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Die Srtaße zieht sich über 1.000 m hohe Berge. Denis Katzer auf dem Weg nach Ulan Bator.
Die Srtaße zieht sich über 1.000 m hohe Berge. Denis Katzer auf dem Weg nach Ulan Bator.
Tanja Katzer auf dem Weg durch die Mongolei.
Rast an einem kleinen mongolischen Straßenrestaurant.
In einem kleinen mongolischen Straßenrestaurant essen wir zu Mittag und laden unsere Akkus.
Durch das Fenster im kleinen mongolischen Straßenrestaurant haben wir einen Blick auf unsere E-Bikes.
Auf dem Weg durch die Mongolei. Denis Katzer während einer Rast.
Für viele Mongolen sind unsere E-Bikes sehr interessant. Sie nutzen jede Gelegenheit um sie zu fotografieren.
Für viele Mongolen sind unsere E-Bikes sehr interessant. Sie nutzen jede Gelegenheit um sie zu fotografieren.
Typisches beladenes mongolisches Motorrad.
Am Ortsschild von Darkhan treffen wir auf eine Gruppe Frauen auf dem Weg zum 30jähringen Klassentreffen.
Am Ortsschild von Darkhan treffen wir auf eine Gruppe Frauen auf dem Weg zum 30jähringen Klassentreffen.
Jurten und kleine Holzhäuser am Stadtrand von Darkhan.
Pferdefuhrwerk in der Stadt Darkhan.
Buch Wilde Freiheit Teil zwei. 15 Monate am Anfang der Welt. / Book wild freedom part two. 15 months at the beginning of the world.
Es regnet in strömen als wir im Begriff sind unsere Räder zu beladen. Zum ersten Mal auf dieser Tour ziehen wir unsere Regenjacken und Hosen an. „Ob es wirklich Sinn macht aufzubrechen?“, frage ich. „Entscheide du“, entgegnet Tanja. „Hm, ich weiß nicht. Die Temperatur ist eigentlich okay fürs Radfahren und noch einen weiteren Tag in diesem heruntergekommenen Zimmer zu verbringen ist alles andere als spaßig. „Lass uns aufbrechen“, ringe ich mich durch und klicke eine weitere Satteltasche an das Rad.
Auf den ersten Kilometern zeigt mein Display im Sportmodus satte 52 km Reichweite an. Ich freue mich riesig über den großen Aktionsradius. Nur Minuten später bricht die Zahl auf 28 km zusammen. „Wie viel km zeigt dein Display auf Sport an?“, frage ich Tanja. „38 km!“ „Das gibt es doch nicht. Du trittst doch nicht mehr rein als ich und unsere Ladung müsste annähernd gleich schwer sein“, antworte ich ein wenig frustriert und überlege ob an meiner Elektronik irgend etwas defekt ist. Nach einiger Zeit tauschen wir die Displays aus um den Fehler einzugrenzen. Leider ist das Ergebnis enttäuschend denn kaum habe ich es aktiviert zeigt Tanjas Display an meinem Rad ebenfalls nur 28 km. Bei der Weiterfahrt glaube ich ein unregelmäßiges Vibrieren an meinem Motor wahr zu nehmen. „Ob er kaputt geht?“, fährt es mir siedendheiß durch den Körper. Die nächsten 20 km laufen meine Gehirnwindungen heiß aber ich komme zu keinem vernünftigen Ergebnis. Tatsächlich ist der Akku eins nach 28 km leer und ich bin gezwungen Akku zwei einzusetzen. „Hoffe wir schaffen die 100 km bis Darkhan“, sage ich mir Sorgen machend weil wir pro Person nur drei Akkus besitzen. Ein Blick auf meinem Höhenmesser meines Armcomputers offenbart 900 m. Es ging also die letzten zwei Stunden immer leicht bergauf so dass wir das optisch kaum wahrgenommen haben. Da die Bosch E-Bike Elektronik ständig ermittelt welche Reichweite man bei der Strecke, die man gerade befährt besitzt, hat sie sobald es bergauf ging den Energieverbrauch neu berechnet und richtig angezeigt. Die Grundlagen der Berechnung basieren unter anderem auch auf Kriterien wie Steigungen, Talfahrten, Reibungswiderstand der Reifen auf z.B. schlechten Straßen, das zu befördernde Gewicht, Gegenwind, Rückenwind, mit welcher Kraft man in die Pedale tritt, Außentemperatur und ob man im Eco-, Tour-, Sport- oder Turbomodus fährt. Die Summe aus den energieverbrauchenden und energiegewinnenden Faktoren ergibt die Reichweite.
