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E-Bike-Expedition Teil 1 Sibirien - Online-Tagebuch 2015

Unangenehme Begegnung

N 50°20'48.9’’ E 106°27'03.3’’
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    Tag: 28-31

    Land:
    Russland / Sibirien

    Ort:
    Kjachta

    Breitengrad N:
    50°20’48.9’’

    Längengrad E:
    106°27’03.3’’

    Tageskilometer:
    38

    Gesamtkilometer:
    8.292

    Durchschn. Geschw.
    19,7 km/h

    Bodenbeschaffenheit:
    schlechter Asphalt

    Maximale Höhe:
    900 Meter

    Sonnenaufgang:
    05:12 Uhr

    Sonnenuntergang:
    20:49 Uhr

    Fahrzeit:
    1:54 Std.

    Temperatur Tag max:
    39°

    Aufbruch:
    12:00 Uhr

    Ankunftszeit:
    16:00 Uhr

     

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

LINK ZUR REISEROUTE

Es ist noch dunkel als ich das erste Mal aufwache und in den angehenden Morgen lausche. Das Thermometer ist bis auf 11 Grad gefallen. Wir liegen in unseren Sommerschlafsäcken und genießen nach den heißen Nächten in den Gastinizas die angenehme Kühle. Als es zu Dämmern beginnt wird die Taiga vom Gezwitscher der Vögel belebt. Ein leichter Windhauch weht über den Grund und trägt den Duft von frischem Harz heran. Der stahlblaue Himmel kündigt einen weiteren heißen Tag an. Wir genießen den Frieden und die Ruhe des Waldes, rekeln uns auf den Isomatten und bleiben lange liegen. Der heißere Ruf eines Raubvogels lässt Ajaci in die Baumkronen blicken. Neugierig beobachtet er jede für ihn neue Regung.

Nachdem Aufstehen kochen wir Wasser für Tee und frühstücken ohne jeglichen Zeitdruck. Erst um 12:00 Uhr verlassen wir unser friedliches Camp und schieben unsere schweren Böcke durch den Wald bis zur Straße. Mittlerweile ist das Thermometer auf knapp 40 Grad im Schatten gestiegen. Während unserer letzten Sibiriendurchquerung hatten wir auf dieser gnadelosen Strecke zu wenig Wasser dabei und bekamen Angst an der Straße zu verdursten. Nur eines der wenigen vorbeikommenden Autos hatte damals angehalten. „Das einzige was der Fahrer sagte war: „Warum haben sie in dieser Gegend kein Wasser dabei?“ und fuhr weiter. Diesmal besitzen wir genug von der köstlichen Flüssigkeit und vor allem noch genügend Strom in den Akkus um es locker bis nach Kjachta zu schaffen. Kurz vor der Grenzstadt werden wir von einem Militärposten kontrolliert. Die Beamten sind freundlich. „Dürfen wir ein Bild mit ihnen fotografieren?“, frage ich. „Njet“, (Nein) ist die bestimmte Antwort. „Da ßwidanja i charoscho putascheswiee“ (Auf Wiedersehen und eine gute Reise“, wünschen uns die Soldaten und schieben Tanjas Rad lachend an. Wie ein Torbogen spannt sich wenige Kilometer später das Ortsschild von Kjachta über die Straße, welches auf Grund eines Vertrages zwischen dem russischen Reich und dem Kaiserreich China bereits 1772 gegründet wurde. Ab hier geht es nur noch bergab. Links und rechts der Straße säumen sich Kasernen in denen hohe Betriebsamkeit herrscht. Breitschultrige, muskulöse Soldaten mit kurzen Haaren stehen an einer Bushaltestelle und winken uns offenherzig zu. Neben der Kirche finden wir eine Gastiniza mit alten aber wie bald immer sauberen kleinen Zimmern ohne Toilette oder Dusche. Unsere Räder bekommen in einer gut verschlossenen Abstellkammer eine sichere Bleibe für die Nacht. Wir tragen die Ausrüstung ins überhitzte Zimmerchen und vertreten erstmal unsere Beine.

