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RED EARTH EXPEDITION - Etappe 1

Kamele hüten ist eine verantwortungsvolle Aufgabe

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    Tag: 09

Clackline-Camp — 20.05.2000

Um vier Uhr Nachmittags führen wir die Kamele in den Busch damit sie wieder fressen können. Tanja hat nun die Gelegenheit mir das beizubringen was sie von Jo gelernt hat. Wir achten darauf, dass sich keines der Kamele von der Gruppe entfernt und ich muss erfahren, dass es nicht einfach ist solch große Tiere, selbst in dieser Situation, unter Kontrolle zu halten. Besonders Hardie macht sich immer selbständig und verlässt seine Kameraden. Wenn wir wollen, dass uns Istan, Jafar und Hardie folgen nehmen wir die Leitkamele Sebastian und Goola. Meist klappt das auch, doch nicht immer.

Nicht weit entfernt, fährt ein Junge mit seinem Geländemotorrad auf und ab. Das ständige Motorengeräusch scheint die Kamele nervös zu machen. Plötzlich brechen sie wie eine Lawine durch das dichte Unterholz. Tanja und ich weichen ihnen aus um nicht einfach überrannt zu werden. Wir sprinten ihnen hinterher und kreisen sie dann von vorne ein. Gott sei Dank beruhigen sie sich wieder. Wir reden beruhigend auf sie ein und führen sie weiter in den Wald, weg von dem schrecklichem Geknatter. Jedes der Kamele hat das etwa 7 Meter lange Verbindungsseil um den Hals. Es ist am oberen Teil des Halses festgeknotet und wird durch einen runden Ring am Halfter geführt. Die Kamele führen so dieses Seil immer hinter sich her. Dadurch haben wir die Chance sie bei einem Fluchtversuch zu erwischen. Nebenbei sind sie auch noch an den Vorderfüßen gehoppelt. Wären sie ohne Hoppel würden sie einfach davon galoppieren, was später im Outback unseren Tod bedeuten würde. Ohne Kamele sind wir nämlich aufgeschmissen denn sie tragen für uns alles was wir zum Überleben benötigen. Trotz der Hoppeln und dem Hüterseil müssen wir sie unaufhörlich im Auge behalten. Kamele können auch mit Hoppeln beachtliche Geschwindigkeiten erreichen und können sich nebenbei gut verstecken. Das heißt, wenn sie nur wenige Meter entfernt sind ist es manchmal schwer sie zu erkennen. Durch ihr Verhalten und ihrer Fellfarbe besitzen sie eine perfekte, natürliche Tarnung. Außerdem hinterlassen sie auf dem Waldboden keine Spuren und wir würden sie nie mehr wieder finden. Es ist also eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe Kamelhüter zu sein und jede kleine Unaufmerksamkeit wird sofort bestraft. “Wann sind sie denn satt?” frage ich Tanja. “Jo hat mir erklärt, dass man das daran erkennt, wenn sie anfangen nur noch lustlos an den Büschen herumzunibbeln oder gutes Futter ignorieren. Im Regelfall sagt Jo, dass eine gute Stunde morgens und abends im grünen Busch absolut ausreichend ist,” antwortet Tanja. Ich freue mich darüber was sie in den letzten Tagen gelernt hat. Als es dann zu Dämmern beginnt befestigen wir jedes einzelne Tier an einen separaten Baum. Es ist wichtig sie soweit entfernt von einander anzubinden damit sie sich nicht gegenseitig erreichen können. Gerade jetzt im Winter beginnt ihre Brunftzeit. Auch wenn unsere Tiere kastriert sind werden sie aggressiver als normal und es kann vorkommen, dass sie sich dann gegenseitig beißen. Tanja warnt mich noch davor, dass ich beim Knotenbinden niemals einen Finger im Knoten habe. Leicht kann es geschehen, dass, man gerade seinen Finger durch eine Öse schiebt und im gleichen Augenblick macht das Kamel eine Schritt nach vorne. In diesem Fall ist der Finger ab. Laut Jo‘s Aussage hat schon so mancher Kamelmann durch eine kurze Unaufmerksamkeit einen seiner Finger verloren. Zum Schluss knote ich Sebastian an einen Baum. Entsetzt fällt mein Blick auf sein Knie. Ein etwa 5 Mark ( 50 australische Cent) großer Hornhautlappen hängt nur noch an einem Hautfetzen. Bei einer näheren Untersuchung bemerke ich, dass die Wunde relativ tief ist. Das rohe Fleisch ist an dieser Stelle zu sehen. Tanja und ich desinfizieren noch am gleichen Abend die Wunde und um sie vor weiteren Schmutz zu schützen legen ich einen Verband an.

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