Nachdem mir die korrekte Berechnung der Elektronik klar geworden ist weiß ich auch dass die vermeintliche Vibration des Motors Einbildung war. Trotzdem verstehe ich nicht warum Tanja noch immer mehr Saft im Akku besitzt als ich. „Ich trete halt mehr als du“, foppt sie mich. „Das kannst Du vergessen“, kontere ich. „Meine Beine arbeiten wie eine Dampfmaschine.“ Wenige Kilometer weiter halten wir neben ein paar armseligen Hütten. „Das war doch mal ein Straßenrestaurant?“, wundert sich Tanja weil die Häuser verlassen aussehen. Wir fahren unsere Bikes über den Schotter und tiefe Löcher und stellen sie vor einem Häuschen ab welches beim Näherkommen doch ganz passabel wirkt. Während Tanja draußen die Stellung hält betrete ich das aus Stein gebaute kleine Gebäude und siehe da, innen wirkt es so als hätte man erst vor kurzem renoviert. „Gibt es etwas zu Essen?“, frage ich einen älteren Mongolen der hinter dem Tresen steht. „Gulasch“, antwortet er freundlich. „Sajn“, (gut) antworte ich. „Dürfen wir ihre Steckdose nutzen um unsere Batterien aufzuladen?“ „Tijmee“ (Ja) erfreut mich seine Antwort da uns eine zusätzliche Akkuladung bei augenblicklicher Geländebeschaffenheit einen Aktionsradius von ca. 120 km verschafft.
Wir stellen die Räder direkt vor den Eingang auf eine kleine betonierte Terrasse. So können wir sie vom Gastraum im Auge behalten. Während wir auf das Essen warten nutze ich die Zeit um mit Ajaci fang den Ball zu spielen. Wie ein Wilder rast er zur Freude der hier wohnenden mongolischen Familie seinem roten Ball hinterher, den ich in alle Richtungen werfe. Unaufhörlich bringt er sein Lieblingsspielzeug zu mir zurück und fordert mich erneut auf das Ding in die Prärie zu schleudern. Mittlerweile sehen uns die Kinder, die Eltern und Großeltern des Restaurants zu. Wenn Ajaci sich wie ein Akrobat in die Luft schraubt, um das Rund im Flug zu fangen, applaudieren seine Zuschauer freudig und ausgelassen. Dann serviert eine junge Frau das Gulasch. „Schon eigenartig was die Mongolen alles essen“, sage ich auf die grauslichen Fett- und Knorpelstücke blickend. „Ajaci wird sich freuen“, meint Tanja. „In diesem Land werde ich freiwillig zum Veganer“, bin ich überzeugt den gesamten Knorpel- und Fetthaufen auf die Seite schiebend. Nach dem ich die Beilagen, zwei Scheiben Gurken und das Häufchen Reis gegessen habe, spendiere ich Ajaci den für mich grauslichen Fett- und Knorpelberg. Ajaci lässt sich davon nicht abschrecken und verputzt sein köstliches Mahl laut schmatzend in no time. „Das hat lecker geschmeckt oder?“, frage ich, worauf er mir mit einem tiefen Rülpser antwortet. Die Besitzerin des Restaurants ist so angetan von Ajacis gutem Benehmen, dass sie sofort in die Küche eilt und noch mal einen große Portion Nudeln mit Fleisch auf einem Teller bringt. „Gebt ihm das wenn er sich von seinem Spiel wieder erholt hat. Am besten heute Abend“, meint die Nomadin, die sich mit Tieren auskennt wie kaum ein anderer.