Neben dem Festhalten der Erlebnisse und Archivieren der Bilder genießen wir den Aufenthalt in einer Stadt, die unter anderem der Ausgangsort vieler Expeditionen russischer Forschungsreisender nach Zentralasien war. Jeden Mittag suchen wir ein einheimisches Restaurant auf in dem die klassische, russische Küche angeboten wird. Auf dem Weg dorthin laufen wir an alten, vom Zahn der Zeit gezeichneten typischen sibirischen Holzhäusern vorbei, die an die Jahre erinnern als über Kjachta noch der gesamte Handel zwischen Russland und China abgewickelt wurde. Während der Hauptexportartikel der Russen aus Pelzwaren bestand kamen aus China vor allem Tee der von hier bis nach Europa gelangte. Ein Grund dafür warum diese wichtige Handelsroute auch Teestraße genannt wurde. Aber auch Seide, Baumwolle, Leinenstoffe, Leder, Kunstgegenstände und einiges mehr wurden von China exportiert.

Ich sitze wie so oft in meinem alten Campstuhl als Tanja zur Tür hereinkommt. „Jetzt ist mir etwas ganz eigenartiges passiert. Ich bin mit Ajaci auf dem Gehweg entlanggelaufen als urplötzlich ein altes russisches Auto angebraust kam in dem zwei Typen mit Sonnenbrillen saßen. Sie hielten abrupt direkt neben mir. Es war wie in einem Agentenfilm. Im Augenwinkel konnte ich noch sehen wie die Türen aufsprangen. Einen Geistesblitz folgend bin ich mit Ajaci in einem Loch, was sich neben mir im Holzzaun auftat, geflüchtet und in einem großen Innenhof gelandet. Zum Glück gab es dort auf der anderen Seite einen schmalen Weg der direkt zur gegenüberliegenden Seite unserer Gastiniza führt. Als ich mich umdrehte sind die Männer mit aufheulendem Motor um den Block gebraust. Ich habe sie aber auf diesem Straßenzug nicht mehr gesehen.“ „Hm, klingt echt eigenartig. Aber wer sollte dich denn auf offener Straße und am helllichten Tag entführen?“ „Vielleicht wollten sie mir Ajaci wegnehmen? Die sind hier doch alle so scharf auf unseren Hund. Aber es kann sein dass ich mir das nur eingebildet. Vielleicht wollten mir die Männer nur einen guten Tag wünschen. Aber ich sage dir, da war was faul“, meint Tanja nachdenklich. „Egal ob du dir da was eingebildet hast oder nicht. Ich weiß dass du während den vielen Reisejahren ein außerordentlich gutes Gefühl für kritische Situationen entwickelt hast. In das Zaunloch zu huschen war sicherlich besser als abzuwarten und nachzufragen. Das hast du verdammt gut gemacht.“

Am Abend vor unserer Abreise bin ich wie bei unserer letzten Russlandtour etwas wehmütig. Ich denke an die vielen Erlebnisse und Abenteuer die wir in diesem Land schon erlebt haben. Ein Land welches für den Reisenden jeden Augenblick eine andere Überraschung parat hält. Ein Land mit faszinierenden Kulturen, zwischen Reichtum und Armut, indem gnadelose klimatische Verhältnisse herrschen, indem es unbeschreiblich schöne Naturlandschaften zu bewundern gibt, indem wir einmal von Wegelagerern überrascht wurden aber auch hohe Gastfreundschaft genossen. Diesmal war unser Aufenthalt in Russland und Sibirien nur von kurzer Dauer. Sehr gerne kommen wir wieder. Es gibt hier noch so viel zu entdecken, dass ein Menschenleben kaum ausreichen würde. Aber diesmal führt unser Weg in ein anderes, ebenfalls spannendes und interessantes Land, welches wir zuletzt 15 Monate mit Pferden durchritten hatten, um mit den letzten Rentiernomaden einen extremen Winter zu verbringen. „Ich freue mich auf die Mongolei“, sagt Tanja als wir abends auf unseren alten Betten liegen.

Die Live-Berichterstattung wird unterstützt durch die FirmenGesat GmbH: www.gesat.com und roda computer GmbH www.roda-computer.com Das Sattelitentelefon Explorer 300 von Gesat und das rugged Notebook Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung.

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