Ich betrete die Werkstatt, die wie vieles hier sehr heruntergekommen ist. Sieben Männer stehen um einen Schraubstock und diskutieren. Als ich hereinkomme gibt es ein großes Hallo. Ich beantworte alle Fragen dann kümmern sie sich wieder um den Bau des Winkels. “Sieh her. Das ist ein Metallstück eines stabilen Federblatts aus einem russischen Lastwagen. Unzerstörbar. Ha! Ha! Ha! Daraus bauen wir dir einen Winkel der deinen Hänger um die ganze Welt ziehen wird. Ha! Ha! Ha!”, erklärt ein grauhaariger hagerer Mann lachend. Seine Kollegen sind ebenfalls amüsiert und halten sich die Bäuche vor Belustigung. Für die Männer scheint die Herausforderung ein Teil für ein Hightechrad zu bauen eine willkommene Abwechslung zu sein. Mein Blick gleitet durch die Werkstätte. Pin Up Girls verzieren die grauen Wände. Ein Einweckglas dient als Lebensraum für kleine Fische. Das uralte Radio spielt moderne Musik. Schmutzige Teetassen stehen auf einen klebrigen Tisch und die klapprigen Gerätschaften wie Bohrmaschine, Schleifmaschine usw. lassen es fraglich erscheinen wie man hier überhaupt etwas auf den Millimeter genau produzieren kann. Jedoch muss ich feststellen, dass der Winkel schon jetzt eine viel versprechende Form annimmt. “Das gebrochene Muster werde ich schweißen, dann hast du im Fall der Fälle ein Ersatzteil. Arbeite hier in unserer Gastiniza schon seit 30 Jahre als Schweißer. Das ist überhaupt kein Problem für mich”, erklärt ein etwa 50 Jahre alter Mann dessen Haupt von einer Wollmütze gekrönt wird.

Nach etwa 45 Minuten sind die beiden Haltewinkel fertig. Igor geht mit mir zu unseren Rädern zurück und lässt es sich nicht nehmen einen davon auch noch selbst einzubauen. Er passt perfekt und sieht tatsächlich unzerstörbar aus. Weil die Männer für ihre Arbeit keine Entlohnung nehmen kaufen wir eine Flasche guten Wodka und Trockenfisch. “Vielen Dank für eure Hilfe”, sage ich zu Igor ihm die Flasche übergebend. “Keine Ursache, haben wir gerne gemacht”, antwortet er grinsend und verlässt den Raum.

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