Nach drei Stunden sind unsere Akkus wieder voll. Wir verabschieden uns von der freundlichen Familie. Tanja ist gerade im Begriff das Rad in einem völlig ungeeigneten Winkel über die etwa zehn Zentimeter hohe Kannte der Betonterrasse zu rollen. „Nicht!“, rufe ich. „Warum nicht?“ „Weil das für den Hänger zu steil ist. Der wird kippen“, warne ich. „Ach was. Das nehme ich auf meine Verantwortung“, sagt sie von sich überzeugt den Roadtrain ohne Probleme über den Absatz schieben zu können. „Was für eine Verantwortung soll das denn sein?“, denke ich mir, da ich derjenige bin der im Fall der Fälle den Schaden reparieren muss. Mein Gedanke ist kaum zu ende gedacht da kippt der Anhänger auch schon mit einem unangenehmen Knirschen laut krachend zur Seite. Tanja sieht mich mit erschrockenen Augen an. „Das tut mir leid!“, ruft sie als ich schon heran gesprungen bin, um ihr zu helfen das Rad zu halten. Als hätte man einem Menschen den Arm um 180 Grad verdreht liegt Ajacis Wohnwagen in krotesker Lage im Dreck. Die Kupplungsstange drückt indes auf den Hinterbau des Bikes und hat das Schutzblech an mehreren Stellen geknickt. „Das sieht nicht gut aus“, sage ich so gelassen wie möglich. In Windeseile haben wir das Rad von seinem Gepäck befreit und den Hänger wieder aufgerichtet. „Oh weh, das Schutzblech ist hin. Ich hoffe der Hinterbau, der Rahmen und der Hänger hat nichts abbekommen“, schnaufe ich den Schaden genauer inspizierend. „Es tut mir wirklich Leid. Das wollte ich nicht. Das war sehr dumm von mir“, entschuldigt sich Tanja mehrfach. „Ist schon gut“, grummle ich vor mich hin. Während ich das Werkzeug auspacke und mit dem Schrauben beginne halten immer wieder Mongolen mit ihrem Auto neben uns. Sie steigen aus, fragen uns über die Solartechnik ein Loch in den Bauch und fotografieren uns aus allen erdenklichen Winkeln mit ihren Handys ab. In diesem Augenblick verspüre ich urplötzlich Mitleid mit den Menschenaffen im Zoo, die sich nicht im Geringsten wehren können, wenn sie den ganzen Tag in ihrem oftmals kleinen Käfig sitzen und beglotzt werden. „Schau mal her!“, fordert mich eine Restaurantbesucherin auf damit ich in ihr Handy blicke und sie ein gutes Bild bekommt. Weil ich in diesen Moment noch nicht genau weiß wie groß der Schaden ist bin ich äußerst schlecht gelaunt. Trotzdem versuche ich in die Handys zu blicken damit die schaulustigen Besucher ein gutes Foto bekommen.
Eine knappe Stunde später habe ich das demolierte Schutzblech wieder soweit befestigt dass es seinen Job übernehmen kann. Es klappert zwar recht unangenehm aber es sitzt wieder da wo es hingehört. Zum Glück hat die Radschwinge, an der die Anhängerkupplung verschraubt ist, nichts abbekommen. Auch der Anhänger ist mit ein paar Kratzern davongekommen. „Auf diese Weise kann man so einen Trip auch frühzeitig beenden“, stelle ich fest. „Ich weiß. Das war wirklich dumm“, wiederholt Tanja ihr Bedauern. „Ist schon gut. Aber bitte übernehme in Zukunft keine Verantwortung mehr wenn es um Technik geht“, antworte ich. „Versprochen.“
Dann geht es endlich weiter über die 900 Meter hohen Berge. Unaufhörlich strampeln wir hoch, lassen uns bis auf ca. 600 Meter herunterrollen, um wieder nach oben zu treten. Immer wieder benetzt uns an diesem relativ kühlen Tag leichter Regen. Wir werden von einem klapprigen Motorrad überholt. Der Fahrer und seine Sozia winken uns freudig zu. Ein paar Kilometer weiter stehen sie am Straßenrand neben ihrem alten Gefährt. Sie lachen uns entgegen und fotografieren uns mit ihrem Handy. „Lass uns anhalten!“, rufe ich. Wir ziehen die Bremsen und bleiben vor dem Paar stehen damit sie ein besseres Bild bekommen. Dann steigen wir ab um die beiden ebenfalls in unserer Kamera festzuhalten. Es ergibt sich eine skuriele Situation als wir uns mit den Automaten im Anschlag gegenüberstehen. Wir lachen herzhaft, schütteln uns zum Abschied die Hände und setzen unsere Reise fort.
