Wie eine Möwe über dem Asowschen Meer
N 45°16'55.6'' E 037°21'40.5''Weil hier die Uhren anders Ticken stellen wir gleich am Morgen unsere Uhren um eine weitere Stunde voraus. Der Himmel ist diesig und verhangen aber es ist nicht kalt. Der böse Hund hat unsere Räder gut bewacht. Klar welcher Dieb würde gerne in die Gefahr laufen zerfleischt zu werden. Da sucht man sich besser leichtere Beute. Wir lassen die Gastiniza hinter uns und folgen wieder der gut ausgebauten und breiten Straße in Richtung Osten. Es beginnt leicht zu tröpfeln. Wir packen unsere Regekleidung aus und präparieren uns am Straßenrand für nasses Wetter. Schon Minuten später schwitzen wir wie die Affen unter der Kleidung. Dann bahnt sich die Sonne ihren Weg durch das Gewölk und erwärmt den Tag. Auf der linken Seite, als in Richtung Osten, drängt sich der Strand des Asowschen Meeres bis auf wenige Meter an die Straße. Unterkünfte, Hütten, Häuser, Bars und Kaffees verraten uns das wir uns hier in einer touristischen Hochburg befinden. Jetzt, gegen Ende September, befinden sich allerdings nur noch wenige Gäste am Strand. Alles wirkt mehr oder weniger verlassen. An einer Strand-Bar legen wir einen Stopp ein, um uns auszuruhen. Wir essen eine Bortsch, etwas Brot und trinken danach noch einen Kaffee. Das letzte Eis am Stil wird soeben von einem älteren Herrn gekauft. Am Strand stehen ein paar alte Ladas. Wenige Badegäste sitzen vor ihren Fahrzeugen und genießen die letzten Sonnenstrahlen. Ein Junge hat sein Handtuch auf den Kofferraum gelegt und es sich darauf bequem gemacht. Die Erwachsenen sitzen lachend und fröhlich unter dem Sonnenschirm. Eine Szene die uns an einen alten Film aus der DDR-Zeit erinnert. Nachdem unsere Bäuche gefüllt sind bewegen unsere Oberschenkel wieder die Räder über den Asphalt. Der Verkehr hat seit der Grenze sichtlich zugenommen. Plötzlich erhebt sich die Straße auf ca. 70 Meter Höhe. Am höchsten Punkt der steil abfallenden Küste haben sich ein paar Gleitschirmflieger versammelt um die Thermik für ihre Flüge zu nutzen. Wir halten, um ein paar Bilder zu schießen. “Woher kommt ihr? Wohin fahrt ihr?”, hören wir die sich immer wieder wiederholenden Fragen. “Komm fliegt doch mit. Ich habe einen Tandemschirm. Ich lade euch zu einem Flug an der Küste ein”, sagt er freudig. Da wir heute noch ein paar Kilometer hinter uns bringen möchten lehnen wir ab. “Aber warum? Das bereitet doch einen riesigen Spaß”, erwidert der Pilot. “Ich bin bis vor ein paar Jahren selber geflogen. Leider hatte ich bei meinem letzten Flug einen Unfall und bin abgestürzt. Gott sei Dank trug ich damals nur ein paar Prellungen davon. Ist also nicht so dass ich jetzt eine große Angst vor dem Fliegen verspüre aber trotzdem. Burma ist noch weit. Ist besser ich riskiere nichts”, antworte ich, worauf er sich zufrieden gibt und sich mit seinem großen Schirm, wie eine Möwe, von den thermischen Winden über den Küstenstreifen des Asowschen Meeres tragen lässt.