Es geht nicht nur um ein Basiscamp
N 21°55’22.4“ E 146°45’46.2“Tag: 210 Etappe Drei / Expeditionstage gesamt 601
Sonnenaufgang:
05:23
Sonnenuntergang:
18:50
Luftlinie:
24,2
Tageskilometer:
38
Gesamtkilometer:
6204 km
Temperatur - Tag (Maximum):
41° Grad, Sonne ca. 61°
Temperatur - Tag (Minimum):
16° Grad
Breitengrad:
21°55’22.4“
Längengrad:
146°45’46.2“
Cassiopeia-Camp — 12.12.2002
Auch diese Nacht wurden wir von der unangenehmen Hitze verschont. Durch einen tiefen Schlaf gekräftigt brechen wir schon früh auf und schreiten mit großen Schritten in Richtung Cassiopeia Station. Wenn wir Glück haben dürfen wir dort für ein paar Tage bleiben, um die weitere Route zu organisieren. Vor allem denken wir jetzt mehr und mehr daran auf welcher Station wir unser Basiscamp zur Auflösung der Expedition aufschlagen können. Noch tappen wir im Dunkeln und wissen nicht an welchem Ort die Expedition enden wird. Wegen der dramatischen Dürre ist es nicht einfach ein für uns geeignetes Basiscamp zu finden. Die Stationmanager und Besitzer jonglieren durch den ausbleibenden Regen knapp am totalen Ruin entlang. In dieser Zeit wird jeder Halm benötigt, um die eigenen Tiere zu füttern. Eine Expedition mit sechs Kamelen kommt da nicht gerade gelegen. Trotzdem sind bisher alle Menschen des Outback sehr hilfsbereit und lassen sich die von Tag zu Tag größer werdende Katastrophe kaum anmerken.
Aber es geht natürlich nicht nur darum eine Bleibe für uns zu finden sondern hauptsächlich darum einen lieben Menschen der unsere Boys sehr gut behandelt. Immer wieder bekommen wir ein paar seltsame Angebote die wir ablehnen mussten und wenn das so weiter geht kann es durchaus sein, dass wir nach der Expedition für Wochen festsitzen, um diesen netten Menschen zu finden. Genau deshalb benötigen wir dringend eine Station die trotz der Trockenheit sechs hungrige Kamelmäuler akzeptieren kann. Tanja und ich besprechen nun oft über diese große Herausforderung. Wir haben mittlerweile eine Werbung in einer Tageszeitung und in unserer englischen Webseite laufen, sprechen weiterhin in den australischen Interviews über den Verkauf und seit einigen Tagen hat einer der bekanntesten Auktionatoren unsere Karawane in sein Verkaufsprogramm mit aufgenommen. Wir haben nun alles getan was man tun kann. Jetzt gilt es den Satz den mir Mutter Erde immer wieder gesagt hat umzusetzen. „Lass es fließen Denis und habe Geduld.“
Auf dem weiteren Weg nach Moray Downs Station verirren wir uns wieder einmal in einem fürchterlichen Zaunlabyrinth. Hinter einer hohen Baumfront entdecken wir nur ein paar hundert Meter entfernt von uns die Radioantennen der Homestead. „Wenn wir die Abkürzung nehmen, das trockene Bett des Belyando River überqueren, sparen wir uns mindestens zwei bis drei Kilometer,“ sage ich grübelnd in die Karte blickend. Nur Augenblicke danach ist die Entscheidung gefallen. Vorsichtig ziehe ich unsere Jungs durch das steile Flussbett in dem es von Vögeln nur so wimmelt. Papageien kreischen laut um die Wette und kühlender Schatten wölbt sich über unsere Köpfe. Auf der anderen Seite des Belyando managen wir es uns durch viele Zauntore und durch mehrer Rindergehege mit hunderten von jungen Kühen zu arbeiten. Dann, etwa 50 Meter vor dem prächtigen Farmhaus, treffen wir entgültig auf ein unüberwindbares Hindernis. In einem Gehege befinden sich vielleicht hundert kleine Kälber. Es ist für uns nicht möglich mit unsere ca. 18 bis 20 Meter langen Karawane da durchzulaufen ohne das unter den Kälbern ein Chaos ausbrechen wird. „Lass uns zurückgehen,“ sagt Tanja, worauf ich entmutigt die Schultern sinken lasse und Sebastian in einen Bogen ziehe. Wir folgen einem Zaun in die falsche Himmelsrichtung. Er bringt uns wieder genau dahin wo wir vor einer halben Stunde waren und folgen der Staubpiste zur Homestead.
Wendy, die Frau des Managers, empfängt uns mit einem warmen Lachen. Sofort bietet sie uns Mangos, Kuchen, Tee oder Kaffe und kühles Wasser an. „Vielen Dank, aber wir können die Kamele nicht alleine lassen,“ antworte ich. „Ich bringe es zu den Kamelen, dann können wir im Schatten unter dem Baum sitzen und ein wenig über eure fantastische Reise sprechen,“ antwortet sie.
Es dauert nicht lange bis sie, der Hubschrauberpilot Rob, seine Frau und einige andere Stationmitarbeiter sich um uns versammeln. Wir unterhalten uns in einer äußerst angenehmen Atmosphäre bis es Zeit wird die Menschen wieder zu verlassen. Mit einer Kiste voller frischen, leckeren Mangos laufen wir unserem Wochenziel, Cassiopeia Station, entgegen.
„Darf ich euch zum Mittagessen einladen?“ ,fragt uns ein Lastwagenfahrer der neben uns anhält. Wir unterhalten uns für eine Weile und als sich herausstellt, dass der Fahrer namens Bart, der junge Inhaber von Cassiopeia ist, nehmen wir seine Einladung freudig an.
Bart und seine Frau Tegan bieten uns für den Aufenthalt der nächsten Tage ein Gehege unweit vom Farmhaus an. „Dort dürften eure Kamele genügend zu fressen finden und wenn ihr möchtet könnt ihr gerne in die klimatisierte Hütte neben der Scheune ziehen,“ sagt er. Wir bedanken uns recht herzlich und schlagen unser Camp in dem angebotenen Gehege auf. Da es für uns viel Arbeit wäre die Ausrüstung zur Hütte zu transportieren und wir uns in den letzten Monaten derart an den Sternenhimmel gewöhnt haben bleiben wir neben unseren Kamelen.