Nach knapp 100 Kilometern erreichen wir das riesige Ortsschild von Darkhan. Weil es auf einem Berg errichtet ist halten wir um uns ein wenig zu verschnaufen. Indes brausen zwei Minibusse heran, bremsen so, dass die Reifen blockieren und der aufgewirbelte Staub uns husten lässt. Kaum sind die Fahrzeuge zum Stehen gekommen springen die Türen auf und sieben Frauen und ein Mann stürmen regelrecht heraus. „Wo kommen sie her? Wo fahren sie hin? Was aus Deutschland? Und sie wollen mit den Rädern wirklich bis nach Vietnam? Ist ihnen nicht kalt? Hier oben ist es doch kalt. Oh was für ein schöner Hund! Was ist das denn für eine Rasse? Der hat es aber gut in seinem Hänger“, prasselt der Frage und Redesturm auf uns hernieder wie ein Gewitter. „Dürfen wir Bilder machen? Oh das ist aber freundlich. Kommt schnell alle her. Stellt euch zu den beiden. Ein bisschen enger! Nein nicht so. Ihr müsst mehr zusammenrücken ansonsten bekomme ich euch nicht alle ins Bild! Ja! So ist es gut. Klopf doch mal gegen die Scheibe das der Hund herschaut.“ „Nein!. Das mag er nicht“, geht Tanja dazwischen. „Sie müssen wissen. Wir sind alle Lehrer aus Ulan Bator. Wir sind auf dem Weg zu einem Klassentreffen. Wir haben uns schon Jahre nicht mehr gesehen. Ich spreche Englisch, Russisch, Mongolisch und ein wenig Deutsch“, schnattert es auf uns hernieder wie eine Gänseschar. Dann steigen die Damen wieder in ihre Busse und brausen davon. Wir stehen da als hätte uns gerade eben jemand einen Stromschlag verpasst. „Lass uns weiterfahren“, schlägt Tanja vor worauf wir unsere Räder in die furchtbar hässliche Stadt herabrollen lassen in der ca. 70.000 Menschen leben und die erst im Jahre 1961 gegründet wurde. So schön wie die Landschaft in der Mongolei ist so verwahrlost und schmuddelig sind nahezu alle Städte des Landes. Die Häuser verfallen sofort nachdem man sie gebaut hat. Nur in den seltensten Fällen wird mal ein Gebäude renoviert. Teils brechen ganze Mauerstücke aus den Wohnhäusern, der Putz blättert an allen Ecken und Enden. Die Dächer sind undicht, die Wasserleitungen platzen, die Isolierungen der Stromleitungen sind mangelhaft, der Asphalt von neuen Straßen bricht schon nach dem ersten Winter auf und Gehwege sind gefährlich Stolperfallen. Manchmal befinden sich mitten drin große und tiefe Löcher. So als wolle man den Bevölkerungswachstum dezimieren, denn wenn man nicht immer aufpasst und auf seinen Weg schaut kann es leicht passieren von solch einem Schlund verschluckt zu werden oder sich lebensgefährlich zu verletzen. Wäre die Gefahr nicht so groß nachts von Dieben beraubt zu werden würden wir gerne unser Zelt am Straßenrand aufbauen. Aber leider gibt es in dieser Region neben den Straßen kaum Bäume und Sträucher hinter denen wir uns verstecken können. Das ist der Grund warum wir zu zurzeit Unterkünfte aufsuchen in die wir auch unsere wertvollen E-Bikes mit hinein nehmen können. Links und rechts der Straße reihen sich viele Jurten deren Bewohner oftmals in prekären Verhältnissen leben. Zu vielen dieser Zelte führen zwar Stromkabel aber die Bewohner haben keinen Zugang zu fließendem Wasser oder sanitären Einrichtungen. Manchmal befindet sich neben der Jurte ein kleiner Verschlag unter dem sich das Plumpklo befindet. Die meisten Menschen hier sind arbeitslos. Manche von ihnen verrichten schlecht bezahlte Nebenjobs. Ein Grund dafür warum die Menschen zum Alkohol greifen, gewalttätig werden oder Missbrauch geschieht. Die Leidtragenden sind oftmals die Kinder vor allem Diejenigen die keine Eltern mehr besitzen und sogar während den extremen Wintern auf der Straße leben müssen.
Nach 103 Kilometer erreichen wir das kleine Skyhotel in dem wir schon mal vor Jahren genächtigt haben und Togtokh kennen lernten. Kaum bekomme ich das gelbe Haus zu Gesicht erinnere ich mich wieder an die Enkelin des letzten mongolischen Kaisers, die uns den Kontakt zur Regierung in Khovsgol verschaffte. Dadurch hatte sie wesentlich zum Erfolg unserer letzten Mongoleiexpedition beigetragen, dessen Ziel es war als erste Europäer mit den letzten zu der Zeit noch ursprünglich lebenden Rentiernomaden der Erde einen arktischen Winter in Tipis zu verbringen.
Link zum Buch:
Als wäre es erst gestern gewesen höre ich ihre Worte; „Ich stamme von einem der letzten mongolischen Kaiser aus dem 17. Jahrhundert ab. Unser Stammbaum zeigt die Blutsverbindung genau auf“, erklärte sie. „Meine Mutter war eine Adelige und heiratete kurioserweise einen Mönch. Das ist eine verrückte Geschichte. Während der Stalinistischen Säuberungen in unserem Land wurden 1937/38 etwa 38.000 Mongolen ermordet, darunter fast die gesamte Intelligenz des Landes und circa 18.000 buddhistische Mönche. Fast 900 buddhistische Klöster mit ihren wertvollen Kulturgütern und Bibliotheken wurden unwiederbringlich zerstört. Die einzige Überlebenschance für meine Mutter war so schnell wie möglich einen anderen Namen anzunehmen und zu heiraten. Nur wollte damals keiner eine Adelige heiraten. Das war viel zu gefährlich. Genauso erging es meinem Vater. Auch er konnte dem sicheren Tod nur entrinnen, wenn er als Mönch eine Frau ehelichte. Aber auch einen Mönch wollte keine heiraten. So fanden sich meine Mutter und mein Vater und überlebten das Desaster.“
Eine Schar von Kindern umringt uns. Sie schnattern lauthals durcheinander und wollen alles anfassen. Nach dem abgerissenen Aussehen ihrer Kleider zu urteilen sind einige von ihnen zweifelsohne Straßenkinder die ohne Eltern und Heim aufwachsen. „Pass auf das sie nichts klauen“, warnt Tanja als schon eine Hotelangestellte aus dem Haus eilt und versucht sie ohne jeglichen Erfolg wegzuscheuchen. „Schau den Hund an! Das ist ein Wolf! Oh ein Wolf. Klasse. Ob der beißt?“, rufen sie weiterhin durcheinander und beginnen Ajaci zu ärgern. „Lasst das!“, rufe ich während wir unter äußerster Vorsicht, nichts zu verlieren, die Satteltaschen abladen. Mit Hilfe des Personals haben wir es geschafft die gesamte Ausrüstung im Haus zu sichern. Ajaci sitzt neben den Rädern und beobachtet die vielen Kinder die ihn noch immer zum Spiel auffordern. Ich bin nur den Bruchteil einer Sekunde unaufmerksam als er drei dieser Lausbuben hinterher rast und sie wie Hasen jagt. Die Jungs rennen in panischer Angst davon, nicht wissend das Ajaci nur mit ihnen spielen möchte. „Ajaci! Ajaci! Kommst du her!“, befehle ich worauf er seine Hatz abbricht und hechelnd und lächelnd zurückkommt. „Guter Junge“, lobe ich ihn und klicke ihn an seine Leine die ich um einen Pfosten wickle.
„Wo dürfen wir unsere Räder unterstellen?“, frage ich die junge Frau als sie nach draußen kommt. „Hier im Hof“, erschreckt mich ihre Antwort. „Unmöglich, da wird morgen früh nichts mehr von ihnen übrig sein. Das letzte Mal haben wir sie in die Garage dort stellen dürfen. Wenn das nicht geht können wir nicht bleiben“, antworte ich. „Okay sie können den Abstellraum nutzen“, sagt sie und holt den Schlüssel. Ich schiebe die Räder in das gedrungene aus Stein errichtete Gebäude, sperre sie dennoch mit zwei Stahlkabeln aneinander und zusätzlich an ein darin befindliches Stahlgestell. Durch die offene Tür kann ich sehen wie Kinder Steine nach Ajaci werfen. Ich rase aus der Garage und brülle sie an das zu unterlassen. Als ich die schwere Stahltür mit einem fetten Schloss abschließe fühle ich mich beobachtet. Instinktiv sehe ich nach oben. Nur einen Meter über mir liegen zwei Jungs auf dem Garagendach und beobachten jede meiner Bewegungen. Einer von ihnen hat einen abgebrochenen Flaschenhals in der Hand. Wie in einem schlechten Gangsterfilm dreht er den scharfen Gegenstand in den Händen und lächelt mich an. „Gib mir Geld“ fordert er. „Du kannst eine auf die Backen haben“, drohe ich, drehe mich um, löse Ajaci von der Leine und gehe ins Hotel. Im Zimmer ist es trotz des relativ kühlen Tages affenheiß. Eines der beiden winzigen Fenster ist kaputt und geht nicht auf. „Das hält doch keiner aus“, meine ich wegen dem unangenehmen Erlebnis mit den Kindern und der Anstrengungen des langen Tages gereizt. An der Rezeption bekommen wir einen Ventilator der uns ein wenig Luft verschafft. Mit einem langen Seufzer, endlich in einer sicheren Unterkunft zu sein, beginnt jemand sehr, sehr laut und furchtbar schräg zu singen. „Was ist das denn?“, fragt Tanja. Wir stellen fest dass sich im Keller eine Karaoke Bar befindet und die Unterkunft mittlerweile auch als Stundenhotel fungiert. „Ich glaube es einfach nicht. Wenn das die ganze Nacht so geht drehe ich durch“, stöhne ich. Nur Augenblicke später ziehen eine Gruppe grölender Männer und Frauen in ein Zehnpersonenzimmer direkt neben uns. Sie haben es fürs Wochenende gebucht um sich zu besaufen. Auch wenn ich schon viel in meinem Reiseleben erfahren habe und glaube mit allen Wassern gewaschen zu sein ist dieser Augenblick ein Grenzfall. Meine eh schon schlechte Laune sinkt in ein bedrohliches Tief. Ich versuche es vor Tanja zu verbergen. Möchte sie nicht in mein Gemütsloch hineinziehen was den Moment nicht einfacher macht. Als wir im Bett liegen ist die Party im vollen Gange. Da sich das Bett direkt an der dünnen Pressspanwand zu unseren lauten Nachbarn befindet, habe ich das Gefühl als würden sie mir in die Ohren schreien. Während Tanja bereits eingeschlafen ist stehe ich auf und lege mich in das kleinere Bett auf der anderen Seite des Zimmers und versuche mich in den Schlaf zu meditieren.
Die Live-Berichterstattung wird unterstützt durch die FirmenGesat GmbH: www.gesat.com und roda computer GmbH www.roda-computer.com Das Sattelitentelefon Explorer 300 von Gesat und das rugged Notebook Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung.
Psychisches Tief
Tag: 34
Land:
Mongolei
Ort:
Darkhan
Breitengrad N:
49°28’51.6’’
Längengrad E:
105°56’33.5’’
Tageskilometer:
103
Gesamtkilometer:
8.321
Durchschn. Geschw.
20 km/h
Maximale Geschwindigkeit
48 km/h
Fahrzeit Std
5:00
Bodenbeschaffenheit:
Asphalt
Maximale Höhe:
900 Meter
Temperatur Tag max:
22 Grad
Aufbruch:
8:00 Uhr
Ankunftszeit:
17:00 Uhr